Die Abteilung für pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Adipositas des CHUV in Lausanne betreut übergewichtige Kinder sowohl in Gruppenprogrammen (Diskussionsgruppen und angepasste körperliche Betätigung) als auch individuell. Die Programme werden dem Alter angepasst (jeweils Gruppen von 2–6-, 7–12- und 13–18-jährigen Kindern) und dauern zwei Monate bis ein Jahr.
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Unsere Erfahrungen
Die Abteilung für pädiatrische Endokrinologie,
Diabetologie und Adipositas des CHUV in
Lausanne betreut übergewichtige Kinder so-
wohl in Gruppenprogrammen (Diskussions –
gruppen und angepasste körperliche Betäti –
gung) als auch individuell. Die Programme
werden dem Alter angepasst (jeweils Gruppen
von 2–6-, 7–12- und 13–18-jährigen Kindern)
und dauern zwei Monate bis ein Jahr.
Die M ehr z ahl der K inder, f ür die lang f r is tig ein
Übergewichtrisiko besteht, kann anhand des
Verlaufes der BMI-Kurve und einer Abwei –
chung der Perzentilenkurve im Alter von 3–4
bzw. 5–6 Jahren ausgemacht werden. Dies
unterstreicht, wie wichtig es ist, die BMI-
Kurve systematisch mit mindestens drei
Punkten einzutragen
4). Im Mittelpunkt der
Betreuung stehen in diesem Alter die Eltern
und die Änderung der familiären Essgewohn –
heiten
2).
Seit 1997 w ir d in einem Kur s f ür Elter n adip ö –
ser, 2–6-jähriger Kinder das Schwergewicht
auf die Unterstützung der Eltern gelegt um
möglichst früh die Lebensgewohnheiten die –
ser, meist an familiärer Adipositas leidenden
Risikofamilien, zu ändern
5). Während den
Gruppendiskussionen für die Eltern haben die
Kinder Gelegenheit zu körperlicher Betäti –
gung, Nahrungsmittel zu kosten oder Ge –
schichten zu hören zum Thema Unterschied
oder Auslachen, dem adipöse Kinder oft
ausgesetzt sind. Die Kurse finden im Prinzip
einmal monatlich statt, anfangs etwas häufi –
ger, dann seltener, insgesamt 8 Sitzungen
üb er 9 Monate ver teilt . Es hab en ca. 30 Fami –
lien daran teilgenommen. Der BMI hat sich
während dieser Zeitdauer stabilisiert. Die El –
tern zeigten sich nach Ablauf des Program –
mes sehr zufrieden. Seitens der Therapeuten
nahmen eine Diätassistentin, eine Psycholo –
gin, eine Physiotherapeutin, eine speziell
ausgebildete Sportwissenschaftlerin und ein
Kinderarzt am Programm teil. Hauptproble –
matik der betroffenen Familien in unseren
Gruppen waren die Abneigung der Kinder,
Neues zu essen und das Fehlen von Regeln
betreffend Essen, Zubettgehen, Bildschirm –
zeit und körperlicher Betätigung. Die Diskus –
sionsrunden unter Eltern führen zum Aus –
tausch von Erfahrungen und Lösungsvor-
schlägen. Die Fr eude der K inder an B ewegung
kann die Eltern anhalten, für die ganze Familie
aktivere Betätigungen zu planen.
Was können wir einem adipösen Kind
und seiner Familie anbieten?
Erfahrungen eines spezialisierten Zentrums.
S. Borloz, Ch. Moser, B. Crottet, S. Van Beirs, S. Krayenbuhl, A. Balz, E. Elowe- Gruau,
M. Decarli-Diserens, D. Laufer, J. Puder, M. Hauschild
Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
Division d’endocrinologie, diabétologie et obésité pédiatrique, Département médico chirurgical de pédiatrie, CHUV,
site Hôpital de l’Enfance, Chemin de Montétan 16, 1004 Lausanne.
Adipositas im Kindesalter,
wer ist Risikopatient?
