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Wenn mehr als nur die Haut betroffen ist – Hautzeichen für Systemerkrankungen im Kindesalter

Immer wieder sehen wir uns mit der Frage konfrontiert: „Ist mehr als nur die Haut betroffen?“ ...

Einleitung

Hautprobleme im Kindesalter stellen, neben Infektionskrankheiten, einen der häufigsten Konsultationsgründe in der Kinderarztpraxis und in der pädiatrischen Notfallambulanz dar.

Immer wieder sehen wir uns mit der Frage konfrontiert: „Ist mehr als nur die Haut betroffen?“

Welche Hautzeichen sollten uns alarmieren? Ist der Fleck wirklich harmlos oder Teil eines Syndroms mit assoziierten internistischen Problemen? Wie viel Diagnostik ist nötig?

Dieser Artikel soll anhand von ausgewählten klassischen Leitbildern den Blick für wichtige Hautmanifestationen als Marker für Systemerkrankungen im Kindesalter schärfen und rationale diagnostische Schritte aufzeigen.

1. Annuläre Plaques im frühen Säuglingsalter

Der 2 Monate alte Säugling in Abb. 1a, b wurde uns mit der Frage nach einer Tinea corporis zugewiesen. Bereits wenige Tage nach der Geburt fielen erstmals zwei anuläre, leicht schuppende Plaques an der Brust auf. Im weiteren Verlauf nahm die Anzahl der Läsionen besonders im Bereich von Gesicht, Oberkörper und Windelregion zu. Diese hochcharakteristische klinische Präsentation (anuläre Plaques) mit besonderer Betonung des Kopfes, insbesondere der periokulären Region (auch als „Raccoon Eyes“ bekannt, Abb. 2), lenkte den zwingenden Verdacht auf einen neonatalen Lupus erythematodes (NLE).

Der Nachweis von Anti-Ro/SSA- und Anti-La/SSB-Antikörpern bei Mutter und Kind führte rasch zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose. Eine kardiale Mitbeteiligung, im Besonderen ein AV-Block, der bei ca. 10 – 20 % der Kinder mit einem NLE auftreten kann, wurde mittels Echokardiographie und EKG ausgeschlossen.

Die typischen kutanen Manifestationen des NLE treten meist in der 6 -7. Lebenswoche auf.  Charakteristisch sind anuläre, teils polyzyklische, erythematöse Makulae und Plaques, die an das Bild des subakuten kutanen Lupus erythematodes (SCLE) erinnern.

Häufig ist dabei der Kopf und insbesondere die periokuläre Region (Raccoon Eyes) betroffen1).

Der NLE ist das typische Modell einer passiv übertragenen Autoimmunerkrankung. Hierbei werden pathogenetische, maternale Autoantikörper transplazentar auf den Fetus übertragen.  Im weiteren Verlauf kommt es meist bis zum Alter von 8 – 12 Monaten, durch Abbau der maternalen Autoantikörper, zur kompletten Abheilung der Hautläsionen. Ganz im Gegensatz hierzu ist der fetale/konnatale komplette AV-Block, bzw. die Myokardfibrose, als Folge einer Myokarditis leider meist irreversibel. Nicht selten wird hierbei eine anhaltende Schrittmacherversorgung erforderlich.

Der NLE ist für 80 % aller konnatalen AV- Blöcke verantwortlich2). Da 20 % der nachfolgenden Geschwisterkinder eines Patienten mit NLE und 2 % der Säuglinge anti-Ro/SSA- positiver Schwangerer (50 % davon sind asymptomatisch!) das Risiko eines NLE aufweisen, wird ein wöchentliches fetales echokardiographisches Monitoring zwischen der 16. und 24. Schwangerschaftswoche empfohlen2). Neugeborene dieser Risikogruppe oder Säuglinge mit klinischem Verdacht auf einen neonatalen Lupus, müssen frühzeitig nach der Geburt kinderkardiologisch evaluiert und bei Auffälligkeiten weiterverfolgt werden.

Bei klinischem Verdacht auf NLE sowie bei Neugeborenen von Risikoschwangeren (s.o.) ist folgende Diagnostik empfohlen:

  • Bestimmung der Autoantikörper
  • Differenzialblutbild, Leber- und Nierenwerte
  • Kinderkardiologische Evaluation inkl. EKG

Die klinische Relevanz des NLE liegt somit in der Früherkennung einer kardialen Mitbeteiligung sowie Identifikation von Müttern mit Autoantikörpern, die eine weitere Schwangerschaft gefährden könnten.

