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Bakterielle und virale Hautinfektionen im Kindesalter

Infektionskrankheiten der Haut sind häufig...

Einführung

Infektionskrankheiten der Haut sind häufig. In diesem Artikel gehen wir auf im Kindesalter häufig vorkommende bakterielle und virale Infektionen (mit Ausnahme von Warzen und Molluscum contagiosum), sowie seltene aber schwere und nach Reisen oder bei Kindern mit Migrationshintergrund auftretende Infektionen ein. Es werden nur Hautinfektionen beschrieben, deren kausales Agens in den Läsionen nachgewiesen werden kann, was parainfektiöse Exantheme ausschliesst.

Bakterielle im Allgemeinen lokalisierte Hautinfektionen

Bakterielle Hautinfekte sind meist lokalisiert1)2). In gewissen Fällen kann der Verlauf jedoch schwer sein. Dies hängt von der Virulenz des Erregers (z.B. durch Staphylococcus aureus (SA) produzierte Toxine wie Panton-Valentine-Leukozidin), von der Immunität des Patienten und der gleichzeitigen Einnahme von z.B. entzündungshemmenden oder immunsuppressiven Medikamenten ab. Eine bakterielle Infektion kann ebenfalls einen schwereren Verlauf nehmen, wenn sie als Komplikation einer zugrunde liegenden Krankheit wie Varizellen auftritt. Durch Wundabstrich und Kultur kann die Diagnose bestätigt werden. Ein Antibiogramm hilft bei der Wahl der Therapie.

Impetigo ist eine SA-Infektion, seltener durch hämolytische Streptokokken der Gruppe A (SGA) bedingt. Sie tritt anfangs in Form von Bläschen, Pusteln, manchmal schlaffen Blasen (bullöse Impetigo) auf, gefolgt von honiggelben Krusten oder Erosionen (Abb. 1). Die Läsionen können konfluieren und einen zirzinären Aspekt annehmen. Am häufigsten betroffen sind Gesicht (insbesondere perioral, perinasal, am Kinn oder retroaurikulär) und Windelregion.

Ecthyma nennt man eine sich in die Tiefe ausbreitende Impetigo, meist an den unteren Extremitäten lokalisiert und unter Zurücklassen von Narben abheilend. Häufigste Erreger sind SGA oder auch SA.

Ecthyma gangraenosum3) ist seltener. Es führt zu nekrotischen Ulzera und ist v.a. mit Pseudomonas aeruginosa (PA)-Sepsis bei immundeprimierten, neutropenischen Patienten assoziiert. Die Prognose ist schlecht. Ecthyma gangraenosum kann auch in der Windelregion bei sonst gesunden Kindern nach einer Antibiotikatherapie oder einer vorübergehenden, durch eine infektiöse Grundkrankheit ausgelösten Neutropenie auftreten (Abb. 2). Dabei kommt es nicht zur Sepsis und die Prognose ist gut.

Perionyxis und akute Paronychie betreffen die den Nagel umgebenden Weichteile und haben ihren Ursprung oft im Nagelbett, treten als Rötung und Ödem auf, gefolgt von Eiterbildung. Die Läsion ist schmerzhaft. Es können Lymphangitis, Lymphknotenschwellungen und Fieber auftreten. Am häufigsten verursachende Keime sind SA, manchmal SGA, seltener Herpes simplex Virus (HSV) oder bei chronischen Formen Candida.

Die Dactylitis bullosa4) tritt an der Fingerbeere eines oder mehrerer Finger auf. Es bildet sich auf gerötetem Grund eine Blase oder Pustel. In der Hälfte der Fälle besteht eine Assoziation mit ORL-Infekten, wobei am häufigsten SGA, seltener SGB oder SA verantwortlich sind.

Bei der Folliculitis handelt es sich um eine oberflächliche Infektion, gekennzeichnet durch kleine Papeln oder Pusteln mit einem zentralen Haar. Breitet sie sich in die tiefe aus, spricht man von einem Furunkel, bei Fusion mehrerer Furunkel von einem Karbunkel, und bei multiplem und/oder rezidivierendem Auftreten von Furunkulose. SA ist der am häufigsten verantwortliche Erreger, wobei gewisse, meist gemeinschaftlich auftretende und in der Schweiz seltener nosokomiale SA-Stämme Methicillin-resistent sein können. PA sind eine seltene Ursache, vor allem nach Baden in eine Jacuzzi auftretend. In diesem Fall tritt die Folliculitis meist in Form multipler Läsionen bei mehreren Personen gleichzeitig auf. Als Differentialdiagnose kommt Malassezia furfur in Frage, die eine oft juckende Follikelentzündung der proximalen Körperregionen hervorruft, und mit einer Akne verwechselt werden kann.

