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Editorial

Dank grossartiger Fortschritte in der Diagnostik, invasiven Behandlung, inkl. Herzchirurgie und interventionellen Kardiologie, sowie in der pädiatrischen Intensivmedizin und in der Pflege erleben wir Kinderkardiolog:innen und mit uns alle pädiatrischen Kolleg:innen eine drastische Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten und damit der Ergebnisse bei Patient:innen mit angeborenen Herzfehlern. Die Fachdisziplin «Kinderkardiologie» beschäftigt sich somit schon längst nicht mehr vorwiegend mit dem Überleben der Patient:innen, sondern kann sich nun neuen Herausforderungen stellen. Auch bei einem guten Verlauf soll die Langzeitbetreuung dieser Patient:innen als ganzheitliche Aufgabe verstanden werden. Patient:innen mit Multimorbidität haben spezifische Bedürfnisse und stellen uns vor zusätzliche Aufgaben. Hierbei spielt auch die Allgemeinpädiater:in eine zentrale Rolle, sei es als Gate-Keeper:in zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen oder als medizinische Referenzperson für die Patient:innen und deren Familien. Zudem wird heutzutage erwartet, dass die Allgemeinpädiater:innen im klinischen Alltag jene Warnzeichen erkennen, die eine fachspezifische Zuweisung erfordern, zum Beispiel bei Herzgeräuschen oder Synkopen.

Sportliche Aktivitäten bei Kindern mit Herzerkrankungen waren früher, aufgrund der allgemeinen Meinung dies sei gefährlich, verpönt. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben inzwischen bewiesen, dass diese Ängste nicht gerechtfertigt sind. Auch bei Kindern mit Herzerkrankungen ist Sport mit einer besseren Lebensqualität verbunden. Sport fördert die Sozialisation. Es gibt zunehmende Evidenz, dass regelmässige körperliche Aktivität auch bei Kindern und Jugendlichen mit schwersten Herzfehlern eine positive Auswirkung auf den kardiovaskulären Status und die Belastungstoleranz hat. Die entsprechenden internationalen Richtlinien werden von unseren Autoren aufgezeigt.

Die Endokarditis bleibt in unseren Köpfen eine der seltenen Erkrankungen. Dies gilt bei Patient:innen mit angeborenem Herzfehler jedoch nur bedingt: Der zunehmende Gebrauch von Fremdmaterialen und Ersatzklappen für die invasive Behandlung der Defekte haben in den letzten Jahren die Prävalenz der Endokarditis erhöht. Ein medizinisch korrektes Verhalten bei der Prophylaxe und Diagnostik der Endokarditis ist von zentraler Bedeutung. Obwohl die „neuen“ Prophylaxe-Richtlinien bereits einige Jahre alt und mehrfach vorgestellt worden sind, erachten wir eine Auffrischung der Grundprinzipien als sehr wichtig. Erkennen Sie ihre Patient:innen mit einem Endokarditis-Risiko und vergessen Sie auch bei den anderen diese heimtückische Erkrankung nicht in ihrer Differentialdiagnose bei Fieber, beziehungsweise reduziertem Allgemeinzustand unklarer Genese.  

Die Genetik ist eine der diagnostischen Disziplinen, die uns in den letzten Jahren ausserordentliche Erkenntnisse beschert hat und weiterhin bescheren wird. Immer mehr genetische Defekte können im Zusammenhang mit angeborenen Herzfehler erkannt werden. Diese Informationen erlauben eine genauere Beratung betroffener Familien. Bei Kardiomyopathien und Ionenkanalstörungen hat die genetische Diagnostik eine direkte Auswirkung auf die Therapie und ermöglicht teilweise bereits eine Risikostratifizierung. Damit kann jede Patient:in individuell eingeschätzt und behandelt werden. Eine Aufgabe, die noch nicht beendet ist und uns in Zukunft weiter beschäftigen wird, ist es, den Zusammenhang zwischen Genotyp und Phänotyp weiter zu erforschen und zu verstehen.

Sars-CoV-2 hat in den letzten zwei Jahren uns alle, Pädiater:innen und Kinderkardiolog:innen, im Alltag beschäftigt und uns auch gelehrt, dass es immer noch Erkrankungen gibt, die uns wenig bekannt sind. Das PIMS war eine besondere Herausforderung in den Kinderspitälern, um möglichst rasch eine adäquate Versorgung dieser zum Teil schwer kranken Patient:innen zu gewährleisten. Diese Komplikation hat uns alle gezwungen, neue klinische Aspekte schnell zu identifizieren, verstehen, monitorisieren und zu behandeln. Dies wurde in der Schweiz beispielhaft und erfolgreich interdisziplinär angegangen. Die kardiologischen Aspekte dieser Erkrankung, inkl. Nachsorge und Prognose, werden hier erklärt.

Wir bedanken uns bei allen Autor:innen für die Beiträge und wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine spannende Lektüre.

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med.   Emanuela Valsangiacomo Büchel Co-Abteilungsleiterin, Chefärztin, Kinderherzzentrum, Universitäts-Kinderspital in Zürich

Prof. Dr. med.   Birgit Donner Leitende Ärztin, Leitung Kinderkardiologie, Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), Basel