Abbildung 1a
Typische annuläre erythematöse Plaques mit leichter Atrophie, am Stamm, Diagnose siehe Text
Abbildung 1b
Typische annuläre erythematöse Plaques mit leichter Atrophie,
periocculär und temporal, „Raccoon Eyes“ , Diagnose siehe Text
Abbildung 2
Brillenartige, dunkle, periokuläre Zeichnung des Waschbärs

2. Rote Flecken im Gesicht

Der vier Wochen alte Säugling in Abb. 3 zeigte seit in der 1. – 2. Lebenswoche rasch progrediente, hellrote Flecken/Plaques mit einem segmentalen Verteilungsmuster. Beachte! Die Läsionen waren bei Geburt nicht, oder nur minimal vorhanden. Diese Wachstumsdynamik ist hochcharakteristisch für die Diagnose eines infantilen Hämangioms (Infantile Hämangiome werden nach der ISSVA-Klassifikation den vaskulären Tumoren zugeordnet3)).

Ein über 5 cm großes Hämangiom vom Plaque-Typ an Kopf, Hals oder oberem Stamm, kann ein Hinweis für das PHACES Syndrom (Tabelle 1) sein, welches ein breites Spektrum an assoziierten Fehlbildungen, v.a. Herz-, Gefäß-, Gehirnanomalien und Mittelliniendefekte umfasst.

In 75 % sind Mädchen betroffen4)5). Bei passenden Hämangiomen finden sich bei über 30 % mindestens eine, jedoch meist mehrere extrakutane Manifestationen eines PHACES-Syndroms4). Unsere Patientin, Abb. 3, zeigte eine Aplasie der Schilddrüse (Mittelliniendefekt) sowie diskrete cerebro-vaskuläre Anomalien.

Bei Verdacht auf PHACES Syndrom sind folgende Abklärungen indiziert4):

  • Augenärztliche Untersuchung
  • Kinderkardiologische Abklärung
  • MR-Angiografie von Kopf und Hals

Diese diagnostischen Schritte sollten vor Beginn einer meist notwendigen Betablockertherapie erfolgen.

Von essentieller Bedeutung beim PHACES Syndrom und anderer komplexer infantiler Hämangiome, ist eine frühzeitige Überweisung/Verlegung an ein spezialisiertes Zentrum5).

Bei Hinweisen auf vaskuläre und/oder cerebro-vaskuläre Anomalien, sollte Propranolol unter engmaschigem stationären Monitoring sehr vorsichtig gesteigert werden. Dabei sollte stets auf eine gute Hydrierung geachtet werden, um die Gefahr einer zerebralen Hypoperfusion zu vermeiden.

Abbildung 3
Segmentales infantiles Hämangiom bei PHACES Syndrom

Tabelle 1:
PHACES Syndrom
4), Acronym für:
P – Posterior fossa defect
H– Hemangioma (facialer Plaque Typ)
A – Arterial anomalies (v.a. cerebrovasculär und Aorta)
C– Cardiac defects (v.a. Aortenisthmusstenose)
E – Eye anomalies
S – Sternal anomaly


Das „Bart-Hämangiom“ – ein Alarmsignal!

Plaqueförmige Hämangiome mit dem Verteilungsmuster eines Vollbartes, also Kinn, Unterkiefer und Jugulum, Abb. 4, können Warnzeichen für assoziierte Hämangiome der oberen Luftwege sein. Insbesondere in den ersten drei Lebensmonaten muss ein besonderes Augenmerk auf Symptome wie Heiserkeit, Kruppsymptomatik und Stridor als Zeichen eines subglottischen Hämangioms gerichtet werden.

Bei klinischem Verdacht ist eine rasche Diagnosesicherung mittels direkter Laryngotracheoskopie und Therapieeinleitung mit Propranolol und/oder Lasertherapie von großer Bedeutung7). Ein MRI ist hierbei nicht die Bildgebung der Wahl!

Abbildung 4
„Barthämangiom“

Kapilläre Malformation – nur ein kosmetisches Problem?