Der Hautabszess sieht ähnlich aus. Er tritt in Form eines erythmatösen, warmen und meist druckschmerzhaften Knötchens oder Masse auf, gefolgt von einer zentralen Eiterbildung. Der Eiter kann sich spontan oder nach Inzision entleeren.

Das «Pseudomonas hot Foot Syndrome» ist ein weiterer Hautausschlag, der nach dem Besuch PA-kontaminierter Wasserattraktionen auftreten kann. Innert zwei Tagen nach der Exposition kommt es zu starken Schmerzen an den Fusssohlen, gefolgt von Ödembildung, diffusem Erythem und rötlich-lividen Papeln. Die Druckzonen der Füsse, seltener der Hände, sind extrem berührungsempfindlich und schmerzhaft. Es kann zu Fieber und einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes kommen. Die Histologie zeigt neutrophile perivaskuläre und periannexielle Dermisinfiltrate die sich in die Hypodermis ausbreiten können, und manchmal um die ekkrinen Schweissdrüsen zentriert sind.

Erysipel und Zellulitis sind oberflächliche bzw. tiefe bakterielle Hautinfektionen. Sie kennzeichnen sich durch ein meist schmerzhaftes, im Allgemeinen an den Extremitäten oder im Gesicht lokalisiertes Erythem. Häufig besteht gleichzeitig ein Ödem und fakultativ Fieber.

Die nicht mit einer entzündlichen Windeldermatitis zu verwechselnde Streptokokken-Anitis5) ist eine besondere Form der kindlichen perianalen Zellulitis. Typisch ist eine scharf begrenzte Rötung, manchmal mit hämorrhagischen Fissuren assoziiert. Vulva oder Penis können ebenfalls betroffen sein. Ursache sind SGA, SA können jedoch ähnliche Läsionen verursachen.

Bei der nekrosierenden Fasziitis (NF) beginnt die Infektion in der Tiefe, was starke Schmerzen verursacht, zu Beginn mit nur geringen Hautzeichen, gefolgt von einem rasch progredienten Erythem. Es treten hämorrhagische Blasen auf die sich rasch zu einer Nekrose entwickeln. Bei Berührung kann ein Knistern festgestellt werden. Meist bestehen hohes Fieber und Sepsissymptome, die aber auch fehlen können. Erhöhte Laktate und Kreatinkinase sowie Thrombozytopenie und mehr als 7-fach erhöhtes C-reaktives Protein sind Elemente, die eher für eine NF als eine Zellulitis sprechen6). Im Kindesalter selten, handelt es sich beinahe ausschliesslich um eine Varizellen-Komplikation. Die verantwortlichen Erreger sind SGA, aber auch andere Keime wie Clostridium perfringens oder seltener Vibrio vulnificus (Badeexposition) oder Bacteroides fragilis. Es handelt sich um einen Notfall, der eine pluridisziplinäre, chirurgisch-pädiatrische Betreuung erfordert. Chirurgisches Debridement der Wundoberfläche ist vorrangig. Notfallmässige CT oder MRI können zur Diagnose beitragen, sollen aber die chirurgische Wundversorgung dieser potentiell letalen Krankheit nicht verzögern (Tabelle 1).

Toxine produzierende Staphylokokken oder Streptokokken können Hautkomplikationen verursachen. Das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome wird durch exfoliative SA-Toxine hervorgerufen, die zu einer Ablösung der Hornzellschicht führen, insbesondere bei Infektionen im Bereiche der Nabelschnur des Neugeborenen. Streptokokken-Exotoxine können für Scharlach, Streptokokken– oder Staphylokokken-Exotoxine für das toxische Schocksyndrom verantwortlich sein. Nicht zu vergessen ist, dass gewisse SGA ein hoch nephrotoxisches Protein M sezernieren können1). Es wird deshalb empfohlen, 10 Tage nach einer solchen Infektion eine Proteinurie zu suchen.

