Die Inzidenz des Diabetes mellitus Typ 1 hat im Verlaufe der letzten Jahrzehnte in Europa zugenommen; in der Schweiz von 8/100 000 Kinder (≤ 15-jährig) 1991 auf 13.1 im Jahr 2008, d. h. mehr und mehr Schulkinder leiden an Diabetes mellitus1). Dieser Artikel wurde gemeinsam durch Mitglieder der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie (SGPED/SSEDP), Schulärzte und in klinischer Diabetologie spezialisierte Pflegefachfrauen erarbeitet, mit dem Zweck, zur umfassenden Integration diabetischer Kinder in Kinderhorten, Kindergärten und Schulen, sowie allen schulischen, ausserschulischen und sportlichen Aktivitäten beizutragen, und dabei die Fortführung ihrer Behandlung und ihre Sicherheit zu garantieren. Dieses Dokument soll Familien und Pflegeteams, die bei der Betreuung auf Schwierigkeiten stossen, als Hilfe dienen.
16
Einführung
Die Inzidenz des Diabetes mellitus Typ 1 hat
im Verlaufe der letzten Jahrzehnte in Europa
zugenommen; in der Schweiz von 8/100
00
0
Kinder (≤ 15-jährig) 1991 auf 13.1 im Jahr
2008, d.
h.
mehr und mehr Schulkinder leiden
an Diabetes mellitus
1). Dieser Artikel wurde
gemeinsam durch Mitglieder der Schweizeri –
schen Gesellschaft für Pädiatrische Endokri –
nologie und Diabetologie (SGPED/SSEDP),
Schulärzte und in klinischer Diabetologie
spezialisierte Pflegefachfrauen erarbeitet, mit
dem Zweck, zur umfassenden Integration di –
abetischer Kinder in Kinderhorten, Kinder
–
gä
rten und Schulen, sowie allen schulischen,
ausserschulischen und sportlichen Aktivi –
täten beizutragen, und dabei die Fortführung
ihrer Behandlung und ihre Sicherheit zu ga –
rantieren. Dieses Dokument soll Familien
und Pflegeteams, die bei der Betreuung auf
Schwierigkeiten stossen, als Hilfe dienen.
Schulintegration von Kindern
mit Typ 1 Diabetes
Im Leben eines Kindes oder Jugendlichen und
seiner Familie ist das Auftreten eines Diabe-
tes ein umwälzendes Ereignis. Innert weniger
Tage muss das Kind/die oder der Jugendliche
lernen, ein neues Leben zu führen, mit
Schwierigkeiten und Frustrationen umzuge –
hen, und mit einer Behandlung, die sein tägli –
ches Leben beeinträchtigt. Blutkontrollen,
Injektionen oder das Tragen der Insulinpum –
pe, das Berechnen von Kohlehydraten und Insulindosen bei jeder Mahlzeit diktieren nun
den Tagesrhythmus. Seine Aktivitäten müs
–
sen diesem neuen Tagesrhythmus und diesen
Einschränkungen angepasst werden. Am
schwierigsten ist es für das Kind, darauf zu
verzichten, «so zu sein wie zuvor» und sich
den Regeln des Diabetes, die nun die seinen
sein werden, anpassen zu müssen.
Mit Hilfe von spezifisch in der Diabetesbe
–
tr
euung ausgebildeten Fachpersonen wird es
diese Klippen Schritt für Schritt überwinden
und sich an seine neuen Lebensbedingungen
gewöhnen. Es ist kein hindernisfreier Weg,
doch gut begleitet und betreut wird das Kind
zunehmend an Selbstvertrauen gewinnen und
sich der Erwachsenenwelt stellen können.
Die Einschulung stellt für diabetische Kinder
und ihre Eltern einen zusätzlichen Stress
dar, der Hilfe und Unterstützung unsererseits
rechtfertigt.
Die Integration diabetischer Kinder und Ju –
gendlicher in Krippen, Kindergarten und Schu –
le ist ein komplexer Prozess für die Kinder
selbst, aber auch für die Lehrkräfte, die sie
empfangen. Multidisziplinäre Zusammenar –
beit ist unabdingbar. Erfahrungen zeigen, dass
eine gut vorbereitete und geführte Integrati –
on, durch ein ausgebildetes und motiviertes
Team und mit der ak ti ven und ver s t ändnisvol –
len Zusammenarbeit der Eltern, zur allgemei –
nen Entwicklung des Kindes/Jugendlichen mit
Typ 1 Diabetes beitragen
2).
Beispiel Kanton Genf
Ausgangslage
Durch die Zusammenarbeit, als wesentliche
Beteiligte, von Kinderspital (Hôpital des En-
fants) und Kinder- und Jugenddienst (Service
de santé de l’enfance et de la jeunesse, SSEJ)
werden in Genf seit 1995 Massnahmen zur
Integration getragen und gefördert. Als Folge
von B emer kungen w ie «Seitdem ich Diab etiker
bin, kann ich nicht mehr an Sporttagen teil- nehmen» oder «Man gab mir zu verstehen,
das s ich mein K ind b ei Schulaus flügen b es ser
zuhause behalten sollte», wurden verschiede
–
ne Strategien entwickelt.
Um dies zu erreichen, müssen Lehrerinnen
und Lehrer nicht nur vermehrt Kenntnisse des
Diabetes Typ 1 erwerben, sondern auch die
Fähigkeit, bei Bedarf richtig zu handeln. In
Genf wird die Integration von Kindern mit
besonderen Bedürfnissen durch das Gesetz
über Integration von Kindern mit spezifischen
erzieherischen Bedürfnissen oder Behinde –
rungen vom 14. November 2008 geregelt
3).
Hilfsmittel
Ein erster, 1999 gedrehter Film zeigt das täg –
liche Leben eines jungen Diabetikers. 2010
wurde durch und mit diabetischen Jugendli –
chen der Film «Touche pas à mon diabète
…»
g
edreht, der auch im Internet eingesehen
werden kann. Diese Filme werden in Schul –
klassen als Informations- und Diskussionsba –
sis verwendet.
In den folgenden Jahren führten Überlegungen
zur Qualität der Schulaufnahme von Kindern
mit chronischen Krankheiten das SSEJ dazu,
individuelle Schulintegrationspläne zu erar –
beiten und umzusetzen (Projets d’accueil in-
dividualisés, PAI)
3). Dieses Hilfsmittel wurde
ab 2004 im Kanton Genf für Kleinkinder in
Tagesstätten, schulpflichtige Kinder und Lehr –
linge mit einem Gesundheitsproblem einge –
führt, das ihren vorschulischen oder schuli –
schen Werdegang beeinflussen kann
3). Dieses
Dokument beschreibt die spezifischen Be –
dürfnisse und die in Schule oder Institution
notwendige Betreuung und Massnahmen,
sow ie ein Inter ventionsprotokoll f ür Not f allsi –
tuationen – Hypoglykämie im Falle des Diabe –
tes ( Abb. 1) . Es leg t Rollen und Ver ant wor tun –
gen der Beteiligten fest, und wird durch
Schularzt und School-Nurse mit den Eltern
und betroffenen Lehrkräften ausgearbeitet,
auf der Basis der durch die Spezialärzte – im
vorliegenden Fall Diabetologen – erstellten
Verordnung. Es wird mit jedem neuen Schul –
jahr oder bei Änderung der ärztlichen Verord –
nung angepasst.
