Blutungsstörungen gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen in der jugendgynäkologischen Sprechstunde. Viele Patientinnen kommen jedoch erst nach wochenlangen Dauerblutungen oder über mehrere Monate bestehender Amenorrhoe zur Konsultation. Ursächlich dafür kann fehlendes Wissen über den normalen Zyklus, ein unterschiedlich stark ausgeprägter Leidensdruck oder auch das Schamgefühl der Patientinnen sein.
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Einführung
Blutungsstörungen gehören zu den häufigsten
Vorstellungsgründen in der jugendgynäkolo-
gischen Sprechstunde.
Viele Patientinnen kommen jedoch erst nach
wochenlangen Dauerblutungen oder über
mehrere Monate bestehender Amenorrhoe
zur Konsultation. Ursächlich dafür kann feh –
lendes Wissen über den normalen Zyklus, ein
unterschiedlich stark ausgeprägter Leidens –
druck oder auch das Schamgefühl der Patien –
tinnen sein.
Gute Kenntnisse über normale Zyklusabläufe
bei den Grundversorgern und deren Vermitt –
lung an Jugendliche und ihre Eltern sind Vor –
aussetzung, um Pathologien frühzeitig zu er –
kennen. Wenig bekannt ist, dass bereits ab
dem ersten Jahr nach der Menarche Norm –
werte zur Verfügung stehen
1). Regelmässige
Menstruationszyklen gelten als guter Indika –
tor für den aktuellen Gesundheitszustand von
Jugendlichen. Daher sollte das Erheben der
Menstruationsanamnese zum Standard bei
Konsultationen von Jugendlichen in der Praxis
gehören.
Anovulatorische Zyklen aufgrund einer Unrei –
fe der Hypothalamus-Hypophysen-Ovarach –
se, die kurz nach der Menarche noch physio –
logisch sind, gelten als Hauptgrund für
Blutungsstörungen. Sie sind aber eine Aus –
schlussdiagnose, da sich dahinter u. a. endo –
krinologische Erkrankungen, Schwanger –
schaften und sexuell übertragbare Infektionen
verbergen können. Bei starken Menstruatio –
nen bereits ab der Menarche muss an das
Blutungsstörungen bei Jugendlichen
erkennen und behandeln
Anna Kathrin Erkert, Weinfelden und Dorit Hoffmann, Winterthur
Vorliegen einer Gerinnungsstörung gedacht
werden.
Die Diagnostik der abnormen uterinen Blutun-
gen umfasst eine genaue Anamnese und
körperliche Untersuchung. Laborchemische
Abklärungen sowie bildgebende Massnahmen
sind im individuellen Fall erforderlich.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache
der Blutungsstörung und erfolgt in aller Regel
konservativ. Zum Einsatz kommen nichtstero –
idale Antiphlogistika (NSAR), Antifibrinolytika
und eine breite Palette von Hormonpräpara –
ten. Eine Anämie muss behandelt werden.
Epidemiologie der Zyklusentwick –
lung
Das Durchschnittsalter der Menarche liegt
derzeit in den westlichen Industrieländern
zwischen 12 und 13 Jahren. Trotz säkularer
Akzeleration ist das mittlere Alter für die
Menarche in den letzten 30 Jahren recht sta –
bil geblieben. Eine starke Zunahme des BMI
im Kindesalter kann allerdings zu einem frü –
heren Pubertätsbeginn führen
2), 3) . In den
er s ten 1-2 Jahr en nach der M enar che w ir d die
Zykluslänge im Durchschnitt mit 21- 45 Tagen
angegeben
4), 5) . Die mittlere Zykluslänge be –
trägt 32,2 Tage1). B er eit s nach 3 Jahr en liegen
bei 60-80 % der Mädchen Zyklen zwischen 21
und 34 Tagen vor
1). Innerhalb der ersten zwei
Jahre nach der Menarche sind zwischen 55
und 82% der Menstruationszyklen anovulato –
risch aufgrund der Unreife der Hypothalamus-
Hypophysen-Ovarachse
6). Die Anzahl ovula –
tor ischer Zy klen s teig t au f 80 % im 5. Jahr nach
der Menarche.
Tabelle 1: Checkliste normale Menstruation Die Blutungslänge liegt zwischen 2 und 7 Ta
–
gen. Der normale Blutverlust beträgt zwi –
schen 30 und 40 ml
7). Für Jugendliche ist es
schwierig den Blutverlust zu quantifizieren.
Sie über- oder unterschätzen ihn häufig. Hilf –
reich ist es, den Bedarf an Binden bzw. Tam –
pons zu erfragen. Als normal gilt ein Wechsel
von 3-6 Binden/Tampons pro Tag bzw. 10 -15
Binden/Tampons pro Zyklus. Ein nächtliches
Durchbluten oder ein stündlicher Wechsel
sowie ein Blutverlust von über 80 ml oder der
Abgang von Koageln mit einem Durchmesser
grösser als 2,5 cm sind abklärungsbedürftig
8).
Physiologischer Zyklus
Für die Behandlung der Zyklusstörungen ist
ein Grundwissen über den normalen Zyk –
lusablauf und dessen Abweichungen unab –
d i n g b a r.
Der Menstruationszyklus wird in die Follikel –
phase (proliferative Phase), die Phase des
Eisprungs und die Lutealphase (sekretorische
Phase) unterteilt. Während der Follikelphase
entsteht ein dominanter Follikel, der steigen –
de Mengen von Östrogen sezerniert, was zu
einer Verdickung des Endometriums führt. Es
besteht eine negative Feedbackschleife zwi –
schen Östrogen, luteinisierendem Hormon
(LH) und dem follikelstimulierenden Hormon
(FSH). Wird ein bestimmter Östrogenwert
überschritten, kommt es zu einem LH-An –
stieg, der zum Eisprung führt. Das sich da –
nach ausbildende Corpus luteum sezerniert
Östrogen und Progesteron, welches das En –
dometrium als Vorbereitung für die Implanta –
tion stabilisiert. Bei fehlender Implantation
geht das Corpus luteum zugrunde und die
Menstruationsblutung wird ausgelöst.
Zyklusstörungen
Primäre Amenorrhoe
Eine primäre Amenorrhoe liegt vor, wenn bis
zum vollendeten 15. Lebensjahr oder zweiein –
halb bis drei Jahre nach der Thelarche keine
Menarche einsetzt hat.
Dabei muss neben dem chronologischen Alter
die Familienanamnese und die gesamte kör –
perliche Entwicklung bzw. der bisherige Pu –
bertätsverlauf der Jugendlichen in die Beur –
teilung mit einbezogen werden. Wenn die
Thelarche oder Pubarche erst mit 13 Jahren
begonnen hat, so ist die Menarche nicht vor
dem 15. Geburtstag zu erwarten
9).
Sekundäre Amenorrhoe
Das Ausbleib en der Monat sblutung üb er mehr
als 3 Monate nach zuvor regelmässigen oder
Primäre Amenorrhoe: keine Periode bis zum vollendeten 15. Lebensjahr
bzw. 2,5 -3 Jahre nach Thelarche
Menarche: typisch zwischen 12 und 13 Jahren (Median 12,43 Jahre)
Zykluslänge: 20 – 45 Tage, > 90 Tage = Amenorrhoe
Blutungsdauer: 2-7 Tage
Blutungsstärke: typisch 35 ml , pathologisch > 80 ml, Koagelabgang > 2,5 cm
3- 6 Binden/Tampons pro Tag
< 10 -15 Binden/Tampons pro Zyklus
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40Blutngsöre hzödä0n0rtfi V0ö otögfiBö sög üsrfiögntijfiö
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unregelmässigen Zyklen bezeichnet man als
sekundäre Amenorrhoe. Diese ist auch kurz
nach der Menarche abklärungsbedürftig, da
die 95. Perzentile für die Menstruationszyk-
luslänge bereits im 1. Jahr 90 Tage beträgt.
Ursachen und Abklärungen
Die Ursachen der primären Amenorrhoe sind
vielfältig. Neben einer konstitutionellen Ent -
wicklungsverzögerung können sich dahinter
Anlagestörungen wie eine Hymenalatresie
oder eine Vaginalaplasie verbergen. Man un -
terscheidet zwischen einer symptomatischen
Amenorrhoe mit zyklischen Schmerzen und
einer asymptomatischen Amenorrhoe ( Tab e l-
le 2) .
