Ein cholestatischer Ikterus kommt bei etwa 1 von 2500 Neugeborenen vor. Es handelt sich dabei immer um eine potenziell gefährliche hepatobiliäre Dysfunktion. Das frühzeitige Erkennen der Erkrankung durch den Kinderarzt sowie die rasche Überweisung an einen pädiatrischen Gastroenterologen/Hepatologen sind die entscheidenden Faktoren für Diagnose, Behandlung und Prognose der zugrunde liegenden Erkrankung. Die europäische (ESPGHAN) und die nordamerikanische (NASPGHAN) Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung haben vor kurzem neue Empfehlungen für Diagnostik und Behandlung der neonatalen Cholestase veröffentlicht. Wir haben in diesem Artikel das Wesentliche zusammengefasst.
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Anamnese
Eine detaillierte Anamnese (Familie, Schwan-
\berschaft, prä-, peri- und postnatale Phase)
ist von \brundle\bender Bedeutun\b. Man muss
sowohl den Be\binn der Gelbsucht als auch
Veränderun\ben der Urin- und Stuhlfarben
erfra\ben. In vielen Ländern, darunter auch in
der Schweiz, haben sich Stuhlfarbkarten für
Eltern, Hebammen und Kinderärzte für das
frühzeiti\be Screenen auf Gallen\ban\batresie
bewährt. Die Tabelle 1 fasst die wichti\bsten
Punkte für die Anamnese.
Klinische Untersuchung
Die klinische Unter suchun\b umf as s t den A ll\be –
meinzustand des Kindes, das Abdomen, den
Ernährun\bszustand und die Suche nach rich –
tun\bsweisenden extrahepatischen Anzeichen.
Die Ta b e l l e 2 fasst die entscheidenden Punkte
der klinischen Untersuchun\b zusammen.
Laboruntersuchungen
Wie bereits erwähnt, bestäti\bt ein Wert von
>17 μmol/l konju\bierten Bilirubins (unabhän –
sein. Das frühzeiti\be Erkennen einer Cholesta
–
se dur ch den K inder ar z t is t daher von ( leb ens – )
entscheidender Bedeutun\b.
Der erste Schritt zur Unterscheidun\b eines
cholestatischen von einem nicht-cholestati –
schen Ikterus ist die Bestimmun\b des totalen
und des konju\bierten Bilirubins im Serum.
Diese Abklärun\b empfiehlt sich ab dem Alter
von 2 Wochen für jedes ikterische Neu\bebo –
rene ( siehe Algorithmus ). Cholestase bei Neugeborenen:
Praxisempfehlungen für Diagnostik
und Behandlung*
Luca Garzoni und Valérie McLin, Genf
Übersetzun\b: Renate Bonifer, Neuhausen
Durchsicht und Anpassun\b der deutschen Fassun\b an den aktuellen französischen Text: Alexandre Corboz,
La Chaux-de-Fonds
Einleitung
Ein cholestatischer Ikterus kommt bei etwa 1
von 2500 Neu\beborenen vor. Es handelt sich
dabei immer um eine potenziell \befährliche
hepatobiliäre Dysfunktion. Das frühzeiti\be Er –
kennen der Erkrankun\b durch den Kinderarzt
sow ie die r asche Üb er weisun\b an einen pädia –
trischen Gastroenterolo\ben/Hepatolo\ben sind
die entscheidenden Faktoren für Dia\bnose,
Behandlun\b und Pro\bnose der zu\brunde lie\ben –
den Erkrankun\b.
Die europäische (ESPGHAN) und die nordame –
rikanische (NASPGHAN) Gesellschaft für päd –
iatrische Gastroenterolo\bie, Hepatolo\bie und
Ernährun\b haben vor kurzem neue Empfehlun –
\ben für Dia\bnostik und Behandlun\b der neona –
talen Cholestase veröffentlicht. Wir haben in
diesem Artikel das Wesentliche zusammen\be –
fasst.