Während die klassischen Hämangiome bei Geburt nicht, oder nur als diskrete Vorläuferläsionen sichtbar sind, präsentieren sich kapilläre Malformationen (CM, Feuermale) bereits am ersten Lebenstag in kompletter Ausdehnung.

Mit einer Prävalenz von 0,3 %, sind sie deutlich seltener als infantile Hämangiome. Sie wachsen proportional mit dem Körper mit, persistieren das ganze Leben und verursachen v.a. ästhetische Probleme4). Besteht eine CM im Gesicht, ist neben der kosmetischen Beeinträchtigung in einigen Situationen Vorsicht geboten. Sind die Augenlider (v.a. Oberlider) betroffen, besteht ein erhebliches Risiko für ein ipsilaterales Glaukom, das einen absoluten pädiatrischen Notfall darstellt. Obligat ist eine augenärztliche Untersuchung in den ersten Lebenstagen, sowie entsprechende Verlaufskontrollen.

Bei Einbezug der fronto-temporalen Region, Abb. 5, ist an die Möglichkeit eines Sturge Weber-Syndroms zu denken (Trias: segmentale CM fronto-temporal, ipsilaterales Glaukom und leptomeningeale Angiomatose), welches nicht mit dem PHACES Syndrom verwechselt werden sollte!

Von den Feuermalen im engeren Sinn abzugrenzen sind die bei 50 % der Neugeborenen auftretenden, harmlosen „Storchenbisse“ (synonym: Nävus simplex, Nävus Unna), welche funktionelle, üblicherweise spontan regrediente kapilläre Malformationen darstellen. Sie sind stets symmetrisch verteilt, am häufigsten in der Mittellinie des Gesichtes und im Nacken. Der häufige Einbezug der Augenlider ist nicht mit einem Glaukomrisiko assoziiert.

Abbildung 5
Kapilläre Malformation, inkl. Fronto-temporal-Region

3. „Persistierende Windeldermatitis“

Der sechs Monate alte Säugling in Abb. 6  litt seit 3 – 4 Monaten unter einem stark juckenden, den bisherigen Therapien zum Trotz sich weiter ausbreitenden Exanthem im Windelbereich. Es dominierten bräunliche bis rötliche, teilweise hämorrhagisch verkrustete Papeln und schmerzhafte Fissuren in den Leisten sowie Axillen. Auch an der behaarten Kopfhaut zeigten sich ähnliche Läsionen. Des Weiteren bestand zum Zeitpunkt der Vorstellung eine beidseitige Otitis perforans.

Die Differentialdiagnose der Windeldermatosen ist äußerst breit, Tabelle 2 gibt hierzu einen Überblick8).

Es gilt die Faustregel: „Zeigt eine Windeldermatitis einen ungewöhnlich hartnäckigen und therapierefraktären Verlauf, sind weitere Abklärungen erforderlich, inkl. ggf. Labor und Hautbiopsie.“

Die klinische Präsentation unseres Kindes (Abb. 6) mit dem deutlich hämorrhagischen Aspekt der Effloreszenzen mit Punktblutung nach Ablösen von Schuppen, schmerzhaften Fissuren sowie dem seborrhoischen Verteilungsmuster (Kapillitium, Hautfalten und Windelbereich) ist hoch suggestiv für das Vorliegen einer Langerhanszellhistiozytose (LCH). Die Diagnose konnte histologisch und immunhistochemisch bestätigt und der vermutete Felsenbeinbefall im CT nachgewiesen werden.

Auch wenn es sich bei der LCH um ein seltenes Krankheitsbild mit einer Inzidenz von ca. 3 – 5:1‘000‘000 Kinder mit Gipfel in den ersten drei Lebensjahren handelt, ist diese eine stetige Differenzialdiagnose im Hinterkopf eines Kinderdermatologen, Tabelle 3. Bei der LCH handelt es sich um eine klonale Akkumulation und Proliferation von aus dem Knochenmark stammenden dendritischen Zellen (LCH-Zellen) in multiplen Organen. Bei den meisten Patienten konnten in neuerer Zeit somatische, aktivierende Mutationen des MAPK-Signalweges nachgewiesen werden (insbesondere BRAF-Mutationen), die ganz neue Wege für eine zielgerichtete Therapie („targeted Therapy“) mit BRAF-Inhibitoren eröffnen9).

