Im klinischen Alltag sind Zuweisungen wegen Grosswuchs im Vergleich zu Kleinwuchs deutlich in der Minderzahl. Obwohl die Ursache für den Grosswuchs mehrheitlich in der Familie zu suchen ist, ist eine seriöse Abklärung und Beurteilung von grösster Wichtigkeit. Das Unterscheiden des Normalen vom ursächlich Krankhaften ist für Familie wie Kind grundsätzlich. In diesem Artikel werden Abklärung, Differentialdiagnose sowie Behandlung, deren Wirkung und Nebenwirkung zusammengefasst.
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Abstract
Im klinischen Alltag sind Zuweisungen wegen
Grosswuchs im Vergleich zu Kleinwuchs deut-
lich in der Minderzahl. Obwohl die Ursache für
den G rosswuchs mehrheitlich in der Familie zu
suchen ist, ist eine seriöse Abklärung und Be –
urteilung von grösster Wichtigkeit. Das Unter-
scheiden des Normalen vom ursächlich Krank –
haf ten ist für Familie wie Kind grundsät zlich. In
diesem Artikel werden Abklärung, Differential –
diagnose sowie Behandlung, deren Wirkung
und Nebenwirkung zusammengefasst.
Einleitung
Gemäss Definition sind Kinder/Jugendliche,
die über der 97. Perzentile (+ 1.88 Standard
Deviation, SDS) auf der Längenkurve liegen
grosswüchsig. Rein statistisch sind somit
ebenso viele Kinder gross- wie kleinwüchsig
(unter 3. Perzentile, -1.88 SDS). Jedoch wer
–
den
diesbezüglich, sei es in der «Allgemeinen»
Arztpraxis oder in der pädiatrisch-en
do –
kr
inologischen Sprechstunde, weniger Kinder/
Jugendliche vorgestellt. Grosswuchs ist in der
Gesellschaft viel besser akzeptiert und kann
gar in manchen Fällen ein Vorteil sein (Sport,
Alltag etc.). Dies ist im Speziellen bei Knaben,
weniger aber bei Mädchen zutreffend. Die Längenzunahme, sprich Wachstum, ist ein
sehr komplexer, in sich harmonischer Pro
–
zess. Viele Faktoren sind dabei von grösster
Bedeutung und im Detail zu erwähnen: Die
genetische Konstitution (75
%
der Grössenva
–
riabiliät scheint genetisch bedingt zu sein),
Ernährung, hormonelle Faktoren (insbesonde-
re das Wachstumshormon, Schilddrüsenhor –
mone und während der Pubertät die Sexual-
hormone) sowie das psychische und soziale
Wohlbefinden.
Daher ist es primär äusserst wichtig bei allen
Fragen des Wachstums die Eltern (dies ist
eine ärztliche Tätigkeit) genau zu messen, den
Zielbereich zu berechnen und auf die Wachs –
tumskurve aufzutragen. Zur Berechnung des
elterlichen Zielbereiches können unterschied-
liche Gleichungen gebraucht werden. Die
Gebräuchlichste ist:
Elterlicher Zielbereich:
[Muttergrösse (cm) + Vatergrösse (cm)
+/- 13] / 2 (+13cm für Jungen, -13cm
für Mädchen)
Die errechnete Zielgrösse hat dann eine
Streuung von +/- 8.5cm (+/- 2SD)
Säkularer Trend: Sozio-ökonomische Fakto –
ren, insbesondere die bessere Gesundheits –
versorgung, haben wesentlich zum säkularen Trend der Endlängenzunahme während der
vergangenen Jahrhunderte beigetragen. Dies
zeigen Rekrutenaushebungs-Daten aus Hol
–
land sehr deutlich (Tabelle 1) .
Allerdings ist es in kürzester Vergangenheit zu
einer deutlichen Abflachung des säkularen
Trends gekommen (Tabelle 2) .
Interessant hervorzuheben ist, dass sich der
säkulare Trend hinsichtlich Wachstum ähnlich
den Eiszeiten verhalten hat. So ist es bewie –
sen, dass die mittlere Grösse des Homo sapi-
ens in Europa beim Mann bei 184 und bei der
Frau bei 167 cm lag. (Styne DM et al. The
evolution of stature in humans. Hormone Res
1993: 39, suppl: 3–6.). Diese Daten wurden
aus Ausg r abungen von G r äb er n, die 50 –20 0 0
BC entstanden sind, in den Niederlanden er –
hoben.