Definition
Ein cholestatischer Ikterus bzw. eine konju\bier –
te Hyperbilirubinämie ist definiert als ein kon –
ju\bierter Bilirubinwert über 17 μ mol/l, und
zwar unabhän\bi\b vom Resultat des Gesamtbi –
lirubins.
Vorgehen und Beurteilung eines
ikterischen Neugeborenen
Bei der klinischen Untersuchun\b ist ein Ikterus
ab einem Bilirubinblutspie\bel von 40 μ mol/l
erkennbar. Bei einem \besunden Neu\beborenen
mit einer nicht konju\bierten Hyperbilirubinämie
sind die beiden häufi\bsten Ursachen der phy –
siolo\bische Ikterus und der Muttermilch-Ikte –
rus – beide verschwinden wieder von alleine.
D er cholest atische Ik ter us is t v iel seltener und
immer patholo\bisch. Für eine Cholestase ist
eine hepatobiliäre Dysfunktion eine zwin\bende
Voraussetzun\b, und diese kann bedrohlich Ein cholostatischer Ikterus ist immer pa
–
tholo\bisch. Bei jedem ikterischen Neu\be –
borenen älter als 2 Wochen muss das to –
tale und das konju\bierte Bilirubin
bestimmt werden, sodass bei Vorlie\ben
einer konju\bierten Hyperbilirubinämie die
Abklärun\ben der Ursache(n) unverzü\blich
be\bonnen werden können.
Anamnese und klinische Untersuchun\b
sind zielführend für die Differenzialdia\b –
nose: Eine Entfärbun\b des Stuhls ist ein
Anzeichen für eine Gallen\ban\bobstrukti –
on und eine Indikation für eine not –
fallmäs si\be Untersuchun\b in einem spe –
zialisierten Zentrum.
Fragen Implikationen
Andere Familienmitglieder betroffen? autosomal dominante Vererbung
Blutsverwandtschaft? autosomal rezessive Vererbung
Mütterliche Infektion? TORCH-Infektionen
Schwangerschaftspruritus/-cholestase? PFIC, BRIC
Ultraschalluntersuchung? Choledochuszyste, intestinale Duplikation
Neonatale Infektion? Harnwegsinfekt? Cholestase im Rahmen einer Infektion
Erbrechen? Reizbarkeit? metabolische Komplikationen, Sepsis
Stuhl:
• entfärbt
• Mekonium > 48 Stunden
• Diarrhö Obstruktion der Gallengänge
Mukoviszidose
Infektion, PFIC 1
Frühgeburtlichkeit und parenterale Ernährung? PNAC
Tabelle 1: Anamnese
BRIC: beni\bne rekurrente Cholestase; HBV: Hepatitis-B -Virus: PFIC: pro\bressive familiäre in –
trahepatische Cholestase; PNAC: parenteral nutrition associated cholestasis; TORCH-Infekti –
onen: pränatale Infektionen, welche das Kind \befährden
* Dieser Artikel erschien zuerst in PÄDIATRIE Nr. 2/2016. Die Übernahme erfol\bte mit freundlicher Genehmi\bun\b von Rosenfluh Publikationen und Autoren. Der deutsche Text wurde
der neueren französischen Version an\bepasst, welche die neuen Empfehlun\ben enthält.
31Eine nndtinannelrA
31Eine idtalrAnde mlsel m(mFil,rSlcnem(mFilrhsErw s1a hsFr
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Hepatozyten und deren Transformation zu
riesi\ben Zellen. In der Re\bel besteht keine
nennenswerte perisinuisodale Fibrose.
Ätiologien der neon\bt\blen
Cholest\bse
Die häufi\bste Ursache der neonatalen Cholos-
tase ist eine Gallen\ban\batresie (25–40 %),
danach fol\ben mono\benetisch bedin\bte Er –
krankun\ben (25%) sowie unbekannte oder
multifaktorielle Ursachen.
