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Editorial

Die COVID-19 Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie sehr Infektionskrankheiten unseren Alltag beeinflussen können. Trotz aller berechtigter Massnahmen, die Pandemie zu kontrollieren, dürfen dabei andere Infektionskrankheiten nicht aus dem Auge verloren werden.

Auch sie bedrohen die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Eine Auswahl bedeutsamer Managementkonzepte aus unserem Fachgebiet werden von Mitgliedern der Pädiatrischen Infektiologiegruppe Schweiz (PIGS) in dieser Ausgabe beleuchtet. Die meisten Beiträge sind durch Fallbeschreibungen illustriert, was den Zugang zur jeweils dargestellten Thematik erleichtert.

Nina Schöbi und Andrea Duppenthaler erläutern, welche Labordiagnostik zur Sicherung der Diagnose bei Verdacht auf eine Infektionskrankheit sinnvoll sein kann, zeigen gleichzeitig aber auch deren Grenzen auf. Beruhigend ist auch die Betonung der Wertigkeit der durchaus wiederholten Krankheitsanamnese und des körperlichen Untersuchungsstatus in unklaren Fällen. Sie können zielführender sein als ein ganzes Arsenal an Laboruntersuchungen. Trotzdem hilft uns das Labor in vielen Fällen, der Diagnose auf die Spur zu kommen. Die Bedeutung einer Blutkultur bei unklarem Fieber und reduziertem Allgemeinbefinden kann nicht genug betont werden. 

Erfahren Sie von Julia Bielicki und Malte Kohns, wie eine rationale Antibiotikatherapie den unmittelbaren Nutzen für die behandelten Kinder und Jugendliche maximieren kann, ohne unsere Patienten zu gefährden. In der Praxis heisst das oftmals eher zurückhaltend und wenn indiziert, dann gezielt zu behandeln. Auch die Therapiedauer kann häufig individuell festgelegt werden, ohne wie vielerorts noch immer praktiziert, «auszutherapieren». Bei konsequenter Beachtung der Empfehlungen kann jede und jeder Einzelne von uns einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der allgemeinen antimikrobiellen Resistenzlage leisten.

Margherita Plebani und Koautorinnen erinnern an die diagnostischen Kriterien der akuten Otitis media im Kindesalter und weisen darauf hin, wer, wann und wie lange und mit welchem Antibiotikum behandelt werden soll, und wer nicht. Auch der Stellenwert der Impfprävention (insbesondere Pneumokokken-Konjugatimpfstoffe) wird hervorgehoben, hat diese doch das Erregerspektrum der akuten Otitis media massgeblich verändert.

Renato Gualtieri und Kolleginnen leiten uns systematisch durch das Krankheitsbild der Streptokokken der Gruppe-A Infektionen und erinnern an die lang bekannten aber oft nicht beachteten Diagnosekriterien. Sie erläutern und belegen, warum immer weniger Kinder und Jugendliche mit einer Streptokokken-Pharyngitis heutzutage antibiotisch behandelt werden, und wenn doch, dann nur noch 6 Tage mit Amoxicillin statt 10 Tage Penicillin (was aber nicht grundsätzlich falsch wäre).

Patrick Meyer Sauteur fasst die wesentlichen Fortschritte der jüngsten Zeit zum Verständnis der Diagnose und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie zusammen. Die Umsetzung der neuen Erkenntnisse wird das Management dieser Krankheit sowohl im Spital, als auch in der Praxis stark beeinflussen. Bringen Sie sich auf den aktuellen Stand, wie eine Pneumonie diagnostiziert werden soll, und wann sie antibiotisch behandelt, bzw. davon Abstand genommen werden soll.

Schliesslich zeigen Michael Büttcher und Kollegen auf, wie sich die Borreliose bei Kindern und Jugendlichen manifestiert und wie sie in den verschiedenen Stadien vernünftig diagnostiziert und behandelt wird. Eine Labordiagnostik ist keineswegs immer erforderlich – der geschulte klinische Blick genügt zum Beispiel im Falle eines Erythema migrans!

Im Namen der Pädiatrischen Infektiologiegruppe Schweiz wünsche ich Ihnen eine interessante und gewinnbringende Lektüre.

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med.  Ulrich Heininger Leitender Arzt und Chefarzt Stv. Pädiatrie Abteilungsleiter Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie, Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), Basel