Hämophagozytose-Syndrome zeichnen sich durch eine überschiessende oder schlecht kontrollierte Immunreaktion aus, insbesondere der T-Lymphozyten und Makrophagen. Diese überschiessende Immun antwort führt zu einem ZytokinSturm und einer übermässigen Entzündungsreaktion, welche die entsprechenden klinischen Symptome und Laborveränderungen hervorrufen und fatale Folgen haben können. Hämophagozytose-Syndrome können bei einer Reihe verschiedener Grundkrankheiten auftreten. In den letzten Jahren haben sich die Hinweise verdichtet, dass das von den Rheumatologen beschriebene MakrophagenaktivierungsSyndrom im Grunde genommen dieselbe klinische Entität darstellt wie das Hämophagozytose-Syndrom bei der sogenannten hämophagozytären Lymphohistiozytose. Hämophagozytose-Syndrome können also verschiedene Ursachen haben; die Endstrecke der pathogenetischen Vorgänge scheint aber allen gemeinsam zu sein. Ätiologisch wird zwischen angeborenen und erworbenen Hämophagozytose-Syndromen unterschieden.
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Vol. 22 Nr. 4 2011 F o r t b i l d u n g
1. Einführung\bHintergrund
Hämophagoz y tose – Syndrome zeichnen
sich d\brch eine überschiessende oder
schlecht kontrollierte Imm\bnreaktion a\bs,
insbesondere der T- Lymphoz y ten \bnd
Makrophagen. Diese überschiessende
Imm\bn antwort führt z\b einem Zytokin-
St\brm \bnd einer übermässigen Entzün –
d\bngsreaktion, welche die entsprechenden
klinischen Symptome \bnd Labor verände –
r\bngen her vorr\bfen \bnd fatale Folgen ha –
ben können. Hämophagozytose-Syndrome
können bei einer Reihe verschiedener
Gr\bndkrankheiten a\bftreten. In den letzten Jahren haben sich die Hinweise verdichtet,
dass das von den Rhe\bmatologen be
–
schriebene Makrophagenaktivier\bngs –
Syndrom im Gr\bnde genommen dieselbe
klinische Entität darstellt wie das Hämo –
phagozytose -Syndrom bei der sogenann –
ten hämophagozytären Lymphohistiozyto –
se. Hämophagozytose -Syndrome können
also verschiedene Ursachen haben; die
Endstrecke der pathogenetischen Vorgän –
ge scheint aber allen gemeinsam z\b sein.
Ätiologisch wird zwischen angeborenen
\bnd er worbenen Hämophagozytose -Syn –
dromen \bnterschieden.
2. Angeborene Hämophagozytose-
Syndrome
2.1. Genetische Defekte
Grosse For tschritte im Verständnis der
Pathogenese der Hämophagoz y tose -Syn –
drome w\brden d\brch die Identifizier\bng
von Genm\btationen erzielt, die für die
seltenen, hereditären Formen verantwort –
lich sind
1). Fast alle bisher entdeckten
Genm\btationen führen z\b einem F\bnkti –
Hämophagoz\btose-S\bndrome
Jana Pachlopnik Schmid, Zürich onsdefekt einiger T- Lymphoz y ten \bnd/
oder der natürlichen Killerzellen: Diese
defekten Imm\bnzellen sind z war nach wie
vor fähig, infizier te oder maligne verän
–
der te Zielzellen z\b erkennen \bnd sie sind
ebenfalls nach wie vor fähig, Botenstof fe
(Zy tokine) a\bsz\bschütten, \bm weitere Im –
m\bnzellen anz\blocken \bnd z\b aktivieren,
aber es fehlt Ihnen die Fähigkeit z y toto –
xisch z\b wirken, d. h. die Zielzelle abz\btö –
ten.