Die Behandlung bakterieller Infektionen kann für lokal begrenzte Fälle topisch sein, aber bei schweren Infekten oder wenn Toxine eine pathogene Rolle spielen, auch eine orale oder intravenöse Verabreichung erfordern (Tabelle 1) 1)2). Dabei ist es wichtig, eventuelle Resistenzen auf allgemein gebräuchliche Antibiotika zu berücksichtigen, das Antibiogramm ist deshalb entscheidend. Bei Panaritien, Furunkeln und Abszessen wird Inzision und Drainierung empfohlen, sowie die Wundreinigung als vorrangige Behandlung der nekrotisierenden Fasziitis.

Abbildung 1
Ansteckende Staphylococcus aureus-Impetigo, Krustenphase.
Abbildung 2
Durch Pseudomonas aeruginosa bedingtes Ecthyma gangraenosum, nach Antibiotikatherapie eines Luftweginfektes.

Tabelle 1: Behandlung bakterieller Hautinfektionen. (Infec-cut_Tabelle-1_all.pdf)

Hautinfektionen mit systemischer Beteiligung

Die Lyme-Borreliose ist eine Infektion durch Spirochäten des Typs Borrelia burgdorferi 7). Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Zeckenbiss. Im Prinzip ist ein 16-stündiger Kontakt erforderlich, um den Erreger zu übertragen. Der Anteil infizierter Zecken ist je nach Region sehr unterschiedlich. Die Krankheit verläuft in drei Phasen7). Das Stadium 1 entspricht der Primärinfektion, als Erythema migrans um den Biss herum, nach 3 – 30 Tagen auftretend. Bei Kleinkindern ist der Sitz oft am Hals oder Kopf, bei älteren Kindern an der unteren Extremitäten oder dem unteren Teil des Stammes. Es handelt sich um ein Erythem mit aktivem Rand, das sich zentrifugal ausbreitet und über 20 cm Durchmesser erreichen kann, während das Zentrum abblasst, mit einem kleinen roten Fleck in der Mitte. Die Diagnose ist klinisch, da die Immunglobuline M (IgM) frühestens nach 2 – 3 Wochen auftreten. Stadium 2 wird einige Wochen bis Monate nach der Infektion beobachtet. Es findet eine hämatogene Verbreitung mit bakterieller Fixation in gewissen Geweben statt. In der Haut beobachtet man in 15 % der nicht behandelten Lyme-Fälle in Europa ein Borrelien-Lymphozytom. Es handelt sich um eine rote, bräunliche oder livide, runde, feste Schwellung, typischerweise an Ohrläppchen oder Mamille (Abb. 3). Histologisch ist ein Infiltrat bestehend aus B-Lymphozyten und polyklonalen Plasmozyten feststellbar, die in oberflächlichen und tiefen Hautschichten Keimzonen bilden. Falls erforderlich können in Hautbiopsien Spirochäten nachgewiesen werden. Die serologische Suche nach Borrelien-Antikörpern kann die Diagnose bestätigen, obwohl die Sensitivität lediglich ca. 80 % beträgt. In diesem Stadium können ebenfalls multiple wandernde Erytheme, neurologische Symptome, Arthritiden oder eine Endokarditis beobachtet werden. Stadium 3 äussert sich 6 Monate bis 2 Jahre nach der Infektion. Die chronisch atrophierende Acrodermatitis tritt im Kindesalter nur ausnahmsweise auf. Häufig sind hingegen neurologische und/oder Gelenksymptome. Die Behandlung in den verschiedenen Stadien ist in Tabelle 1 zusammengefasst.