Korreliert man Grösse und Wachstum mit der
Wachstumshormon (WH) -Ausschüttung, so
kann eine deutlich positive Korrelation festge-
stellt werden. Studien an grosswüchsigen
Kindern/Jugendlichen haben gezeigt, dass
die WH-Sekretion sicherlich einen nicht zu
vernachlässigenden Anteil am Grosswuchs
darstellt. Werden jedoch die wichtigen WH-
abhängigen Faktoren, wie IGF-1, Bindungs-
Proteine, IGF-Rezeptoren, WH-IGF- Kaskaden
einzeln untersucht, so findet man diese Kor –
relation nicht mehr. Wichtig in diesem Zusam –
menhang aber ist, die entsprechende Ratio
zu beurteilen. So ist die IGF-1/IGFBP Ratio
deutlich erhöht und widerspiegelt die erhöh –
ten IGF-1-Werte, die direkt einen Gewebe
spezifischen Effekt haben. Ebenso sind die
IGF-2-Werte erhöht, die ebenfalls bei gewis –
sen Grosswuchs-Syndromen als erhöht be –
schrieben wurden.
Auxologie
Genaues Messen der Kinder/Jugendlichen
sowie der Eltern ( ! ) , das Bestimmen des Kno –
chenalters/Knochenentwicklung (KA) sind
die Eckpunkte einer genauen Endlängenprog –
nose. In Tat und Wahrheit erlaubt diese Prog-
nose von einer möglichen Therapie (wohl
häufiger) abzuraten oder diese zu empfehlen.
Im klinischen Alltag stehen uns unterschied –
liche Methoden der Knochenalter-Bestim –
mung zur Verfügung, wobei die Methoden
nach Tanner und Greulich und Pyle am häu-
figsten gebraucht werden. Eine Umfrage unter
den europäischen Kinderendokrinologen zeig –
te, dass 76
% d
ie Methode nach Greulich und
Grosswuchs: Wie gross ist zu gross?
Tanja Haamberg und Primus Mullis, Bern
Jahr Mittlere Rekrutengrösse
(cm)Zunahme cm/100 Jahre
1885
165
1965 17816
198 0 18218
198 4 18419
Tabelle 1: Rekrutenaushebungs-Daten aus Holland (Fredriks AM et al. Pediatr Res 2000 : 47:
316 – 323 )
Jahr Geburtsjahr Mittlere Grösse (cm)
West-DeutschlandMittlere Grösse (cm)
Ost-Deutschland
1989
1970 179. 81 7 7. 5
1992 1973 179. 8178 . 3
1996 1977 180.0179. 5
Tabelle 2: Rekrutierungs-Daten aus Deutschland (Dtsch Ärzteblatt Int. 2009 Juni; 106(23):
37 7– 3 82 )
Lieb Ko lgb n Kund
Lieb KolgnudDatlKsbeKMrkhDcnliAeKnioiuKh
25
Pyle brauchen. Diese Bestimmung ist einfach
und lässt die Endlängen-Prognose nach Bay-
ley-Pinneau zu. Auf einen wichtigen Punkt ist
allerdings deutlich hinzuweisen. Alle Wachs-
tumsprognosen basieren auf Wachstumsda –
ten normal wachsender Kinder und sind
grundsätzlich nicht zur Bestimmung der End –
länge Kleinwüchsiger, Grosswüchsiger und/
oder von Kindern mit Syndromen bestimmt.
An unserer Klinik haben wir die einzelnen
«Fehler» der gemachten Wachstumsprogno –
sen basierend auf unterschiedlichen Metho –
den bei Grosswüchsigen verglichen und ka –
men zum Schluss, dass nicht nur die einzelne
Methode, sondern auch das Alter des Kindes
im Allgemeinen und das KA im Speziellen von
grösster Wichtigkeit sind.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass
a) die Endlängen-Prognose für Mädchen ge –
nauer ist als für Knaben, b) die Genauigkeit
mit Zunahme des KA besser wird für die Me-
thode nach Bayley-Pinneau, c) es keine beste
Methode der Wachstumsprognose gibt, dass
man sich aber der Fehlerhaftigkeit bewusst
sein muss. Klinische Untersuchung
Allgemein
Obwohl grundsätzlich davon ausgegangen
werden kann, dass Kinder/Jugendliche mit
Grosswuchs gesund sind, ist trotzdem eine
genaue klinische Untersuchung von absoluter
Notwendigkeit. Wie umgekehrt beim Klein –
wuchs sind definitionsgemäss drei Prozent
aller normalen Kinder grosswüchsig.
