Empfehlungen gegen Über- und Fehlbehandlung
Pressemitteilung vom 18.08.2021
Es gibt Behandlungen und Tests, die für Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert bieten. Der Trägerverein «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» möchte diese medizinische Über- und Fehlversorgung bekämpfen. Deshalb sammelt er aus allen Fachbereichen fünf medizinische Massnahmen, die in der Regel unnötig sind – sogenannte Top-5-Listen. Routinemässiger Einsatz von Antibiotikum, Hustenmedikamente oder Säureblocker: pädiatrie schweiz veröffentlicht nun eine Liste mit diesen und weiteren unnötigen Behandlungen bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen.
Pressemitteilung vom 18.08.2021
Medienmitteilung 18.08.2021
Empfehlungen gegen Über – und Fehlbehandlung
Diese Behandlungen bei Kindern sollten Eltern
vermeiden
Es gibt Behandlungen und Tests, die für Patientinnen und Patienten keinen Mehr –
wert bieten . Der Trägerverein «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland»
möchte dies e medizinische Über – und Fehlversorgung bekämpfen . Deshalb sammelt
e r aus allen Fachber eichen fünf medizinische Massnahmen, die in der Regel unnötig
sind – sogenannte Top- 5-Listen. Routinemässiger Einsatz von Antibiotikum,
Hustenmedikamente oder Säureblocker : Die Schweizerische Gesellschaft für
Pädiatrie veröffentlicht nun eine Liste mit diesen und weiteren unnötigen
Behandlungen bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen.
In der Schweiz werden gemäss Studien auch medizinische Behandlungen und
Abklärungen durchgeführt, welche den Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert
bringen. Der Verein «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» kämpft gegen
diesen Missstand , indem unnötige Behandlungen aus den verschiedenen medizinischen
Fachgebieten veröffentlicht sowie Patientinnen und Patienten ermutigt werden, mit den
Gesundheitsfachpersonen i n einen Dialog zu treten. Dabei verfolgt smarter medicine den
Grundsatz, dass eine Behandlung nur dann angewendet wird, wenn sie tatsächlich zur
Gesundheit und zum Wohle der Patientinnen und Patienten beiträgt . pädiatrie schweiz, die
nationale Fachgesellsc haft für Pädiatrie, hat nun fünf Behandlungen oder Tests
veröffentlicht, die in der Regel unnötig oder gar schädlich sein können.
U nwirksam oder gar gefährlich
Die Autorinnen und Autoren der Top-5-Liste für Pädiatrie raten Eltern davon ab, ihren
Kindern Hustenmedikamente zu geben. Husten sei im Allgemeinen ein normaler
Abwehrmechanismus des Körpers. Pflanzliche und chemische Hustenmedikamente seien
gegen Erkältungen nicht wirksam und könn ten gar gefährlich sein. Sie bestehen nämlich
häufig aus mehreren Wi rkstoffen, weshalb es zusammen mit anderen Medikamenten zu
Überdosierungen kommen k ann, warnt pädiatrie schweiz . Besser sei das Verabreichen
von Honig bei Kindern ab 12 Monaten, das Vermeiden von Zigarettenrauch, ein gutes
Raumklima sowie das Hochlagern des Oberkörpers.
Auf der Liste der Empfehlungen, auf die verzichtet werden sollte, sind auch Säureblocker
zur Behandlung des Rückflusses von Mageninhalt bei Säuglingen zu finden. Säureblocker
waren zuletzt auch bei Erwachsenen in Verruf geraten, nachdem eine Studie gezeigt
hatte, dass diese in der Schweiz häufig zu lange und zu hoch dosiert konsumiert werden.
Zur Top -5-Liste: Die fünf Empfehlungen auf einen Blick
1) Bei Kindern mit mittlerem oder grossem Flüssigkeitsverlust (z. Bsp. bei einer Magen-
Darm -Grippe mit Erbrechen und/oder Durchfall) sollte die fehlende Flüssigkeit via Mund
zugeführt werden.
2) Eine akute Mittelohrentzündung bei Kindern sollte nicht routinemäßig mit einem
Antibiotikum behandelt werden.
3) Geben Sie Ihren Kindern keine Hustenmedikamente.