Die Syphilis, eine durch Spirochäten des Typs Treponema pallidum verursachte Infektion, ist im Kindesalter selten. Es handelt sich dabei vor allem um die transplazentär übertragene kongenitale Form8). Die typischen muco-kutanen Zeichen treten während den ersten zwei Lebensjahren auf. Es handelt sich um rosafarbene Flecken im Bereiche der Handflächen und Fussohlen, die blasig werden und schuppen können. Vernarbende erythematöse Plaques an Lippen, Zahnfleisch und Gaumen sind seltener. Es kann auch zur Bildung von Condylomata lata, perioralen oder perianalen weissen, warzenartigen Plaques kommen. Oft sind eine Rhinorrhö, Augenbeteiligung (Chorioretinitis, Glaukom, Katarakt), Hepatitis, Hepatosplenomegalie, Thrombozytopenie, sowie Knochen- und im späteren Verlauf Zahnläsionen assoziiert. Die Diagnose beruht auf der Dosierung spezifischer IgM bei Mutter und Kind und der Bestätigung durch zwei Tests, nicht Treponemen- (RPR) und Treponemenabhängig (TPPA). Die empfohlene Behandlung findet sich in Tabelle 1.

Abbildung 3
Borrelien-Lymphozytom der linken Mamille.

Reise- oder migrationsbedingte bakterielle Hautinfektionen

Migrationshintergrund und exotische Reisen müssen differentialdiagnostisch an für unsere Gegend unübliche Infektionen denken lassen9)10).

Lepra9) wird durch Mycobacterium (M) leprae hervorgerufen. Sie kann bei Kindern, die aus endemischen Gebieten stammen, beobachtet werden. Das klinische Bild ist variabel und hängt von der Immunitätslage der betroffenen Person ab. Die lepromatösen Formen zeichnen sich durch Plaques und infiltrierte Knoten aus. Formen mit Atrophie der Epidermis und darunterliegender Infiltration, hypopigmentierten dysästhetischen Flecken und annulären Plaques sind weitere mögliche Erscheinungsformen.

Die durch M. tuberculosis bedingte Tuberkulose (TBC)9) kann als Primärtuberkulose der Haut mit leicht ulzerierenden Knötchen und Lymphknotenentzündung auftreten. Eine Erscheinungsform der Sekundärtuberkulose ist die Scrofulodermie, Resultat der kutanen Verbreitung einer zugrunde liegenden Lymphadenitis, mit in der Tiefe haftenden Knötchen und käsigem Ausfluss. Eine weitere Erscheinungsform ist der durch Verbreitung der Infektion oder Reinokulation bedingte Lupus vulgaris. Er besteht aus roten oder bräunlichen, aus mehreren Knötchen bestehenden Plaques mit zentraler Atrophie. Warzenartige Plaques und periorifizielle Hautläsionen werden ebenfalls beobachtet. Die Diagnose wird durch die Biopsie einer Hautläsion bestätigt, die epitheloide Granulome, und manchmal mittels Auramin- oder Rhodaninfluoreszeinfärbung auch den Erreger zeigt. Durch Kultur oder PCR der Haut kann M. tuberculosis identifiziert werden. Im weiteren sind Blutanalysen (IGRA) oder ein intradermaler Tuberkulintest sowie ein Thoraxröntgenbild notwendig.

Atypische Mykobakterien9) zählen ebenfalls zu den importierten Infektionskrankheiten, obwohl z.B. M. marinum, scrofulaceum und avium ubiquitär auftreten. Ersteres verursacht schmerzhafte Knötchen die warzenartig sein können, einzeln oder multipel mit sporotrichoider Lokalisation. Die Infektion kann durch Baden in Süss- oder Salzwasser erworben werden, oder durch Kontakt mit infizierten Fischen in einem Aquarium. M. scrofulaceum und avium verursachen, typischerweise beim Kind, eine manchmal fistelnde, oft submandibuläre oder präaurikuläre Lymphadenitis. Infektionen durch M. fortuitum und chelonae wurden bei Kindern beschrieben, die Ohrlöcher anbringen oder bei Jugendlichen die sich tätowieren liessen. M. ulcerans ist in tropischen Gewässern endemisch und befällt bevorzugt Kinder und Jugendliche. An den Extremitäten bilden sich schmerzlose Knötchen die nekrotisch werden und ulzerieren (Buruli-Ulkus). Die Infektion kann sich in weitere Organe ausbreiten. Die Diagnose wird wie bei der Tuberkulose durch Biopsie und Kultur bestätigt, wobei die Kulturbedingungen verschieden sind. Das Mikrobiologielabor muss auf den Verdacht auf atypische Mykobakterien hingewiesen werden.