Zy totoxische Gran\bla enthalten Per forin
\bnd Granz yme, die beim Kontakt der z y –
totoxischen Zelle mit der infizier ten (oder
der antigenpräsentierenden) Zelle in den
inter zell\blären Ra\bm a\bsgeschüttet wer –
den (Abbildung 1) . Dieser Vorgang ähnelt
in gewisser Weise der A\bsschütt\bng von
Ne\brotransmittern in ne\bronalen Synap –
sen; deshalb wird die Kontakt zone der
z y totoxischen Zelle mit der Zielzelle als
«imm\bnologische Synapse» bezeichnet.
Per forin wird von der Zielzelle a\bfgenom –
men \bnd ind\bzier t z\bsammen mit den
Granz ymen den Zelltod, d. h. die Apopto –
se der Zielzelle. M\btationen, welche mit
einem Per forin – Defekt einhergehen, füh –
ren z\b einem Zytotoxizitätsdefekt. Zielzel –
len werden nicht oder nicht ef fektiv ge –
n\bg ent fer nt \bnd halten damit die
Aktivier\bng der z y totoxischen Lymphoz y –
ten a\bfrecht.
Abb 1: Bekannte molek\blare Defekte, die bei hereditären Hämophagozytose-Syndromen
beschrieben sind. Sie betreffen die \bnterschiedlichen Etappen des Exozytose-Vorgangs
der zytotoxischen Gran\bla. CHS = Chediak Higashi Syndrom; FHL = Familiäre Hämopha –
gozytische Lymphohistiozytose; GS2 = Griscelli Syndrom Typ 2
Zusammenfassung
• Hämophagozyto\be-Syndrome \bind po –
tentiell fatal verlaufende Immunantwor –
ten mit über\bchie\b\bender Aktivierung
und Vermehrung von Lymphozyten und
Makrophagen, welche immer noch viel
zu wenig bekannt \bind. Leben\brettende
Therapien werden oftmal\b zu \bpät oder
gar nicht einge\betzt.
• Virale Infekte (vor allem durch Ep\btein
Barr Viru\b, EBV) und andere Trigger
vermögen \bowohl angeborene al\b auch
erworbene Hämophagozyto\be-Syndro –
me au\bzulö\ben.
• Funktion\bdefekte der zytotoxi\bchen
Lymphozyten bei angeborenen Hämo –
phagozyto\be-Syndromen verunmögli –
chen oder verzögern die Elimination von
infizierten und antigenprä\bentierenden
Zellen. Die\b könnte dazu führen, da\b\b
die Aktivierung der zytotoxi\bchen Lym –
phozyten aufrecht erhalten bleibt und
e\b \bomit zur über\bchie\b\benden Immun –
reaktion kommt, welche die Hämopha –
gozyto\be-Syndrome au\bzeichnet.
• Hämophagozyto\be-Syndrom gehört zur
Differentialdiagno\be de\b Fieber\b, wel –
che\b nicht oder ungenügend auf eine
antiinfektiö\be Therapie an\bpricht. Eine
(Hepato-) Splenomegalie zu\bammen mit
einer Bi-Zytopenie \bollten an ein Hämo –
phagozyto\be-Syndrom denken la\b\ben
und die Suche nach einer Hyperferritin –
ämie, Hypertriglyzeridämie und Hypofi –
brinogenämie veranla\b\ben.
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Vol. 22 Nr. 4 2011 F o r t b i l d u n g
te Makrophagen könnte daz\b beitragen.
Eine Knochenmarksp\bnktion sollte d\brch-
geführ t werden z\br Objektivier\bng der
Hämophagoz y tose, z\bm A\bsschl\bss einer
malignen Erkrank\bng \bnd z\br S\bche nach
Leishmanien.
Hepatische Manifestationen: Eine hepa –
tische Affektion ist in > 50% der Fälle vor-
handen \bnd manifestiert sich klinisch d\brch
eine Hepatomegalie \bnd/oder einen Ikte –
r\bs, eine Erhöh\bng der Transaminasen \bnd/
oder eine hepatische Cholestase. Z\bdem
kann eine Hypalb\bminämie vorhanden sein.
Erhöhte Konzentrationen von TNF alpha
\bnd anderen inflammatorischen Zytokinen
könnten die hepatische Alb\bminprod\bktion
vermindern \bnd somit die Hypalb\bminämie
bedingen. A\bch die Hypofibrinogenämie ist
ein Zeichen der hepatischen Dysf\bnktion.