Diabetische Kinder und Jugendliche
in der Schule
Strategien und Empfehlungen der SGPED
Michael Hauschild 1), Sara Bachmann 1), Primus Mullis 1), Tiziana Gozzi Graf 1), Paolo Tonella 1),
Beatrice Kuhlmann 1), Michael Steigert 1), Mariarosaria Lang-Muritano 1), Stefanie Wildi 1), Corinne
Geiser 2), Luz Perrenoud 3), Montserrat Castellsague Perolini 3), Francine Lalot 4), Claire-Anne
Wyler Lazarevic 4), Claude Brocard 5), Christine Lambelet 5), Valérie M. Schwitzgebel 1)
Übersetzung der französischsprachigen Abschnitte: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
1)
Mi
tglieder SSEDP/SGPED
2)
St
adt Zürich – Schulgesundheitsdienste –
Schulärztlicher Dienst
3)
Sp
écialistes cliniques en diabétologie, HUG
4)
Se
r vice de santé de l’enfance et de la jeunesse,
Genève
5)
Di
vision d’endocrinologie, diabétologie et obésité
pédiatrique, CHUV, Lausanne
Abkürzungen
CGMS: continuous glucose monitoring system
HUG: Hôpital Universitaire de Genève
KSGR: Kantonsspital Graubünden
PAI: Projet d’accueil individualisé
SSEJ: Service de santé de l’enfance
et de la jeunesse (SSEJ)
UKBB: Universitätskinderspital beider Basel
Lieb Ko lgb n Kund
Lieb KolgnudDatlKsbeKMrkhDcnliAeKnioiuKh
17
• Eltern über Verpflichtungen der Schule gemäss kantonalen Gesetzen und Bestimmungen informieren
• Für
jed
es
Ki
nd/Jugendlichen
sch
riftlich
ei
nen
in
dividualisierten
Au
fnahmeplan erstellen, der mit jedem Schuljahr und bei Therapie –
änderung angepasst wird
• Die
B
eteiligung
d
es
s
chulischen
U
mfeldes
b
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d
er
B
etreuung
d
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des vereinbaren
• Schulung
a
ller
B
eteiligten,
L
ehrkräfte
u
nd
«
Subsidiärdienste»
(T
ransporteure, Kantinenaufsicht, Hauswart), damit diese über
das notwendige Fachwissen verfügen
Tabelle 1: Strategien zur Integration junger Diabetiker
• Diabetes Typ 1 erläutern
• Hypoglykämierisiken
• Spezifische
S
ymptome
d
es
K
indes,
d
as
d
iese
S
chule
b
esucht
• Massnahmen
b
ei
H
ypoglykämie
• Anwendung
v
on
G
lucagon
(
Demonstration)
• Hyperglykämie –
u
nd
K
etoazidosezeichen
• E
rnährung
• Bedienung
d
es
G
lucosemessgerätes
(
im
E
inverständnis
mi
t der Lehrperson)
• Besonderheiten
der Tu
rnstunde
• Akut
i
n
d
er
S
chule
e
rkrankte
K
inder
n
icht
o
hne
A
bsprache
na
ch Hause schicken
• Funktionsweise von Insulinpumpe und CGMS (demystifizieren) • Insulinpumpe- un d CG MS-Material •
Reservematerial
der Insul
inpumpe
• R
isiken
u
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M
assnahmen
b
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A
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• Spritzen-
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en-Reser vematerial
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P
umpen-Ausfall
•
Information
üb
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terliche,
är
ztliche
un
d
Pu
mpenhersteller-
Kontaktnummern für Notfall-Situationen
Tabelle 2: Ausbildungsziele der Lehrkräfte die ein diabetisches Kind
in ihrer Klasse haben
Tabelle 3: Ausbildungsziele für Lehrkräfte eines Kindes mit Insulinpum –
pe/CGMS Diabetologen besprochen und eine School-
Nurse kann das Kind bei sportlichen oder ei
–
nem weit weg gelegenen Anlass begleiten.
Das medizinische Betreuungsteam ist 24/24
Std. erreichbar.
Es kommt vor, dass Eltern die Kontaktnahme
mit der Schule verweigern. Wir versichern
ihnen während dem Spitalaufenthalt, dass wir
verpflichtet sind, das Arztgeheimnis einzuhal –
ten, weisen sie jedoch auf die möglichen Ge –
fahren hin, die infolge fehlender Information
in der Schule entstehen können. Wir erinnern
sie daran, dass Lehrpersonen ebenfalls dem
Berufsgeheimnis unterstellt sind und auch
eine Verschwiegenheitspflicht haben.
Erfolgreiche Integration
Die erfolgreiche Integration hängt von der
Zusammenarbeit zwischen Eltern, Pflege –
team, Lehrpersonen und allen anderen Be –
rufspersonen von Kinderkrippen oder Schule
ab. Die Verantwortung eines jeden muss von
allem A nf ang an klar de finier t wer den. For tbil –
dung erlaubt, eine gemeinsame Sprache und
(
Tab. 2 , gilt für alle Kinder mit Diabetes) und
das Merkblatt mit den bei Hypoglykämie zu
ergreifenden Massnahmen abgegeben und
besprochen (Abb. 1). Für Kinder mit einer
Insulinpumpe und/oder einem Continuous
glucose monitoring system (CGMS) (Abb. 2)
werden ergänzende Informationen vermittelt
( Tab. 3 )
4). Für die Schulung benutzen wir die
beiden erwähnten Filme und ein DVD mit
Marionetten für unter 8-jährige Kinder als
Hilfsmittel; mit den Lehrpersonen üben wir
Blutzuckerbestimmung und Glucagoninjekti –
on. Nimmt das K ind Mahlzeiten in der Schule/
Krippe ein, werden die für die Zubereitung der
Mahlzeiten verantwortlichen Personen ge –
meinsam mit einer Diätassistentin geschult.
Ist keine School-Nurse verfügbar, kann bei
Bedarf zur Mittagszeit Spitex aushelfen. Par-
allel dazu organisiert die School-Nurse mit
Eltern, Kind/Jugendlichem, Lehrperson und
wenn nötig Schularzt eine Zusammenkunft,
um den individuellen Integrationsplan (PAI)
auszuarbeiten. Vor Sportanlässen oder Schul –
lager wer den alle Mas snahmen mit Elter n und
Strategie in Genf
Schon bei der ersten Spitalaufnahme und
Diagnosestellung muss die Rückkehr des
Kindes oder Jugendlichen mit Diabetes in
Schule oder Kinderkrippe unbedingt vorberei
–
tet werden. Das Vorgehen wird in Tabelle 1
zusammengefasst.
Die in Diabetologie spezialisierte Pflegefach –
person nimmt, im Einverständnis mit den El-
tern, mit der zuständigen School-Nurse Kon –
takt auf, um ein Treffen mit Lehrkräften und
Verantwortlichen von Schule, Krippe oder
Institution sowie Schularzt zu organisieren.
Diese Schulung wird gemeinsam durch Pfle-
gefachpersonen der Universitätskinderklinik
und des SSEJ geleitet , und einer Diät as sisten –
tin, wenn das Kind Mahlzeiten in der Schule
oder Krippe einnimmt. Es geht vor allem dar –
um, die Krankheit zu entmystifizieren, Stigma –
tisierung zu verhindern und Lehrerinnen und
Lehrern die notwendigen Kenntnisse zum
Verständnis des Diabetes ganz allgemein und
richtigem Handeln zu vermitteln. Es werden
die spezifischen Zielsetzungen festgelegt
Abbildung 1: Genfer Interventionsprotokoll bei Hypoglykämie
Die VrgVVan VhVVrthfl
Die VrganhtflkdZaru erfscTklhaiberhigitrT
18
tesfachberatung (DFB) eine Kontaktaufnahme
und ausführliche Information an.
Im Einverständnis mit Kind und Familie und
wenn von der Schule gewünscht, wird dann
ein Schulbesuch durch unsere Diabetesfach-
beratung vereinbart. Unsere DFB informiert
so vor Ort (oft in Anwesenheit der Eltern) die
Mitschüler und Lehrpersonen über den Dia-
betes des Kindes. Ein solcher Besuch findet
nach Neudiagnose des Diabetes, nach Kin
–
der
garten-/Schuleintritt oder Schulwechsel
statt. Parallel dazu werden auch Lehr- und
Betreuungspersonen zu spezifischen Schulun-
gen ins UKBB eingeladen.
Ist eine Unterstützung des Kindes z.
B.
beim
Berechnen der Insulindosis und Insulinsprit –
zen nötig, wird gelegentlich die Kinderspitex
engagiert, welche dann punktuell zu den Mahl
–
ze
iten zu einem Mittagstisch, zu einer Tages –
mutter oder in eine Kindertagesstätte geht.
Vor einem Schullager wird der Menüplan zusam –
men mit der Ernährungsberatung vor
be
sprochen
und die Kohlenhydratmengen ausgerechnet. Bei
Bedarf klärt unsere Diabetesfachberatung spe –
zifische Fragen (insbesondere Hypoglykämieko –
rrektur) mit der Lehrperson.
Vorschläge
Trotz all dieser Bemühungen zeigen die vorgän –
gig beschriebenen Beispiele, dass die Betreu –
ung von diabetischen Kindern in der Schule
leider doch nicht immer reibungslos klappt und
die Integration nicht immer erfolgreich ist.
Wünschenswert wären vermehrt Unterstüt-
zungspersonen vor Ort wie z.
B.
Praktikannt
–
In
nen oder auch Zivilidienstleistende, welche
vorgängig geschult werden könnten und dann
der Lehr er schaf t und dem K ind zur Ver f ügung
stehen.
Zusätzlich zur individuellen Schulung und
Auf klär ung vor Or t wäre eine allgemeine jähr –
liche Informationsveranstaltung für interes –
sierte Lehrpersonen vor Beginn des neuen
Schuljahres denkbar.
Interesse und Motivation, die Betreuung eines
diabetischen Kindes zu übernehmen, sind
nicht bei allen Lehrpersonen gleich und zur –
zeit besteht für diese keine Verpflichtung, sich
über den Diabetes des Kindes zu informieren.
Wäre es ev. nützlich, wenn eine gewisse Infor –
mation (z.
B.
die erwähnte Informationsveran –
staltung) obligatorisch wäre?
Beispiel Kanton Bern
Allgemein
Die primäre Instruktion findet während der
Hospitalisation bei Diagnosestellung statt.
Probleme, Beispiele
Die Zusammenarbeit zwischen medizini
–
schem Betreuungsteam, Familie und Schule
ist sehr unterschiedlich.
•
Z. B.
kam es vor, dass sich eine Schule zu
sehr involvierte und die Behandlung des
Kindes komplett nach eigenen Richtlinien
übernehmen wollte, d.
h.
das Kind durfte
nicht im Unterricht Blutzucker messen,
sondern musste sich dafür bei der Nurse
(Int. School) melden, welche dann auch
entschied, ob und wie auf den gemessenen
Wert reagiert wurde.
•
Ei
ne andere Lehrperson kümmerte sich bei
einer Velotour nicht um das diabetische
Kind, welches aufgrund einer Hypoglykämie
anhalten musste.
•
Es
gibt Lehrpersonen, welche keine aus-
führliche Information wünschen bzw. sich
nicht dafür Zeit nehmen.
•
Den
Betreuungspersonen einer Kinderta
–
gesstätte wurde durch die Leitung das
Spritzen von Insulin verboten.
•
Di
ab etische K inder nehmen nicht an Schul
–
lagern teil, weil sie sich oder die Eltern ih-
nen das selbständige Diabetesmanagement
nicht zutrauen. Eine Zusatzdiagnose wie
Zöliakie kann hier entscheidend sein, da
diese natürlich das Management erschwert.
Strategie am UKBB
Die erste Information an die Lehrerschaft er –
folgt durch die Eltern, als Hilfsmittel erhalten
diese die Broschüre «Kinder mit Diabetes in
der Schule». Via Eltern bietet unsere Diabe-
Haltung einzunehmen. Wir fördern die Kontak-
te unter Eltern, Kind und Lehrpersonen im
Verlaufe des ganzen Schuljahres. Die Zusam
–
menarbeit der Eltern ist unabdingbar und soll
von den Lehrpersonen nicht als Einmischung
erlebt werden.
Beispiel Kanton Basel
Ausgangslage
Die moderne intensivierte Insulintherapie
stellt höhere Anforderungen an diabetische
Kinder und ihre Betreuungspersonen. Anders
als zu Zeiten eines 2- Spr it zen – Schemas ist vor
jeder Mahlzeit die korrekte Berechnung und
Applikation der Insulindosis notwendig, je
nach Therapieform muss eine Insulinpumpe
bedient und auf eine mögliche Fehlfunktion
reagiert werden und/oder die Profile eines
kontinuierlichen Glucosemonitorings müssen
interpretiert werden.
Gleichzeitig sind die sozialen Verhältnisse
bzw. die Betreuungssituation oft komplex,
indem viele Kinder neben der Schule einen
Mittagstisch und Tagesstrukturen besuchen
oder sonst ausserfamiliär (z.
B.
Tagesmutter)
betreut werden.
Die Eltern sind oft nicht in der Lage, gezielte
adäquate Informationen weiterzugeben. Wenn
die Diagnose noch frisch ist, sind sie selbst
noch sehr unsicher und stellen oft zu hohe
Anforderungen an die Lehrperson oder geben
zu komplizierte Anweisungen für jede Eventua –
lität. Andere Familien informieren zu wenig und
schaffen deshalb Verunsicherung in der Schule.
Abbildung 2: Mit einer Insulinpumpe ausgerüstetes Kind mit Diabetes; die vom Continuous
Glucose Monitoring System (CGMS) gemessenen Werte werden an ein Smartphone weiterge-
geben und von diesem angezeigt. Es gibt auch Systeme, die den Glucosespiegel auf dem Bild-
schirm der Insulinpumpe anzeigen.
1) Insulinpumpe
2 ) Be dienknöpfe
3)
Mo
tor
4)
Kol
ben
5)
Displ
ay
6)
In
sulinampulle
7)
Ba
tteriefach 8) Ad
apter
9) Ka theter
10 )
S ens or f ür kontinuier lic h e
Glucoseermessung
11)
Sm
artphone als
Em
pfangsgerät für
Glucosewerte
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
19
sich Eltern und Lehrpersonen im Kanton der
150 Täler persönlich; dies erleichtert die Er-
arbeitung von Strategien. Auch sonst wird in
unseren Talschaften oft eine «alpine Solidari –
tät» gelebt; die generelle Bereitschaft der
LehrerInnen, ihre Schulkinder mit Diabetes zu
unterstützen, ist jedenfalls beeindruckend.
Zudem besteht bei Patienten aus Randregionen
oft eine gute Therapie-Adhärenz, wohl auch,
um eine Stoffwechselentgleisung (und damit
die Wohnort-ferne stationäre Behandlung im
deutsch- und somit oft nicht muttersprachlich
betriebenen Zentrumsspital) zu vermeiden.
Strategie
Massnahmen innerhalb der Familie
Wir schulen unsere Patientenfamilien individu –
alisiert und auf möglichst grosse Autonomie.
W ir för der n konse quent den Einsat z von Tech –
nologien zur selbständigen Stoffwechsel-kon –
trolle (Blut-Ketonmessung, therapeutische
kontinuierliche Glukosemessung), um das Ri –
siko von akuten Stoffwechselentgleisungen
auch während der Schulzeit zu reduzieren.
Wir fördern das Empowerment bei Patienten
und Familien und entlasten damit Lehrperso –
nen.
Wir klären bei der Instruktion spezifisch die
Schulsituation inklusive Schulweg, Mittagstisch,
evtl. Übernachtung ab und erarbeiten mit den
Familien mögliche Konzepte und Strategien.
Massnahmen mit Lehrpersonen
und Schulbehörden
Wir informieren die Lehrperson vor Wieder –
aufnahme der Beschulung über den Diabetes.
Wir vereinbaren gemeinsam und verbindlich
Kompetenzen, Rechte und Pflichten.
Wir schulen die Lehrperson auf die ihr über –
tragenen Kompetenzen.
Wir besprechen mögliche Szenarien und Lö –
sungsansätze.
Falls nicht anders lösbar organisieren wir
Subsidiärdienste für die Schule (z.
B. S
pitex)
In komplexen Situationen werden die Verein –
barungen schriftlich festgehalten.
Hilfsmittel und Massnahmen
zur Unterstützung von Lehrpersonen
und Transporteuren
Standard
•
Tel
efon- oder persönliche individuelle Be
–
ra
tung der Lehrperson durch Facharzt bei
Diagnose
•
In
ternes Informationsblatt zum Thema Kin –
der und Jugendliche mit Diabetes in der
Schule
Artikel zeigt. Diese Heterogenität erschwert
es jedoch, Dritten gegenüber (z.
B.
Schulbe
–
hörden) allgemein gültige Standards zu defi –
nieren und zu eta
bl
ieren.
Ein Dilemma kann zudem mit standardisierten
Informationen nicht gelöst werden: Was,
wenn die Lehrperson sich nicht in der Lage
sieht, das Kind mit Diabetes im Schulbetrieb
zu unterstützen? Sie hat ja zunächst die Be –
schulung des Kollektivs zu gewährleisten und
ist nicht verpflichtet, an Schülern medizini –
sche Interventionen vorzunehmen. Und doch
trägt sie während der Schulzeit Mitverantwor –
tung für die Sicherheit und Unversehrtheit
ihrer Schüler. Daraus resultiert ein Ermes –
sens-spielraum über die einer Lehrperson
zumutbaren Aufgaben bei der Bewältigung
Diabetes-spezifischer Herausforderungen
während der Schulzeit.
Wir thematisieren dieses Dilemma schon bei
Diagnosestellung und betonen, dass es im
Interesse aller und besonders des Kindes ist,
eine einvernehmliche Lösung zu erarbeiten.
Trotzdem erlebten wir wiederholt Friktionen,
die Deeskalationsgespräche mit Lehrperso –
nen, Eltern, Schulleitungen und in extremis
Kinderschutzgruppe und Schulaufsichtsbe –
hörde erforderten. Wir nahmen dies zum An –
lass, unsere Strategie zu überdenken und zu
individualisieren.
Erwägungen
Potentielle Risiken in unserer Gebirgsregion
sind die Distanzen zwischen Elternhaus und
Schule mit langen Transferzeiten. Oft essen
K inder mit t ags in der Schule und üb er nachten
im Internat. Dies verlängert die Zeitspanne,
während der Schulpersonen mit dem Diabe –
tes ihrer Schüler konfrontiert sind.
Unsere Eltern üben oft Nicht-Büroberufe aus;
sie sind über Festnetz nicht und wegen Funk –
löchern in Tälern über Mobiltelefon nicht si –
cher erreichbar. Deshalb und wegen der
grossen Distanzen sind die Eltern in einer
akuten Notfallsituation oft nicht direkt
verfügbar. Da es in Graubünden auch keine
School-Nurses gibt, sind Lehrpersonen also
bei Diabetes-bezogenen Problemen ihrer
Schüler oft zunächst auf sich selbst gestellt.
Die Nachfrage nach Informationsveranstaltun –
gen zum Thema «Diabetes und Schule» ist in
der Südostschweiz seitens Lehrerschaft den –
noch gering; dies mag an langen Anfahrtswe –
gen, Trilingualität, und kommunal und kantonal
bedingter infrastrukturellen Unterschiede der
Schulsituation liegen. Wir erreichen die Leh –
rerschaft mit diesem Angebot jedenfalls nicht.
Potentielle Chancen: Nicht selten kennen
Grundlagen dazu haben wir schon seit Jahren
ausgearbeitet, regelmässig überarbeitet und
alle Unterlagen sind auch online einzusehen
http://www.kinderkliniken.insel.ch/de/kin
derkliniken/kinderheilkunde/endokrinologie/
scripte-endo01/. Altersentsprechend kom –
men auch Kinderbücher zum Einsatz. So wird
aktuell das Buch: «Du und ich haben Diabe-
tes» neu überarbeitet und aufgelegt.
Ein wichtiger Grundsatz unserer Schulung ist
und bleibt das Erlangen der Autonomie. Wir
arbeiten und verstehen uns als Team, wobei
Ernährungs-, Sozialberatung sowie die psy
–
ch
logische Betreuung, das Pflegeteam (Fach –
team Diabetespflege) und DiabetologenInnen
stellungsgleich sind. Hervorzuheben ist, dass
Kinder/Jugendliche mit Diabetes allgemein
überall teilnehmen können, sei es an Kinder-,
Sp or tlager n etc. Auch soll in der Familie keine
spezielle Bevorzugung aus der Krankheit re-
sultieren.
Kindergarten/Schule/Sport
Wichtig ist, dass alle, die mit dem diabeti –
schen Kinde arbeiten und Zeit verbringen,
über Krankheit und Komplikationen informiert
sind. Unklarheiten machen neugierig, und nur
allzu gerne werden diese Kinder dann margi –
nalisiert, was für die persönliche Entwicklung
nicht gerade förderlich ist.
Da es in der Schweiz keine r echtlichen G r und –
lagen gibt, dass Schul-, Lehrpersonen in die
Betreuung des Diabetes einbezogen werden
können oder gar müssen, basiert alles auf
individuellem Goodwill. Wir persönlich suchen
in notwendigen Situationen den persönlichen
Kontakt mit den Lehrpersonen, instruieren sie
entsprechend, und so sind wir in der Lage
Vorurteile und Ängste abzubauen.
Beispiel Kantone Graubünden
und Glarus
Ausgangslage
Die Betreuung schulpflichtiger Kinder und Ju –
gendlicher mit Diabetes birgt bekanntlich
spezifische Herausforderungen gerade wäh –
rend der Schulzeit (Einhalten des Ernährungs-
und Injektionsplans, Vorgehen der Lehrperson
bei vermuteter leichter Unterzuckerung oder
bei schwerer Unterzuckerung mit Bewusstlo –
sigkeit). Dementsprechend existiert zu diesem
Thema eine Vielzahl an Merkblättern, Informa –
tionsbroschüren und Guidelines. Diese Pletho –
ra ist wohl nicht vermeidbar, da Empfehlungen
den infrastrukturellen Gegebenheiten in der
Schule und der Diabetes-betreuenden Institu –
tion Rechnung tr agen müs sen, w ie auch dieser
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
20
hängigkeit von den Leitern grösser. Leider
bestehen aber erhebliche Unterschiede im
Leistungsumfang und dem Willen, diabetische
Kinder zu integrieren, die nur mit «Goodwill»
zu tun haben, und manchmal zu einer stark
unterschiedlichen Behandlung sogar inner-
halb der verschiedenen Schulgebäude einer
einzigen Gemeinde führen – stark menschen –
abhängig, also!
Im A llgemeinen ist die L age der Fr em db etr eu –
ung in Kindertagesstätten, Krippen, Kinder –
gärten und Schulen ausgezeichnet. Man be-
müht sich von allen Seiten das Kind gut zu
integrieren und es besteht eine lobenswerte
Bereitschaft dafür! Unserer Meinung nach
sollte aber der Auftrag und Umfang der Be-
treuung gesetzlich und national klar definiert
werden, und nicht mehr vom Wille der einzel –
nen Schulleiter abhängig sein. Diabetische
Kinder sind normale Kinder, und sollten sich
dank einer optimalen Integration auch so
fühlen können.
Beispiel Kanton Waadt
Ausgangslage
In Lausanne wurden die beim städtischen
Gesundheitsdienst angestellten spezialisier –
ten Pflegefachpersonen der Abteilung für
Endokrinologie und Diabetologie des Kinder –
spitals (Hôpital de l’Enfance) angeschlossen.
Es ergab sich eine enge Zusammenarbeit.
Diese Pflegefachpersonen wurden dann 2000
der Abteilung für Endokrinologie und Diabeto –
logie der Kinderklinik des CHUV angegliedert.
2012 erarbeitete das Programme Cantonal
Diabète verschiedene Projekte, darunter ein
visuelles Hilfsmittel in DVD -Form zur Erklä-
rung des Diabetes.
Um den Gesundheitsbedürfnissen der Schüler
besser entgegenzukommen und ein stand
–
ar
disiertes Lehrmittel zu verwenden, wurde
2013 unter der Leitung der Unité de promoti –
on de la santé et de prévention en milieu
scolaire (Unité PSPS) des Departementes für
Gesundheit und Sozialwesen des Kantons
Waadt das individuelle Schulintegrationspro –
gramm «Projet d’accueil individualisé – Mesu –
res de santé (PAIMS) » eingeführt.
Hilfsmittel
In Zusammenarbeit mit der PSPS wurden
standardisierte Formulare (PAIMS) geschaf –
fen, die eine enge Zusammenarbeit zwischen
spezialisierten Pflegeteams, Schule (Lehrper –
sonen, School-Nurses, Schularzt) sowie El –
tern und diabetischen Kinder und Jugendli –
chen erleichtern.
Wir nützen dieses Angebot punktuell auch, um
Betreuungsteams, Lehrer, Kindergartenleiter
usw. zu instr uier en und zu b egleiten. Eb enfalls
problemorientiert und gezielt setzen wir un
–
sere Diabetesberatung vom Zentrum aus ein,
und führen Gespräche direkt mit den Schul-
behörden. Wir sind per E-Mail und Telefon
rund um die Uhr erreichbar.
Die Betreuung eines diabetischen Kleinkindes
ist ein «Fulltime Job». Umso verständlicher ist
es, dass für eine betrof fene Familie die Über –
gabe des Betreuungsauftrags an Drittperso –
nen eine grosse emotionale Bedeutung hat,
und mit grossen Ängsten verbunden ist.
Durch das immer Jüngerwerden der betroffe –
nen Kinder sind immer mehr Patienten im
Kindergartenalter anzutreffen. Die zunehmen-
de Technologisierung (mit Insulinpumpen und
kontinuierlicher Glucosemessung) birgt zu –
dem auch das Potential, zunehmende Leistun –
gen von den Fremdbetreuern zu «verlangen».
Grundsätzlich gehört zur Fremdbetreuung
eines Kindes mit Diabetes die Bereitschaft,
das K ind immer b esonder s im Auge zu hab en,
damit eine Hypoglykämie festgestellt werden
kann. Die Möglichkeit der Blutzuckerkontrolle
(durch das Kind, je nach Alter unter Anlei-
tung/Kontrolle, manchmal aber durch die
B etr euer, f alls das K ind noch nicht in der L age
ist, diese selber durchzuführen) sowie die
Einnahme von Traubenzucker, sollte bei ent –
sprechenden Zeichen immer gegeben, ein
telefonischer Kontakt zur Familie bei Fragen
oder Unsicherheiten immer möglich sein. Das
«Z’Nüni» sollte nach Angaben der Familie
eingenommen, und sicher nicht umgetauscht
werden (gilt vor allem im Vorschulalter).
Die Injektion von Insulin sollte nicht im Be-
treuungsauftrag der Schulbehörde stehen,
obwohl wir oft Institutionen erleben, die sich
auch bereit zeigen, Insulin via Pumpe oder
PEN zu verabreichen.
In Kinderkrippen und -tagesstätten bestehen
praktisch keine Probleme. Dies liegt vielleicht
daran, dass es sich um private Leistungen
handelt, die vom Auftraggeber auch bezahlt
werden.
In der Primarschule ist die Lage ebenfalls im
G anzen und G ros sen ent spannt , da das diab e –
tische K ind nicht zulet z t dank des Lesens und
Rechnens bereits einen zunehmenden Grad
an Unabhängigkeit aufweist, und häufig selber
Insulin verabreichen kann.
Wo wir gemäss unserer Erfahrung leider im –
mer wieder Probleme haben, ist im Kinder –
garten. Hier können die Kinder noch nicht
rechnen, manchmal noch nicht den Blutzu –
cker selbständig messen. Somit ist die Ab
–
• Ob
ligat. Abgabe der Telefonnummern bei
–
der Eltern an die Lehrperson
•
Ob
ligat. A bgab e der Nummer des Diab etes –
Notfall-Telefons (ggf. auch der Pumpen-
Hotline)
Optional
•
Ge
meinsame Besprechung mit Eltern und
Lehrpersonen/Transporteuren (Round Ta –
ble)
•
Ins
truktion der Lehrpersonen im Spital oder
in Schule durch Diabetesfachperson/Arzt
•
Be
such der Schulklasse und Fragestunde
durch Diabetesfachperson/Arzt
•
An
gebot Verlaufsberatung der Lehrperson
bei Bedarf
•
Ge
meinsame Besprechung mit Familie und
Lehrpersonen bei Bedarf
•
Be
i fehlendem Konsens Round Table mit
ggf. Kinderschutzgruppe, Schulaufsichts-
behörde und/oder Vertreter der kantonalen
Erziehungsdirektion (in 14 Jahren einmal
notwendig)
Zusammengefasst bedeutet dieses den Her –
ausforderungen einer Gebirgsregion angepass –
te individualisierte Konzept für alle Betroffenen
einen Zusatzaufwand. Längerfristig scheinen
damit aber eine sicherere Betreuung in der
Schule und ein optimiertes Setting für Lehrper –
sonen und Schulkinder möglich. Die Rückmel –
dungen sind jedenfalls positiv. Die oft despek –
tierlich so bezeichnete «alpine Brache» also als
Chance, auch für Schulkinder mit Diabetes?
Beispiel Kanton Luzern
Das Patientenkollektiv des Kinderspitals Lu –
zern hat die Besonderheit, dass Diabetiker
aus 6 Kantonen der Innerschweiz stammen.
Somit ist man mit 6 verschiedenen Systemen
und Schulbehörden konfrontiert.
Die Patienten werden bereits bei der Diagno –
sestellung darüber sensibilisiert, sobald wie
möglich mit den Schulbehörden Kontakt auf –
zunehmen, um ein Aufklärungsgespräch zu
organisieren. Falls sie bereits in unserem
Zentrum in Betreuung stehen, werden die
Familien im Jahr vom Kindergartenbeginn
darauf sensibilisiert. Informationsunterlagen
werden erteilt. In erster Linie sind die Eltern
für das Gespräch zuständig.
Seit 2013 besteht eine enge Betreuung der
neu entdeckten Diabetiker und ihrer Familien
nach der Spitalentlassung, die durch vom
Diabetesteam des Kinderspitals aus- und
weitergebildete Pflegefachfrauen der Kispex
(Kinderspitex Zentralschweiz) garantiert wird.
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
21
Medien stark aufgebauschte Vorfälle (allergi-
sche Reaktion auf Erdnüsse, Ertrinken), haben
bei der Lehrerschaft einen gewissen Wider –
stand gegenüber technischen Handgriffen
hervorgerufen, manchmal mit Unterstützung
der Schulleitung. Wir versuchen Eltern auf
diese P roblematik au f mer ksam zu machen, die
ihrerseits und vom Pflegeteam Verständnis
erfordert. Dies bedingt Besprechungen und
Gedankenaustausche, um machbare Lösun –
gen zu finden, vor dem Hintergrund der Tatsa –
che, dass die Schule die Verpflichtung und
Verantwortung hat, alle Kinder einzuschulen.
Die Problematik des Schulkindes wird beson –
ders akut bei Schulausflügen oder Schullager,
die eine Tag- und Nachtüberwachung bedin-
gen, insb esonder e wenn das K ind in B ezug au f
technische Handgriffe noch nicht autonom
ist. Diese Ausflüge müssen mit Kind, Eltern,
grösstmögliche Autonomie im Umgang mit
der Krankheit in allen möglichen Lebenssi
–
tu
ationen fördern. Dies schliesst auch die
Schulintegration ein. Um Ängste abzubauen,
fordern wir deshalb Eltern und Kinder auf,
gleich zu Beginn Schulleitung, Lehrpersonen
und School-Nurses über die verschiedenen
Aspekte der Diabetesbehandlung zu informie –
ren. In den meisten Fällen funktioniert dieses
Vorgehen gut, und wir begegnen keinen we-
sentlichen Integrationsproblemen.
Wir sind derzeit aber mit Problemen im Zu-
sammenhang mit der modernen intensiven
Diabetestherapie konfrontiert, die eine opti –
male Einstellung durch den zunehmenden
Einsatz von Technologien wie Insulinpumpen
und kontinuierliche Glukose-Messsysteme
(CGMS) anstrebt (Abb. 2). Der Einsatz dieser
Technologien ist für Kinder, Familie und spe –
zialisierte Teams intuitiv, hingegen für die
Lehrerschaft oft kompliziert und belastend.
Selten, doch oft unterstützt durch die Schul –
leitung, verweigern Lehrpersonen die Verant-
wortung, Insulin mittels der Pumpe zu verab –
reichen. In diesen Fällen sind Besprechungen
notwendig, um individuelle Lösungen zu fin –
den; oft besteht die Lösung in einer Drittper –
son oder einer Kinderpflegefachfrau.
Andererseits sehen wir uns juristischen
Unklarheiten gegenüber, die Verantwortung
der Lehrerschaft betreffend, einen techni –
schen Handgriff durchzuführen. Obwohl dieser
Handgriff nicht als «medizinisch», sondern als
technisch betrachtet wird, und obwohl
die Lehrpersonen durch die kantonale Haft-
pflichtversicherung gedeckt sind, besteht bei
einem Zwischenfall dennoch eine persönliche
Haftung. Diese Situation, und einige von den Im Prinzip findet während den ersten Tagen
nach der Spitalentlassung eine Zusammen –
kunft zwischen Klassenlehrern, School-Nur –
se, Diabetologie-Pflegefachfrau, Eltern sowie
Kind oder Jugendlichem mit Diabetes statt.
Die standardisierten Dokumente werden un –
ter Berücksichtigung der individuellen Bege –
benheiten ausgefüllt. Durch unser Pflegeteam
wird den School-Nurses eine regelmässige
(2 x jährliche) Fortbildung angeboten.
Eine durch das interdisziplinäre Team der
Abteilung für Diabetologie des Hôpital de
l’Enfance zusammengestellte Broschüre und
die im Rahmen des kantonalen Diabetespro –
grammes geschaffene DVD (Abb. 3) dienen
als Schulungsgrundlage. Diese beiden Hilfs –
mittel ergänzen die von den spezialisierten
Pflegefachpersonen vermittelten Informatio –
nen zum Diabetes. Die Broschüre vermittelt
praktische Informationen zur Diabetesbetreu –
ung und fördert damit die Integration ins
tägliche Leben der Kinder und Jugendlichen
mit einem Diabetes Typ 1.
Ein Poster (Abb. 3) ergänzt die Broschüre und
kann im Klassenzimmer angeschlagen werden;
es soll die Lehr p er son o der der en Stell ver tr eter
daran erinnern, dem Kind bei Hypoglykämie
Zucker zu verabreichen. Die Bro
sc
hüre
wurde 2012–2013 vollständig überarbeitet, im
Einverständnis mit der Erziehungsdirektion und
der PSPS. Sie kann unter www.chuv.ch/de
dop/dedop-brochure-diabete.pdf abgerufen
wer den. Die DV D kann dur ch Fachp er sonen b ei
dmcp.dedop @chuv.ch bestellt werden.
Strategie in Lausanne
Mit der Schulung anlässlich eines frisch auf-
getretenen Diabetes mellitus wollen wir eine
Abbildung 3: Broschüre des Kantons Waadt mit Hypoglykämieposter
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
22
Mögliche Lösungsansätze
Medizinisch indizierte Massnahmen (wie z.
B.
Insulinspritzen) dürfen Lehrer aber eigentlich
nicht durchführen. Dafür wäre eine fachliche
Ausbildung nötig. Es fehlen in der Schweiz
rechtliche Grundlagen über den Einbezug von
Schule und Lehrpersonen in der Betreuung
des Diabetes und Verteilung der Aufgaben.
Eine Möglichkeit wäre, medizinische Situatio –
nen zu definieren, in denen Lehrer o.
ä.
erlaubt
würde, medizinische Massnahmen nach vali –
dierter Schulung zu vollziehen. Es ist davon
auszugehen, dass eine derartige Vorlage wohl
weniger politischen Widerstand in der Lehrer –
schaft auslösen würde als wenn als Auftrag
formuliert, damit betroffene Kinder unbe –
schwert die Schulzeit durchleben können.
Beispiel Kanton Zürich
In der Stadt und im Kanton Zürich erleben wir
den Eintritt bzw. die Rückkehr nach Diagno –
sestellung in die Schule für Kinder mit Diabe-
tes häufig problemlos. Nach Rücksprache mit
den zuständigen Ärzten klären die Eltern das
Lehrpersonal auf, unterstützt durch spezifi –
sche Diabetes-Merkblätter. In den Schulen
der Stadt Zürich bieten der Schulärztliche
Dienst und ein strukturiertes Vorgehen dem
Lehrpersonal zusätzliche Unterstützung für
eine optimale Integration in den Schulalltag.
In den übrigen Gemeinden des Kantons Zürich
ist dies unterschiedlich geregelt. Dort sind die
Schulen und die nebenamtlichen Schulärzte
Ansprechpersonen der behandelnden Fach –
ärzte.
Aufgrund des klaren Unterstützungsbedarfs
der Schulen im Umgang mit chronisch kran –
ken Kindern wird in der Stadt Zürich ähnlich
dem PAI in Genf ein Projekt umgesetzt, das
die schulische Integration von betroffenen
Kindern für alle Beteiligten erleichtern soll.
Der Zusammenarbeit zwischen Schule, Eltern
und medizinischen Spezialisten wird dabei als
wichtigem Gelingensfaktor besonderes Au –
genmerk geschenkt. Deshalb wurden u.
a.
a
uch ethische Leitlinien, die Aufgaben- und
Rollenverteilung sowie rechtliche Grundlagen
schriftlich festgehalten.
In den Schulen stehen Pflegende nicht zur
Verfügung. Da Schulärzte die schulischen
Rahmenbedingungen sehr gut kennen, kön –
nen sie in enger Absprache mit den behan-
delnden Fachärzten als Verbindungsglied
zwischen Schule und Gesundheitswesen eine
vermittelnde und subsidiäre Rolle überneh –
men. Sie vermitteln zwischen allen Beteilig –
ten, stellen individuelle Massnahmenpläne
Gespräch mit den Kindergärtner/-in respek
–
tive Lehrer/-in vor Kindergarten/Schuleintritt
zu suchen, mit dem Ziel Informationen im
Zusammenhang mit der Krankheit für die
Lehrkraft zu liefern. Bei jugendlichen Diabeti –
kern kann der Informationsaustausch eventu –
ell auch durch diese selbst geschehen. Hierzu
haben wir zu Händen der Lehrerschaft Infor –
mationsblätter und Unterlagen zusammenge –
stellt, die vor Schulbeginn oder am Eltern-
abend besprochen werden sollen. Auch bei
einem Schul-/respektive Lehrerwechsel ha –
ben primär die Eltern diese Aufgabe.
Spezielle Situationen
Kleinkinder respektive Kinder mit Betreuung
in Sonderschulen, Internaten, Wohnheimen,
Pflegefamilien oder Kindertagesstätten be –
dürfen zusätzlicher Unterstützung. Hierfür
bieten wir telefonische oder persönliche Be –
ratungen durch den Facharzt oder Diabetes –
fachberaterinnen, respektive Ernährungsbe –
raterinnen. Zudem werden Instruktionen an
die Betreuer durch Diabetesfachberaterinnen
respektive Ärzte im OKS oder direkt vor Ort
angeboten.
Lagerbesuche/Schulreisen
Ziel ist, dass auch Kinder mit Diabetes an al –
len Schulausflügen und -lagern teilnehmen
können. Auch hier ist eine gute Planung Vor-
aussetzung. Wir stellen Ärzte, Ernährungs
–
be
raterinnen respektive Diabetesfachberate –
rinnen zur Verfügung, um vorab die In
su –
l
in
the
rapie anzupassen und Tagesprogramm
und Menüplan vorzubesprechen. Bei jüngeren
Kindern instruieren wir bei Bedarf auch Be-
gleitpersonen und bleiben über Notfalltelefo –
ne erreichbar.
Ziel der Schulung
Es gilt, den Lehrer/-in auf mögliche Notfälle
und die zu treffenden Massnahmen im Alltag
vorzubereiten.
Problematik
Kinder im Kindergarten-/Primarschulalter
sind teils noch nicht in der Lage, allein den
Blutzucker zu bestimmen oder die «richtige»
Insulindosis zu berechnen und abzugeben.
Sofern dies (noch) nicht der Fall ist, müssten
die Eltern gewährleisten, dass eine hinrei –
chende medizinische Betreuung und Kontrol –
le er folg t . In der Regel unter stüt zen geschulte
Betreuer gerne, jedoch aus freien Stücken,
eine gesetzliche Grundlage besteht bisher
nicht.
Schulleitung und der in Diabetologie speziali –
sierten Pflegefachperson sorgfältig vorberei –
tet werden. Für Eingriffe wie das Auswechseln
eines Katheters können sich Spitex-Kinder –
pflegefachfrauen ins Schullager begeben. Wir
machen gute Erfahrungen mit einer direkten
Kontaktmöglichkeit zwischen Lehrperson und
unserem spezialisierten Team (24/24 Std.
erreichbar). Wir sahen uns aber oft auch
Lehrpersonen gegenüber, die ein diabetisches
Kind im Schullager nur in Begleitung einer
Person akzeptierten, die sich in der Diabetes –
betreuung auskennt.
Diese B egleitp er sonen in Schullager n ( P fl ege –
fachschüler, durch unser Team betreute Pati –
enten, Personen im Ruhestand etc.) werden
durch unser Team vorgängig ausgebildet und
erhalten nach erfolgtem Schullager ein Zerti –
fikat, das ihre Ausbildung und die Begleitung
eines diabetischen Kindes belegt.
Beispiel Kanton Wallis
Im Wallis gibt es das Gegenstück zum PAI
«Prozess für ein spezifisches Gesundheitsbe –
dürfnis (PSGB)» genannt. ( www.schulgesund-
heit-ws.ch/data/documents/SanteScolaire/
Sante_scolaire_2013_2014/allemand/richt
linien/K19-ProzessfreinspezifischesGesund
heitsbedrfnisPSGB02092013.pdf )
Beispiel Kanton St. Gallen
Ausgangslage
Am häufigsten erkr anken K inder kur z vor Ein
–
sc
hulung/Pubertät an Typ 1 Diabetes melli-
tus. Dies ist ein Alter, in welchem Kinder/Ju-
gendliche ihre meiste Zeit ausser Hause
( Spor t , Spiel, Tr aining etc. ) oder in K indergar –
ten/Schule verbringen. Daher ist es wichtig,
auch Lehrpersonen und Mitschüler in ange –
passter Form über Krankheit und deren not –
wendige Therapie aufzuklären, mit dem Ziel,
Ä ngste und Mis sver st ändnis se aus dem Wege
zu räumen und einen normalen Schulbesuch
ohne Stigmatisierung durch die Krankheit zu
ermöglichen.
Vorgehen am Ostschweizer
Kinderspital (OKS)
Orientierung der Lehrkraft
Schwierige Situationen ergeben sich meist bei
fehlendem Dialog zwischen Elternhaus und
Schule. Gute Vorbereitung beider Parteien ist
daher eminent wichtig. Daher bereiten wir
Eltern in regelmässigen Abständen mit Hilfe
von Schulungen/Workshops darauf vor, ein
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,SR.eor.(chtnlaRP)r.aP Pb.t
23
Tabelle 4: Kind/Jugendlicher mit Diabetes in der Schule
• Sollte in der Schulklasse essen oder trinken dür fen, um einer Hypoglykämie vorzubeugen oder sie zu behandeln
• Sollte
z
u
H
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o
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T
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Insul
in usw.) zur Verfügung stellen
• Kantine
s
ollte
d
en
M
enüplan
i
m
V
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b
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derkliniken/kinderheilkunde/endokrinologie/
scripte-endo01/
http://www.chuv.ch/dedop/dedop-brochu
re-diabete.pdf
Korrespondenzadresse
Prof Valérie M. Schwitzgebel
Abteilung für pädiatrische Endokrinologie
und Diabetologie
Hôpital des Enfants
6, rue Willy Donze, 1211 Genève
Tel. 022 3724590
Fax 022 3724588
valerie.schwitzgebel @ hcuge.ch
(Prof. Thomas Danne, Generalsekretär der
International Society for pediatric and adole
–
scent Diabetes ISPAD), Rom, 2008 (8).
Schlussfolgerungen
und Empfehlungen
Da ein gesamtschweizerisches Gesetz fehlt,
ist die Situation von Kanton zu Kanton ver –
schieden. Die Beispiele aus den verschiede –
nen Regionen bieten eine Grundlage für eine
gemeinsame Lösung. Die Einschulung diabe –
tischer Kinder ist eine Verpflichtung, und die
Kinder haben das Recht, in aller Sicherheit
aufgenommen zu werden. Die UN-Kinder –
rechtskonvention wurde von der Schweiz un –
terschrieben und bei Umsetzungsschwierig –
keiten sollte sie den kantonalen Departe
men
ten
(Gesundheit oder Bildung) in Erinnerung ge –
rufen werden. Jeder Kanton sollte deshalb mit
den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für
deren Anwendung sorgen.
Es ist w ichtig , f ür je des K ind und je den Jugend –
lichen schriftlich einen individuellen Schulin –
tegrationsplan aufzustellen, um die Verant –
wortung aller Beteiligten zu klären.
Notfallmassnahmen werden ebenfalls im Inte –
grationsplan festgehalten. Diabetes ist eine
komplexe Krankheit, die von allen Personen im
Umfeld des Kindes, insbesondere von Lehr –
kräften, gesetzlichen Vertretern usw. erhebli –
che Koordinationsarbeit und viel guten Willen
verlangt. Diese Personen müssen sich Grund –
kenntnisse über Diabetes aneignen ( Tab. 2 und
3) und wissen, wie im Notfall zu handeln ist
(Abb. 1) . Dieses Wissen sollte mindestens
einmal pro Jahr aufgefrischt werden. Schule
und andere Institutionen, die Kinder empfan –
gen, sollten die in Tabelle 4 aufgeführten
Punkte beachten, um die Betreuung des dia –
betischen Kindes zu regeln. Die in der Schule
verbrachte Zeit stellt einen wesentlichen Le –
bensabschnitt des Kindes dar und kann für
den weiteren Verlauf wegweisend sein.
zusammen, schulen bei Bedarf Lehrpersonen
für Notfallsituationen und diskutieren nicht
zuletzt im Einzelfall Grenzen der Verhältnis
–
mässigkeit und Zumutbarkeit. Bei Bedarf fin –
den von fachärztlicher Seite Instruktionsge –
spräche mit den beteiligten Personen statt
und die Zentren stehen mit einer 24 Stunden
Hotline zur Verfügung.
Gesetzliche Verpflichtungen
verschiedener Länder
USA: Die Rechte der Kinder mit Diabetes in
amerikanischen Schulen gründen auf dem
Gesetz «Section 504 of the Rehabilitation Act
of 1973», einem G eset z , welches Per sonen mit
einer Behinderung betrifft und Diabetiker ein –
schliesst (Your School and Your Rights, from
the American Diabetes Association)
5) , 6) , 7) .
Frankreich: Das Rahmengeset z vom 10.7.1989
und die Rundschreiben vom 22.7.1993 und
10.11.1999 halten die Anwendungsbedingun –
gen für die Inegration von Kindern mit einer
chronischen Krankheit fest (Comité Pédago –
gique de l’AJD, Aide aux Jeunes Diabétiques).
Kanada: Es gibt keine staatliche Gesetzge –
bung, die Kinder mit Diabetes schützt.
Deutschland: Sind Schüler in der Teilnahme
am Unterricht beeinträchtigt, hat die Schule
der Beeinträchtigung angemessen Rechnung
zu tr agen ( Sozialgeset zbuch IX , Par ag r aph 2 ) .
Schweiz: Es gibt kein Bundesgesetz. Hinge –
gen hat die Schweiz die Kinderrechtskonven –
tion unter schr ieb en : A r t . 24 2b : Die Ver tr ags –
staaten
…
treffen insbesondere geeignete
Massnahmen, um sicherzustellen, dass alle
Kinder die notwendige ärztliche Hilfe und
Gesundheitsfürsorge erhalten, wobei beson –
derer Nachdruck auf den Ausbau der gesund –
heitlichen Grundversorgung gelegt wird;
Art. 28 1: Die Vertragsstaaten erkennen das
Recht des Kindes auf Bildung an und treffen
Massnahmen, die den regelmässigen Schul –
besuch fördern.
Erhebung DAWN Youth
«Webtalk Survey»
Internationale (7 Länder) Befragung von El –
tern diabetischer Kinder und Jugendlicher und
betreuenden Berufspersonen, mit dem Ziel
besser zu verstehen, wie diese Krankheit den
Alltag beeinflusst:
«Die Situation von Kindern/Jugendlichen in
der Schule ist unannehmbar. Die Risiken, de –
nen die Kinder wegen fehlender Unterstüt-
zung durch die Schule ausgesetzt sind, sind
ernsthaft und können lebensgefährlich sein.»
Die VrgVVan VhVVrthfl
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Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Michael Hauschild Sara Bachmann Prof. Dr. med. Primus E. Mullis , Abteilung pädiatrische Endokrinologie/ Diabetologie & Stoffwechsel Med. Univ. Kinderklinik, Inselspital Bern Tiziana Gozzi Graf Dr. med. Paolo Tonella , FMH Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Kinderarztpraxis Fidibus, Ebikon Beatrice Kuhlmann Mariarosaria Lang-Muritano Stefanie Wildi Corinne Geiser Luz Perrenoud Montserrat Castellsague Perolini Francine Lalot Claire-Anne Wyler Lazarevic Claude Brocard Christine Lambelet Prof. Dr med. Valérie Schwitzgebel , Genève Andreas Nydegger