Diphterie10) ist in tropischen Regionen Afrikas, Indiens und Indonesiens noch endemisch. Die Impfung schützt vor den Toxin-bedingten Komplikationen, verhindert aber eine Hautinfektion durch Autoinokulation oder Infektion einer existierenden Wunde nicht. Die Hautmanifestationen bestehen aus schmerzhaften, geschwollenen und geröteten Ulzera, mit Abheben der die Wunde umgebenden Haut (Abb. 4) und manchmal einem gräulichem Exsudat (Pseudomembran), ähnlich demjenigen auf den Rachenmandeln bei den nicht-kutanen Formen. Assoziiert findet man oft gräuliche hyperkeratotische Papeln, Insektenstichen gleichend, die jedoch nicht spontan abheilen. Eine Beteiligung der Atemwege (20 – 40 % der Fälle) und neurologische Symptome (3 – 5 %) sind möglich. Die Diagnose erfolgt durch Kultur eines Wund- und Rachenabstriches. Wesentlich ist die Suche nach Toxinen. Werden diese nachgewiesen, müssen die Gesundheitsbehörden informiert werden. Bis zu deren Ausschluss müssen Patient und Angehörige in Quarantäne gehalten werden.

Folgende in diesem Artikel behandelten bakterielle Erkrankungen sind in der Schweiz meldepflichtig: Syphilis, Tuberkulose und Diphterie.

Abbildung 4
Durch Corynebacterium diphtheriae verursachte Ulzera.

Häufige virale Hautinfektionen

Im Verlaufe der Kindheit infiziert sich jedermann mit mindestens einem der acht Herpesvirustypen. Typisch für diese Viren ist, dass sie sich nach der Infektion in einen Latenzzustand begeben, aus welchem sie reaktiviert werden können und neue Hautläsionen verursachen. Die Diagnose ist klinisch und wird durch Kultur oder PCR bestätigt. Im Falle einer Primärinfektion kann auch die Antikörper-Serokonversion nachgewiesen werden.

Die Primärinfektion durch Herpes simplex Virus (HSV-1)11) findet fast ausnahmslos vor dem 5. Altersjahr statt. Das klinische Erscheinungsbild ist von sehr variabler Intensität: symptomarm bis zu einer akuten fiebrigen GingivoStomatitis. Insbesondere beim Säugling kann schmerzbedingte Nahrungsverweigerung, verursacht durch die diffusen Ulzera an Zahnfleisch, Gaumen und Rachenmandeln, die Gefahr einer Dehydrierung hervorrufen und eine stationäre Infusionsbehandlung notwendig machen. Die Läsionen können auf Lippen und Kinn übergreifen und mit schmerzhaften Lymphknotenschwellungen einhergehen. Der spontane Verlauf führt innert 10 – 15 Tagen zur Ausheilung, und kann durch Verabreichen von Acyclovir verkürzt werden.

Die HSV-Reaktivierung kennzeichnet sich durch rötliche, mit kleinen, kurzfristig verkrustenden Bläschen durchsetzte Flecken (Abb. 5a). Brennende Schmerzen künden oft einen neuen Schub an. Über 6 Ausbrüche/Jahr können eine prophylaktische Sekundärbehandlung rechtfertigen. Immunsuppression begünstigt nicht nur das Wiederauftreten sondern auch die Ausbreitung sowie den Befall innerer Organe (Leber, Lunge, Verdauungstrakt), und stellt somit eine Indikation zur Primär- und Sekundärprophylaxe dar.

Das herpetische Panaritium (Abb. 5b) besteht aus einem oder mehreren juckenden oder brennenden Bläschen der Fingerbeere.

Das herpetische Ekzem ist eine diffuse Superinfektion eines atopischen Ekzems durch HSV. Es handelt sich um einen oft schwerwiegenden Zustand, der eine Spitalaufnahme erfordert und durch eine bakterielle Sekundärinfektion kompliziert werden kann.

Genitalherpes kann bei sexuell aktiven Jugendlichen auftreten. Er wird im Allgemeinen durch HSV-2 hervorgerufen, wobei HSV-1 mehr und mehr gemeldet wird. Die Infektion manifestiert sich durch Jucken und Brennen im Genitalbereich. Es bilden sich anschliessend Bläschen auf gerötetem Grund, die ulzerieren und einen gelblichen Beschlag aufweisen.