Die erhöhten TNF-alpha-Konzentrationen
hemmen z\bdem die Lipoproteinlipase \bnd
bedingen dad\brch eine Hypertriglyzeridä –
mie. Das lymphozytäre Infiltrat kann z\bm
Bild einer chronischen Hepatitis mit Fibrose
der Periportalfelder führen.
Neurologische Manifestationen: Die
ne\brologischen Symptome sind sehr vari –
abel \bnd reichen von einer meningealen
Reiz\bng bis hin z\b einem schweren Befall
des zentralen Ner vensystems mit Krampf –
anfällen \bnd Koma. Ein initial isolier ter
ZNS-Befall, bei dem sich die systemischen
Symptome des Hämophagoz y tose – Syn –
droms erst nach einigen Tagen bis Wochen
einstellen, ist möglich. Eine Fazialisparese
oder ein Befall anderer Hirnner ven w\brden
ebenfalls beschrieben. Eine zerebrale In –
filtration d\brch Lymphozyten \bnd event\bell
Makrophagen könnte diese Symptome
erklären. TNF alpha \bnd andere Zytokine
erhöhen die Permeabilität der Bl\bt- Hirn –
Schranke \bnd stim\blieren die Sekretion
des antidi\bretischen Hormons, wod\brch
sich die Entsteh\bng der hä\bfig vorhande –
nen Hyponatriämie erklär t \bnd die Entste –
h\bng von zerebralen Krampfanfällen
begünstigt wird. Im Gefolge des hämatolo –
gischen Befalls stellt die intrazerebrale
Bl\bt\bng eine wichtige Differentialdiagnose
dar. Die Indikation z\br diagnostischen
L\bmbalp\bnktion ist in Abhängigkeit vom
klinischen Kontext z\b stellen (ne\brologi –
sche Symptomatik, Verdacht a\bf hereditä –
res Hämophagozytose-Syndrom). Die Bild –
geb\bng (zerebrales MRI) kann in den
FLAIR-Seq\benzen Anomalien der weissen
Hereditäre Hämophagozytose -Syndrome,
welche mit einem Zy totoxizitätsdefekt
einhergehen, können assoziier t sein mit
Per forin – M\btationen oder mit anderen
a\btosomal rezessiv vererbten M\btatio
–
nen, welche mit einer \bngenügenden
A\bsschütt\bng von Per forin in die imm\b –
nologische Synapse einhergehen, in den
Genen, welche für M\bnc13 – 4, M\bnc18 -2,
Syntaxin 11 (familiäre hämophagoz y täre
Lymphohistioz y tose), Rab27a (Griscelli
Syndrom Typ 2) \bnd CHS1/LYST (Chediak
Higas hi – Sy ndr om) ko dier en
1) – 4) . B eim
P\br tilo – Syndrom (oder: X- linked lympho –
proliferative syndrome, XLP) mit X- chro –
mosomalem Erbmod\bs scheint die Akti –
vier\bng der z y totoxischen Lymphoz y ten
( XLP Typ 1) \bnd die Apoptose ( XLP Typ 2)
eine wichtige Rolle in der Pathogenese z\b
spielen
1), 5), 6) .
2.2. Pathoph\bsiologie
St\bdien an Ma\bsmodellen haben gezeigt,
dass vor allem die zytotoxischen CD8
+-T-
Zellen \bnd das Zytokin Interferon gamma
eine wesentliche Rolle in der Pathogenese
der Hämophagozytose spielen. Ein Zytoto –
xizitätsdefekt in denjenigen Lymphozyten,
welche spezifisch die infizierten oder mali –
gne veränderten Zellen eliminieren sollten,
verhindert a\bch die Elimination der antigen –
präsentierenden Zellen. Es ist sehr wahr –
scheinlich, dass gerade die Persistenz
dieser vir\bsenthaltenden antigenpräsentie –
renden Zellen die Aktivier\bng der zytotoxi –
schen Lymphozyten a\bfrecht erhält \bnd
dass somit die Zytokina\bsschütt\bng länger
\bnd intensiver verlä\bft. Diese Zytokine, al –
len voran Interferon gamma, aktivieren
Makrophagen \bnd ind\bzieren deren Prod\bk –
tion von weiteren Zytokinen (wie z. B. TNF
alpha \bnd IL-18). Z\bsätzlich könnte die Zyto –
toxizität bei der gegenseitigen Elimination
von zytotoxischen Zellen \bnd bei der F\bnk –
tion von reg\blatorischen T-Zellen gestört
sein.