Neben der Haut sind am häufigsten Knochen, Lymphknoten, Leber, Milz u.a. betroffen10). Bei rein radiologischem Verdacht auf LCH (z.B. Osteolysen), lohnt sich eine akribisch dermatologische Untersuchung, da auch minimale Hautbefunde den Schlüssel zur histologischen Sicherung darstellen können. Dabei kann auf eine allenfalls riskante Biopsie innerer Organe oder des Skeletts verzichtet werden. Die Einteilung in monosymptomatische LCH (SS-LCH) mit exzellenter Prognose und multisystemischer LCH (MS-LCH) mit sehr variabler Prognose, erfolgt nach standardisiertem Untersuchungsprogramm. Die Therapie wird im Rahmen des „LCH-IV international collaborative treatment protocol for Langerhans cell histiocytosis“ durchgeführt (www.histiocytesociety.org) 11).

Abbildung 6
Therapieresistentes papuläres Exanthem mit diskreten Petechien und Fissuren Diagnose siehe Text
Tabelle 2
Differentialdiagnosen: Windeldematitis angelehnt an8)
Tabelle 3
Differentialdiagnosen der Kutanen Langerhanshistiocytose11)

4. Juckende Papeln

Das 12-jährige Mädchen in Abb. 7  litt seit 6 Wochen an stark juckenden, streckseitenbetonten Papeln im Sinne einer Prurigo simplex subacuta.

Für ein atopisches Ekzem bestand anamnestisch kein Hinweis. Die Prurigo simplex subacuta, wie sie bei Erwachsenen (vorwiegend Frauen) regelmässig ohne eruierbare internistische Ursache angetroffen wird, ist im Kindesalter eine Rarität resp. meist nur in Assoziation mit atopischer Dermatitis zu erwarten. In der hier geschilderten Situation ist die Prurigo simplex subacuta hoch suspekt als Zeichen einer Systemerkrankung. Eine internistische Abklärung bezüglich eines hepatischen, nephrologischen oder hämatoonkologischen Grundleidens ist indiziert.

Bei unserer Patientin fielen eine zervikale und axilläre Lymphadenopathie sowie eine erhöhte LDH bei ansonsten unauffälligen Laborparametern auf. Die Histologie des Lymphknotens konnte den klinisch und radiologisch bestehenden Verdacht auf Morbus Hodgkin bestätigen.

Der  M. Hodgkin macht 5 % der Malignome im Kindes- und Jugendalter aus, ist häufig mit starkem Juckreiz assoziiert und zeigt nicht selten auch weitere kutane Symptome12):

  • Prurigo simplex subacuta / Ekzem
  • Erythema nodosum
  • Mycosis fungoides, CD30+ T-Zell-Lymphome

Abzugrenzen von der Prurigo simplex subacuta ist die Prurigo simplex acuta (Strophulus infantum, synonym Papulöse Urtikaria) im Kleinkindesalter als Hypersensitivitätsreaktion auf Insektenstiche.

Abbildung 7
Multiple, stark juckende, streckseitenbetonte Papeln, Exkoriationen, Krusten und Narben. Diagnose siehe Text.

5. „Hair collar sign“

Die Aplasia cutis congenita stellt eine kongenitale Aplasie der Haut und auch ggf. tieferer Strukturen dar. Die Ursachen sind mannigfaltig13).  Besteht eine Aplasia cutis mittelliniennah am Schädel, kann dies Ausdruck einer okkulten kranialen Dysraphie sein. Häufig zeigt sich dann umgebend eine sehr charakteristische wirbelige Hypertrichose aus dunkleren und längeren Haaren, ähnlich den Isobaren auf der Wetterkarte (Abb. 8a, b). Diese wird als „Hair collar sign“ bezeichnet. In dieser Situation ist eine Bildgebung des Schädels mittels Sonografie oder besser MRI angezeigt, insbesondere vor einer chirurgischen Intervention14). In einer neuen französischen Studie zeigte sich in über 40 % der Fälle eine assoziierte Fehlbildung12).