Anatomisch-strukturelle Anomalien
Gallengangatresie(GGA)
Die Gallen\ban\batresie ist die häufi\bste fest –
stellbare Ursache eines obstruktiven Ikterus
in den ersten drei Lebensmonaten. Die Präva –
lenz ist re\bional unterschiedlich: Taiwan
1 : 6000 Neu\beborene, Schweiz und Europa
1 :18 000, USA 1 :19 000. Es \bibt drei Kate\bo –
rien der Gallen\ban\batresie: nicht syndromale
Gallen\ban\batresie (84%), Gallen\ban\batresie
mit mindestens einer assoziierten Fehlbil –
dun\b, aber ohne Lateralisationsfehler (6%)
und syndromale Gallen\ban\batresie (10 %) mit
Asplenie oder Polysplenie. Die assoziierten
Anomalien können kardiovaskulärer (16%)
oder \bastrointestinaler (14%) Natur sein, oder
sie betreffen Genitalien und Harnwe\be. Die
Ursache einer Gallen\ban\batresie ist nach wie
Pfortader, Polysplenie). Das Vorhandensein
schliesst eine Gallen\ban\bsatresie nichts aus.
Seit kurzem erweist sich das ARFI
2) (Acoustic
radiation force impulse elasto\braphy) als nütz –
lich im dia\bnostischen Al\borithmus der Gallen –
\ban\bsatresie
2).
Die intraoperative, offene Cholan\bio\braphie,
welche es erlaubt, die Durchlässi\bkeit der int –
ra- und extrahepatischen Gallen\bän\be zu beur –
teilen, bleibt der dia\bnostische Goldstandard
der Gallen\ban\batresie. Falls sich diese wäh –
rend des Ein\briffs bewahrheitet, kann eine
Hepatoportoenterostomie nach Kasai unver –
zü\blich in der \bleichen Narkose durch\beführt
werden.
Hin\be\ben tra\ben die fol\benden drei Verfahren
kaum zur Evaluation einer neonatalen Choles –
tase bei: ERCP (endoskopisch retro\brade
Cholan\bio\braphie), MRCP (Ma\bnetresonanz-
Cholan\biopankreatiko\braphie) und Leberszin –
ti\brafie.
Histologie
Die Leberbiopsie ist richtun\bsweisend für die
Ursache einer Cholestase. Klassische Anzei –
chen einer biliären Obstruktion sind portales
Ödem und periportale Fibrose ( Abbildung 1)
sowie duktale Bilirubinostase mit biliären
«Pfropfen» in den interlobulären Gallenkanä –
len ( Abbildung 2 ).
D er lobulär e Einb ezu\b ist var iab el und kann in
einer kanalikulären und hepatozytären Biliru –
binos t ase b es tehen , mit einer Au f blähun\b der
\bi\b vom Gesamtbilirubin) eine Cholestase.
Danach schliessen sich weitere Labortests
zur Leberfunktion an (ALT, \bamma- GT, Quick,
Blutzucker, Ammoniak [NH4]). Dabei ist zu
bedenken, dass zwar eine \brosse Anzahl der
Cholestasen mit einem erhöhten \bamma-GT
einher\behen, manche aber auch nicht (Cho
–
lestase mit niedri\bem/normalem \bamma- GT),
was eine andere Dia\bnose su\b\berieren kann
(Siehe Tabelle 4 ). Hinzu kommt, dass der
\bamma-GT-Normwert bei einem Neu\bebore –
nen höher ist als bei einem älteren Kind. Da
während des Wachstums hauptsächlich die
ossäre Isoform der alkalischen Phosphatase
(AP) vorlie\bt, \bibt diese weder bei Säu\blin\ben
noch bei Kindern im All\bemeinen Auskunft
über eine Cholestase. Weitere Laboruntersu –
chun\ben und neonatales Screenin\b können
die Ursachensuche er\bänzen ( s. unten, Ab-
schnitte zu den Ursachen ).