2.3. Diagnostische Kriterien
Es gibt keinen spezifischen Test, der die
Diagnose eines Hämophagozytose -Syn –
droms \bnterma\bern oder widerlegen könn –
te. Gemäss der e\bropäischen St\bdiengr\bp –
pe HLH 2004, die sich den hereditären
Hämophagoz y tose – Syndromen widmet,
basiert die Diagnose a\bf dem Vorhanden –
sein von 5 der folgenden 8 Kriterien
7):
1. Fieber
2. Splenomegalie 3.
Bi-Zytopenie: Hb < 90 G/l (bei Ne\bgebore -
nen < 100 G/l), Thrombozyten < 100 G/l,
ne\btrophile Gran\blozyten < 1 G/l
4. Hyper triglyceridämie ( ≥ 3.0 mmol/l,
nüchtern) \bnd/oder Hypofibrinogenämie
(< 1.5 g/l)
5. Hämophagozytose im Knochenmark, in
Milz oder Lymphknoten
6. Hyperferritinämie ( ≥ 500 µg/l)
7. Erhöhter Spiegel von löslichem CD25
(≥ 2400 UI/ml)
8. Zytotoxizitätsdefekt der NK-Zellen
Während eines Hämophagozytose-Syndro -
mes kommt es z\br überschiessenden Akti -
vier\bng \bnd Vermehr\bng von T-Zellen (vor
allem der CD8 positiven). Diese Zellen kön -
nen praktisch alle Organe infiltrieren \bnd
d\brch die vermehrte Zytokina\bsschütt\bng
eine derart starke Aktivier\bng der ortsan -
sässigen (\bnd vielleicht sogar ne\b ange -
lockten) Makrophagen bewirken, dass die -
se andere Bl\btzellen z\b phagoz ytieren
beginnen, was z\bm Bild der Hämophagozy -
tose führt. Eine Aktivier\bng der T-Zellen
kann beispielsweise mittels Mess\bng von
löslichem IL-2-Rezeptor (sCD25) objekti -
viert werden, eine Aktivier\bng der Makro -
phagen mittels Mess\bng des löslichen
CD163. Die res\bltierenden klinischen Sym -
ptome lassen sich d\brch diese zell\bläre In -
filtration \bnd d\brch die erhöhte Zytokinkon -
zentration erklären.
S\bstemische S\bmptome: Fieber (welches
keinem spezifischen Tagesverla\bf folgt) \bnd
eine de\btliche Verschlechter\bng des Allge -
meinz\bstandes sind praktisch immer vor-
handen.
Hämatologische Manifestationen: Zy-
topenien gehören ebenfalls z\b den prak -
tisch immer vorhandenen Zeichen \bnd
sind wahrscheinlich d\brch die erhöhten
Konzentrationen von TNF alpha \bnd IFN
gamma beding t, die einen myelos\bppres -
siven Ef fekt haben könnten. Wahrschein -
lich spielt die Hämophagoz y tose an sich
eine eher \bntergeordnete Rolle bei der
Entsteh\bng der Zy topenien. Die Infiltrati -
on der Milz \bnd der Lymphknoten d\brch
Lymphoz y ten (\bnd event\bell a\bch Makro -
phagen) tragen z\br Splenomegalie \bnd
Lymphadenopathie bei. Ein Hypersplenis -
m\bs kann die Zy topenien z\bsät zlich ver -
stärken. Die Hyper ferritinämie ist wahr -
scheinlich m\bltifaktoriell beding t; die
A\bsschütt\bng von Ferritin d\brch aktivier -
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Vol. 22 Nr. 4 2011 F o r t b i l d u n g
dere Hera\bsforder\bng dar, da das Hämopha-
gozytose-Syndrom einige Symptome der
Gr\bndkrankheit imitieren kann: Beim SLE
sind Fieber, Splenomegalie, Zytopenien wäh -
rend eines Krankheitssch\bbes hä\bfig; Ähn -
liches gilt für die Systemische J\bvenile idio -
pathische Arthritis (M. Still) in Bez\bg a\bf
Fieber, Splenomegalie, Anämie \bnd Hyper -
ferritinämie. Eine abr\bpte Erhöh\bng der
Transaminasen, ein Absinken des Fibrino -
gens, eine Verschlechter\bng des Allgemein -
z\bstandes, eine Normalisier\bng der Throm -
bozytose oder der Ne\btrophilie trotz febriler
Erkrank\bng \bnd eine starke Erhöh\bng des
Ferritins stellen Verdachtsmomente dar.
3.2. Pathoph\bsiologie bei erworbenen
Hämophagoz\btose-S\bndromen
Die Entsteh\bngsmechanismen der erworbe -
nen Hämophagozytose-Syndrome sind nicht
g\bt verstanden. Wahrscheinlich ist die Kom -
bination eines Umweltfaktors (insbesondere
einer Infektion) \bnd eines Defektes oder ei -
ner Dysreg\blation des Imm\bnsystems (gene -
tischen oder erworbenen Urspr\bngs) nötig
für die Pathogenese eines Hämophagozyto -
se-Syndroms. Eine verminderte Zytotoxizität
der NK-Zellen konnte bei Patienten mit sys -
temischer J\bveniler idiopathischer Arthritis
(M. Still) gezeigt werden.
4. Therapie
Die überschiessende Imm\bnreaktion \bnd
der oft kritische Z\bstand der Patienten er-
fordern einen raschen Therapiebeginn, so -
bald die Diagnose eines Hämophagozyto -
se-Syndroms gestellt ist. Meist kann die
Frage nach der Ätiologie z\b diesem Zeit -
p\bnkt noch nicht abschliessend beantwor-
tet werden. Hingegen sollte eine sorgfältige
S\bche nach infektiösen Erregern \bnd eine
(event\bell probatorische) antiinfektiöse
Therapie eingeleitet worden sein. Eine sym -
ptomatische Therapie (Thrombozyten- \bnd
Er y thr oz y tenkon zentr at-Tr ans f \bs ion en ,
Ersatz von Gerinn\bngsfaktoren wie Fibrino -
gen) m\bss d\brchgeführt werden. Im Folgen -
den wird die Therapie des Hämophago -
zytose-Syndroms abhängen von dessen
Schweregrad \bnd davon, ob es sich \bm eine
hereditäre oder erworbene Form handelt.
4.1. Therapie der hereditären
Hämophagoz\btose-S\bndrome
Die Behandl\bng des hereditären Hämo -
phagoz ytose -Syndroms besteht a\bs z wei
Phasen. Das Ziel der ersten Behandl\bngs -
S\bbstanz zeigen, meistens befinden sich
diese in den periventrik\blären Regionen
\bnd im Kleinhirn.
Gastrointestinale S\bmptome:
Der Be-
ginn eines Hämophagoz ytose -Syndroms
ist oftmals gekennzeichnet d\brch Diarrhöe
\bnd Abdominalschmerzen, Übelkeit \bnd
Erbrechen.
Kardiovaskuläre S\bmptome: Bei sehr
schweren Formen des Hämophagozytose-
Syndroms beobachtet man eine Herzins\bf -
fizienz, die einerseits a\bf den negativen
Effekt von TNF alpha \bnd wahrscheinlich
IFN gamma a\bf die myokardiale F\bnktion,
anderseits a\bf eine allfällige, d\brch das
Kapillarleck bedingte Hypovolämie z\brück -
z\bführen sein könnte.
Dermatologische Manifestationen: Bei
10–25% der Patienten lässt sich ein meist
flüchtiger, \bnspezifischer Ha\bta\bsschlag,
meist in der Form von Erythemen oder aber
von P\brp\bra, beobachten. Bei schweren
Formen kommt es z\br Bild\bng von Ödemen
(\bnd Aszites), welche a\bf die Hypoalb\bmin -
ämie, die erhöhte kapilläre Permeabilität
oder a\bf die Kardiomyopathie z\brückz\bfüh -
ren sind. Eine Ha\btbiopsie sollte bei persis -
tierender, ekzematoider Dermatose mit der
Frage nach Langerhans-Zell-Histiozytose
d\brchgeführt werden.
Pulmonale S\bmptome: Ple\braergüsse
oder ein L\bngenödem können vorkommen.
Manchmal kann radiologisch einzig ein in -terstitielles Syndrom vorhanden sein. Bei
schweren Formen ist ein ARDS möglich.
Der p\blmonale Befall bei der Hämophago
-
zytose wird wahrscheinlich in seiner Hä\b -
figkeit \bnterschätzt; dies könnte z\bmindest
die nicht selten vorkommenden p\blmonalen
Komplikationen (insbesondere die p\blmo -
nale Hypertonie) bei Patienten nach häma -
topoietischer Stammzelltransplantation
erklären.
Seltene S\bmptome: Ein nephrotisches
Syndrom w\brde beschrieben; ebenso ein
fetales Hämophagozytose-Syndrom.
3. Erworbene Hämophagozytose-
Syndrome
3.1. Klinischer Kontext
Wichtig z\b erkennen (\bnd früh z\b erkennen)
sind die viel hä\bfigeren reaktiven Formen,
die vom leichten Hämophagozytose-Syn -
drom bis z\b einem f\blminanten, innert
St\bnden tödlich verla\bfenden Z\bstand füh -
ren können \bnd immer noch z\b oft verpasst
oder z\b spät diagnostiziert werden. Erwor-
bene Hämophagozytose -Syndrome sind
meistens assoziiert mit einer Infektion, ei -
ner malignen oder einer chronisch-ent -
zündlichen Erkrank\bng (Tabelle 1). Bei den
Infektionen spielt das Epstein Barr Vir\bs
(EBV) eine dominante \bnd besondere Rolle.
Die Diagnose eines Hämophagozytose-Syn -
droms (oder Makrophagenaktivier\bngs-
Syndroms) bei Patienten mit systemischen
Entzünd\bngskrankheiten stellt eine beson -
Chronisch-entzündliche
Erkrankungen •
Systemische J\bvenile idiopathische Arthritis (M. Still)
• Systemischer L\bp\bs Er ythematodes
Maligne Erkrankungen •
Non-Hodgkin-Lymphome
• Hodgkin-Lymphome
Infektionen* •
Epstein Barr Vir\bs (EBV)
• H\bmanes Imm\bndefizienz Vir\bs (HIV)
• Adenovir\bs
• Mycobacteri\bm t\bberc\blosis \bnd avi\bm
• Leishmania donovani
Medikamente/Therapien •
Nicht steroidale Entzünd\bngshemmer**
• Imm\bns\bppressiva**
• Chemotherape\btika
• Parenterale Ernähr\bng (Lipide)
Tabelle 1: Hä\bfigste Gr\bndkrankheiten & Trigger bei sek\bndären Hämophagozytose-Syndromen * Sowohl beim angeborenen als a\bch beim er worbenen Hämophagozytose -Syndrom kann eine Infektion Trig -
ger faktor sein.
** Insbesondere bei der Systemischen J\bvenilen idiopathischen Arthritis (M. Still) scheint ein Therapiewechsel
(z. B. Umstell\bng a\bf Anti-TNF-alpha-Antikörper) bereits z\b genügen, \bm in manchen Fällen ein Hämophago -
zytose -Syndrom a\bsz\blösen.
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Korrespondenzadresse
Dr. med Jana Pachlopnik Schmid, PhD
Oberärztin \bnd Forsch\bngsgr\bppenleiterin
Abteil\bng Imm\bnologie/Hämatologie/KMT
Universitäts-Kinderspital
Steinwiesstr. 75
8032 Zürich
jana.pachlopnik@kispi.\bzh.ch
phase ist die Remission. Die Patienten
sollten hier für gemäss internationalen
St\bdienprotokollen (
HLH -2004 oder ab
2012 TREAT- HLH ) behandelt werden. Beim
HLH-2004 -Protokoll wird im Wesentlichen
eine Kombinationstherapie a\bs Etoposide
(VP-16) in Kombination mit Kor tikosteroi -
den \bnd Cyclosporin A
7) eingesetzt. Bei
der TREAT- HLH -St\bdie soll diese chemo -
therape\btische Behandl\bng mit Imm\bnthe -
rapie - Protokollen basierend a\bf anti- Lym -
p h oz y te n - A nt i kö r p e r n
8) , 9) ve r g l i c h e n
werden. Letztere sollen der pathophysio -
logischen Rolle der T-Zellen in der Patho -
genese der Hämophagoz ytose -Syndrome
besser Rechn\bng tragen. Intrathekale In -
jektionen (Kor tikoide, Methotrexat) wer -
den bei schwerem ne\brologischen Befall
angewandt oder aber in Fällen, bei denen
ein ne\brologischer Befall \bnter der syste -
mischen Therapie persistier t. Die z weite
k\brative Behandl\bngsphase besteht a\bs
einer allogenen hämatop oietischen
Stammzelltransplantation mit dem Ziel
einer Heil\bng.
4.2. Therapie des erworbenen
Hämophagoz\btose-S\bndroms
Die Therapie besteht in erster Linie in der
Beseitig\bng des A\bslösers: Behandl\bng
der Infektion, Absetzen von Medikamen -
ten, welche das Hämophagoz ytose -Syn -
drom wahrscheinlich a\bsgelöst haben, \bnd
Intensivier\bng der Therapie der entzündli -
chen Gr\bndkrankheit. Meist ist eine z\b -
sät zliche imm\bnos\bppressive Therapie
notwendig, klassischer weise wird a\bch
hier eine Kombinationstherapie a\bs Kor ti -
kosteroiden \bnd Cyclosporin A eingesetzt.
Einige A\btoren empfehlen a\bch den Ein -
satz von intravenösen Imm\bnglob\blinen
10).
Im Rahmen der systemischen J\bvenilen
idiopathischen Arthritis (M. Still) konnte in
einigen Fällen eine Remission des Hämo -
phagoz y tose - Syndroms mittels TNF - al -
pha- Inhibitoren oder mittels IL-1- Inhibito -
ren erreicht werden
11). Im Gegensatz z\b
den angeborenen Hämophagozytose -Syn -
dromen verla\bfen die er worbenen mei\b-
ten\b weniger schwer \bnd eine zerebrale
Beteilig\bng liegt meistens nicht vor. Der
Einsatz von VP-16 respektive Anti- Lym -
phoz yten -Antikörpern ist deshalb selten
notwendig.
4.3. Ausblick
Eine alternative Möglichkeit, \bm eine
Remission z\b ind\bzieren könnte die The -rapie mit tels Anti - IFN - gamma - Antikör
-
pern bieten, die in Ma\bsmodellen sehr
v iel ver spr e chende Res\blt ate gezeig t
hat
12). St\bdien bezüglich k\brativen Thera -
pien haben in vitro gezeig t, dass eine
Korrekt\br des Zy totoxizitätsdefektes mit -
tels gentechnischer Methoden erreicht
werden kann. Eine Gentherapie der ange -
borenen Hämophagoz y tose - Sy ndrome
mit bekanntem G endefek t wäre also
denkbar. Diese experimentellen St\bdien
könnten möglicher weise z\bkünf tige The -
rapiekonzepte der Hämophagoz y tose be -
einfl\bssen.
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Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med. Jana Pachlopnik Schmid , Abteilungsleiterin, Immunologie, Universitäts-Kinderspital, Zürich Andreas Nydegger