Abbildung 8a
«Hair collar sign»
Abbildung 8b
«Hair collar sign»

6. Blaue Flecken / Papeln beim Neugeborenen

Das drei Wochen alte Neugeborene in Abb. 9 zeigte bereits bei Geburt einen „bläulichen Fleck“ im Gesicht. Im weiteren Verlauf kam es dann zum Auftreten zahlreicher bläulicher Papeln am ganzen Körper. Die Schwangerschafts- und Geburtsanamnese sowie der sonstige klinische Untersuchungsbefund waren unauffällig.

Das plötzliche Aufschießen runder oder ovaler, bläulich bis rötlicher Maculae oder Papeln im Neugeborenenalter ist charakteristisch für den Phänotyp des sogenannten „Blueberry Muffin Babys“16).

In der Prävakzinations-Ära wurde dieser Terminus primär zur Beschreibung der kompensatorischen dermalen extramedullären Blutbildung im Rahmen konnataler Infekionen (v.a. Röteln) verwendet. Dieses sehr einprägsame Bild wird heutzutage auch im Kontext neonataler hämolytischer Anämien oder neoplastischer Infiltrate verwendet.

Auch bei scheinbar unauffälligem Allgemeinzustand stellt das „Blueberry Muffin Baby“ stets ein Alarmsignal dar und bedarf einer sofortigen pädiatrische Abklärung. Die weitere Diagnostik leitet sich von den in Tabelle 4 aufgeführten Differentialdiagnosen ab.

Bei dem Neugeborenen in Abb. 9 konnte innerhalb weniger Stunden mit Hilfe einer Hautbiopsie die Diagnose einer neonatalen Leukämie gestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt waren das Differentialblutbild (peripherer Blutausstrich), die klinische Chemie sowie die Abdomensonographie unauffällig. Die Hautbiopsie ist hierbei ein einfaches, von den Kindern gut toleriertes und schnelles Diagnostikum.

Die darauffolgende Knochenmarkspunktion zeigte  einen Blastenanteil von 48 %. Durch Kenntnis des Phänotyps des „Blueberry Muffin Babys“ kann eine rasche Diagnosestellung und somit schnelle Therapieeinleitung erfolgen.

Abbildung 9
„Blueberry Muffin Baby“
Tabelle 4
«Blueberry Muffin Baby» – Differentialdiagnose nach 16)

7. Nägel als Spiegel vorangegangener Krankheiten

Bei dem zwei Jahre alten Mädchen in Abb. 10 kam es innerhalb von 4 Wochen zu den abgebildeten Nagelveränderungen. Die transversale Ablösung des proximalen Nagelblattes vom Nagelbett ist hochcharakteristisch für die Onychomadesis. Diese, wie auch ihre Minimalvariante, die sogenannten Beau Linien (weiße Linien/Furchen), werden durch einen temporären Stopp des Wachstums der Nagelmatrix bedingt. Im Gegensatz zu traumatischen Nagelveränderungen folgen die weißen Linien bzw. Ablösungen der Nagelplatte der Kurvatur der Lunula.

Um einen möglichen Auslöser der Onychomadesis zu detektieren, lohnt sich ein Blick in die nahe Vergangenheit. Am häufigsten findet sich ca. 3 – 10 Wochen vor Auftreten der Nagelveränderungen eine Coxsackievirusinfektion, die oft in kleinen Endemien auftritt und somit zu einer zeitlichen Kumulation dieser Nagelveränderungen in der Praxis führt. Aber auch andere Infektionskrankheiten, u.a. Scharlach und Norovirus sowie schwere entzündliche Erkankungen wie das Kawasaki- oder das Stevens-Johnson Syndrom, können Auslösefaktoren sein17).

Die Sorge der Eltern ist oft groß, umso mehr ist es wichtig, diese harmlose Nagelveränderung zu kennen, und die Familien über die möglichen Auslöser und das folgenlose Abheilen zu informieren.

Abbildung 10
Fingernägel mit Beau-Linien und Onychomadesis

Referenzen

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  3. ISSVA. International Society for the Study of Vascular Anomalies <http://www.issva.org/>.
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Bilderquellennachweis

Abb. 2:  No. 539434 original R by Ruth Rudolph, pixelio.de
Abb. 1, 3 bis 10:  Kinderspital Zürich, L. Weibel

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr. med.  Alexandra Smith Pädiatrische Dermatologie, Departement Kinder- und Jugendmedizin, Kantonsspital Winterthur

Dr. med.  Martin Theiler Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

PD Dr. med.  Lisa Weibel Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich