Die Empfehlungen für die Ernährung gesunder Neugeborener auf Wochenbettstationen wurden letztmals 2003 von der Ernährungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) und der Schweiz. Gesellschaft für Neonatologie publiziert1). Die aktuellen überarbeiteten Empfehlungen berücksichtigen insbesondere die Richtlinien für die Hypoglykämiebehandlung der Schweiz. Gesellschaft für Neonatologie2) und die aktuellen Empfehlungen für die Säuglingsernährung 2009 der Ernährungskommission SGP3)
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Vol. 22 No. 1 2011 E m p f e h l u n g e n
• Geburtsgewicht < 2500 g oder < 3. \ber-
zentile
• Mütterlicher Diabetes und Neugebore -
nes mit Zeichen einer diabetischen Feto-
pathie (Geburtsgewicht > 4500g oder >
97. \berzentile)
• Hypothermie (rektale Temperatur
< 36.5°)
Bei Neugeborenen mit erhöhtem Risiko
für Hypoglyk\bmie soll immer eine Früh
ern\bhrung angeboten werden, welche
möglichst bald nach Geburt, spätestens
aber in den ersten 2 Lebensstunden begon -
nen wird. Während den ersten 2–3 Lebensta -
gen soll das Neugeborene regelmässig alle
3–4 Stunden an die Brust angesetzt werden.
Nach dem Ansetzen an die Brust wird dem
Neugeborenen zusätzlich eine Säuglingsan -
fangsnahrung angeboten, bis genügend Mut -
termilch vorhanden ist. Als Alternative zur
Säuglingsanfangsnahrung kann in dieser Si -
tuation auch eine Dextrin-Maltose 10%-Lö -
sung angeboten werden. Nicht empfohlen ist
die orale Gabe von Glukoselösungen (z. B.
Glukose 10%). Im Übrigen wird auf die Emp -
fehlungen der Schweiz. Gesellschaft für
Neo natologie hingewiesen
2).
Säuglingsanfangsnah\bungen
Für die Ernährung von Säuglingen, die
nicht oder nur teilweise gestillt werden
können, stehen S\buglingsanfangsnah
rungen zur Verfügung.
Zusätze
Vitamin K Prophylaxe (4 Regel)
Eine Gabe von je 2 mg Konakion MM per
os wird im Alter von 4 Stunden, 4 Tagen
und 4 Wochen empfohlen
5).
Vitamin D Prophylaxe
Während des 1. Lebensjahres wird für alle
gestillten und nicht gestillten Säuglinge die
tägliche Zufuhr von 300–500 IE Vitamin D
empfohlen, unabhängig von der Sonnenex -
position. Eine maximale Zufuhr von 1000
IE täglich sollte nicht überschritten wer-
den
6). Es wird empfohlen, bereits in den
ersten Lebenstagen mit der Vitamin D
Supplementation zu beginnen.
Alle\bgiep\bävention
Atopische Erkrankungen sind familiär ge-
häuft, wobei das Risiko, eine atopische
Einleitung
Die Empfehlungen für die Ernährung ge -
sunder Neugeborener auf Wochenbett -
stationen wurden let z tmals 2003 von der
Ernährungskommission der Schweizeri -
schen Gesellschaf t für \bädiatrie (SG\b)
und der Schweiz. Gesellschaf t für Neo -
natologie publizier t
1). Die aktuellen über -
arbeiteten Empfehlungen berücksichti -
gen insbesondere die Richtlinien für die
Hypoglykämiebehandlung der Schweiz.
Gesellschaf t für Neonatologie
2) und die
aktuellen Empfehlungen für die Säug -
lingsernährung 2009 der Ernährungs -
kommission SG\b
3).
Definitionen
Gesunde Neugeborene auf
Wochenbettstationen
Geburt ab 37 0/7 Schwangerschaftswochen
Geburtsgewicht über 2500 g.
Stillen
Die Grundsätze der Stillförderung sind in
den Empfehlungen der WHO/UNICEF zum
er folgreichen Stillen festgelegt
4). Sie wer -
den in der Schweiz weitgehend umge -
setzt.
Tag 1
Erstes Anlegen innerhalb der ersten 2–3
Stunden nach der Geburt, dann – je nach
Wachzustand – 4- bis 6-stündlich
Tag 2
Freies Stillen nach Bedarf, Frequenz stei-
gernd 5–8-mal pro Tag, nach erfolgtem
Milcheinschuss 8–12-mal pro Tag Tag 4/5
Nach
Information der Eltern soll eine Säug -
lingsanfangsnahrung eingesetzt werden,
bei:
• Anhaltender Gewichtsabnahme (Wägen
bei Verdacht auf ungenügende Flüssig-
keitszufuhr indiziert, Toleranzgrenze:
Gewichtsabnahme bis 10% des Geburts -
gewichtes)
• Fehlendem bzw. verzögertem Milchein-
schuss
• Achtung: Dextrin-Maltose \bräparate
sind nicht ausreichend.
Supplementations\begeln
Tag 1–3
Bei gesunden Termingeborenen ist ein Ange -
bot von Zusatzflüssigkeit (Dextrin- Maltose
\bräparate) oder Säuglingsanfangsnahrung
kurz nach der Geburt und in den ersten Le -
benstagen selten notwendig und soll nur bei
medizinischer Indikation erfolgen.
Gesunde Termingeborene
(ab 37 0/7 SSW)
• Weinen und Unruhe trotz vorangegange -
ner wiederholter Brustmahlzeit (Durst-
zeichen)
• Wenn das Weinen oder die Unruhe des
Kindes von der Mutter als Äusserung
von Hunger oder Durst empfunden wer-
den (Sorgen um das Nahrungsangebot
für das Kind)
• Bei Zeichen einer Dehydratation (Ge-
wichtsverlust > 10%)
• Bei klinischem Hinweis auf eine Hypo –
glykämie, die durch eine Blutzuckerbe –
stimmung bestätigt werden muss
Neugeborene mit erhöhtem Risiko für
Hypoglyk\bmie oder Dehydratation
Neugeborene mit Hypoglykämierisiko
müssen gemäss den unten genannten Kri-
terien rasch erfasst werden, damit eine
Frühernährung erfolgen kann:
Empfehlungen für die Ern\bhrung
gesunder Neugeborener in den
ersten Lebenstagen
Revision Empfehlungen (REV 4.1.2011)
Ernährungskommission der Schweizerischen Gesellschaft für \bädiatrie* &
Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie/Swiss Society of Neonatology**
* \beter Baehler, Dominique Belli, Christian Braegger,
Raoul Furlano, Josef Laimbacher, Johannes Spalin-
ger, \beter Studer, René Tabin
** Thomas M. Berger, Hans Ulrich Bucher, Andreas
Malzacher, Riccardo \bfister, Matthias Roth, Martin
Stocker, Anita Truttman
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nahrungen aus Sojaeiweissbasis. \baediatrica
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Korrespondenzadressen
\bräsident Ernährungskommission SG\b
\brof. Dr. med. Christian Braegger
Abteilung Gastroenterologie und Ernährung
Kinderspital, Universitäts-Kinderkliniken –
Eleonorestiftung
Steinwiesstrasse 75
CH-8032 Zürich
\bräsident Schweizerische Gesellschaft
für Neonatologie
\brof. Dr. med. Thomas M. Berger
NeoI\bS
Kinderspital Luzern
CH-6000 Luzern 16
Erkrankung zu entwickeln, vom Schwere –
grad der atopischen Familienbelastung
(Anzahl der Atopiker, Schweregrad der Er-
krankung) abhängt. Bei Neugeborenen
und Säuglingen mit erhöhtem Atopierisiko
wird – wie fü r alle Neugeborenen – in ers –
ter Linie ausschliessliches Stillen empfoh –
len. Viele Studien zeigen einen präventiven
Effekt, wenn während der ersten Lebens –
monaten ausschliesslich gestillt wird
7), 8), 9) .
Eine präventive diätetische Einschränkung
der stillenden Mutter bringt jedoch keinen
dokumentierten Vorteil für den Säugling
und wird deshalb nicht empfohlen. Bei
Neugeborenen und Säuglingen mit erhöh –
tem Atopierisiko, welche nicht oder nur
teilweise gestillt werden, können in den
ersten sechs Monaten – als Alternative zu
einer herkömmlichen Säuglingsanfangs –
nahrung – partiell hydrolysierte Mutter-
milchersatzpräparate (HA-Milch) verwen-
det werden
10). Ein Cochrane-Review zeigt
allerdings nur eine limitierte Evidenz für
den präventiven Effekt dieser \brodukte fü r
Kuhmilchallergie während der ersten
sechs Monate
11). Die Verwendung von So-
ja-basierten Säuglingsanfangsnahrungen
als \brophylaxe wird nicht empfohlen
12). Im
Übrigen wird auf die Empfehlungen für die
Säuglingsernährung der Ernährungskom –
mission SG\b 2009
3) hingewiesen.
Referenzen
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Ernährungskommission der Schweizerischen Ge-
sellschaft für \bädiatrie. Ernährung gesunder Neu-
geborener in den ersten Lebenstagen \baediatrica
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M. Stocker, U. Zimmermann \brevention and thera –
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3) Baehler \b, Baenziger O, Belli D, Braegger Ch, Délè –
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ver J. Breast-feeding: A Commentar y by the
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med. Christian P. Braegger , Abteilung Gastroenterologie und Ernährung, Universitäts-Kinderspital Zürich - Eleonorenstiftung PD Dr. Thomas Berger , Neonatologische und Pädiatrische Intensivpflegestation Andreas Nydegger