Einleitung
Schlafassoziierte respiratorische Störungen stehen in der kinderärztlichen Praxis gegenüber verhaltensbedingten, maladaptiven und Parasomnie-assoziierten Phänomenen imHintergrund, können die Schlafarchitektur und Schlafqualität jedoch erheblich beeinträchtigen und letzteren über die wiederholt provozierten Arousals auch zugrunde liegen. Es wird unterschieden zwischen schlafassoziierten zentralen und obstruktiven Ventilationsstörungen, zudem können gewisse Symptome wie ein chronischer Husten schlafbetont auftreten. Die durch obere Luftwegsobstruktionen bedingten Ventilationsstörungen reichen vom einfachen Schnarchen bis hin zum obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS). Eine Obstruktion der unteren Atemwege ist in der Regel asthmatisch bedingt, differentialdiagnostisch kommen selten fixe Obstruktionen in Betracht.
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Einleitung
Schlafassoziierte respiratorische Störungen
stehen in der kinderärztlichen Praxis gegen-
über verhaltensbedingten, maladaptiven und
Parasomnie-assoziierten Phänomenen im
Hintergrund, können die Schlafarchitektur
und Schlafqualität jedoch erheblich beein –
trächtigen und letzteren über die wiederholt
provozierten Arousals auch zugrunde liegen.
Es wird unterschieden zwischen schlafassozi –
ierten zentralen und obstruktiven Ventilati –
onsstörungen, zudem können gewisse Symp –
tome wie ein chronischer Husten schlafbetont
auftreten. Die durch obere Luftwegsobstruk –
tionen bedingten Ventilationsstörungen rei –
chen vom einfachen Schnarchen bis hin zum
obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS).
Eine O bs tr uk tion der unter en Atemwege is t in
der Regel asthmatisch bedingt, differentialdi –
agnostisch kommen selten fixe Obstruktionen
in Betracht.
Die Atemphysiologie im Schlaf
Die spontane Atmungsaktivität unterliegt der
Kontrolle des Atemzentrums im Hirnstamm.
Dessen Steuerung erfolgt hauptsächlich über
den lokalen CO
2-Partialdruck (PaCO 2), und
wird in zweiter Linie beeinflusst durch Rück –
meldungen von peripheren O
2-Partialdruck
(PaO
2) Rezeptoren sowie durch Stimuli aus
dem Kortex. Im Schlaf nimmt die kortikale
Kontrolle des Muskeltonus ab, und der Atem –
antrieb durch körperliche Bewegungen ent –
fällt vollständig. Physiologischerweise redu –
ziert sich dadurch das Atemzugsvolumen im
Schlaf um etwa 25% , und auch Atemruhelage
und al ve olär e Ventilation nehmen ab. Ent spr e –
chend steigt der PaCO
2 um 3–4 mmHg, wäh –
rend der PaO
2 etwas fällt. Im Alter von 3 Mo –
naten liegt die 5. Perzentile der mittleren
Sauerstoffsättigung (SpO
2) im Schlaf bei 93 %
und s teig t bis 6 Monate au f 94 – 96 % 1). Im Non –
REM-Schlaf typisch sind zudem Atemausset –
zer bei Bewegungen und nach tiefen Seufzern,
welche als Rekrutierungsmanöver verstanden
werden und die Surfactantproduktion stimu –
1Pädiatrische Pneumologie und Intensivmedizin, Pädiatrisches Schlaflabor des Basler Zentrums für Schlafmedizin, Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB, Basel 2Pädiatrische Pneumologie und Intensivmedizin, unité de pneumologie pédiatrique, service des spécialités pédiatriques, département de l’enfant et de l’adolescent, Hôpitaux
Universitaires Genève HUG, Genève
Schlafstörungen bei Kindern –
pneumologische Aspekte
Daniel Trachsel, Basel 1; Regula Corbelli , Genf 2
lieren sollen. Der REM-Schlaf, der bei jungen
Säuglingen bis über 50 % der Schlafzeit ein –
nehmen kann, ist charakterisiert durch eine
unregelmässige Atemtätigkeit mit multiplen
interponierten Apnoen von üblicherweise 4–8
Sekunden Dauer. Aufgrund des reduzierten
Muskeltonus sind sowohl der Thorax wie auch
die oberen Atemwege im REM-Schlaf weniger
stabil, sodass im Säuglingsalter häufig eine
thorakoabdominale Asynchronie («paradoxe
Atmung») sowie physiologische obstruktive
Atempausen beobachtet werden können,
letztere allerdings mit einer jeweiligen Apnoe –
dauer von unter 5 Sekunden
2). Desaturatio –
nen, Atempausen und paradoxe Atmung sind
also bis zu einem gewissen Grad physiologi –
sche Phänomene.
Schlafassoziierte obstruktive
Ventilationsstörungen
Bei Gesunden sind vergrösserte Adenoide
und Tonsillen meistens an der Entstehung des
OSAS b eteilig t , wob ei die G rös se der Tonsillen
nur bedingt mit dem Schweregrad des OSAS
korreliert
3). Zu b er ücksichtigen sind ab er auch
kieferorthopädische, zum Teil durch die chro –
nische Mundatmung selbst begünstigte Fak –
toren wie ein schmaler Biss mit hohem Gau –
men. Meist sind diese Faktoren im Kindesalter
durch entsprechende kieferorthopädische
Massnahmen partiell reversibel, sodass sich
eine zahnärztliche Beurteilung bei entspre –
chender Physiognomie empfiehlt.
Obwohl respiratorisch evozierte Arousals im
Kindesalter häufig nur subkortikal ablaufen,
beeinträchtigt die daraus resultierende
Schlaffragmentierung die Architektur und
Qualität des Schlafs. Nur etwa ein Viertel der
Kinder mit OSAS klagen indes über Tagesmü –
digkeit, aber praktisch alle Kinder mit OSAS
schnarchen. Auch ein verschärftes Atemge –
räusch im Schlaf («noisy breathing») oder ein
chronischer nächtlicher Husten können Indi –
zien f ür das Vor liegen einer schlaf as soziier ten
obstruktiven Ventilationsstörung sein. Weite -re Hinweise sind eine dauernd überstreckte
Kopfhaltung, motorische Unruhe, nächtliches
Schwitzen, häufiges Erwachen, Mundtrocken
–
heit bz w. mor gendlicher Fo etor und gelegent –
lich auch Parasomnien oder Verhaltensauffäl –
ligkeiten am Tag.
Verschiedene klinische Fragebögen, mit de –
r en Hilfe das Vor liegen eines kindlichen OSAS
anamnestisch eruiert werden soll, haben
diese variable Symptomatologie zur Grundla –
ge, haben sich allerdings als nur bedingt ver –
lässlich erwiesen. Im Allgemeinen sind sie
entweder recht sensitiv, aber dafür wenig
spezifisch oder umgekehrt, sodass sich ein
OSAS im Einzelfall nicht zuverlässig diagnos –
tizieren oder ausschliessen lässt.
Kinder können obere Luftwegsobstruktionen
im Schlaf rasch und effektiv über Lagewech –
sel, kurze Kopfreklinationen oder eine anhal –
tend überstreckte Kopfhaltung kompensieren.
Viele vermeiden damit obstruktive Hypopno –
en oder Apnoen, sodass eine stabile SpO
2 in
der Pulsoxymetrie oder das Fehlen obstrukti –
ver Apnoen eine relevante schlafassoziierte
Ventilationsstörung nicht ausschliessen. Zu
beachten gilt, dass Pulsoxymetriegeräte in
aller Regel die Messungen über ein Intervall
von meist 10 –15 Sekunden mit teln, um Fehl –
alarme durch Bewegungsartefakte zu mini –
mieren. Diese Mittelungen führen aber zu ei –
ner Attenuierung kurzer, tiefer Desaturationen,
wie sie beim kindlichen OSAS typisch sind
4).
Eine Erweiterung der nächtlichen Pulsoxymet –
rie um ein nasales Flowmuster und die thora –
kalen und abdominellen Atemexkursionen
(Polygraphie) erhöhten die Zuverlässigkeit der
Diagnostik, als Goldstandard gilt aber aus
guten Gründen die nächtliche Polysomnogra –
phie (PSG). Allerdings sind PSGs teuer, auf –
wändig und beschränkt verfügbar. Wie also
soll konkret vorgegangen werden?
Die Frage nach einer Rhonchopathie sollte Teil
jeder Vorsorgeuntersuchung sein. Wird diese
bejaht, sollte die Möglichkeit einer schlafas –
soziierten obstruktiven Ventilationsstörung
detaillierter evaluiert werden ( Tab. 1)
5). Aller-
dings sind Geschichte und körperliche Unter –
suchung wie erwähnt nur moderat prädiktiv
f ür o der gegen das Vor liegen eines OSAS : Nur
etwa
1/3 der Kinder mit Tonsillenhyperplasie
III° – IV° haben ein OSAS. Zudem kann sich
23Schlahhfschohhlzie
23Schlafsoz
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die PSG bei sonst gesunden 5 – bis 9-jährigen
Kindern mit Adenotonsillenhypertrophie und
PSG-dokumentiertem OSAS innert 6 Monaten
normalisieren. Dies geschieht in knapp der
Hälfte der Fälle, sodass sich in dieser Alters-
gruppe ein zeitlich limitiertes, exspektatives
Vorgehen rechtfertigt
6).
Prinzipiell raten die amerikanischen Vereini –
gungen für Pädiatrie und für Schlafmedizin
(AAP, AASM) im Verdachtsfall zur PSG, um
das Vorliegen einer schlafassoziierten obst –
ruktiven Ventilationsstörung zu dokumentie –
ren. Angesichts der Ressourcenknappheit
hingegen halten es die amerikanischen HNO –
Ärzteschaft (AAO -HNSF) und auch die euro –
päischen Pneumologen (ERS) bei anderweitig
gesunden Kindern im typischen Alter für ge –
rechtfertigt, eine Adenotonsillotomie/-ekto –
mie auch ohne vorangehende PSG zu indizie –
ren
7). PSGs sollten jedoch im Verdachtsfall
immer veranlasst werden bei Kindern < 3
Jahren, Adipositas, Unklarheiten bezüglich der
Behandlungsbedürftigkeit eines OSAS und bei
prädestinierenden Grunderkrankungen.
Prädisponierende Grunderkrankun -
gen
Die Erfahrung zeigt, dass bei prädisponieren -
den G r under kr ankungen, z . B . b ei K inder n mit
Trisomie 21, die schlafassoziierten obstrukti -
ven Ventilationsstörungen unterdiagnostiziert
sind. Einige dieser Grunderkrankungen sollen
daher im Folgenden diskutiert werden, eine
umfassendere Übersicht ist tabellarisch dar -
gestellt (Tab. 2).
Down Syndrom
Kinder mit Down Syndrom haben ein hohes
Risiko für obstruktive Ventilationsstörungen
aufgrund verschiedener anatomischer und
funktioneller Merkmale wie Mittelgesichtshy -
poplasie, maxilläre Hypoplasie, kleine Nase
mit tiefer Nasenbrücke, Glossoptosis, adeno -tonsillärer Hyperplasie aufgrund wiederholter
Infektionen der oberen Luftwege, Überge
-
wicht und allgemeiner wie auch spezifisch
pharyngealer Hypotonie. Die Anamnese hat
eine geringe Aussagekraft, da Kinder mit
Down Syndrom weniger Symptome beklagen
und zudem auch gehäuft andere Schlafprob -
leme w ie Insomnie und Par asomnien zeigen
8).
Ein signifikantes OSAS kann sich bereits im
Säuglingsalter manifestieren und ist im
Durchschnitt schwerer als bei gleichaltrigen
Gesunden
9). Dies hat seine klinische Relevanz
nicht nur in der assoziierten Beeinträchtigung
der Schlafqualität und gegebenenfalls der
neurokognitiven Entwicklung, sondern auch
in Bezug auf eine mögliche pulmonalarterielle
Hypertonie, welche bei Down Syndrom ge -
häuft auftritt, schwierig zu behandeln und
nicht selten auch prognoserelevant ist.
Komorbiditäten wie Adipositas, Hypothyreo -
se, chronisches Aspirationssyndrom und
gastro-oesophagealer Reflux sollten nicht
ausser Acht gelassen werden. Therapeutisch
erlaubt eine Adenotonsillektomie, mehr Platz
im Oropharynx zu schaffen. Nichtsdestotrotz
persistiert ein OSAS häufig oder kann erneut
auftreten, so dass weitere Kontrollen mit
Schlafuntersuchungen indiziert sein können,
und nicht selten ist eine CPAP- oder nichtin -
vasive Beatmung nötig.
Prader Willi Syndrom
Das Prader Willi Syndrom (PWS) ist eine ge -
netische Er kr ankung , ver ur s acht zu 75 % dur ch
eine paternale Deletion des proximalen lan -
gen Arms des Chromosoms 15 und zu 25%
durch eine maternale Disomie des Chromo -
soms 15. Neugeborene mit PWS sind typi -
scherweise hypoton mit schwachem Schreien
und Fütterungsschwierigkeiten. Bereits Klein -
kinder werden schnell übergewichtig auf -
g r und einer f ür das P WS t y pischen Hy p er pha -
gie. Schlafassoziierte Ventilationsstörungen mit zentralen und obstruktiven Apnoen und
alveolärer Hypoventilation sind häufig bei
PWS, sowohl bei Kindern mit und ohne Über
-
gewicht. Die Ursachen sind multifaktoriell:
Hypotonie, hypothalamische Dysfunktion,
Hirnstammunreife und eine abnormale Che -
mosensitivität auf den PaCO
2 und den PaO 2.
Eine häufig anzutreffende exzessive Tages -
schläfrigkeit steht wahrscheinlich in Zusam -
menhang mit einer hypothalamischen Dys -
funktion.
Therapeutisch kann eine Adenotonsillektomie
die obstruktive Ventilationsstörung verbes -
sern. Wenn dies nicht genügt oder wenn zu -
sätzlich eine signifikante alveoläre Hypoven -
tilation vorliegt, kann eine nichtinvasive
Beatmung nötig werden.
Sp eziell zu b eachten b eim P WS is t der häu fige
Mangel an Wachstumshormon. Die Wachs -
tumshormonsubstitution kann nebst dem
somatischen Wachstum auch einen günstigen
Einfluss auf das Lipidprofil und die Kognition
haben. Bevor eine Substitution mit Wachs -
tumshormon initiiert wird, muss allerdings
zwingend eine Schlafstudie durchgeführt wer -
den, da plötzliche Todesfälle bei PWS unter
Wachstumshormontherapie in einen mögli -
chen Zusammenhang mit dem Vorliegen eines
OSAS gebracht wurden. Falls ein obstruktives
Schlafapnoesyndrom vorliegt, sollte eine Ade -
notonsillektomie durchgeführt werden. Die
Empfehlung ist, nach Beginn einer Therapie
mit Wachstumshormon eine Schlafstudie
nach 6 Wo chen, 3 Monaten und 6 Monaten zu
wiederholen.
Zentrale Ventilationsstörungen stehen mögli -
cherweise in Zusammenhang mit einer Stö -
rung des neuromodulatorischen Ateman -
triebs, welcher nötig ist für die Funktion des
Prä-Blötzinger-Komplexes. Zusätzlich sind
wahrscheinlich Störungen der Chemorezep -
tor-Sensitivität ursächlich beteiligt. Therapeu -
tisch hilft eine nächtliche Sauerstofftherapie,
um die zentr alen A pno en zu ver r inger n, da die
Elimination der Hypoxie als auslösender Fak -
tor der zentralen Apnoen das Atemmuster bei
Kindern mit PWS stabilisieren kann
10 ).
Achondroplasie
Die Achondroplasie beruht auf einer Mutation
im Fibroblasten Growth Faktor Rezeptor 3
(FGFR-3) und ist autosomal dominant vererbt,
in 80 % der Fälle jedoch sporadisch auftre -
tend. Charakteristisch sind kleine Statur,
kurze Extremitäten, Hypotonie und Mittelge -
Geschichte Körperliche Untersuchung
Habituelles Schnarchen (≥ 3 Nächte/Woche)
Erhöhte Atemarbeit und Schwitzen im Schlaf
Beobachtete Atempausen
Hyperextensionshaltung des Kopfes
(Sekundäre) Enuresis nocturna
Morgendliche Kopfschmerzen
Tagesmüdigkeit/ADHS Symptome
Schulische Schwierigkeiten
Frühgeburtlichkeit
Positive Familienanamnese bezüglich OSAS Übergewicht oder Untergewicht
Tonsillenhypertrophie
Facies adenoidea
Mikro-/Retrognathie
Arterielle Hypertension
Tabelle 1: Symptome und Zeichen eines OSAS 5)
23Schlahhfschohhlzie
23Schlafsoz
25
Tabelle 2: Spezifische Grunderkrankungen mit respiratorischer Morbidität (Auswahl) Multisystemerkrankun-
gen Lokalisation der
Schlafstörungen
OSASZentrale
Apnoen Hypo-
ventilation Hypo
-
xämie Hyper-
somnie Hyperkap
-
nie am Tag breath
holding
spellsPosthyper
-
ventilati -
onsapnoe Tages-
schläf
-
rigkeit gestörter
Tag-Nacht-
Rhythmus Neuromuskuläre
Erkrankungen
Duchenne‘s muskuläre
Dystrophie
Muskel
XXX X
Skelettdeformitäten
Achondroplasie Medulläres-cervicales
Rückenmark, AtemwegeXX
X
Arnold Chiari Malformation hintere SchädelgrubeXXXX
Kongenitale craniofaziale
Missbildungen
Treacher Collins Syndrom Kraniofaziale
MissbildungenXXX
Pierre Robin Sequenz Kraniofaziale
MissbildungenXXX
Apert Syndrom Kraniofaziale
MissbildungenXXX
Crouzon Syndrom Kraniofaziale
MissbildungenXXX
Autonome Dysfunktion
Familiäre Dysautonomie autonomes System XXXXXX
Kongenitales zentrales Hypo -
ventilationssyndrom (CCHS) Hirnstamm,
autonomes System
XX
XXX XXX
Chromosomale Anomalien
Rett Syndrom XXXXXX
Down Syndrom Hirnstamm, orofaziale
Strukturen, Atemwege,
ThoraxXXX
X X
Prader Willi Syndrom Gehirn, Hypothalamus,
obere AtemwegeXX
XX
Williams Beuren Syndrom XX
Speicherkrankheiten
Mucopolysaccharidosen obere Atemwege,
zervikales RückenmarkXXX
Glykogenspeicher -
krankheiten X
X-XXX
Weitere
Joubert Syndrom Gehirn, Hirnstamm XXX
Smith Magenis Syndrom Gehirn, ÜbergewichtX XXX
Kleine Levin Syndrom XXX
23Schlahhfschohhlzie
23Schlafsoz
26
sichtshypoplasie. Ausserdem besteht das
Risiko einer kraniozervikalen Stenose mit
zervikomedullärer Kompression.
Schlafassoziierte obstruktive Ventilationsstö-
rungen aufgrund der Mittelgesichtshypopla -
sie, der Hypotonie und zusätzlich einer mög -
lichen Hirnstammkompression sind bei bis zu
zwei Dritteln der Betroffenen zu finden. Nach
einer Adenotonsillektomie kann ein OSAS
weiterbestehen und eine nichtinvasive Beat -
mung notwendig werden.
Zentrale Apnoen sind ebenfalls häufig und
werden einer zervikomedullären Kompression
zugeschrieben. Eine Dekompression des Fo -
ramen magnum kann daher beim Vorliegen
von zentralen Apnoen und/oder bildgebenden
Hinweisen auf eine medulläre Kompression
indiziert sein und ist meist erfolgreich
11 ).
Nächtliche Hypoxämien mit oder ohne Hypo -
ventilation können jedoch auch erklärt sein
durch eine thorakolumbale Kyphoskoliose und
die allgemeine Hypotonie.
Progressive Muskeldystrophie vom
Typ Duchenne (DMD)
DMD ist eine X-chromosomal vererbte Erkran -
kung des Dystrophin Gens (Xp21). Das mitt -
lere Überleben bei Kindern mit progressiver
Muskeldystrophie vom Typ Duchenne korre -
liert mit der minimalen nächtlichen Sättigung,
dem PaCO
2 im Wachzustand und der Vitalka -
pazität 12 ). Erwartete Ventilationsstörungen
sind zunächst im Schlaf auftretende Hypoven -
tilationen aufgrund eines verminderten respi -
ratorischen Atemantriebs und der Muskel -
schwäche, ungefähr zwei Jahre später kann
eine Hyperkapnie tagsüber hinzukommen.
Zusätzlich besteht häufig auch ein OSAS auf -
grund der pharyngealen Muskelschwäche.
Empfohlen werden regelmässige Schlafunter -
suchungen mit Kapnographie oder zumindest
eine orientierende nächtliche SpO
2-Überwa -
chung bei muskelerkrankten Kindern, wenn
die Vitalkapazität unter 60 % des Solls gefallen
oder spätestens wenn das Kind rollstuhlge -
bunden ist
13 ). Eine nichtinvasive Beatmung
wird bei nächtlichen Hypoventilationen und
schlafassoziierter obstruktiver Ventilations -
störung grosszügig indiziert und verbessert
das Überleben signifikant
14 ).
Familiäre Dysautonomie (Riley Day
Syndrom)
Die Familiäre Dysautonomie (FD) ist eine he -
reditäre autosomal rezessive (IKBKAP intron
20 Mutationen) sensorische und autonome Neuropathie, sie betrifft fast ausschliesslich
Ashkenazi-Juden. Pathophysiologisch zugrun
-
de liegt eine unvollständige neuronale Ent -
wicklung und progressive neuronale Degene -
ration des peripheren sensorischen und
autonomen Nervensystems. Kennzeichnend
sind eine autonome Dysregulation mit ausge -
prägter orthostatischer Hypotension, wieder -
holte autonome Krisen mit schwerer Hypoten -
sion, Schwitzen, Hautveränderungen und
Verhaltensauffälligkeiten wie emotionale La -
bilität. In Zusammenhang mit Stress-Situatio -
nen können auch hypertensive Krisen auftre -
ten. Beschrieben sind ausserdem plötzliche
und unerklärte Todesfälle bei FD, sowohl im
Wach- wie im Schlafzustand.
Respiratorische Probleme beinhalten eine
verminderte Reaktivität auf Hypoxie und
Hyperkapnie verursacht durch zentrale Atem -
regulationsstörungen mit pathologischer un -
genügender Reaktivität der Hirnstamm -
rezeptoren auf Veränderungen des PaO
2 und
PaCO
2. Konkret können ausgeprägte und je
nach Aktivität (z. B. Schwimmen, Tauchen)
potentiell lebensgefährliche «breath-holding
spells» auftreten. Polysomnographische Un -
tersuchungen zeigen ausgeprägte und andau -
ernde hypoxämische Perioden, sowohl im
Schlaf- wie auch im Wachzustand. In kleine -
rem Ausmass werden Apnoen und Bradykar -
dien beobachtet. Je nach Ausprägung kann
zusätzlicher nächtlicher Sauerstoff oder
nichtinvasive Beatmung nötig sein
15 ).
Zusammenfassung
Schlafassoziierte respiratorische Störungen
werden bei Kindern meist unterschätzt. Obs -
truktive Ventilationsstörungen und das obst -
ruktive Schlafapnoesyndrom sind aufgrund
adenotonsillärer Hypertrophie auch bei sonst
gesunden Kindern möglich. Eine Anamnese
mit Schnarchen und beobachteten Atempau -
sen soll Anlass zu weiteren Abklärungen ge -
ben, bei unter 3-jährigen Kindern wird eine
Schlafuntersuchung vor einer chirurgischen
Intervention empfohlen.
Diverse Grunderkrankungen präsentieren auf -
grund muskulärer Hypotonie, Mittelgesichts-
und anderen Missbildungen oder zentralen
Anomalien ein erhöhtes Risiko für Ventilati -
onsstörungen im Schlaf- und/oder Wachzu -
stand.
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Korrespondenzadresse
daniel.trachsel @ ukbb.ch
23Schlahhfschohhlzie
23Schlafsoz
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med. Daniel Trachsel , Pädiatrische Pneumologie und Intensivmedizin, Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB, Basel Regula Corbelli , Unité de pneumologie pédiatrique, service des spécialités pédiatriques, département de l’enfant et de l’adolescent, Hôpitaux Universitaires Genève