Im Alltag der pädiatrischen Praxis wird die
kindliche Adipositas und ihre Betreuung zu
einem immer häufigeren Problem. Zur Heraus –
forderung werden die Erkennung und Betreu –
ung des Risikokindes: wer? wann? Das «Risi –
kokind» adipös zu werden, ist ein Kind:
• Mit Makrosomie oder intrauterinem Wachs –
tumsrückstand
• Mit Übergewicht: BMI über P 90 auf der
WHO – oder SGP-Kurve
• Dessen Gewichtskurve die Perzentilen –
kurve (durchkreuzt)
• Dessen Lebensgewohnheiten eine Ge –
wichtszunahme begünstigen (zu reichhalti –
ge Ernährung, zu wenig Bewegung, zuviel
Zeit vor dem Bildschirm, zuwenig Schlaf)
• Das in einem ungünstigen psychologischen
Umfeld aufwächst
• Mit zumindest einem adipösen Elternteil
• Das zu Risikopopulationen gehört (nicht-
kaukasisch, eingewandert, mit bescheide –
nen Ausbildungsniveau)
1) , 2)
Der günstigste Zeitpunkt, um nach Risikofak –
toren zu suchen und einen angepassten Le –
bensstil zu fördern, ist das Kleinkindesalter.
Die erfolgversprechendsten therapeutischen
Resultate werden in diesem Alter erzielt.
Z iel von A bklär ung und B er atung sind lang f r is –
tig:
1. Psychisches Wohlbefinden, gestärkte Selbst-
achtung, bessere Lebensqualität für Kind
und Familie
2. Stabilisierung des Gewichtes bei Überge –
wicht, leichte Senkung bei Adipositas
3. Verhaltensänderung
4. Vorbeugung von Komorbiditäten
3)
Leider genügt eine vorbeugende Beratung
nicht immer. B es tehen eines o der mehr er e der
folgenden Kriterien, sollte die Zuweisung an
ein spezialisiertes Zentrum erwogen werden:
• Adip öses K ind : B MI üb er P 97 au f der W H O –
oder SGP-Kurve
• Versagen der individuellen Betreuung in der
Praxis
• Bedarf einer interdisziplinären Betreuung
• Bedarf oder Interesse für Gruppentherapie
1)
Minderwertiges Selbstbild
Ausgelacht werden
Schuldgefühle
Mit sich selbst
unzufrieden
Isst zu viel
Knabbereien Vermehrt Gelüste FrustrationBesseres
Befinden
! ! ! Momentan ! ! !
Verbotene
Nahrungsmittel
Diäten
Wunsch,
Gewicht
zu verlieren
Abbildung 1: Teufelskreis der Diäten
24Die AeeebtieAeee lun
24Die Abtlu
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Ausgeglichene Ernährung
oder Diät?
Zahlreiche Studien belegen, dass restriktive
Diäten Frustrationen und Unzufriedenheit
hervorrufen. Langfristig führen «Wunderdiä-
ten» beim Erwachsenen in 95% der Fälle zu
Gewichtszunahme
6).
Ziel unseres Programmes ist es, die Gewichts –
zunahme unter Berücksichtigung des Wachs –
tums einzuschränken. Körpersignale er ken-
nen (Hunger, Sättigungsgefühl usw.), das
Be rücksichtigen aller Sinne («mindfulness»)
während der Mahlzeiten und das Erkennen
von Zeitpunkten und Ursachen, die das Kind
zum Essen anregen, ohne Hunger zu haben
sind Schlüsselthemen, die mit Kindern und
Eltern besprochen werden. Weitere Punkte
sind das Erstellen von Familienregeln wie:
gemeinsame Mahlzeiten, am Tisch sitzend,
ohne Fernsehen usw. Jede noch so kleine
positive Verhaltensänderung wird ermuntert
mit dem Ziel, die Familienstr uktur zu stärken.
Welche körperliche Aktivität?
Inaktives Verhalten beschränken und die Ge –
legenheiten zu körperlicher Betätigung meh –
ren, stellen bei der Betreuung dieser Kinder
und Familien eine Herausforderung dar. Die
Familie spielt für Motivation und beim Auf tei –
len der häuslichen Aufgaben eine wesentliche
Rolle:
• Tägliche Aufgaben wie Abfallsack auf die
Strasse stellen, Zimmer aufräumen, Tisch
decken
• Transporte: Zu Fuss oder mit dem Fahrrad,
eine Haltestelle f r üher aus dem B us steigen
oder bis zur nächsten Haltestelle gehen
anstatt zu warten
Abbildung 2: Ernährungsscheibe
Mehrmals
pro Woche
flexibel
bleiben
Stärkung
der Muskeln Stärkung
der Knochen Stimulieren
desHerz-
Kreislauf-
Systems
Verbesserung
der Fähigkeit
Mindestens eine Stunde pro Tag
im Zusammenhang mit Aktivitäten des täglichen Lebens oder Sport
•
Bei jeder Gelegenheit die Treppen benutzen
• Draussen spielen, den Hund spazieren
führen usw.
Regelmässiger Bewegung stellen sich jedoch
eine grosse Anzahl körperlicher, psychologi –
scher, sozialer und wirtschaftlicher Hindernis –
se entgegen. Bei der Betreuung von adipösen
Kindern und Adoleszenten müssen körperliche
Aktivitäten den Fähigkeiten und Bedürfnissen
angepasst werden, damit sie Freude daran
haben und sich dabei wohl fühlen. Sportliche
und andere körperliche Aktivitäten sind inter –
essante Integrationsvektoren und sollen den
Kindern erlauben, Erfahrungen in einem nicht
stigmatisierenden Umfeld zu machen.
Welche psychologischen
Gesichtspunkte müssen
berücksichtigt werden?
Bei adipösen Kindern und Jugendlichen sind
bestimmte psychologische Bereiche beson –
ders betroffen: Selbstachtung und Selbstbild,
emotionale Anpassung, anxio-depressive
Stimmungslage
7). Das Selbs t wer t gef ühl is t b ei
Übergewichtigen meist geschwächt 8) und w ir d
durch die Inter ak tion von Selbstbild und sozi –
alem Urteil, das Adipositas nach Vorurteilen
und Stereotypen einschätzt, bedingt. Zudem
führt das negative Selbstbild mit zunehmen –
dem BMI zu wachsender Unzufriedenheit und
damit assoziierten depressiven Symptomen
9)
und gestörter emotionaler Anpassungsfähig –
keit, insbesondere Langeweile, Angstgefühl,
Traurigkeit und Ärger. Essen dient dann als
Anästhetikum, das den Zugang zur Identifizie –
rung und Empfindung von Gefühlsregungen
blockiert. Die oft bestehende soziale Isolie –
rung kann diese Symptome noch verstärken
8). Diese psychologischen Aspekte können mit
den Kindern und Eltern angegangen werden,
wenn eine gewisse Motivation zur Verhaltens
–
änderung besteht. Um eine optimale Betreu –
ung zu ermöglichen, haben Doutrelugne und
Cottencin
10 ) ein Raster entwickelt, um die
Patienten bei deren Aufnahme in die Gruppe
einzuteilen. Der Patient wird demnach als
Tourist – zugewiesen, sagt, keine Probleme
zu haben –, als Kläger – Opfer aussenstehen –
der Probleme – oder als Kunde – er kennt sein
Problem, hat ein Handlungsbedürfnis und
bestimmte Zielvorstellungen – bezeichnet.
Es scheint uns im Rahmen der Adipositas –
sprechstunde wichtig, die «Touristenfamilie»
zu s tüt zen und dur ch die Kontr ollen ein B ünd –
nis und eine Bindung aufrecht zu erhalten.
Das Bündnis kann durch Zentrierung auf die
«existentiellen Vorstellungen der Eltern für ihr
Kind» sowie die bereits unternommenen po –
sitiven Schritte und durch Hervorheben der
elterlichen Kompetenzen gestärkt werden.
Der therapeutische Approach der «Klägerfa –
milie» konzentriert sich auf das Aufdecken
beschränkender Elemente (mit der Problema –
tik zusammenhängende Elemente, welche die
Familie nicht zu ändern vermag) und anderer –
seits von Problemen, auf welche die Familie
einwirken kann. Ist für die beschränkenden
Elemente das Akzeptieren die einzige Mög –
lichkeit, erlaubt das Identifizieren von Proble –
men, nach Handlungs- und Lösungsmöglich –
keiten zu suchen. Die Familie kann damit ihre
Problematik neu definieren, im Bewusstsein
der Hindernisse und der verfügbaren Hand –
lungsmöglichkeiten.