Alle Ursachen der primären Amenorrhoe,
ausser Verschlussfehlbildungen, können auch
Gründe für eine sekundäre Amenorrhoe sein.
Da Jugendliche häu fig f alsche A ngab en b ezüg -
lich ihrer sexuellen Aktivität machen, sollte
grundsätzliche eine Schwangerschaft ausge -
schlossen werden. Häufige Ursachen sind das
polyzystische Ovar-Syndrom (PCOS), Schild -
drüsenfunktions- sowie Essstörungen.
Die Abklärung umfasst neben einer gründli -
chen Anamnese eine körperliche Untersu -
chung und Insp ek tion des äus ser en G enit ales.
Über- oder Untergewicht sowie chronische
Erkrankungen sollten erkannt und abgeklärt
werden. Auch exzessiver Sport kann zum
Ausbleiben der Blutung führen. Ein abdomina
-
ler Ultraschall bei sexuell nicht aktiven Jugend -
lichen oder ein vaginaler Ultraschall nach der
Kohabitarche gibt Aufschluss über Form und
Grösse des Uterus sowie dessen Endometri
-
umdicke, ebenso können Anlagestörungen
gesehen und die Ovarien dargestellt werden.
Endokrinologische Ursachen wie hyper- oder
hypogonadotrope Störungen werden durch
laborchemische Untersuchungen erkannt.
Konstitutionell, familiär, idiopathisch
Fehlbildung, z. B. Hymenalatresie, MRKH- Syndrom
Gonadendysgenesie
Hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz
Hypogonadotrope Störungen (hypothalamisch und hypophysär)
Hyperprolaktinämie
PCOS
Kraniopharyngeom
Iatrogen (Radiatio, Chemotherapie)
Gewichtsverlust, Essstörung, sportliche Aktivität
Chronische Erkrankungen, z. B. Zoeliakie
Tabelle 2: Ursachen der primären Amenorrhoe 10 )
Abnorme uterine Blutung
Nach Empfehlung der International Federation
of G y ne colog y and O bs tetr ic s ( FI G O ) von 2011
werden sämtliche Blutungsstörungen ab dem
Jugendalter unter dem Begriff Abnormale
Uterine Blutungen (AUB) zusammengefasst.
Die AUB beschreibt dabei jede Abweichung
bezüglich des Blutvolumens, der Regelmässig -
keit, der Häufigkeit und der Dauer der Mens -
truationsblutungen. Nicht eindeutig definierte
Begriffe wie dysfunktionelle uterine Blutung
sollen nicht mehr verwendet werden. Bei der
chronischen AUB liegen diese Abweichungen
während der meisten Perioden in den letzten
6 Monaten vor. Davon abzugrenzen ist die
akute AUB, die einen starken Blutverlust be -
schreibt, der eine sofortige Intervention erfor -
dert.
Während im Erwachsenenalter bei der abnor -
men uterinen Blutung die strukturellen Ursa -
chen im Vordergrund stehen (PALM Klassifi -
kation nach FIGO), sind im Jugendalter
hauptsächlich nichtstrukturelle Ursachen
( C OEIN K las si fikation nach FI GO ) ver ant wor t -
lich. An erster Stelle stehen dabei Blutungen
bei anovulatorischen Zyklen. Eine gestörte
Frühschwangerschaft oder sexuell übertrag -
bar e Er kr ankungen sind weiter e häu fige G r ün -
de. Ausserdem findet man bei bis zu 20 % der
Patientinnen eine Blutgerinnungsstörung. Die
Angaben in der Literatur bezüglich der Präva -
lenz der einzelnen Koagulopathien variieren
dabei stark (vWD 5 -36% , Plättchenfunktions -
störungen 2-44% , Thrombozytopenien 13-
20 % )
4).
Chronische abnorme uterine
Blutung
Als Hauptursache gelten anovulatorische Zy -
klen mit Follikelpersistenz.
Allerdings muss bei adipösen Mädchen mit
Hirsutismus und einer moderaten bis schwe -ren Akne als Zeichen einer Hyperandrogenä
-
mie in Kombination mit einer Oligomenorrhoe
(Zyklusdauer >38 Tage)
11 ) an das PCOS ge –
dacht werden.
Pathophysiologisch wird bei verlängerten
anovulatorischen Zyklen das Endometrium
einer chronischen Östrogenexposition ausge –
setzt, was zur ungehinderten Proliferation
führt. Der fehlende LH-Anstieg in der Mitte
des Zyklus verhindert die Ausbildung eines
gestagenproduzierenden Corpus luteum. Die
dadurch ausbleibende sekretorische Transfor –
mation führt zu Durchbruchsblutungen.
Die Diagnostik der chronischen uterinen Blu –
tungen beginnt mit einer ausführlichen Anam –
nese, die das A lter, den bisher igen Zy klus und
dessen Abweichungen, Systemerkrankungen,
Medikamenteneinnahme, Gewichtsverände –
rungen und eine Familienanamnese auch auf
Gerinnungsstörungen erfasst. Begleitende
Beschwerden wie Fieber, Schmerzen, Fluor,
sexuelle Aktivität und eventuelle Traumata
müssen erfragt werden. Bei der körperlichen
Untersuchung wird das Pubertätsstadium
beurteilt, das Genitale auf Verletzungen und
den Östrogenisierungszustand des Hymens
untersucht sowie die Blutungsstärke abge –
schätzt. Bei guter Östrogenisierung und nach
stattgehabter Kohabitarche kann eine Specu –
lumeinstellung durchgeführt werden. Hier –
durch können selten auftretende Tumore der
Vagina entdeckt werden.
Eine vaginale Untersuchung darf bei mangeln –
der Östrogenisierung und sollte bei sexuell
nicht aktiven Jugendlichen nicht durchgeführt
werden. Hier gibt der transabdominale Ultra –
schall mit voller Blase eine gute Möglichkeit
der Beurteilung des inneren Genitales.
Bei sexuell aktiven Jugendlichen kann die
Sonografie transvaginal durchgeführt werden.
Sie gibt Aufschluss über die Endometriumdi –
cke des Uterus und kann Zysten und Tumore
der Ovarien darstellen.
Die initiale Labordiagnostik umfasst einen
Schwangerschaftstest aus Urin oder Serum
sowie ein Blutbild und das Ferritin. Bei sexuell
aktiven Jugendlichen muss eine entzündliche
Ursache der Blutung, vor allem durch Chlamy –
dien, ausgeschlossen werden. Der Chlamydi –
ennachweis ist durch eine PCR aus Urin oder
Vaginalsekret möglich.
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Zum Ausschluss einer endokrinologischen
Ursache, z. B. PCOS, hyper- oder hypogona-
dotrope Funktionsstörung (Ovarialinsuffizi –
enz, Anorexie), Schilddrüsenfunktionsstö –
rung, Hyperprolaktinämie (ausgelöst durch
Medikamenteneinnahme oder Tumor) sollten
möglichst zwischen dem 3. und 5. Zyklustag
folgende Parameter bestimmt werden:
LH, FSH, Östradiol, TSH, Prolaktin, totales
und freies Testosteron, SHBG und DHEA-S.
Akute abnorme uterine Blutung
Unter einer akuten AUB versteht man eine
starke Blutung, die aus klinischer Sicht einer
unmittelbaren Intervention bedarf, um einen
weiteren Blutverlust zu vermeiden. Sie kann
unabhängig von einer chronischen AUB oder
im Kontext einer bekannten chronischen AUB
auftreten (FIGO )
11 ) , 1 2 ) .
Die klinische Untersuchung sollte sich auf
Zeichen des akuten Blutverlustes fokussieren
(Hypovolämie, Anämie). Im Vordergrund ste –
hen dabei neben der hämodynamischen Sta –
bilisierung der Patientin die Lokalisierung der
Blutung und Einschätzung der Stärke. Als
Primärdiagnostik werden ein Schwanger –
schaftstest und ein Blutbild durchgeführt
sowie das Ferritin bestimmt. Bei einer hämo –
dynamisch instabilen Patientin muss frühzei –
tig an die Bestimmung der Blutgruppe, an
Kreuzblut und an Standardgerinnungstests
gedacht werden.
Endokrinologische Abklärungen sind bei ein –
maliger Blutung zunächst nicht erforderlich.
Therapie
Nicht jede Blutungsstörung bedarf einer so –
fortigen Therapie. Bei normalem Hb und un –
auffälligem Untersuchungsbefund reicht häu –
fig eine gute Au f klär ung der Jugendlichen, das
Abgeben eines Menstruationskalenders und
ein Kontrolltermin nach 3 Monaten. Bei leich –
ten bis moderaten Blutungsstörungen (Hb
nicht unter 10 g/dl) kann bei Jugendlichen
ohne Verhütungswunsch zunächst eine nicht
hormonelle Therapie versucht werden. Hier
kommen nichtsteroidale Entzündungshemmer
w ie Ibupr ofen ( 3 x 4 0 0 mg pr o Tag ) , Napr oxen
(250 -500 mg pro Tag) oder Mefenaminsäure
(3 x 500 mg pro Tag) bzw. in der auf Kinder
angepassten Dosierung zum Einsatz. Bei Er –
wachsenen führen NSAR zu einer Reduzierung
des Blutverlustes um bis zu 20 %
13 ). Für Ju –
gendliche liegen hierzu keine Daten vor.
Tranexamsäure (ab 1. Tag Mens 3 bis 4 x 1 g
pro Tag) reduziert die Blutungsstärke wirksa -mer als NSAR
14 ), führt aber häufig zu Übelkeit
und erhöht möglicherweise die Gefahr für
Thromboembolien
11 ).
Mönchspfeffer über 3-6 Monate kann helfen
den Zyklus zu normalisieren. Die Effekte wer –
den unter anderem auf dopaminerge und
prolaktinsenkende Eigenschaften zurückge –
führt. Die FSH- und LH-Freisetzung wird nor –
malisiert und der Zyklus dadurch stabilisiert.
Der Wirkmechanismus ist jedoch nicht voll –
ständig geklärt.
Die akute uterine Blutung erfordert sofortiges
Handeln. Bei hämodynamisch instabiler Pati –
entin richtet sich die Versorgung zunächst
nach den üblichen Regeln der Notfallversor –
gung.
Bei allen Patientinnen sollten auch Begleit –
symptome wie starke Schmerzen und Übel –
keit mit Antiemetika und Analgetika behandelt
werden.
Die B lutung mus s ges toppt und die folgenden
Zyklen stabilisiert werden. Dies gelingt meist
durch hormonelle Therapien. Operative Mass –
nahmen wie die Abrasio oder die Endometri –
umablation sind im Jugendalter als ultima ra –
tio zu sehen und können in über 90 % der
Fälle vermieden werden
8). Langfristig gilt es
die Anämie mit Eisenpräparaten, gegebenen –
falls auch intravenös, zu behandeln. Eine
ausführliche Abklärung der Gerinnung sollte
erst nach Normalisierung der Laborparameter
erfolgen, um Fehlbestimmungen zu vermei –
den.
Mit der Gabe eines hochdosierten kombinier –
ten hormonellen Kontrazeptivums gelingt es
in den meis ten Fällen die akute s t ar ke B lutung
zu stoppen. Es existieren verschiedene Emp –
fehlungen bezüglich der Dosierung in den
er s ten Tagen. M eis tens s t ar tet man mit einer
Mikropille (0.03 mg Ethinylestradiol/0.15 mg
Levonorgestrel) alle 6-8 Stunden. Es erfolgt
die schrittweise Reduktion, bis ab Tag 5 nur
noch eine Tablette täglich gegeben wird. Hier
muss besonders die erhöhte Thrombosege –
fahr bei sehr hoher Dosierung beachtet wer –
den. Der Einsatz eines Antiemetikums ist
sinnvoll. Nach mindestens einer Woche Blu –
tungsfreiheit wird die Einnahme des Medika –
ments für 3-5 Tage gestoppt, worauf eine
Entzugsblutung folgt. Als Rezidivprophylaxe
kann die Einnahme dann im normalen Einnah –
memodus fortgeführt werden
11 ). Alternativ kann die juvenile Dauerblutung bei
flachem Endometrium mit einer Östrogenmo
–
nother apie ( z . B . 2 mg Ös tr adiol valer at ) f ür 10
Tage gefolgt von einer Kombinationstherapie
(z. B. 2 mg Östradiolvalerat und 2 mg Dieno –
gest) für 12-14 Tage behandelt werden
15 ).