Die neonatale Herpes-Virusinfektion12) findet während der Geburt statt. Es handelt sich um einen Notfall. Es werden Abstriche von Haut und Schleimhäute sowie eine PCR-Bestimmung aus Blut und Liquor vorgenommen. Das klinische Erscheinungsbild besteht zu einem Drittel aus einer Infektion von Haut, Augen und Schleimhäuten (SEM, skin, eyes, mucosa), einem Drittel Sepsis mit diffusem Befall innerer Organe (Leber u.a.m.) und einem Drittel herpetischer Meningoenzephalitis. Die beiden letzteren Formen sind ohne unmittelbare, intravenöse Aciclovir-Behandlung mit einer hohen Morbiditäts- bzw. Mortalitätsrate behaftet.
Vertikale Übertragung vor der 28. SSW ist selten, verursacht jedoch eine schwere Fetopathie.

Der Varizella-Zoster-Virus (VZV) ist hochansteckend. Die Ansteckung erfolgt durch in der Luft suspendierte Tröpfchen oder gelegentlich durch direkten Kontakt mit infektiösen Hautläsionen13). Die Primärinfektion verursacht bei über 90 % der Kinder vor dem Schulalter Varizellen. Es treten schubweise rote Flecken mit zentralen Bläschen auf, dann Pusteln und Krusten, mit Beginn auf der Kopfhaut und kaudaler Ausbreitung. Es entsteht dadurch ein vielgestaltiges klinisches Bild. Schleimhauterosionen sind geläufig. Fieber und ein beeinträchtigter Allgemeinzustand können dem Ausschlag vorangehen oder zu dessen Beginn bestehen. Häufigste Komplikation im Kindesalter ist eine bakterielle, von erneutem Fieber begleitete Superinfektion durch SA oder SGA. Ab der Adoleszenz sind eine Lungenentzündung oder Enzephalitis zu befürchten; diese sind im Kindesalter jedoch selten. In der Schweiz wird empfohlen, Kinder die keine Varizellen durchgemacht haben, im Alter von 11 bis 15 Jahren zu impfen.

Varizellen während den ersten zwei Schwangerschaftsdritteln sind mit einem geringen Risiko kongenitaler Varizellen behaftet. Das Neugeborene kann Blasen oder häufiger eine Aplasie und Narben entlang eines Dermatomes aufweisen (als Zickzack-Muster beschrieben). Hirn- und Augenläsionen sowie Extremitätenhypoplasien wurden ebenfalls beobachtet. Da das Risiko fetaler Fehlbildungen gering ist, empfiehlt sich lediglich eine Ultraschallüberwachung, mit Beginn 5 Wochen nach Auftreten der Varizellen.

Treten Windpocken bei der Schwangeren 5 Tage vor bis zwei Tage nach der Geburt auf, besteht ein sehr hohes Risiko neonataler Varizellen14), da in diesem Falle mütterliche Antikörper fehlen. Es werden ausgeprägte hämorrhagische und ulzerierende Hautläsionen, verbunden mit einer Lungenentzündung, Leberinsuffizienz, Enzephalitis und Gerinnungsstörungen beobachtet. Unbehandelt beträgt die Sterblichkeit bis zu 31 %. Die notfallmässige Behandlung auf einer neonatalen Intensivpflegestation (Isolation) besteht in Aciclovir und spezifischen Immunglobulinen (Varitect®).

Herpes Zoster (Gürtelrose) (Abb. 6) durch Reaktivierung von Varizellen13) ist im Kindesalter seltener als beim Erwachsenen. Kinder, die Varizellen während dem ersten Lebensjahr durchgemacht haben oder den attenuierten Lebendimpfstoff erhalten haben, weisen ein erhöhtes Risiko auf. Herpes Zoster breitet sich in Form gruppierter Bläschen, die zu Pusteln und dann Krusten werden, auf erythematösem Grund entlang einem oder mehrerer Dermatome aus. Abklärungen werden nur empfohlen, wenn mehrere Dermatome befallen sind, bei Rezidiven oder wenn der Patient andere auf einen Immunmangel hinweisende Symptome aufweist. Empfindungsstörungen und neurologische Komplikationen sind im Kindesalter seltener als beim Erwachsenen. Beschrieben wurden in diesem Zusammenhang das aurikulotemporale Syndrom und die Facialisparese.