Bildgebende Verfahren
Eine abdominale Sono\brafie, wobei das Kind
seit mindestens sechs Stunden keine Nahrun\b
zu sich \benommen hat, ist eine einfache, sen –
sitive und nicht invasive Mö\blichkeit, Gallen –
\bän\be, Gefässe und Leber\bewebe zu untersu –
chen. Bei Verdacht auf eine Gallen\ban\batresie
sucht man nach einer Reihe von Ultraschallsi –
\bnalen, die, ob\bleich nicht spezifisch, einen
klinischen Verdacht erhärten können. Dazu
\behören insbesondere morpholo\bische Ano –
malien der Gallenblase (fehlt, ist zu klein,
kontrahiert nicht nach dem Trinken/Essen),
das «trian\bular cord si\bn» (eine echoreiche
Re\bion über der Pfortaderbifurkation), das
Verhältnis des Durchmessers von Leberarterie
und Pfortader sowie potenzielle anatomische
Anomalien im Rahmen einer syndromalen
Gallen\ban\batresie (Heterotaxie, präduodenale Häufi\b sind Laboruntersuchun\ben (Blut,
Urin), abdominale Sono\braphie, offene
Cholan\bio\braphie und Histolo\bie bei der
Suche nach den Ursachen einer Choles
–
tase notwendi\b.
Klinische \beichen Implikationen
Allgemeinzustand, Vitalzeichen akute Erkrankung, Infektion, Sepsis
Gewicht/Grösse Ernährungszustand
Windel:
• entfärbte Stühle (5–7 gem. Stuhlfarbkarte)*
• dunkler Urin Obstruktion der Gallengänge
Dysmorphie, Herzbeschwerden, pathologischer
Augenhintergrund Alagille-Syndrom
Abdomen: vergrössert, Aszites, Hepatomegalie,
Leberkonsistenz, Milz, Tumoren dekompensierte Lebererkrankung, Neoplasie,
Choledochuszyste
pathologischer neurologischer Status metabolische Erkrankung, dekompensierte
Lebererkrankung
Hypoplasie des äusseren männlichen Genitales Panhypopituitarismus
Tabelle 2: Klinische Untersuchun\b
* http://www.basca.ch/wp-basca/screening/stool-color-card/
Obstruktiv
• Gallengangatresie
• Choledochuszyste
• Gallensteine/-schlamm
• Alagille-Syndrom
• «Inspissated Bile Syndrome»
• Mukoviszidose
• neonatale sklerosierende Cholangitis
• kongenitale hepatische Fibrose/
Caroli-Syndrom
Hepatozellulär
• idiopathische neonatale Hepatitis
• virale Infektion (CMV, HIV)
• bakterielle Infektion (Harnwegsinfekt, Sepsis,
Syphilis)
• genetisch bedingte Erkrankung ( α1-Anti –
trypsin-Mangel, Mukoviszidose)
• metabolische Erkrankung (Tyrosinämie,
Galaktosämie, Glykolisierungsstörung)
• Speicherkrankheiten (Morbus Gaucher, Mor –
bus Wolman, Morbus Niemann-Pick Typ C)
• Mitochondriendysfunktion
• endokrinologische Erkrankungen (Hypothyre –
ose, Panhypopituitarismus)
• toxisch/sekundär (parenterale Ernährung)
• Gallensäurensynthesedefekte
Tabelle 3: Mö\bliche Ursachen einer neonata –
len Cholestase
31Eine nndtinannelrA
31Eine idtalrAnde mlsel m(mFil,rSlcnem(mFilrhsErw s1a hsF
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Hepatitis A, B und C: In der Re\bel verursa-
chen diese Viren keine neonatale Cholestase.
In der Literatur werden nur eini\be weni\be,
sehr spezielle Fälle beschrieben.
Andere Infektionen: Syphilis, Röteln, Toxo-
plasmose und Herpesviren können sich mit
einer neonatalen Cholestase, die typischerwei –
se in den ersten 24 Stunden nach der Geburt
auftritt, sowie mit einem Wachstumsrückstand
manifestieren. Die mütterliche Anamnese und
das serolo\bische Screenin\b während der
Schwan\berschaft sind für die Bestäti\bun\b ei –
nes klinischen Verdachts hilfreich.
Endokrinologische Ursachen
Schilddrüse: Hypothyreose ist eine Differen –
tialdia\bnose des cholestatischen neonatalen
Ikterus. Neonatales Screenin\b deckt erhöhte
TSH-Werte auf. Um eine zentrale Hypothyre –
ose auszuschliessen, müssen die Schilddrü –
sentests wiederholt werden (TSH, T3, fT4).
Panhypopituitarismus: Die Hy p ophysenhor-
mone spielen eine Rolle b ei der Re\bulation der
Gallensynthese und -exkretion sowie dem
Gallenfluss. Aus diesem Grund zei\bt sich bei
den betroffenen Neu\beborenen eine Erhö –
hun\b des Gesamt- und des konju\bierten Bili –
rubins, welches mit anderen Symptomen
einher\beht wie Hypoplasie des männlichen
Genitales, Hypo\blykämie und Schock. Die
Dia\bnostik stützt sich auf die Messun\ben von
TSH, freiem T4 und Gesamt-T4 und des mor –
\bendlichen C or tisols sow ie au f eine zer ebr ale
MRI-Untersuchun\b. Die Cholestase ver –
schwindet mit der Hormonsubstitution.
erfol\bt, sind es nur 10 Prozent der Patienten.
Daneben bestehen unbeeinflussbare ne\bative
Pro\bnosefaktoren. Hierzu \behören die syndro
–
malen For men, eine \b r ös s tenteils biliär e Schä –
di\bun\b sowie bereits bestehende Fibrose zum
Zeitpunkt der Dia\bnose.
Choledochuszyste
Patienten mit einer Choledochuszyste haben
häufi\b eine Cholestase mit erhöhter \bamma-
GT und erhöhtem konju\biertem Bilirubin. So –
no\brafisch zei\bt sich eine Dilatation des Cho –
ledochus (jedoch mit normaler Gallenblase).
Man sollte immer daran denken, dass sich
eine GGA auch als Atresie distaler Gallen\bän –
\be und einer zystischen Dilatation des proxi –
malen Choledochus manifestieren kann.
Infektionen
Zytomegalievirus (CMV)
Das CMV ist die häufi\bste kon\benitale Infek –
tion, die 1 bis 2 Prozent aller Neu\beborenen
betrifft. Die meisten der infizierten Neu\bebo –
renen bleiben asymptomatisch, bei 5 bis 10
Prozent von ihnen führt die Infektion jedoch
leider zu unterschiedlichen Komplikationen
wie niedri\bem Geburts\bewicht, Mikrozepha –
lie, periventrikulären Verkalkun\ben, Choriore –
tinitis und Taubheit.
Zu den häufi\bsten hepatolo\bischen Proble –
men \behören die Hepatosplenome\balie und
die konjun\bierte Hyperbilirubinämie. Die Dia –
\b nose einer CM V- Infek tion w ir d mit tels Kultur
oder PCR (Urin) bestäti\bt.
Harnwegsinfekte: Auch Harnwe\bsinfekte
können sich mit einer neonatalen Cholestase
manifestieren. Aus diesem Grund \behört die
Urinanalyse (Sediment und Kultur) zu den
ersten Untersuchun\ben im Rahmen einer
Abklärun\b we\ben cholostatischem Ikterus.
vor unklar. Unterschiedliche Theorien wurden
in der Literatur diskutiert (z.
B. Viren, Toxine,
autoimmune Prozesse u. a.).
Zu den «red fla\bs», die zur raschen Abklärun\b
bezü\blich einer Gallen\ban\batresie führen müs –
sen, \behören Stuhlentfärbun\b, Ikterus plus,
erhöhte γ-GT ohne andere Ursachen sowie
eine anor male o der fehlende G allenblase in der
Sono\braphie (nüchtern). Frühzeiti\be Dia\bnose,
Hepatoportoenterostomie nach Kasai mit dem
Ziel einer Wiederherstellun\b des Gallenflusses
und die B ehandlun\b in einem Zentr um für päd –
iatrische hepatobiliäre Chirur\bie sind wichti\be
Faktoren für eine \bute Pro\bnose. Wenn die
Kas ai – O p er ation vor dem 60. Leb ens t a\b dur ch –
\beführt wird, ist bei 90 Prozent der Patienten
im Alter von 18 Monaten die Leber erhalten.
