Die Purpura Schönlein-Henoch ist eine klassische pädiatrische Krankheit; die Purpura ist ein konstantes Symptom und kann mit Gelenk-, Magendarmtrakt- und Nierenbefall einhergehen. Die Prognose ist kurzfristig gut und hängt in erster Linie davon ab, wie stark der Magendarmtrakt betroffen ist. Die Langzeitprognose hängt vom Nierenbefall ab, der ca. 35% der Fälle betrifft. Bei 80% der Fälle besteht eine Mikrohämaturie und leichte Proteinurie. In 20% der Fälle ist die Nierenbeteiligung schwer und führt zu nephrotischer Proteinurie und/oder akuter Niereninsuffizienz. Das Risiko, langfristig eine Nierenpathologie zu entwickeln beträgt für Patienten mit einer Nephritis 11–30%. Die optimale Behandlung der Nephritis ist umstritten und es bestehen derzeit verschiedenste Behandlungsprotokolle. Wir wollen mit unserem Beitrag auf diese Kontroverse eingehen.
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Purpura Schönlein-Henoch:
Gemeinsame Betreuung durch
Kinderarzt und Kindernephrologe
Alexandra Wilhelm-Bals 1, Hassib Chehade 2, Eric Girardin 1 Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
Die Purpura Schönlein- Henoch ist eine klas-
sische pädiatrische Krankheit; die Purpura
ist ein konstantes Symptom und kann mit
Gelenk-, Magendarmtrakt- und Nierenbefall
einhergehen. Die Prognose ist kurzfristig gut
und hängt in erster Linie davon ab, wie stark
der Magendarmtrakt betroffen ist. Die Lang –
zeitprognose hängt vom Nierenbefall ab, der
ca. 35% der Fälle betrifft. Bei 80% der Fälle
besteht eine Mikrohämaturie und leichte
Proteinurie. In 20% der Fälle ist die Nieren –
beteiligung schwer und führt zu nephroti –
scher Proteinurie und/oder akuter Nieren –
insuffizienz. Das Risiko, langfristig eine
Nierenpathologie zu entwickeln beträgt für
Patienten mit einer Nephritis 11–30%. Die
optimale Behandlung der Nephritis ist um –
stritten und es bestehen derzeit verschie –
denste Behandlungsprotokolle. Wir wollen
mit unserem Beitrag auf diese Kontroverse
eingehen.
Einführung
Die Purpura Schönlein-Henoch (PSH) oder
rheumatoide Purpura ist die im Kindesalter
häufigste Form einer Vaskulitis. Es handelt
sich um eine Vaskulitis der kleinen Gefässe,
bevorzugt im Bereiche der Haut, des Ma –
gendarmtraktes, der Gelenke und der Niere
auftretend. Die Krankheit verläuft im Allge –
meinen spontan günstig. Die Prognose
hängt kurzfristig von den abdominalen
Komplikationen und langfristig von der
Schwere der Nierenbeteiligung ab. Klinisch
ist die PSH leicht zu erkennen, nicht eindeu –
tig geklärt ist jedoch ihre Pathogenese,
auch ist die Behandlung der Nephritis um -stritten, da kontrollierte randomisierte Stu
–
dien fehlen, die zu einem Konsens führen
könnten.
• Welche Abklärungen durchfühen?
• Wann an den Kindernephrologen
überweisen?
• Wie und wie lange nachkontrollieren?
• Wann und wie behandeln?
Epidemiologie
Die PSH hat eine Inzidenz von 10–20/
100 000 Kinder, befällt im Wesentlichen
Kinder zwischen 5 und 15 Jahren und bevor-
zugt das männliche Geschlecht (1.4–
1.7 : 1)
1), 2) . Die Krankheit tritt epidemisch auf,
mit einer leicht höheren Inzidenz im Winter.
Es wurden mehrere auslösende Faktoren
identifiziert, wie Infekte durch β -hämo-
lytische Streptokokken, Mycoplasma, Ep –
stein-Barr-Virus, Adenovirus und Parvovirus
B19. Weitere angeschuldigte Ursachen sind
Insektenstiche, Impfungen und gewisse Me –
dikamente (nichtsteroidale Entzündungs -hemmer – NSAR)
1). Die geographische Ver
–
teilung entspricht derjenigen der IgA-
Nephropathie, die in Europa und Asien häu –
fig, in Nordamerika und Afrika dagegen sel –
ten ist.
Pathogenese
Die PSH ist eine systemische Krankheit und
entsteht durch Bildung von Immunkomple –
xen, ausgehend von IgA1, die sich in den
kleinen Gefässen ablagern. Verschiedene
Mechanismen sind dafür verantwortlich:
• Abnorme Synthese, Sekretion und Fort –
bestehen des IgA1
• Abnorme Glykolysierung des IgA1
Diese Galaktose-defizienten IgA1 haben die
Tendenz zu aggregieren und werden durch
Antikörper erkannt. Diese Aggregate und
Immunkomplexe scheinen eine erhöhte
Affinität zum Nierengewebe mit Depotbil –
dung im Mesangium zu haben.
Die Galaktose-defizienten IgA1 finden sich
häufiger bei Patienten mit Nephritis als bei
Patienten ohne Nierenbeteiligung
3). Die
PSH- und IgA-Nephritis haben eine ver –
gleichbare Pathogenese, ähnliche histolo –
gische Befunde und bei beiden Krankheiten
findet man IgA1-Anomalien. Sie werden als
zwei Ausdrucksformen ein und derselben
Krankheit betrachtet, wobei die PSH die
systemische Manifestation der IgA-Nephri –
tis darstellt.
1 Unité romande de néphrologie pédiatrique, Dépar –
tement de l’enfant et de l’adolescent HUG, Genève
2 Unité romande de néphrologie pédiatrique, Dépar –
tement médico-chirurgical de pédiatrie CHUV,
Lausanne
Dieser Ar tikel ist in der Rev Med Suisse 2011; 7:
442–6 erschienen und wird mit Erlaubnis des Her –
ausgebers publiziert.
Organ Inzidenz Zeichen
Haut 100%• Palpable Purpura, symmetrisch auf der
Streckseite der Beine, Knie und Arme
Gelenke 80%• Oligoarthritis vor allem von Sprung- und Kniegelenk
Magendarmtrakt 65%• Postprandiale Bauchkoliken
• Hämatemesis, Melaena
• Nekrose, Perforation
• Invagination, Pankreatitis
Niere 35%
(20–60%)• Mikrohämaturie
• Proteinurie
• Arterielle Hypertonie
• Nephritisches oder nephrotisches Syndrom
• Akute Niereninsuffizienz
Urogenitalsystem Orchitis, Urethritis
Nervensystem 2%• Krämpfe
• Hirnblutung
Lungen < 1%• Interstitielle Pneumonie
• Alveoläre Blutung
Ta b e l l e 1: Klinische Zeichen der Purpura Schönlein-Henoch. Angepasst nach 16)
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Fortbildung
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Definition
Bei der PSH handelt es sich um eine klini-
sche Diagnose, gekennzeichnet durch eine
Purpura, die mit Bauchschmerzen und Ge -
lenkentzündungen einhergehen kann. Um
die Diagnostik zu erleichtern, haben die
«Paediatric Rheumatology European Socie -
ty» und die «European League Against Rheu -
matism» 2006 präzise Kriterien erstellt
4):
Purpura im Beisein folgender Symptome:
• Bauchschmerzen.
• Haut- und Nierenbiopsie mit Vorwiegen
von IgA Komplexen.
• Arthritis.
• Nierenbefall.
Klinisches Bild
Die typische Läsion der PSH ist eine pete -
chiale Papel, bevorzugt an den Streckseiten
der Extremitäten. Die Purpura dauert einige
Tage und bildet sich spontan zurück, Rezi -
dive treten in 26% der Fälle auf.
Haut-, Gelenk- und Befall des Magendarm -
traktes sind die Regel, die Vaskulitis kann
jedoch jedes beliebige Organ betreffen und
zu den in Tabelle 1 beschriebenen Sympto -
men führen.
Nierenbefall bei Purpura
Schönlein-Henoch
Der Nierenbefall kann zwischen dem drit -
ten Tag und einem Jahr nach Diagnosestel -
lung auftreten. Bei 91% der Patienten ist
dies innerhalb der ersten 6 Wochen der
Fall, bei 97% innerhalb von 6 Monaten un
bei 99% innerhalb eines Jahres
5).
Eine Nephritis wird bei 35% der Patienten
mit PSH festgestellt. Als Risikofaktoren für eine Nierenbeteiligung gelten längeres
Fortbestehen der Purpura, das Alter (> 7
Jahre) und die Intensität der Bauchschmer
–
zen. Die Schwere des Hautbefalles und die
Anzahl Rückfälle korrelieren nicht mit der
Schwere des Nierenbefalles.
In
2/3 der Fälle werden Haut und Nieren
gleichzeitig betroffen, in 25% der Fälle geht
die Purpura dem Nierenbefall voran und in
8% der Fälle folgt sie dem Auftreten der
Nierensymptome. In Serien nicht selektio –
nierter Patienten ist der Nierenbefall selten,
dauernde Schäden werden in nur 2–3% der
Fälle festgestellt
6). Bei Patienten, die in
tertiäre Zentren aufgenommen wurden, ist
die Prognose drastisch schlechter, mit 15–
25% progredienten Verläufen bis hin zur
Niereninsuffizienz
7– 9). Die initialen Sympto –
me der Nephritis sind variabel, in den meis –
ten Fällen diskret ( Ta b. 2) und im Allgemei-
nen prädiktiv bezüglich renale Prognose.
Nur 15% der Patienten mit anfänglich gerin –
gen Symptomen (Mikrohämaturie, mässige
Proteinurie) haben eine schlechte Progno –
se, im Gegensatz zu 41% der Patienten mit
schwerem Beginn. Es wurden weitere prä –
diktive Faktoren einer schlechten Prognose
beschrieben, die es zu erkennen gilt, um die
Betreuung optimal zu orientieren; dazu
gehören unter anderem:
• Persistieren einer mässigen Proteinurie
• Alter und Geschlecht: Mädchen und älte –
re Kinder weisen einen ungünstigeren
Verlauf auf.
• Der Schweregrad des histologischen Be –
fundes, Anteil an Halbmonden, segmen –
taler und fokaler Glomerulosklerose so –
wie Fibrosebildung
Gewisse Studien betrachten die Halbmon –
de nicht als Ausdruck eines ungünstigen Verlaufes, sondern vielmehr als akute Läsi
–
onen, die sich nicht unbedingt hin zur Fib –
rose entwickeln und reversibel sein kön –
nen
12).
Zur histologischen Klassifizierung wird jene
der «International Study of Kidney Disease
in Children – ISKDC» benutzt, wie in
Ta b e l l e 3 dargestellt. Mit einer ungünstigen
Prognose assoziiert sind vor allem die
Stadien III und darüber.
Abklärung
Initiale Abklärung
• Klinische Untersuchung und Messung
des Blutdruckes.
• Urinuntersuchung mit Stix, Sediment und
Bestimmung der Proteinurie.
Weitere Abklärungen,
von Fall zu Fall zu erwägen
• Blutchemie (Nierenfunktion, Elektroly –
te), Blutbild, Gerinnungsfaktoren.
• Immunologische Abklärungen.
• 24-Stunden-Urin zur Bestimmung von
Diurese, Kratininclearance und
Proteinurie.
• Nierenbiopsie.
Wann an den Kindernephrologen
überweisen?
Die Indikation zur gemeinsamen Betreuung
ist beim Auftreten bedrohlicher Zeichen,
wie in Tabelle 4 aufgeführt, gegeben. Akute
Läsionen sprechen besser auf die Behand –
lung an, als schon längere Zeit bestehende,
weshalb ein frühzeitiges Überweisen vorzu –
ziehen ist.
Die Indikation zur Nierenbiopsie wird im All –
gemeinen durch den Nephrologen gestellt.
Er richtet sich nach folgenden Kriterien:
Isolierte Mikrohämaturie
± leichte Proteinurie 70–80%
Makrohämaturie
Mässige Proteinurie
Nephrotisches Syndrom 20%
Nephritisches Syndrom
Akute Niereninsuffizienz
Klinische Zeichen der Nephritis
Ta b e l l e 2: Nierenbeteiligung der Purpura
Schönlein-Henoch
• Grad I: Minimale Läsionen
• Grad II: Mesangiale Proliferation
• Grad III: Extrakapilläre Proliferation mit Halbmonden in < 50% der Glomerula
– IIIa: Assoziiert mit einer segmentären und fokalen endokapillären Proliferation
– IIIb: Assoziiert mit einer diffusen endokapillären Proliferation
• Grad IV: Extrakapilläre Proliferation mit Halbmonden in 50–75% der Glomerula
– IVa: Assoziiert mit einer segmentären und fokalen endokapillären Proliferation
– IVb: Assoziiert mit einer diffusen endokapillären Proliferation
• Grad V: Extrakapilläre Proliferation mit Halbmonden in > 75% der Glomerula
• Grad VI: Membranoproliferative Glomerulonephritis
Ta b e l l e 3: Histologische Einteilung der Nierenbeteiligung nach ISKDC
ISKDC: International Study of Kidney Disease in Children
20%
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Fortbildung
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• Nephrotische Proteinurie und/oder akute
Niereninsuffizienz
• Rasch progrediente Glomerulonephritis
• Im weiteren Verlauf persistierende mäs –
sige Proteinurie
Verlaufskontrollen
Die PSH-Nephritis tritt in 99% der Fälle in –
nerhalb eines Jahres nach der Purpura auf.
Besteht nach einem Jahr kein Nierenbefall,
ist es zweckmässig, die Kontrollen abzu –
schliessen.
Besteht nach einem Jahr ein leichter Nie –
renbefall (Mikrohämaturie ± diskrete Prote –
inurie), wird eine Urinkontrolle und Blut –
druckmessung 1–2-mal jährlich empfohlen.
Die Nierenbeteiligung kann langsam pro –
gredient verlaufen und bei einem nicht zu
vernachlässigenden Anteil Kinder mehrere
Jahre nach Diagnosestellung in eine Nieren –
insuffizienz münden.
Die PSH verläuft schubweise, die Verlaufs –
kontrollen sollten deshalb nach jedem
akuten Schub, wie in Abb. 1 empfohlen,
wieder aufgenommen werden.
Behandlung
Der natürliche Verlauf der PSH ist spontan
regredient, therapeutische Massnahmen im
akuten Stadium bestehen deshalb in der Be –
handlung von Magendarm- und Gelenksymp –
tome sowie eventueller Komplikationen.
Es wurde gezeigt, dass geringe Dosen Kor-
tikosteroide die Intensität und Dauer der Bauchsyptome verringern können
13). Diese
Behandlung soll im Einvernehem mit den
chirurgischen Kollegen gestellt werden,
nach formellem Ausschluss einer chirurgi –
schen Komplikation.
Gelenkentzündungen werden mit NSAR
behandelt, Steroide können ebenfalls eine
günstige Wirkung haben.
Eine aus nephrologischer Sicht lange disku –
tierte Frage war, ob die prophylaktische
Behandlung mit Steroiden bei Diagnose –
stellung dem Nierenbefall vorbeugen kann.
Die Studien zu dieser Frage wurden in einer
Cochrane-Metaanalyse
14) untersucht. Es
ergab sich kein Unterschied bezüglich Nie –
renbefall nach 12 Monaten zwischen den
kortison- und plazebobehandelten Patien –
ten. Steroide werden deshalb nicht empfoh –
len, um einer Nierenbeteiligung vorzubeu –
gen.
Die Behandlung der Nephritis bleibt um –
stritten.
Um die Indikationen klarer abzugrenzen, ist
es sinnvoll, die Nephritis in Schweregrade
einzuteilen:
• Leichte Nephropathie: Mikrohämaturie ±
leichte Begleitproteinurie.
• Mässige Nephropathie: Nicht nephroti-
sche, andauernde mässige Proteinurie,
ohne Nierenfunktionsstörung.
• Schwere Nephropathie: Nephrotische
Proteinurie oder nephritisches Syndrom
mit Störung der Nierenfunktion.
• Rasch progrediente Glomerulonephritis:
Rasch progrediente Nierenfunktionsstö –
rung.
Monat 1
Kontrolle 2 x/Woche B D/ S t i x / P U Monate 2–3
Kontrolle 1 x/Woche B D/ S t i x / P U Monate 4–6
Kontrolle 2 x/Monat B D/ S t i x / P U M o n a t e 6 –12
Kontrolle 1 x/Monat B D/ S t i x / P U Kein Nierenbefall
Mikrohämaturie
Stop der Verlaufskon –
trollen
Kontrollen 1–2x/Jahr B D/ S t i x / P U
Bei arterieller Hypertonie, Proteinurie oder Makrohämaturie
Überweisung an Kindernephrologen und ergänzende Abklärungen
Ergänzende Abklärungen
Blutchemie, 24-Stunden-Urin (Proteinurie, Clearance),
immunologische Untersuchungen ± Nierenbiopsie
Abbildung 1: Screening der Schönlein-Henoch-Nephritis während einem Jahr nach Diagnose der Purpura
BD: Blutdruckmessung, PU: Proteinurie bestimmt durch das Verhältnis Protein/Kreatinin im Urin
Indikationen zur Überweisung an
den Kindernephrologen
Akute arterielle Hypertension
Nierenfunktionsstörung
Nephritisches Syndrom
Nephrotisches Sndrom
Persistierende Proteinurie
Ta b e l l e 4 : Indikationen zur Überweisung an
den Kindernephrologen
Bei leichter Nephropathie wird von einer
Behandlung abgesehen und es werden le –
diglich Verlaufskontrollen empfohlen, da
eine Niereninsuffizienz noch Jahre nach
einer Nephritis auftreten kann.
Arbeiten zur mässigen Nephropathie sind
häufig nicht randomisierete Studien von
Fallserien. Da PSH- und IgA- Nephritis eine
ähnliche Pathogenese und gleiche histolo –
gische Veränderungen aufweisen, ist es
sinnvoll, für beide Krankheiten die gleichen
Behandlungsprotokolle anzuwenden.
Bei der IgA-Nephritis wurde bewiesen, dass
Konversionsenzym (ACE)-Hemmer die Pro –
teinurie wirksam eindämmen, weshalb an –
genommen werden kann, dass sie ebenfalls
bei der PSH wirksam sind. Wir empfehlen
deshalb, Proteinurie und arterielle Hyper –
tension mit einem ACE-Hemmer oder An –
giotensin 1-Rezeptorantagonisten zu be –
handeln.
Hält die Proteinurie an oder verschlechtert
sich die Nierenfunktion, wird eine Nieren –
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Fortbildung
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biopsie durchgeführt. Je nach Befund wird
die Behandlung durch Steroide ergänzt,
eventuell kombiniert mit Immunosuppres-
soren.
Die erwähnte Cochrane Metaanalyse hat
nur zwei Studien zur schweren Nephropa –
thie festgehalten. Die erste stellt beim
Vergleich von Cyklosporin- und Methyl –
prednisolonbehandlung keinen Unterschied
fest. Die zweite vergleicht Cyklophospha –
mid mit Plazebo, ohne messbaren Vorteil
für die eine oder andere Variante.
Mehrere Arbeitsgruppen berichten hinge –
gen in nicht randomisierten Studien über
eine günstige Wirkung von Kortikosteroiden
alleine oder in Kombination mit Immuno –
suppressoren.
Pragmatisch kann es sinnvoll sein, bei
schwerer Nephropathie eine Behandlung
mit Steroiden oral oder als Stosstherapie in
Kombination mit einem Immunosuppressor
(Azathioprin, Cyklophosphamid oder Cyk –
losporin) anzubieten. Diese Art Behandlung
gehört in die Hände des Kindernephrologen
und wird in Abhängigkeit von Klinik und
Biopsiebefund gewählt.
Bei der rasch progredienten Glomerulone –
phritis scheint die Plasmapherese gute
Resultate in Bezug auf die langfristige Nie –
renfunktion zu versprechen, insbesondere
wenn die Behandlung frühzeitig eingeleitet
wird. Mehrere Studiengruppen insistieren
auf der Wichtigkeit, frühzeitig einzugreifen,
bevor es zu Fibrose und Sklerose kommt.
Schlussfolgerung
Die PSH-Nephritis ist selten, Klinik und
Prognose sind variabel. Die Risikofaktoren
für einen ungünstigen Verlauf sind bekannt
und ihr Vorhandensein erfordert eine ge –
meinsame Betreuung. Da eine Nephritis
noch ein Jahr nach der Purpura auftreten
kann, werden so lange Verlaufskontrollen
empfohlen. Bei persistierender Mikrohäma –
turie werden die Kontrollen weitergeführt,
da eine Verschlechterung der Nierenfunk –
tion noch Jahre nach der Erstdiagnose ein –
treten kann.
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht kein Kon –
sens bezüglich Behandlung der schweren
Nephritis. Es ist zu hoffen, dass in naher
Zukunft neue randomisierte Studien zu ei -nem allgemein anerkannten Protokoll füh
–
ren werden.
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Korrespondenzadresse
Dr. A. Wilhem-Bals,
Unité romande de néphrologie pédiatrique
Département de l’enfant et de l’adolescent
HUG
1211 Genève 14
alexandra.wilhelm-bals@hcuge.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unter –
stützung und keine anderen Interessenkon –
flikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag
deklariert.
Konsequenzen für die Praxis
Wird die Diagnose einer Purpura Schön –
lein-Henoch (PSH) gestellt, muss unbe –
dingt der Blutdruck gemessen und eine
Urinuntersuchung durchgeführt werden.
Die Suche nach einer möglichen PSH-Neph –
ritis muss während einem Jahr nach Diagno –
sestellung weitergeführt werden. Kinder mit Proteinurie und/oder erhöhtem
Blutdruck müssen an den Kindernephro
–
logen überwiesen werden.
Die prophylaktische Behandlung der Ne –
phritis mit Steroiden wird nicht empfoh –
len.
Vol. 24 Nr. 3 2013
Fortbildung
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Alexandra Wilhelm-Bals , Unité romande de néphrologie pédiatrique, Hôpitaux universitaires de Genève Hassib Chehade , Unité romande de néphrologie pédiatrique, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne Eric Girardin Andreas Nydegger