Bei den meisten liegt ein familiärer oder ein
konstitutioneller Grosswuchs vor. Kinder mit
familiärem Grosswuchs wachsen innerhalb
des familiären Zielkanals, in der Regel mit
normaler Wachstumsgeschwindigkeit. Als Er –
wachsene werden sie auch gross sein. Kinder
mit konstitutionellem Grosswuchs wachsen
oberhalb des familiären Zielkanals und haben
aber per definitionem ein vorgerücktes Kno –
chenalter. Entsprechend erfolgt der pubertäre
Wachstumsspurt früher und das Wachstum
kommt früher zum Stillstand, sodass die End –
grösse normal innerhalb des familiären Ziel –
kanals zu liegen kommt. Die Adipositas, die
meist mit einer vorgerückten Knochenreifung assoziiert ist, ist eine weitere, häufige Ursa-
che für Grosswuchs.
Absolute Abklärungsindikationen bei Gross
–
wuchs sind : Körperlänge > +2.5 SDS, Wachs –
tumsgeschwindigkeit für längere Zeit über der
97. Perzentile sowie klinische Stigmata, die
auf ein Syndrom hindeuten (z.
B.
Klinefelter
Syndrom, Marfan Syndrom). Dessen unge-
achtet sind heute viele Eltern wegen der
Grösse ihrer Kinder besorgt und möchten vom
Hausarzt/Kinderarzt wissen, ob das exzessi-
ve Längenwachstum gebremst werden kann.
Klinik/Abklärung
Zur Abklärung von Kindern mit Grosswuchs
gehört eine vollständige Anamnese (Leidens –
druck, aktuelle Beschwerden, sportliche Ak –
tivität, Familienanamnese inklusive Angaben
über den Zeitpunkt der Pubertätsentwicklung
von Eltern und Geschwistern), Messung von
Gewicht, Länge, Körperproportionen, Arm –
spanne, Kopfumfang, Wachstumsgeschwin –
digkeit und eine vollständige klinische Unter –
suchung mit Erhebung des Pubertätsstatus.
Schliesslich sollten beide Eltern gemessen
Figur 1
Grösse SDS > + 2 oder Grösse – Zielgrösse > + 2 S DS
Dysmorph ?
nein
Aktuelle Beschleunigung des Wachstums
DisproporAoniert ? ja
nein
nein ja
ja Grösse –Zielgrösse > + 2 SDS Zeichen der Pubertät
nein ja
Familiär Gesunder Ausreisser
Adipositas WH-Exzess
Hyperthyreose Pubertas präcox nein
ja
Overgrowth Syndrome
Sotos Syndrom
Weaver Syndrom
Simpson Golabi-Behemel
Fragiles X Syndrom Overgrowth Syndrome
Marfan Syndrom
Homocysteinurie
Klinefelter
Andrere:
Oestrogen Defizinienz
– Resistenz
Behmel
Oestrogen Mangel
Syndrom – Resistenz
Grösse bezogen auf Zielgrösse
> + 2 SDS
Grösse > + 2 SDS oder Grösse bezogen auf Zielgrösse > + 2 SDS
—
– –
Andere:
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
26
PrimärEndokrinSyndrome
Familiär AdipositasSotos
Konstitutionell Pubertas präcoxMarfan
Hypogonadismus Klinefelter
GH-produzierendes Adenom Wiedemann-Beckwith
Fam. Glukokortikoid Mangel Weaver
Oestrogenmangel
oder -rezeptordefekt Homocystinurie
XYY
Item
Score
Passive Dorsiflexion im 5. metacarpophalangealen Gelenk > 90° 1 Punkt pro Seite
Daumen auf die Volarseite des gleichseitigen Unterarms opponieren 1 Punkt pro Seite
Ellbogen Hyperextension auf >
10
° 1 Punkt pro Seite
Knie Hyperextension auf >
10
° 1 Punkt pro Seite
Bei durchgestreckten Knien Hände flach auf den Boden legen 1 Punkt
Tabelle 4: Bandlaxität – Der Beighton-9 Punkte-Score.
Tabelle 3: Differentialdiagnose Grosswuchs.
nur sehr wenige Sp er mien gebildet . Im G egen
–
satz zur körperlichen Entwicklung sind aber
die so genannte «emotionale Sexualität», Libi –
do und die Anziehung zum anderen Ge –
schlecht, unauffällig.
Marfan-Syndrom
Das Marfan-Syndrom ist eine systemische
Besonderheit des Bindegewebes auf der
Grundlage einer Genmutation; sie kann auto –
somal-dominant vererbt werden oder verein –
zelt (als Neumutation) auftreten. Die Beson –
derheit tritt mit einer Häufigkeit von etwa
1
: 50
00 bis 1
: 10
000 auf, wobei sechs bis
sieben von zehn Fällen familiär bedingt sind.
Der Anteil der Neumutationen beträgt 25 bis
40
% .
Da die Definition «Marfan-Syndrom»
derzeit nach Hilfskriterien erfolgt und es
mehrere verwechselbare «Parallelkrankhei –
ten» gibt , sollte b es ser vom Mar f an – Phänot y p
gesprochen werden. Diese Kinder haben
lange, feingliedrige Extremitäten mit einer
ausgeprägten Bandlaxität (der Beighton-
Score ermöglicht eine Quantifizierung der
Bandlaxität; siehe Tabelle 4 ). Die Armspanne
ist deutlich grösser als die Körperlänge und
der Metacarpalindex beträgt >8.4 (Verhältnis
Länge: Breite des längsten Metacarpalkno –
chens auf einem ap-Röntgenbild der linken
Hand). Die Bindegewebsschwäche führt zu –
dem zu einer Mitralinsuffizienz und zu einer
Linsensubluxation. Die Diagnose des Marfan-
Syndroms wird klinisch anhand nosologischer
Kriterien gestellt. ( http://www.marfan.org/
dx/rules ).
Die Gruppe der Krankheiten des Marfan-
Phänotyps wird neuerdings «Fibrillopathien»
genannt. Das Gen für das Marfan-Syndrom
liegt auf dem langen Arm des Chromosom
15 (15q21) und ist inzwischen sequenziert.
Eine Mutation des Fibrillin-Genes (Fibrillin-
1- Gen = FBN1) führt zu verkürztem Genpro –
dukt oder einer Missense-Mutation, Mutation
des TGF- β II-Rezeptors.
Einen für die Zukunft denkbaren, ursächlichen
Therapieansatz zeigen die Ergebnisse einer im
April 2006 im Wissenschaftsmagazin Science
publizierten Studie, die in einem Mausmodell
des Mar fan -Syndroms das Zytokin TGF- β mit
der typischen Entwicklung von Aortenaneu –
rysmen und -dissektionen in Verbindung
bringen konnte. Durch eine Behandlung mit
dem als Blutdrucksenker bereits in der Hu –
manmedizin verwandten AT1-Antagonisten
Losartan (Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-
1-Antagonisten) konnten die Mäuse wirksam
mehrere überzählige X Chromosomen ange
–
geben werden, 47, XXY (93
%)
; aber auch an-
dere Karyotypen kommen vor (46, XY / 47,
XXY; 48, XXXY). Phänotypisch sind diese
Patienten gross mit mehrheitlich langen Ar –
men und Beinen am Ende der Pubertät und
zeigen oft einen primären Hypogonadismus
mit kleinen Hoden (< 6 ml). In den ersten
Jahren gibt es praktisch keine Beschwerden.
Die Jungen ent w ickeln sich völlig nor mal, sind
nicht geistig behindert und normal intelligent.
Eine gewisse Beeinträchtigung wird allerdings
oft auf den Gebieten der Sprache und Motorik
gesehen; diese wird aber nur selten mit der
genetischen Ursache in Zusammenhang ge -
bracht. Diese verliert sich oder wird durch
eine entsprechende Förderung abgefangen.
Erst wenn bei gleichaltrigen Jungen die Puber -
tät beginnt, sie eine tiefere Stimme bekom-
men und sich die ersten Bart- und Schamhaa -
r e zeigen, wer den die Elter n au f mer ks am. D er
Penis und die Hoden bleiben kindlich klein,
die Jungen sehen eher weiblich aus und hab en
oft eine leichte Brustentwicklung (Gynäko -
mastie). Alle diese Symptome müssen aber
nicht auftreten oder bemerkt werden. Daher
werden nicht wenige Symptomträger über -
haupt nie diagnostiziert oder erst dann, wenn
sie sich wegen eines unerfüllten Kinderwun -
sches untersuchen lassen. Die Unfruchtbar -
keit ist das einschneidendste Symptom des
Klinefelter-Syndroms. Aufgrund des Testoste -
ronmangels sowie der Fibrosierung der abfüh -
renden Samenkanälchen werden keine oder
werden. Ein Röntgenbild der linken Hand zur
Bestimmung des KA vervollständigt die Unter
-
suchungen. In Figur 1 ist ein entsprechendes
Abklärungs-Schema abgebildet. Zusätzlich
sind in Tabelle 3 mögliche Differentialdiagno -
sen aufgelistet.