4) Verwenden Sie bei Säuglingen mit einer Virusinfektion der kleinen Atemwege nicht
routinemäßig kortisonähnliche Medikamente oder Asthma- Medikamente.
5) Verabreichen Sie keine Säureblocker zur Behandlung des Rückflusses von
Mageninhalt bei Säuglingen.
Sie finden die ausführlichen Empfehlungen sowie die Literaturangaben unter
www.smartermedicine.ch
Wissenschaftlich e Evidenz
E ine Arbeitsgruppe von pädiatrie schweiz aus Vertretern der stationären und ambulanten
Kinder – und Jugendmedizin verfolgte bei der Erstellung der Top- 5-Liste einen
wissenschaftlichen Zugang. Die Auswahl der fünf relevantesten «No Gos» erfolgte durch
eine Um frage unter den mehr als 2000 Mitgliedern der Fachgesellschaft. Auch Aspekte
wie die Umsetz – und Überprüfbarkeit der Massnahmen flossen in die Top- 5-Liste ein.
Gemeinsam entscheiden
Dabei sind die obigen Empfehlungen als Leitlinien zu verstehen , die eine gemeinsame
Entscheidungsfindung der medizinischen Fachpersonen mit ihren Patientinnen und
Patienten bzw. deren Eltern über das Vorgehen bewirken soll . Deshalb werden die Top-5-
Listen auch in eine für Laien verständliche Sprache übersetzt und veröffentlicht. Zudem
sollen sich Patientinnen und Patienten auf ein medizinisches Gespräch vorbereiten und
beispielsweise Fragen zu den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, den Vor – und
Nachteilen der empfohlenen Be handlung und deren Wahrscheinlichkeit stellen.
Internationales Problem der medizinischen Über- und Fehlversorgung
« smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» knüpft an die erfolgreiche
amerikanische und dann internationale Initiative «Choosing Wisely » an. Das Problem der
medizinischen Über – und Fehlversorgung ist aber kein Phänomen des US –
Gesundheitswesens. Studien zeigen, dass auch in der Schweiz vor der Coronapandemie
20- 30% der Interventionen nicht nötig waren. Seit 2017 setzt sich deshalb der Verein
«smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» für eine optimale Patientenversorgung
nach dem Motto «weniger ist manchmal mehr» ein.
Über «smarter medicine»
Der Trägerverein smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland ist im Juni 2017
gegründet worden. Neben SGAIM und SAMW sind auch der Schweizerische Verband
der Berufsorganisationen im Gesundheitswesen (svbg) , physioswiss, die
Schweizerische Stiftung für Patientenschutz SPO sowie die
Konsumentenorganisationen Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Fédération
Romande des Consommateurs (FRC) und Associazione Consumatrici e Consumatori
della Svizzera Italiana (acsi) als Mitglied dabei.
Der Trägerverein verfolgt folgende Ziele:
• Ausarbeitung und Publikation weiterer Top- 5-L isten durch medizinische
Fachgesellschaften und andere Organisationen fördern;
• Die Verbindlichkeit der Empfehlungen erhöhen;
• Andere Gesundheitsberufe aktiv einbeziehen und interprofessionelle Ansätze in
Choosing Wisely zur Diskussion bringen;
• Patient/innen und Versicherte für das Anliegen sensibilisieren und für den Dialog
mit den Behandelnden zu befähigen;
• Öffentliche Diskussion über Behandlungsqualität (Fehl – und Überversorgung)
fördern;
• Behandlungsqualität als Teil der medizinischen Weiter – und Fortbildung
etablieren und verankern;
• Unterstützung der Kampagne durch Politik und Behörden erreichen.
Mehr Informationen zu «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» finden Sie
unter dem Link www.smartermedicine.ch
Weitere Auskünfte
Dr. med. Lars Clarfeld, Geschäftsführer «smarter medicine – Choosing
Wisely Switzerland», Tel. +41 31 370 40 06, lars.clarfeld@sgaim.ch
Dr. med. Dominique Gut, Qualitätsverantwortlicher pädiatrie s chweiz und
Co -Leitung der Arbeitsgruppe Choosing Wisely,
qualitaet@paediatrieschweiz.ch
Dr. med. Corinne Wyder, Co-Leitung der Arbeitsgruppe Choosing Wisely,
Tel. +41 34 427 05 50, wyder@kurwerk.ch
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