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Schweizerische Interessengruppe für Integrative Pädiatrie (SIGIP)

Jahresberichte

Jahresbericht 2022

Benedikt M. Huber, Freiburg
Mercedes Ogal, Brunnen
Oswald Hasselmann, St. Gallen
Tido von Schoen-Angerer, Genf

Mitglieder

Die Interessengruppe für Integrative Pädiatrie (SIGIP) vereint Kinderärztinnen und Kinderärzte mit Interesse an einem integrativen Ansatz, der geeignete konventionelle und komplementäre Therapieverfahren nutzt, um die Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen. Im 5. Jahr ihres Bestehens ist die Mitgliederzahl der SIGIP auf über 100 angewachsen und umfasste zum Jahresende 2022 98 ordentliche und 6 assoziierte Mitglieder. Der kontinuierliche Zuwachs besteht dabei vor allem aus jungen Pädiaterinnen, die Komplementärmedizin als wichtige Bereicherung ihrer therapeutischen Praxis sehen. Der Austausch unter den Mitgliedern erfolgt über ein Email-Forum sowie im Rahmen der halbjährlich durchgeführten Mitgliedertreffen mit anschliessender Fortbildung. Ein Ziel für die nächsten Jahre ist es, die integrative Medizin auch in den pädiatrischen Subspezialitäten (Schwerpunkten) weiter zu entwickeln.

Vernetzung integrative Pädiatrie

Die Praxis der integrativen Medizin ist gekennzeichnet durch Interprofessionalität und Interdisziplinarität, wobei der Kinderärztin häufig eine zentrale und koordinierende Rolle zukommt. Dazu gehören auch Therapieverfahren, die von nicht-ärztlichen Komplementärtherapeuten angeboten werden und die von Eltern häufig nachgefragt werden1).

Vermittelt über «Kinderärzte Schweiz» kam es zu einem Austausch zwischen SIGIP und dem Erfahrungsmedizinischem Register (EMR), in dessen Rahmen auch die gegenseitige Vernetzung besprochen wurde. Im dazugehörigen Artikel der KIS News (https://epaper.vsdruck.ch/kinderaerzteschweiz/kis202203/14/)
wird die Aufgabe der verschiedenen Stakeholder auf diesem Gebiet (EMR, ASCA, APTN und der  Therapeutenstelle der EGK-Gesundheitskasse) erklärt. Diese Vereinigungen nicht-ärztlicher Komplementärtherapeuten haben das Ziel der Qualitätssicherung zum Schutz der Patienten und kümmern sich um die Re-Zertifizierung und um Abrechnungsfragen.

Zudem kam es zu einem ersten Kontakt mit der Interessengruppe der Pflegefachpersonen mit Zusatzausbildung in Komplementärmedizin (ISMAC) des Schweizer Berufsverbandes für Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK. Die SIGIP wird auch zukünftig die Vernetzung mit weiteren Akteuren im Gesundheitssystem suchen mit dem Ziel der Förderung und Weiterentwicklung einer patientenzentrierten medizinischen Versorgung.

Deklaration für Traditionelle, Komplementäre und Integrative Gesundheitsversorgung (TCIH)

Die SIGIP unterstützt die „People’s Declaration for Traditional, Complementary and Integrative Healthcare“ (https://tcih.org/). Diese Koalition aus über 300 Organisationen weltweit setzt sich für eine respektvolle Zusammenarbeit zwischen traditionellen, komplementären und biomedizinischen Praktiken ein und beteiligt sich an den Diskussionen zu einer neuen WHO Strategie zur traditionellen, komplementären und integrativen Medizin.

Fondation Morgane Wild

Die Fondation Morgane Wild (FMW) ist eine junge Stiftung mit Sitz in der Westschweiz, die sich zum Ziel gesetzt hat, Projekte zu unterstützen, die die integrative und multidisziplinäre Medizin für Kinder und Jugendliche fördern. Die FMW kontaktierte die SIGIP proaktiv mit der Intention, deren Ziele und Projekte zu unterstützen. Hierbei geht es weniger um eine finanzielle Unterstützung, sondern mehr um die Bereitstellung von Knowhow im Bereich von Organisationsentwicklung, Projektmanagement und Kommunikation. Eine erste konkrete Zusammenarbeit wurde für das von der SIGIP mitgetragene Projekt zu einem rationalen Umgang mit Fieber im Kindesalter verabredet (v.a. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Medienkampagne).