Liegen bei akuten Blutungen Kontraindikatio –
nen gegen den Einsatz von Östrogenen vor
oder bestehen Vorbehalte bei sehr jungen
Patientinnen, so ist eine hormonelle Therapie
mit Gestagenmonopräparaten eine gute Alter –
native. Das Endometrium sollte für diese
Therapie nicht zu schmal (denudiert) sein.
Eingeset z t wer den Nor ethis ter on 1-2 x 5 mg/
Tag (Primolut N
®) oder Dydrogesteron 1-2 x
10 mg/Tag (Duphaston ®) jeweils für 14
Ta ge 15 ). Bei chronischer AUB können bei Ju –
gendlichen ohne Verhütungswunsch beide
Medikamente vom 15.-26. Zyklustag zur Re –
zidivprophylaxe für mindestens 3 bis 6 Mona –
te eingesetzt werden.
Sehr w ir kungsvoll zur Re duk tion der B lutungs –
stärke der chronischen AUB ist auch eine
kombinierte Pille mit dem Gestagen Dieno –
gest. In der Schweiz stehen hier zu 2 Pr äpar a –
te zur Verfügung. Ein Einphasenpräparat mit
Ethinylestradiol (Valette
®) sowie ein 4-Pha –
senpräparat mit Estradiolvalerat (Qlaira ®).
Der Einsatz von oralen Kontrazeptiva reguliert
nicht nur Blutungsstörungen, sondern mildert
auch die häu fig z us ät zlich b es tehende D ysm e –
norrhoe. Die Einnahme ist oft einfacher durch –
zuführen als eine Gestagenmonotherapie in
der 2. Zyklushälfte und bietet einen sicheren
Verhütungsschutz.
Auch der Einsatz von Hormonspiralen führt
wirksam zur Reduktion der Blutungsstärke
und ist eine Alternative bei Jugendlichen, die
verhüten möchten und Kontraindikationen
gegen östrogenhaltige Medikamente haben
16 ).
Fazit
Blutungsstörungen in der Adoleszenz sind
häufig und sollten nicht bagatellisiert, son –
dern erkannt und behandelt werden. Voraus –
set zung sind gute Kenntnis se üb er den Pub er –
tätsverlauf, den normalen Zyklus und seine
Abweichungen. Die Einschätzung des Schwe –
regrades der Beschwerden basiert auf einer
ausführlichen Anamnese sowie einer gründli –
chen Untersuchung. Je nach Befund kann ein
Minimum an Labordiagnostik ausreichen. Ty –
pisch für Jugendliche ist, dass ihre anamnes –
tischen Angaben über den Blutverlust eine
40Blutnuugsluöuutre
40Blutngsöre hzödä0n0rtfi V0ö otögfiBö sög üsrfiögntijfiö
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Diskrepanz zum tatsächlichen Befund aufwei-
sen können. Aufgrund ihrer Unerfahrenheit
bewerten sie Symptome oft falsch. Die The –
rapie richtet sich neben den objektiven Befun –
den auch nach dem subjektiven Leidensdruck
des Mädchens. Kofaktoren wie Verhütungs –
wunsch und die Compliance, auch der Eltern,
müssen berücksichtigt werden. Ein aufklären –
des Gespräch mit Abgabe eines Zykluskalen –
ders und Vereinbarung eines Kontrolltermins
nach 3 Monaten kann zunächst ausreichen
und bietet eine gute Gelegenheit für weitere
präventive Gespräche.
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Fer tility and Sterility , 97 (3), S. 616 – 622 e3.
Korrespondenzadresse
Anna Kathrin Erkert
Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Praxis
Rathausstrasse 17
8570 Weinfelden
kathrin.erkert@ hin.ch
Dr. med. Dorit Hoffmann
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
Kantonsspital Winterthur
Brauerstrasse 15
8401 Winterthur
dorit.hoffmann @ ksw.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unterstützung und
keine anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang
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K. Erkert D. Hoffmann