Wird die Familie zum «Kunden», dann werden
die Suche nach Interventionsstrategien und
das Festlegen minimaler Verhaltensänderun –
gen realisierbar. Motivation zur Veränderung
und elterliches Gefühl der Effizienz werden
gestärkt. Die Zusammenarbeit des therapeu –
tischen und des elterlichen Systems erlaubt
es dem Kind, aktiv mitzuarbeiten. Es besteht
somit eine Motivation zur Änderung, was den
Prozess begünstigt.
Und die medizinischen Aspekte?
Adipositas und metabolisches
Syndrom
Das metabolische Syndrom (MS) ist eine der
möglichen Komplikationen der Adipositas und
bezeichnet einen Zustand, der die Adipositas
mit einer Reihe Störungen assoziiert: Fett- und
Kohlehydratstoffwechsel-, prothrom botische,
proinflammatorische Störung und arterielle
Hypertonie. Im Kindes- und Adoleszentenalter
Abbildung 3. Aktivitäten des täglichen Lebens
oder Sport
24Die AeebtieAee lun
24Die Abtlu
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Alter (Jahre)BauchumfangTriglyceride
(mmol/L)HDL-Cholesterol
(mmol/L) Blutdruck
(mmHg)Nüchternblutzucker
(mmol/L)
6 < 10 ≥ P90
2)
10 < 16≥ P90 2) ≥ 1.7≤ 1.03 BD syst.≥ 130 oder BD
dias.≥ 85≥ 5.6 oder Diabetes
Typ 2
≥ 16 ≥ 94 cm ♂
≥ 80 cm ♀≥ 1.7 oder spezifische
Behandlung im Gange≤ 1.03 (Mann)
≤ 1.29 (Frau) oder
spezi
fische Behandlung
im Gange BD syst.≥ 130 oder BD
dias.≥ 85 oder
spezifische Behandlung
im Gange≥ 5.6 oder Diabetes
Typ 2
Keine diagnostische Kriterien des MS
Tabelle 1: Kriterien zur Definition des metabolischen Syndroms 11 ). Die Diagnose metabolisches Syndrom beruht auf einer Stammadipositas und
2 der 4 aufgeführten Kriterien beruhen die Kriterien, die das «metabolische
Syndrom» definieren, auf der Publikation von
Zimmer et al.
11 ), und schliessen nebst der
Stammfettsucht, geschätzt durch den Bauch -
umfang, zwei der in der Ta b e l l e 1 aufgeführten
(altersabhängigen) Kriterien ein. Die in dieser
Definition verwendeten klinischen Kriterien
sollen es er laub en, jene Patienten aus findig zu
machen, bei denen ein hohes Risiko besteht,
an einer Herzkreislaufkrankheit oder an Dia -
betes Typ 2 zu erkranken. Die Insulinresistenz
gehört nicht zur Definition des MS, ist jedoch
beim Adipösen oft vorhanden.
Insulinresistenz
Für die zelluläre Dysfunktion mit vermehrter
Apoptose und entzündlicher Reaktion, die zur
Freisetzung von spezifischen Signalmolekülen
führt (Adipokine), ist insbesondere die inad -
äquate Lipidspeicherung in den Adipozyten
verantwortlich. Die Insulinresistenz scheint
durch die Wirkung der Entzündungsmetabolite
und Adipokine auf den Transduktionsmechanis -
mus des Insulinrezeptors in den Zielzellen (En -
dothel-, Muskelzellen, Adipozyten) bedingt zu
sein. Spezifisch greifen diese Moleküle in die
intrazellulären Mechanismen von ATP/ADP/
Akt-Protein ein, welche die Translokation der
spezifischen insulinabhängigen Glukosetrans -
porter GLUT4 regulieren. Dieselben Mechanis -
men sind wahrscheinlich für die akute Insulin -
resistenz bei Stress oder Infekt verantwortlich.