Infektiöse Ursachen akuter Genitalulzera sind selten, und durch eine Primärinfektion durch Ebstein-Barr-, Zytomegalie- oder Influenzavirus, oder auch Bakterien vom Typ Mycoplasma oder PA bedingt. An diese auslösenden Faktoren muss insbesondere bei sexuell nicht aktiven Mädchen und bei einem erstmaligen Ereignis mit Fieber, Müdigkeit und Pharyngitis gedacht werden. Bei Jugendlichen wird man eine sexuell übertragbare Infektion suchen, insbesondere HSV oder Syphilis. Nicht infektiöse Ursachen wie Autoimmun- oder entzündliche Erkrankungen, Morbus Behçet oder Immunmangel sind häufiger15).

Das Hand-Fuss-Mund-Exanthem16), eine Enterovirus-Infektion, tritt alljährlich in kleinen Epidemien auf. Typisch sind Bläschen der Mund- und Zungenschleimhaut sowie an Handfläche und Fussohlen. Es können auch Gesäss und Genitalorgane befallen sein. Der Verlauf ist meist gutartig und von kurzer Dauer. Die Kinder können Schluckbeschwerden haben und die Nahrung verweigern. Fieber ist häufig vorhanden. Meist sind Coxsackie-Virus 16, Echovirus 71 oder andere Enteroviren verantwortlich. In den USA und in Europa wurde kürzlich eine atypische durch Coxsakie A6 hervorgerufene Variante beschrieben16), bestehend aus einem über den ganzen Körper verstreuten papulo-vesikulären, von hohem Fieber begleiteten Ausschlag, im Verlauf in vesikulobullöse und blasige Läsionen übergehend. Weitere Erscheinungsformen wurden als vergleichbar mit einem Gianotti-Crosti-Syndrom, als petechialer und purpurahafter Ausschlag mit Handschuh-Socken-Lokalisation beschrieben, oder bei Patienten mit atopischer Dermatitis als einem Eczema herpeticum gleichend und entsprechend Eczema coxsackium benannt (Abb. 7).

Tabelle 2  fasst die bei diesen viralen Hautinfektionen empfohlenen Therapien zusammen11)12)14)17).

Abbildung 5
Herpes simplex-Virusinfektionen
5a: Herpes labialis, 5b: Herpetisches Panaritium
Abbildung 6
Gürtelrose durch Reaktivierung einer Herpes Zoster-Virusinfektion.
Abbildung 7
Eczema coxsackium.

Tabelle 2: Behandlung viraler Hautinfektionen. (Infec-cut_Tabelle-2_Viren_D.pdf)

Fazit

Bakterielle und virale Hauterkrankungen sind im Kindesalter häufig. Immer häufiger sieht man auch aus fremden Ländern importierte Krankheiten und es ist wichtig, daran zu denken. Es ist empfehlenswert, die Infektion immer durch Kultur oder PCR zu bestätigen, auch bei banalen Infektionen wie Follikulitiden, Hand-Fuss-Mund-Exanthem usw., insbesondere bei atypischem oder rezidivierendem Auftreten. Bei bakteriellen Infekten ist das Antibiogramm wichtig, einerseits weil Resistenzen immer häufiger, andererseits weil manchmal unübliche Keime isoliert werden. Infektiöse Notfälle sind selten. Doch erfordern die nekrotisierende Fasziitis, Infektionen mit Toxin-produzierenden Erregern sowie neonatale Varizellen oder Herpes eine frühzeitige Diagnose und Behandlung. Bei gewissen Kindern, insbesondere immungeschwächten, besteht das Risiko eines schweren Verlaufes mit Ausbreitung der Infektion.

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Weitere Informationen

Übersetzer:
Rudolf Schlaepfer
Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autorinnen haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr med.  Marie-Anne Morren Unité de dermatologie pédiatrique, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne

Dr med.  Sarah Ventéjou Unité de dermatologie pédiatrique, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne

PD Dr med.  Sandra Asner Unité d’infectiologie pédiatrique et vaccinologie, Service de Pédiatrie, Département Femme-Mère-Enfant, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Centre Médical de Vidy, VidyMed, Lausanne

PD Dr med.  Stéphanie Christen-Zaech Unité de dermatologie pédiatrique, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne