Für Millenaristen und Informatiker stellte der Übergang ins Jahr 2000 einen Sprung ins Ungewisse dar; für die Kinderrheumatologie war es der Beginn einer neuen Ära. Die Jahrtausendwende erlebte die Bildung von Fachgesellschaften für pädiatrische Rheumatologie in Europa (Pediatric Rheumatology European Society, 1999) und in der Schweiz (Pédiatrie Rhumatologie Suisse, PRS, 1998); beide haben einen Fortbildungs-Syllabus zusammengestellt, der in der Schweiz zu einem 2010 von der FMH anerkannten Schwerpunkt pädiatrische Rheumatologie führte. Im Jahr 2000 wurde das erste biologische Medikament eingeführt, eine Medikamentenklasse, welche die Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis revolutionierte und deren Prognose verwandelte.
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Fortbildung
Für Millenaristen und Informatiker stellte der
Übergang ins Jahr 2000 einen Sprung ins
Ungewisse dar; für die Kinderrheumatologie
war es der \beginn einer neuen Ära. Die Jahr-
tausendwende erlebte die \bildung von Fach –
gesellschaften für pädiatrische Rheumato –
logie in Europa (Pediatric Rheumatology
European Society, 1999) und in der Schweiz
(Pédiatrie Rhumatologie Suisse, PRS, 1998);
beide haben einen Fortbildungs-Syllabus zu –
sammengestellt, der in der Schweiz zu einem
2010 von der FMH aner kannten Schwer punk t
pädiatrische Rheumatologie führte. Im Jahr
2000 wurde das erste biologische Medika –
ment eingeführt, eine Medikamentenklasse,
welche die \behandlung der juvenilen idiopa –
thischen Arthritis revolutionierte und deren
Prognose verwandelte.
Was hab en w ir in diesen 15 Jahr en vollbr acht ?
Die Einführung der neuen Medikamente ebnet
die \betreuung unserer Patienten, die entzünd –
lichen Krankheiten werden wesentlich besser
beherrscht, die Einschränkung der funktionel –
len Fähigkeiten und der \bedar f an Rehabilita –
tionsmassnahmen verringert. Insbesondere
kann die systemische Form der juvenilen
idiopathischen Arthritis, für den Arzt eine
Knacknuss und für den Patienten ein langer
Leidensweg, nun in den meisten Fällen in
befriedigender Weise gemeistert werden.
Trotzdem haben die juvenilen rheumatischen
Erkrankungen einen signifikanten Einfluss auf
die Lebensqualität der jungen Patienten und
ihrer Umgebung. Sie erfordern eine globale
\betreuung. Durch multidisziplinäre Zusam –
menarbeit, insbesondere mit spezialisierten
Pflegefachfrauen, kann eine effiziente Unter –
stützung und \beratung der Patienten angebo –
ten werden, namentlich eine spezifische,
therapiebezogene \beratung, wie wir dies mit
unserer, in Zusammenarbeit mit der Ligue
Genevoise contre le Rhumatisme und der
Haute Ecole de Santé Vaud (HESAV) geführ –
ten Studie «Telenursing» gezeigt haben.
Wir konnten ebenfalls die Stellung der Kinder –
rheumatologie gegenüber der Rheumatologie abgrenzen, dank spezifischer und durch die
FMH anerkannter Fortbildung und der Einfüh
–
rung von Transitionssprechstunden in Zusam –
menarbeit mit Spezialisten der Erwachsenen –
medizin.
Im Verlaufe der vergangenen Jahre haben wir
ebenfalls im \bereiche der autoinflammatori –
schen Krankheiten Fortschritte erlebt. Die
\beobachtung von Patienten mit rekurrentem
Fieber ergab, dass es sich dabei um eine
Krankheitsgruppe handelt, deren Ursache
weder infektiös noch autoimmun ist. Labor –
forscher haben die physiopathologische \be –
deutung von Zytokinen (z. \b. Interleukin-1ß)
bei der Entstehung dieser Krankheiten er –
kannt und Genetiker haben Mutationen zahl –
reicher für diese seltenen Krankheiten verant –
wortlicher Gene beschrieben. Die Tatsache,
dass verschiedene Gene auf das, für die Re –
gulation der Interleukin-1ß-Sekretion verant –
wortliche Inflammasom einwirken, erlaubte
Zusammenhänge im Verständnis der Physio –
pathologie dieser Krankheiten aufzudecken.
Diese Fortschritte kommen in der Form von
Interleukin-1ß-blockierenden Medikamenten
wiederum den Patienten zugute. So führte
Forschung dazu, dass der Weg vom \bett des
Patienten zur Laborbank (bed to bench), und
vom Labor zurück zum Patienten (bench to
bed) führte, und dies innert weniger Jahre. Es
geht nun darum, die Forschung voranzutrei –
ben und diese Patienten langfristig zu beob –
achten, um Verträglichkeit und Wirksamkeit
dieser Medikamente sowie die Verbesserung
der Prognose zu überprüfen. Dies erfolgt am
besten dadurch, dass mittels internationaler
Register Patientenkohorten nachgegangen
wird. Die präzise \beschreibung des Phänoty –
pus dieser seltenen Krankheiten erfolgte dank
dem P r ojek t «Eur ofever », das zur zeit die K las –
sifikationskriterien dieser Krankheiten fest –
legt. In Zusammenarbeit mit unseren franzö –
sischen Kollegen haben wir eine Kohorte von
Patienten mit juvenilen entzündlichen rheu –
matischen Krankheiten gebildet, die «JIRco –
horte», mit dem Ziel, Kohorten von Patienten
mit seltenen rheumatischen Krankheiten
langfristig zu beobachten. Leider können in der Pädiatrie nicht alle durch
Forschung erreichten Fortschritte gleicher
–
massen wie in der Erwachsenenmedizin ange –
wandt werden. Die Anzahl für Kinder zur
Verfügung stehenden biologischen Medika –
mente ist weit geringer als für erwachsene
Patienten; biologische Medikamente, die für
b ei ihr er Zulas sung nicht vor gesehene Indika –
tionen verschrieben werden, stellen in den
französischsprachigen Ländern mehr als ein
Drittel aller ärztlichen Verordnungen bei ent –
zündlichen Krankheiten dar, wie dies dank
JIRcohorte nachgewiesen wurde.
Die Entwicklung der pädiatrischen Rheumato –
logie seit \beginn dieses Jahrhunderts zeigt, in
welchem Masse die Fortschritte der medizini –
schen Kenntnisse und die Qualität des Fach –
wissens von Ärzten und Pflegepersonal zu
einer signifikanten Verbesserung der \betreu –
ung unserer junger Patienten führt. Unsere
Rolle als Pädiater, als Arzt für Kinder und Ju –
gendliche, ist es, uns für diese Werte einzu –
setzen, damit die Entscheidungsträger uns die
Mittel zur Verfügung stellen, die ein Fort –
schreiten von Wissen und Pflegequalität er –
möglichen. Die Jugend ist die Zukunft des
Landes in dem sie leben, und eine Gesell –
schaft, die dies vergisst, setzt ihre Zukunft
aufs Spiel.
Michaël Hofer
Co -Präsident de PRS
Präsident der fPmh
(Union der Ärzte für Kinder und Jugendliche)
Pädi\btrische Rheum\btologie
im 21. J\bhrhundert
Michaël Hofer, Co-Präsident von «Pédiatrie Rhumatologie Suisse»Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
1Prof. ffRTof.ff.abi
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Autoren/Autorinnen
Michaël Hofer Andreas Nydegger