Sotos-Syndrom
Das Sotos-Syndrom beruht auf Mutationen
oder Deletionen des NSD -1- Gens auf dem
langen Arm des Chromosoms 5. Die Kinder
haben ein erhöhtes Geburtsgewicht, eine er -
höhte Geburtslänge und sind makrozephal.
Kinder mit Sotos-Syndrom zeigen eine typi -
sche faziale Dysmorphie [lange Gesichtsge -
stalt, Hypertelorismus (Schädelanomalie mit
vergrössertem Abstand der Augen und ver -
breitertem Nasenrücken), breite und hohe
Stirn, spitzes Kinn, hoher Stirnhaaransatz,
hoher und spitzer Gaumen und früher Durch -
bruch der Zähne]. Während des Säuglingsal -
ter s und der K indheit zeigen sie ein b eschleu -
nigtes Längenwachstum mit avanciertem
Knochenalter. Als Erwachsene sind sie meist
normal gross.
Klinefelter-Syndrom
Das Klinefelter-Syndrom ist eine numerische
Chromosomenaberration (Aneuploidie) der
Geschlechtschromosomen, die so nur bei
Jungen bzw. Männern auftritt. Es ist häufig
(1
: 70
0) und kann ebenfalls mit Grosswuchs
assoziiert sein. Als Ursache können ein oder
Die VrgVVan VhVVrthfl
Die VrganhtflkdZaru erfscTklhaiberhigitrT
27
• Den individuellen psychosozialen Proble-
m en, nebst einer klinischen Abklärung, ist
Rechnung zu tragen.
•
Di
e Eltern sind bestens bezüglich Wirkung
und Nebenwirkung aufzuklären.
•
Ei
ne Therapie bei einem Knochenalter von
>13 ist obsolet.
•
De
r Effekt beim Knaben hinsichtlich Hoden –
funktion, beim Mädchen bezüglich Krebser –
krankung (Brust, reduziert für Ovarienkar –
zinom) ist weiter zu klären.
•
Be
i Frauen nach Bremstherapie sind die
Fer tilität sowie der Follikelpool in den Ova –
rien deutlich vermindert.
•
Me
ta-Analysen werden diesbezüglich in
Zu
ku
nft Klarheit schaffen.
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Korrespondenzadresse
Dr. med. Tanja Haamberg
Universitätskinderklinik
Pädiatrische Endokrinologie
Diabetologie & Stoffwechsel
Inselspital
3010 Bern
tanja.haamberg@ insel.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unterstüt –
zung und keine anderen Interessenkonflikte im
Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Frauen nach einer entsprechenden Bremsthe
–
rapie signifikant mehr Schwierigkeiten hatten
schwanger zu werden und die Ovarienalterung
deutlich beschleunigt ist. Dies zeigt sich in ei –
ner gesteigerten Abnahme des Follikel-Pools.
Bei Knaben sind die Nebenwirkungen wäh-
rend der hochdosierten Testosterontherapie
schwerwiegender. Bis zu 40
% k
lagen die
Knaben über eine Zunahme der Akne, die
selbst eine dermatologische Spezialtherapie
notwendig machen kann. In 13
% w
ird ein
Auftreten einer Gynäkomastie berichtet, die
sehr störend ist. Allerdings scheint bis zu 21
Jahren nach der Bremstherapie die Spermien –
qualität nicht gestört, jedoch waren die Tes-
tosteron-Serum-Werte bei den früher Behan –
delten tiefer. Diese Bedeutung bleibt Thema
der aktuellen klinischen Forschung.