Fortbildungen

Das Interesse an Fortbildungen im Bereich der komplementären und integrativen Medizin zeigte sich deutlich an den Rückmeldungen der Teilnehmer*innen der Jahrestagung 2021 von pädiatrie schweiz zum Thema „Pediatric Integrative Medicine“. Die Auswertung der Kongress-Evaluation ergab unter anderem, dass 82% der Antwortenden an Fortbildungen zu Themen der komplementären und integrativen Medizin interessiert waren und dass zwei Drittel durch den Kongress angeregt wurden, komplementäre Therapien in ihre Praxis zu integrieren. Für weitere Details sei auf die Publikation verwiesen (Huber et al. 2022)2).

Die SIGIP veranstaltete wieder zwei Fortbildungen, die von pädiatrie schweiz als Kernfortbildungen akkreditiert wurden. Im Frühling stand das Thema der funktionellen Störungen im Zentrum und wurde in zwei Vorträgen behandelt. Oswald Hasselmann (St. Gallen) sprach über „Ways to prevent functional disorders from becoming dysfunctional” und Mercedes Ogal (Brunnen) sprach über Evidenz-basierte komplementäre Therapien für funktionelle Bauchschmerzen, die sich in der pädiatrischen Praxis bewährt haben. Bei der Fortbildung im Herbst hielt der erfahrene HNO-Arzt Jan Philip Meister (Neumünster, DE) einen Online-Vortrag über Integrative Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde bei Kindern, der neben ausführlichen Hintergrundinformationen viele konkrete Empfehlungen für die therapeutische Praxis lieferte.

Erweiterte Therapiemöglichkeiten dank Komplementärmedizin

Im Jahr 2022 kam es zu relevanten Einschränkungen in der Verfügbarkeit von wichtigen Arzneimitteln für Kinder. Dies betraf hauptsächlich die weit verbreiteten Schmerzmittel Paracetamol und Ibuprofen3) sowie verschiedene Antibiotika4,5). Die SIGIP unterstützt sämtliche Anstrengungen, die für die Erhaltung konventioneller Arzneimittel in kindergerechten galenischen Formen erforderlich sind. Gleichzeitig zeigt die therapeutische Praxis der integrativen Pädiatrie, wie durch Einbezug komplementärer Therapien ein sparsamer Umgang mit konventionellen Arzneimitteln möglich wird – gerade auch hinsichtlich Antibiotika6).

Medien und weitere Aktivitäten

SIGIP Mitglieder haben auch dieses Jahr wieder Medienanfragen zur integrativen Pädiatrie beantwortet, wie z.B. ein Interview bei Radio Télévision Suisse (RTS). Die SIGIP ist ausserdem an der aktuellen Diskussion über die Vergütung der ärztlichen Komplementärmedizin in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung beteiligt.

Kontakt

Bei Interesse oder Fragen kann die SIGIP per E-Mail kontaktiert werden: integrativepaediatrie@gmail.com

Das nächste SIGIP-Mitgliedertreffen mit anschliessender Fortbildung ist am 23.03.2023 als Präsenzveranstaltung in Olten geplant.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Benedikt M. Huber
Zentrum für integrative Pädiatrie
Klinik für Pädiatrie
HFR Freiburg – Kantonsspital
Chemin des Pensionnats 2-6
1708 Freiburg
Tel. 026 306 35 10
benedikt.huber@h-fr.ch

Referenzen

  1. Bolliger C, Simon M. KAM-Barometer – Eine Studie im Auftrag des EMR zu den Erfahrungen der Schweizer Bevölkerung mit der Komplementär- und Alternativmedizin. Disponible sous : https://emr.ch/mediendossier-kam-barometer (18.02.2023)
  2. Huber BM, Rodondi PY. Interest and need for continuing medical education in pediatric complementary and integrative medicine: a cross-sectional survey from Switzerland. BMC Complement Med Ther 2022;22(1):106.
  3. https://www.srf.ch/news/schweiz/medikamentenmangel-schweiz-engpass-bei-medikamenten-lage-laut-bund-problematisch
  4. https://www.paediatrieschweiz.ch/news/marktruckzug-von-cefpodoxim/
  5. https://www.paediatrieschweiz.ch/news/versorgungsengpass-fuer-antibiotika-suspensionen/
  6. Von Schoen-Angerer T, Tierny EM, Wildhaber J, Tarr P, Huber BM. Stratégies de réduction de l’usage d’antibiotiques à l’aide de la médecine complémentaire et intégrative. Rev Med Suisse 2020;16(716):2301-5.