Anfangs passt sich die Insulinsekretion die -
sem Prozess an, wird also bei Glukosebelas -
tung stimuliert um einen normalen Blutgluko -
sespiegel aufrecht zu erhalten. Die chronische
Aktivierung der Insulinausschüttung, verbun -
den mit der toxischen Wirkung von Lipidmeta -
boliten und proinflammatorischen Zytokinen
auf die beta-Pankreaszellen, führen zu einer
zunehmenden relativen Insuffizienz der Insulin -
sekr etion , was den Diab etes Ty p 2 kennzeichnet . Körperliche Tätigkeit stimuliert den Glukose
-
verbrauch durch Aktivierung der endogenen
intrazellulären Signale in den Muskelzellen 12 ).
Irisin, ein 2012 neuentdecktes Hormon (Myo -
kin), wird durch den Muskel ausgeschieden
und aktiviert offenbar die thermische Funkti -
on im Fettgewebe, reguliert damit den Stoff -
wechsel der Adipozyten und steigert den
Energieaufwand
13 ). Es ist demnach wahr -
scheinlich an der Abnahme der Insulinresis -
tenz durch körperliche Tätigkeit beteiligt.
Herzkreislaufstörungen
Der pathophysiologische Mechanismus der
Schädigung von Herz und Kreislauforganen be -
ginnt mit einer entzündungsbedingten Endothel -
dysfunktion und Verdickung der intima media
durch Ablagerung von Lipiden oder Zelltrüm -
mern. Die Folge sind Lumeneinengung durch
Atherome, Behinderung des Blutflusses und
damit der Sauerstoffversorgung der Organe.
Weitere assoziierte Faktoren
Ein MS kann unter ganz verschiedenen Um -
ständen angetroffen werden und hängt von
zahlreichen Faktoren ab, u.a. ethnischer Ab -
stammung, Pubertätsstadium, frühzeitige
Pubarche, Adipositas (v.a. Stamm), geneti -
scher Faktoren, Schwangerschaftsdiabetes,
intrauteriner Wachstumsrückstand oder aus -
geprägter postnataler Gewichtszunahme
14 ).
Das adip osit asb e ding te MS geht mit er höhter
Morbidität und Mortalität einher, im Wesent -
lichen bedingt durch Herzkreislaufstörungen
wie Hypertonie und Atherosklerose. Weitere
potentiell befallene Organe sind Augen, Nie -
ren und das Nervensystem. Eine Lebersteato -
se kann sich ebenfalls entwickeln sowie das
Syndrom der polzystischen Ovarien, gekenn -
zeichnet durch ein gestörtes Gleichgewicht
der Sexualhormone, einhergehend mit einer
Hyperandrogenämie. Abklärung
Die Abklärung umfasst die Suche nach Zei
-
chen einer spezifischen Ätiologie und nach
einer Komorbidität.
Behandlungsmöglichkeiten
Die therapeutischen Ansätze im Kindesalter
zeichnen sich durch ein möglichst «unmedizi -
nisches» Vorgehen und pluridisziplinäre Ver -
haltenstherapie aus. Verschiedene Studien
haben aufgezeigt, dass eine «Änderung des
Lebensstils» einer medikamentösen Behand -
lung überlegen ist. Gezielte Behandlung, ge -
mäss den entsprechenden Empfehlungen, ist
jedoch bei arterieller Hypertonie, Fett- oder
Glukosestoffwechselstörung oder einer ova -
riellen Dysfunktion notwendig.
Zukunftsperspektiven: Noch in der Studien -
phase befindet sich die Behandlung der Adi -
pozytendysfunktion und des proinflammato -
rischen Prozesses.
Schlussfolgerung
Die kindliche Adipositas stellt in der täglichen
Praxis eine grosse Herausforderung dar. Die
langfristigen Risiken sind zwar gut bekannt,
die Betreuung jedoch langwierig und müh -
sam, für die Patienten und die Familie ebenso
wie für die Therapeuten. Der Erfolg hängt von
der Motivation des Patienten und dem Willen
der Familie ab, Änderungen ihrer Lebensge -
wohnheiten zu akzeptieren. Gewisse Fälle
benötigen eine spezialisierte Betreuung sowie
medizinische, psychologische und diätetische
Abklärungen durch ein pluridisziplinäres
Team. Gruppenprogramme können dann an -
geboten werden als Ergänzung zur individuel -
len Behandlung. Der therapeutische Ansatz
sollte auf Verständnis, Führung und Änderung
des täglichen Verhaltens von Kind und Familie
ausgerichtet sein.
24Die AeeebtieAeee lun
24Die Abtlu
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Risikofaktoren
Familienanamnese:
familiärer Diabetes Typ 2
Hypercholesterinämie
arterielle Hypertonie
afrikanischer, asiatischer,
mexikanischer Ursprung
Zeichen einer Stoffwechselstörung
Persönliche Anamnese:
intrauteriner Wachstumsrückstand
Störung der Pubertätsentwichlung
Medikamente
Schlafstörungen
Zunahme des BMI > 3 kg/m
2/Jahr Alarmzeichen. Ätiologie. Komorbidität
rascher Verlauf
Zeichen intrakranialen Druckes
Zeichen von Herz-Lungeninsuffizienz
arterielle Hypertonie
Schlafapnoen
Entwicklungsrückstand, neurologische Störungen,
Muskelhypotonie
Dysmorphie (extreme Adipositas, Augenauffälligkeit, auffällige Facies,
Mikrozephalie, Skeletanomalien, Schwerhörigkeit, Nierenmissbildung)
psychologische Störungen
inadäquater Wachstumsrückstand oder Wachstumsgeschwindigkeit
< 4 cm/Jahr
Zeichen von Hypothyreose, Hyperkortizismus, Kalziumphosphat-
stoffwechselstörung
Hypogonadismus
Polyurie, Polydipsie
verfrühte oder verspätete Pubertät
Hirsutismus, Zeichen eines polyzystischen Ovarialsyndroms
Gezielte klinische Untersuchung
Bauchumfang, Grösse, Spannweite
Wachstumsgeschwindigkeit
Blutdruck, Atem-, Herzfrequenz
Adipositas allgemein/Stamm/proximal
Acanthosis nigricans, Pubertät
Zeichen einer Stoffwechselstörung
Organomegalie
Stoffwechselabklärung, nüchtern
Glukose, Gesamt-, LDL- und HDL-Cholesterin,
Triglyzeride, ALT, TSH
OGTT ab 10 Jahren bei positiven Risikofaktoren
Tabelle 2: Im Rahmen einer Adipositasabklärung, also bei einem BMI > P 97 (2 SD) oder einem Bauchumfang > 2 SD, oder BMI > P 90 < P97 und
positiven Risikofaktoren werden folgende Basisuntersuchungen vorgeschlagen 15 ). Bei Vorhandensein bestimmter Alarmzeichen müssen diese
gegebenenfalls erweitert werden.
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• www.swiss-paediatrics.org
• www.ca-marche.ch
• www.gesundheitsfoerderung.ch
• www.ciao.ch
• www.espace-prevention.ch
• www.allezhop-romandie.ch
• www.vd.ch/autorites/departements/dfjc/
sesaf/unite-psps
• www.hepa.ch
Programme zur Betreuung
adipöser Kindern
• www.akj-ch.ch
• www.a-dispo.ch
• www.contrepoids.hug-ge.ch
• www.sportsmile.ch
• www.eurobesitas.ch
• www.hopitalduvalais.ch/contrepoids
• www.alimentationmouvementvs.ch
• www.fops.ch
• www.eqkilo.ch
Korrespondenzadresse
CHUV Centre Hospitalier
Universitaire Vaudois
Sylvie Borloz
Diététicienne dipl. HES, Chargée de projet
Division d’Endocrinologie, Diabétologie et
Obésité pédiatrique
Département Médico - Chirurgical de
Pédiatrie Hôpital de l’Enfance de Lausanne
Chemin de Montétan 16
1004 Lausanne
Tel . +41 (0)21 314 87 73
Fax +41 (0)21 314 94 96
Sylvie.Borloz@chuv.ch
Die Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.
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Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Sylvie Borloz , Diététicienne dipl. HES, Chargée de projet Division d’Endocrinologie, Diabétologie et Obésité pédiatrique Département Médico-Chirurgical de Pédiatrie Hôpital de l’Enfance de Lausanne (CHUV) Ch. Moser B. Crottet S. Van Beirs S. Krayenbuhl A. Balz E. Elowe-Gruau M. Decarli-Diserens J. Puder Michael Hauschild Andreas Nydegger