Falls der Ein\briff erst nach dem 90. Lebensta\b Die Gallen\ban\batresie ist die häufi\bste
feststellbare Ursache eines obstruktiven
Ikterus in den ersten drei Lebensmonaten.
Frühzeiti\be Dia\bnose und Behandlun\b sind
wichti\be Faktoren, die für eine \bute Pro\b
–
nose entscheidend sind. Acholischer Stuhl
ist ein Warnzeichen für ein biliäres Ab –
flusshindernis: Die Abklärun\ben im Hin –
blick auf eine GGA müssen unverzü\blich
und in Zusammenarbeit mit einem hepato-
biliären pädiatrischen Zentrum auf\benom –
men werden.
PFIC 1 et 2
TJP2- Defizit (tight junction protein 2)
Gallensäurensynthesedefekte
Tabelle 4: Krankheiten mit normaler/niedri –
\ber G amma – GT ( < 150 U/l b ei N eu\beb or enen )
TJP2 ti\bht junction protein 2
Abbildung 1: Cholestase und Zirrhose bei Gallen\ban\batresie; Fibrose
und periportale Ödeme mit kanalikulärer Reaktion Abbildung 2: Cholestase bei Gallen\ban\batresie (200 -fach ver\brös -
sert); die Pfeile markieren Gallenpfropfen, die Dreiecke kanalikuläre
Proliferationen
31Eine nndtinannelrA
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Seltene (genetische/metabolische)
Krankheiten
Alagille-Syndrom: Das Ala\bille-Syndrom ist
durch eine Hypoplasie intrahepatischer Gal-
len\bän\be charakterisiert. Der klinische Ver -
dacht (typische Gesichtsform, posteriores
Embryotoxon, Schmetterlin\bswirbel, Nieren -
beeinträchti\bun\b, Herzfehler) wird durch den
Laborbefund (Cholestase mit erhöhter \bam -
ma- GT) und die Histolo\bie (Hypoplasie der
intrahepatischen Gallen\bän\be) bestäti\bt. Die
Sequenzierun\b der Gene JAG1 und NOTCH2
kann zur Dia\bnose beitra\ben.
Mukoviszidose: Diese kann sich mit einer
neonatalen Cholestase präsentieren. Dia\bnos -
tische Optionen sind neonatales Screenin\b,
Schweisstest und die Genanalyse (CFTR).
Progressive familiäre intrahepatische Cho -
lostasen (PFIC): Die PFIC sind eine Gruppe
mono\benetisch bedin\bter Erkrankun\ben, die
den kanalikulären Transport der Galle beein -
trächti\ben und zu einer pro\bressiven Choles -
tase mit Beeinträchti\bun\b der Leberfunktion
führen. Charakteristisch für PFIC 1 und PFIC
2 ist eine normale \bamma- GT, während diese
bei PFIC 3 erhöht ist. PFIC 1 (Bylersche
Krankheit) \beht mit neonataler Diarrhö und
schlechter Gewichtszunahme einher. PFIC 2
ist mit einem erhöhten Risiko für Cholan\bio -
oder hepatozelluläres Karzinom bei jun\ben
Kindern verbunden.
α 1-Antitrypsin-Mangel: Er ist der häufi\bste
Grund für eine erblich bedin\bte Cholestase. Es
handelt sich um eine autosomal dominant ver -
erbte Mutation des SERPINA1-Gens. 10 bis 15
Prozent der Neu\beborenen mit dieser Erkran -
kun\b entwickeln eine neonatale Cholestase.
Häufi\b handelt es sich um eine schwere Cho -
lestase mit acholischen Stühlen. Dies er -
schwert die symptomatische Unterscheidun\b
von einer Gallen\ban\batresie. Rasch kann sich
eine Zirrhose mit portaler Hypertension entwi -
ckeln, aber im All\bemeinen verschwindet der
Ikterus in den ersten vier Lebensmonaten. Die
Dia\bnose erfol\bt durch die elektrophoretische
Bestimmun\b des Phänotyps (normal: MM; he -
terozy\bot: MZ oder MS; anormal: ZZ oder SZ),
welche zur initialen Abklärun\b einer neonatalen
Cholestase \behört ( s. Algorithmus in Abbil -
dung 3 ). Die Bestimmun\b der α1-Antitrypsin-
Serumkonzentration ist nicht indiziert. Es han -
delt sich um ein Akutphasenprotein, dessen
Konzentration im Zusammenhan\b mit einer
Cholestase schwieri\b zu interpretieren ist. Gallensäurensynthesedefekte:
Hier b ei han-
delt es sich zwar um seltene Erkrankun\ben,
die in den meisten Fällen jedoch behandelbar
sind. Darum ist es sehr wichti\b, sie bei einem
Neu\beborenen mit Cholestase und tiefer
\bamma - GT in B etr acht zu ziehen. In den meis -
ten Fällen ist die \bamma- GT normal oder tief,
und die G allensäur en im Ser um sind tief – an -
ders als bei anderen cholestatischen Erkran -
kun\ben. Die Dia\b nose w ir d dur ch die sp ek tr o -
metrische Messun\b der Gallensäuren im Urin
sowie durch die \benetische Analyse bestäti\bt.
Die Behandlun\b besteht in der oralen Gabe
von Gallensäuren.
Angeborene Stoffwechselstörungen: Hierbei
handelt es sich um eine Gruppe metabolischer
Störun\ben, die sich als neonatale Cholestase
manifestieren können und besonderer Auf -
merksamkeit bedürfen. Fol\bende Blutuntersu -
chun\ben sind bei einem entsprechenden Ver -
dacht indiziert: Blut\basanalyse, Elektrolyte,
G lukose, A mmoniak, L ak t at , P y r u vat und Keton -
körper, or\banische Säuren und Aminosäuren.
Die Galaktosämie \behört in den meisten Län -
dern zum neonatalen Screenin\b.
Die Tyrosinämie , die sich häufi\b als unverhält -
nismässi\be Gerinnun\bsstörun\b im Verhältnis zu
anderen hepatischen Parametern zei\bt, wird Die Abklärun\ben erfol\ben schrittweise
und in Zusammenarbeit mit einem Refe
-
renzzentrum:
1) Ausschluss der Ursachen
a) welche unverzü\blich behandelt wer -
den müssen (GGA, HWI, Sepsis,
Schilddrüsenunterfunktion, Panhy -
popituitarismus, Galaktosämie)
oder
b) welche einer einfachen Dia\bnostik
zu\bän\blich sind (Ala\bille, Choledo -
chuszyste, Mukoviszidose, Alpha-
1-Antirtrypsin-Man\bel)
2) Nach Ausschluss der Ursachen \bemäss
1a und 1b werden die Abklärun\ben
\bemäss Tabelle «Ursachen der neona -
talen Cholestase» weiter\beführt
Abbildung 3: Al\borithmus zum Vor\behen bei neonataler Cholestase
* Basis- Laboruntersuchungen: grosses Blutbild, ALT, gamma- GT, Bilirubin (total/konjugier t), Albumin, Glukose,
Ammoniak (NH4), Quick
Herzgeräusche, Dysmorphie,
mithilfe des Succinylacetons im Urin oder der
Aktivität des Enzyms Fumarylacetoacetathyd -
rolase im Blut nach\bewiesen.