Epiphyseodese
Die Epiphyseodese (auch Epiphysiodese, von
gr. epiphyesthai – daraufwachsen, entstehen
und gr. desis – das Binden) ist ein chirurgi –
sches Verfahren zur Blockierung des Wachs –
tums an langen Röhrenknochen durch Über –
brückung oder Zerstörung der Wachstums
–
fu
ge. Diese Technik kann nur bis zum Wachs
–
tumsabschluss, und so bevor sich die Wachs –
tumsfuge endgültig schliesst, angewandt
werden. Mittels dieser Technik können bei
grossgewachsenen Knaben bis ca. 5 cm ein –
gespart werden, dies bei einem Knochenalter
von bis zu 13.9 Jahren. Diese chirurgische
Intervention, allerdings nur von geübten pädi
–
at
rischen Orthopäden durchgeführt, kann vor
allem bei Körperdisproportionen angewandt
werden. Die Empfehlungen gehen aber dahin,
dass die Epiphyseodese nur bei einem Kno –
chenalter < 12.5 Jahren (Mädchen) und 14
Jahren (Knaben) anzuwenden sei. Ebenfalls
soll die Körpergrösse zum Zeitpunkt der Ent -
scheidung b ei K nab en nicht > 185 cm und b ei
Mädchen nicht grösser 170 cm sein. Eine
Komplikation stellt immer das ungleiche Re –
sultat bezüglich Längenreduktion der Extre –
mitäten dar. Diese chirurgische Intervention,
auch von Spezialisten ausgeführt, ist und
bleibt kontrovers und mehr klinische Ver –
laufsdaten sind essentiell, um das Prozedere
den Patienten empfehlen zu können.
Take Home Message
•
Gr
osswüchsige Kinder sind vor Pubertäts –
eintritt zur Evaluation in eine pädiatrisch-
endokrinologische Sprechstunde zuzuwei –
sen.
•
Ei
ne Behandlung ist nur bei > 2.5 SDS zu
verantworten.
vor der Ausprägung dieser lebensgefährlichen
Veränderungen der Gefässwand geschützt
werden, da Losartan die Wirkung des überak
–
tiven TGF- β antagonisiert. Bereits bestehende
Veränderungen am Herzen normalisierten
sich zudem weitestgehend, solche in anderen
Bereichen des Körpers zumindest teilweise.
Behandlung des Grosswuchses
Bei exzessivem Längenwachstum (Endlängen –
prognose bei Mädchen >185 cm, bei Jungen
> 205 cm ) b es teht die Möglichkeit , eine B r ems –
therapie durchzuführen. Diese Behandlung
erfolgt bei Mädchen mit hochdosierten Östro –
genen, bei Jungen mit hochdosiertem Testos –
teron bis zum Schluss der Epiphysenfugen
(meistens während mindestens zwei Jahren).
Es kann davon ausgegangen werden, dass je
früher eine Bremstherapie begonnen wird,
desto grösser der Erfolg der Endlängenreduk –
tion ist. Die durchschnittliche Reduktion der
Endlänge ist b ei den Mädchen 4.1– 6.9 cm , b ei
den Knaben 2.7–6.9 cm. Nicht zu vernachläs –
sigen ist das Wachstum, das nach Stoppen
der Therapie durchschnittlich noch zu erwar –
ten ist, dies kann bis 2 cm betragen. Dieser
Erfolg korreliert negativ mit dem KA bei The-
rapiestopp. Daher ist zu empfehlen, die The –
rapie bis zum vollständigen Epiphysenschluss
weiter zu führen.
Wichtig: Ein Therapiebeginn bei einem Kno –
chenalter (Greulich und Pyle) bei > 13.5 Jah-
ren (Knaben) und > 13 Jahren (Mädchen) ist
nicht z u empfehlen , z umal gar eine Endlängen –
zunahme resultieren wird.
Nebenwirkungen
der Sexualhormontherapie
Bei Mädchen waren/sind Dosen von 100–
300μg/Tag Ethinylöstradiol in Kombination mit
einem G est agen vom Tag 15 –25 ; b eim K nab en
250–1000 mg Testosteron-Ester Depot/Monat
intramuskulär die Therapie der Wahl.
Es ist bekannt, dass Sexual-Hormone negati-
ve Auswirkungen auf Hämostase, Lipidstoff-
wechsel sowie auf die Hypothalamus-Hypo –
physen-Sexualhormonachsen haben können.
Studien haben gezeigt, dass abgesehen von
Gerinnungsstörungen, die bei Frauen nicht zu
vernachlässigen sind, die kurzfristigen Neben –
wirkungen grundsätzlich mild und reversibel
sind (Gewichtszunahme, Übelkeit etc.). Die
Post-Behandlung-Amenorrhö von länger als 6
Monaten trat nur bei 5
% d
er Frauen auf. Einzig,
was immer wieder berichtet wird, ist, dass
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Tanja Haamberg , Universitätskinderklinik Pädiatrische Endokrinologie Diabetologie & Stoffwechsel Inselspital Prof. Dr. med. Primus E. Mullis , Abteilung pädiatrische Endokrinologie/ Diabetologie & Stoffwechsel Med. Univ. Kinderklinik, Inselspital Bern Andreas Nydegger