Idiopathische neonatale Cholostasen
Die Ursache einer neonatalen Cholestase bleibt
häufi\b unbekannt. Dank verbesserter Verfü\b -
barkeit neuer \benetischer und molekularer
Analysetechniken \beht die Anzahl idiopathi -
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Das Wichtigste in Kürze
1) Die konju\bierte Hyperbilirubinämie wird
durch ein konju\biertes Bilirubin > 17
μmol/l definiert
2) Ein cholestatischer Ikterus ist immer
patholo\bisch und Zeichen einer hepato –
biliären Dysfunktion
3) Bei jedem Neu\beborenen mit einem die
2. Lebenswoche überschreitenden Ikte –
rus muss man Gesamtbilirubin und
konju\biertes Bilirubin bestimmen, um
eine Cholestase auszuschliessen
4) Bei einer Entfärbun\b des Stuhls muss
der Patient rasch an ein pädiatrisches
Zentrum für hepatobiliäre Chirur\bie
überwiesen werden, um eine Gallen –
\ban\batresie zu bestäti\ben oder auszu –
schliessen
5) Falls ein konju\bierter Ikterus bestäti\bt
wird:
a) Ausschluss behandelbarer Ursachen
(Gallen\ban\batresie, Infektion/Sepsis,
Galaktosämie, Hypothyreose) und
spezifischer Krankheiten (a1-Anti –
trypsin-Man\bel, Mukoviszidose, Ala –
\bille-Syndrom, Choledochuszyste)
b) Falls die oben \benannten Ursachen
aus\beschlossen sind, weitere Abklä –
run\ben mö\blicher Ursachen
( s. Tabelle 3 )
scher neonataler Cholestasen jedoch weiterhin
zurück.
Schlussfolgerungen
Der neonatale cholestatische Ikterus ist we –
sentlich seltener als der Ikterus auf\brund ei –
ner nicht konju\bierten Hyperbilirubinämie.
Das Vorlie\ben einer Cholestase ist immer
patholo\bisch. Die Cholestase ist Anzeichen
für eine hepatobiliäre Dysfunktion im Rahmen
einer zu\brunde lie\benden neonatalen hepati –
schen, potenziell bedrohlichen Erkrankun\b.
Das frühzeiti\be Erkennen des Problems durch
den Kinderarzt sowie die rasche dia\bnosti –
sche Abklärun\b und Behandlun\b durch den
Spezialisten sind von entscheidender Bedeu –
tun\b für die Pro\bnose.
Darum wird die Bestimmun\b des Gesamtbili –
r ubins und des konju\bier ten B ilir ubins im B lut
bei allen Neu\beborenen empfohlen, die über
die zweite Lebenswoche hinaus einen Ikterus
aufweisen. Dies erlaubt die schnellstmö\bliche
Dia\bnose oder Entwarnun\b bezü\blich einer
Reihe von Krankheiten, bei denen eine früh –
zeiti\be Intervention überlebensentscheidend
sein kann – in erster Linie die Gallen\ban\bat –
resie, metabolische und endokrinolo\bische
Dysfunktionen sowie Infektionen.
Literatur
1) Fawaz R., et al., Guideline for the Evaluation of
Cholestatic Jaundice in Infants: Joint Recommen –
dations of the North American Society for Pediatric
Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition (NAS –
PGHAN) and the European Society for Pediatric
Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition (ES –
PGHAN), JPGN 2016, In press.
2) Hanquinet, S., et al., Contribution of acoustic radi –
ation force impulse (ARFI) elastography to the ult –
rasound diagnosis of biliary atresia. Pediatr Radiol,
2015. 45(10): p. 1489-95.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Luca Garzoni
Centre Suisse des Maladies du Foie
de l’Enfant
Hôpitaux Universitaires de Genève
Rue Willy Donzé 6
1211 Genève 14
luca.\barzoni @ hcu\be.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unterstützung und
keine anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang
mit diesem Beitrag deklariert.
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Autoren/Autorinnen
Dr. med. Luca Garzoni , Centre Suisse des Maladies du Foie de l’Enfant, Hôpitaux Universitaires de Genève Valérie McLin Andreas Nydegger