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Diagnose und Behandlung von Eisenmangel bei Kindern mit oder ohne Anämie: Zusammenfassung der Konsensempfehlungen der SPOG-Arbeitsgruppe Pädiatrische Hämatologie

Eisen

Eisenmangel ist weltweit der am weitesten verbreitete Nährstoffmangel bei Kindern und Jugendlichen. Eine umfassende Durchsicht epidemiologischer Daten zeigt eine erhöhte Prävalenz von Eisenmangel zu drei verschiedenen Zeitpunkten.

Abstract

Eisenmangel ist weltweit der am weitesten verbreitete Nährstoffmangel bei Kindern und Jugendlichen. Eine umfassende Durchsicht epidemiologischer Daten zeigt eine erhöhte Prävalenz von Eisenmangel zu drei verschiedenen Zeitpunkten: in der Neugeborenenperiode, bei Kleinkindern im Vorschulalter und bei Jugendlichen, wobei besonders Mädchen betroffen sind. Diese Übersichtsarbeit konzentriert sich auf die suggestivsten Symptome des Eisenmangels in der Kindheit, beschreibt die diagnostischen Verfahren in Situationen mit oder ohne Anämie und gibt auf Schweizer Experten basierende Managementempfehlungen für den pädiatrischen Kontext.

Abkürzungen

ADHS: Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Störung, ATP: Adenosintriphosphat, BHS: Affektkrampf, CHr: Retikulozyten-Hämoglobin-Gehalt, Hb: Hämoglobin, CED: chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, ID: Eisenmangel, IDA: Eisenmangel mit Anämie. IDWA: Eisenmangel ohne Anämie, IRIDA: Eisenrefraktäre Eisenmangelanämie, IRLSSG: International Restless Legs Syndrome Study Group, IUGR: Intrauterine Wachstumsretardierung, IV: Intravenös, SL: Spezialitätenliste, (in der Schweiz zugelassene Medikamente, FDA/EMA-Äquivalent), MCV: Mittleres Korpuskularvolumen, MCH: Mittleres korpuskuläres Hämoglobin, MCHC: Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration, NHANES: Nationale Erhebung zur Gesundheits- und Ernährungsuntersuchung. PLMD: Periodic Limb Movement Disorder, RBC: Erythrozyten, RDW: Breite der Erythrozytenverteilung, RET-He: Retikulozyten-Hämoglobin-Gehalt, RLS: Restless-Legs-Syndrom, SF: Serum-Ferritin, sTfR: Löslicher Transferrinrezeptor, URIDA: Unerklärte refraktäre Eisenmangelanämie, WHO: Weltgesundheitsorganisation, ZnPP: Zink-Protoporphyrin

Hintergrund und Einführung

Während die Mehrzahl der Fälle von Eisenmangel (ID) bei Kindern sowohl in der Diagnose als auch in der Behandlung unkompliziert ist, wurden in den letzten zehn Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, die eine präzise Aktualisierung für die allgemeine Pädiatrie sowie klinisch anwendbare Empfehlungen rechtfertigen.

Epidemiologie

ID ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die am weitesten verbreitete ernährungsbedingte Mangelerscheinung, von der weltweit mehr als 2 Milliarden Menschen betroffen sind. In Bevölkerungen mit einem mit der Schweiz vergleichbaren sozioökonomischen und ethnischen Hintergrund wird die Häufigkeit zwischen 2 und 6% der Vorschulkinder und zwischen 8 und 20 % der weiblichen Jugendlichen geschätzt.

Symptome und klinische Merkmale von Eisenmangel mit oder ohne Anämie

Eine Fülle von Symptomen können mit Eisenmangel (ID) mit (IDA) oder ohne Anämie (IDWA) assoziiert sein. Klinische Erscheinungsformen hängen vom Alter, vom Auftreten und der Schwere einer Anämie, von Begleiterkrankungen und der Häufigkeit deren Auftretens ab. Müdigkeit ist das häufigste Symptom der ID, sowohl mit als auch ohne Anämie, kann aber mit einer Reihe von verwechselbaren klinischen Beschwerden assoziiert werden. Schwäche, Hautblässe, Reizbarkeit und Benommenheit werden häufig bei Kindern mit IDA und IDWA beobachtet. Schwere Symptome wie Tachypnoe, Palpitationen, Schwindel werden gewöhnlich nur bei anämischen Patienten beobachtet. Neurologische Symptome wie Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Restless-Legs-Syndrom wurden auch bei Kindern mit ID beobachtet, deren Zuordnung zur ID jedoch selbst weiterhin umstritten ist.

Psychomotorische und entwicklungsbezogene Anzeichen und Symptome

Eisen spielt eine entscheidende Rolle in der kognitiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Eisenmangel vor der Geburt oder in den ersten Lebensmonaten kann zu verzögerter kognitiver und motorischer Entwicklung, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisdefiziten, Seh- und Hördefiziten, verminderten Schulleistungen und/oder Verhaltensstörungen führen, zum Teil mit anhaltenden Langzeitfolgen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Dauer und Schwere, sowie das Alter des Auftritts eines Eisenmangels sowie das Vorhandensein einer Anämie die kognitiven und neurophysiologischen Ergebnisse in der Kindheit beeinflussen können. Das Alter, Vorhandensein und Schweregrad der Anämie sowie die Dauer der Behandlung wurden als mögliche Faktoren für die Wirksamkeit der Eisensubstitution hervorgehoben, doch die Auswirkungen auf die Korrektur dieser Symptome sind nach wie vor umstritten. Für Säuglinge und Kleinkinder unter 2 Jahren gibt es derzeit keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege für eine positive Wirkung der Eisensubstitution auf die Kognition. Bei Vorschulkindern (2 bis 5 Jahre) mit ID werden zwar moderate, dafür aber deutliche Ergebnisse nach der Einnahme von Eisen beobachtet, jedoch nur bei anämischen Kindern, insbesondere im Hinblick auf das Sprachvermögen, sowie die visuelle und selektive Aufmerksamkeit.

Anämische Kinder über sieben Jahre mit schwerem Eisenmangel und nach lang andauernder Eisenbehandlung scheinen die besseren Ergebnisse zu haben. Bei Jugendlichen und jungen Frauen im gebärfähigen Alter kann ID auch zu  verminderten psychomotorischen Fähigkeiten  und Konzentration mit Auswirkungen auf die schulischen Leistungen führen, hauptsächlich aufgrund einer Anämie. In dieser Altersgruppe ist die Eisensubstitution wirksam, um Aufmerksamkeit, Konzentration und sprachliches Lernen zu verbessern.

Neurologische Störungen

Eisenersatz hat sich bei weiteren neurologischen Erkrankungen von Kleinkindern, einschliesslich Affektkrämpfen und dem Restless-Legs-Syndrom, als vorteilhaft erwiesen. Die Evidenz beschränkt sich auf Fallstudien; eine orale Eisensubstitution bei solchen Patienten mit IDWA könnte jedoch vorteilhaft sein bei begrenztem Schadensrisiko und könnte im individuellen Fall diskutiert werden.

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

ADHS ist die häufigste Verhaltensstörung bei Kindern. Eine Verbindung zwischen ID und ADHS wurde bereits von mehreren Autoren vermutet; die genaue Rolle des Eisenmangels bei ADHS muss jedoch noch bestätigt werden. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Eisensubstitution bei ADHS-Symptomen wurde über Verbesserungen der Hyperaktivität berichtet. Diese Studien betrafen jedoch oft kleine Kohorten mit vielen Störfaktoren und müssen daher noch in grösseren Patientengruppen bestätigt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine universelle Eisensubstitution bei Patienten mit ADHS nicht empfohlen wird, dass aber ein potenziell positiver Effekt bei Kindern mit Eisenmangel und ADHS nicht ausgeschlossen ist.

Restless-Legs-Syndrom

Eisenmangel wurde mit der Pathogenese des Restless-Legs-Syndroms (RLS) in Verbindung gebracht, einer relativ häufigen neurologischen Erkrankung (1,7-1,9 % bei Kindern im Schulalter und 2-3,6 % bei Jugendlichen), welche die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Es gibt solide Daten über eine Korrelation zwischen der Eisendepletion und der Pathogenese des RLS. Auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz empfehlen die 2018 im Konsens erstellten RLS-Behandlungsleitlinien eine Eisensubstitution bei Kindern mit RLS, wenn der Ferritinspiegel unter 50 mcg/l liegt.

Affektkrämpfe

Eine weitere neurologische Erkrankung, die potenziell mit einem Eisenmangel in Verbindung gebracht werden kann, sind die Affektkrämpfe (BHS). Sie stellen eine gutartige paroxysmale nicht-epileptische Störung dar, die bei ansonsten gesunden Kindern im Alter von sechs bis 48 Monaten auftritt. Mehrere Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen BHS und Anämie hin. ID scheint die Häufigkeit von BHS-Attacken zu erhöhen. Eine Eisensubstitution könnte zu einer Abnahme der Häufigkeit und Intensität von Krisen bei Kindern mit Affektkrämpfen führen, unabhängig von ihrem Eisenstatus, was auf eine Rolle des Eisenungleichgewichts bei der Entwicklung dieser Erkrankung hindeutet.

Pica

Das Pica-Syndrom ist eine Essstörung, die durch das Verlangen nach und die Aufnahme von Nicht-Lebensmitteln (Ton, Erde, Papier, Waschseife usw.) gekennzeichnet ist. Sie wird häufiger bei Kindern und erwachsenen Frauen beobachtet. Pica wird in vielen klinischen Kontexten beschrieben und gilt nicht als spezifisch für Eisenmangel. Pagophagie (Heisshunger auf Eis) gilt jedoch als ziemlich spezifisch für ID und spricht schnell auf eine Eisensubstitution an. Dahingegen kann Pica zum Eisenmangel beitragen, indem sie die Eisenaufnahme im Darm reduziert, je nach der eingenommenen Substanz.

Eisen und körperliche Leistung

Mehrere Autoren haben eine erhöhte Prävalenz von ID bei körperlich aktiven Personen im Vergleich zu nicht-sportlichen Kontrollpersonen beschrieben. Körperliche Aktivität und insbesondere regelmässiges Ausdauertraining kann durch verschiedene Mechanismen zu einer ID führen (Zunahme der Eisenverluste durch Schwitzen, Magen-Darm-System und Harnwege, durch trainingsinduzierte Hämolyse, trainingsinduzierte Entzündung und Zunahme des trainingsbedingten Ernährungsbedarfs). Nach unserem Kenntnisstand gibt es keine gesicherten Daten über die Wirkung einer Eisensupplementierung auf die sportliche Leistung bei nicht anämischen Kindern unter 13 Jahren. Es wurde eine signifikante Verbesserung der Ausdauer bei aeroben Übungen bei jungen Läuferinnen im Vergleich zu nicht anämischen Sportlerinnen nachgewiesen. Die Auswirkungen einer Substitution werden vor allem bei schwerem Eisenmangel beobachtet. Auswirkungen auf den Sauerstoffverbrauch (VO2max) nach einer Substitution wurden nur bei anämischen Personen nachgewiesen. Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse bestätigt eine Verbesserung der Ausdauer bei nicht anämischen Athleten nach Eisensubstitution in Gegenwart eines deutlichen Eisenmangels (definiert durch den Ferritinspiegel < 20 mcg/l). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es derzeit keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege für die Unterstützung der Eisensubstitution bei Athleten im pädiatrischen Altersbereich mit normalen Hämoglobin- und Ferritinwerten gibt.

Eisen und Immunsystem

Eisenmangel führt in vitro zu einer Hemmung der Reifung, Proliferation und Aktivierung von Lymphozyten mit Beeinträchtigung der zellvermittelten Immunität. Ausserdem ist Eisen ein bekannter Kofaktor bei der Synthese von Myeloperoxidase und Stickstoffmonoxid-Synthase, die an der Eradikation von Infektionserregern beteiligt sind. Die klinischen Folgen dieser Anomalien auf das Infektionsrisiko bei Kindern und die Wirkung der Eisensubstitution sind derzeit unklar. Einige Autoren berichten von einem erhöhten Risiko der Reaktivierung latenter Infektionen wie Malaria, Brucellose oder Tuberkulose. Eine systematische Studie, die sich auf Kinder konzentrierte, zeigte keinen Effekt (weder eine Verringerung noch eine Erhöhung) in der Anzahl der infektiösen Ereignisse nach Behandlungen mit einem Eisensubstitut. Weitere randomisiert-kontrollierte Studien, die sich auf Kinder mit ID konzentrieren, sind erforderlich, um die direkte Kausalität der ID oder den Nutzen der Eisenersatzbehandlung für die Infektionsanfälligkeit eines Kindes zu klären.

Warnsignale für Eisenmangel mit Anämie

IDA-bedingte Symptome treten im Allgemeinen schleichend auf, und Kinder sind häufig asymptomatisch. Ist die Anämie jedoch schwerwiegend, können Anzeichen des Ausprägegrads (Warnsignale) wie Dyspnoe, Palpitationen, Schwindel, Tachykardie und Synkopen auftreten, die zu hämodynamischer Instabilität, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall führen können.

Wenn eines dieser Symptome auftritt, benötigt der Patient dringend ärztliche Hilfe und eine detaillierte Untersuchung, um andere Ursachen oder Komorbiditäten auszuschliessen, sowie eine optimale spezifische Betreuung mit entsprechender hämodynamischer Unterstützung und möglicherweise Transfusion. Die oben genannten Symptome sind nicht spezifisch für die IDA und können bei anderen Formen der Anämie beobachtet werden. Daher müssen Pädiater bei der klinischen Beurteilung von Kindern mit Anämie auf das Vorhandensein assoziierter Zeichen und Symptome achten, die auf eine Differentialdiagnose hindeuten, die eine dringende ärztliche Behandlung erfordern könnte. Dazu gehören:

  • Gelbsucht +/- Milzvergrösserung, die auf eine hämolytische Anämie hinweisen

  • Blutungsanzeichen (Ekchymosen und/oder Petechien, Hämaturie, Rektorrhagie, Epistaxis), die auf eine Beteiligung des Knochenmarks oder einen Autoimmunzustand hindeuten

  • Fieber unbekannten Ursprungs, kürzliche Gewichtsabnahme (insbesondere wenn unerklärlich/unerwünscht > 10 %), Nachtschweiss, Hepatosplenomegalie und/oder Lymphadenopathien, die auf eine onkologische Erkrankung hindeuten

  •  Zusätzliche Laboranomalien (z. B. Thrombozytopenie, Neutropenie, «Bizytopenie»).

Risikofaktoren für Eisenmangel

Viele epidemiologische Studien haben eine erhöhte Prävalenz von Eisenmangel bei Kindern zu drei Zeitpunkten gezeigt: in der Neugeborenenperiode, bei Kindern im Vorschulalter und bei Jugendlichen (insbesondere bei Mädchen). In der Neugeborenenphase ist das Risiko bei Frühgeburtlichkeit oder intrauteriner Wachstumsretardierung erhöht. Bei Säuglingen und Kleinkindern hängt es oft mit einer unzureichenden Ernährung zusammen (unzureichende Aufnahme fester Nahrung oder Ernährung mit Kuhmilch). Die Ätiologie des Eisenmangels bei Kindern und Jugendlichen variiert je nach Alter und Geschlecht und ist hauptsächlich auf drei Schlüsselmechanismen zurückzuführen: unzureichende Zufuhr, Malabsorption und Blutverlust.

Bei Kindern und Jugendlichen ist ID meist auf einen erhöhten Eisenbedarf im Zusammenhang mit Wachstum und Entwicklung zurückzuführen. Gesunde Kinder und Jugendliche können auch aufgrund von Ernährungseinschränkungen (Vegetarier, Veganer) oder Aktivitäten im Spitzensport ein ID-Risiko haben, wie oben dargestellt. Obwohl in der pädiatrischen Altersgruppe im Vergleich zu Erwachsenen weniger häufig, ist Eisenmangel auch im Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Erkrankungen erwähnenswert (beobachtet bei onkologischen Erkrankungen, entzündlichen Darmerkrankungen [IBD], chronischer Niereninsuffizienz und anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen). Eine sehr seltene Erkrankung, die bei < 1 % der Allgemeinbevölkerung beobachtet wird, ist der genetische/vererbte Eisenmangel. Dabei handelt es ich um eine mässig mikrozytäre hypochrome Anämie, die nach der postnatalen Phase auftritt: IRIDA (Eisenrefraktäre Eisenmangelanämie), eine autosomal rezessive Erkrankung, die durch Mutationen im Transmembranserinprotease-6-Gen (TMPRSS6), das für Matriptase-2 (MT-2) kodiert, verursacht wird. Bei der IRIDA können die Patienten auf den Eisenmangel nicht durch Unterdrückung der Hepcidin-Expression reagieren und sind refraktär gegenüber einer oralen Eisensubstitution, und sprechen nur teilweise auf eine intravenöse Behandlung an.

Tabelle 1: Berechnung des Eisenbedarfs nach Ganzoni (Ganzoni Formel)

Diagnose von Eisenmangel mit oder ohne Anämie

Untersuchung auf Eisenmangel

Die Diagnose von IDA/IDWA erfordert Laboruntersuchungen. Wir empfehlen die Untersuchung auf Eisenmangel nur bei Auftreten von Krankheitszeichen oder Symptomen, die auf eine Anämie oder einen Eisenmangel hindeuten, und nicht als universelles Screening bei Kleinkindern, da es keine Belege für einen Nutzen oder Schaden eines solchen Vorgehens gibt. Die anfängliche Blutuntersuchung kann kapillar sein und muss Hb, rote Blutkörperchen (Erythrozyten, RBC), Hämatokrit, weisse Blutkörperchen, Thrombozyten sowie RBC-Indizes (mittleres korpuskuläres Volumen [MCV], mittlerer korpuskulärer Hämoglobingehalt [MCH], mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration MCHC]), Retikulozytenzahl und Ferritin umfassen. Es ist wichtig, altersbezogene Normalwerte zu berücksichtigen (Tabelle 2).

Hb: Bei der IDA werden reduzierte Hb-Werte gefunden, die unter der fünften Perzentile des für dieses Alter spezifizierten normalen Hämoglobinwert liegen.

RBC-Indizes: Eisenmangel führt zu einem erniedrigten MCV, MCHC und MCH, mit gut validierten Standards und geringen altersbedingten Schwankungen. Diese sind jedoch unspezifische Indikatoren für ID, während eine Abnahme des MCV auch bei Kindern mit Thalassämie oder entzündlicher Anämie beobachtet wird.

Ferritin: Serumferritin (SF) ist der spezifischste Indikator für die Diagnose von ID, da seine Konzentration proportional zu den Gesamteisenreserven des Körpers ist. Es ist auch der früheste Marker der ID. Obwohl viele Studien und die meisten Laboratorien im Allgemeinen ein verringertes SF für Raten zwischen 12 und 40 μg/l in der Allgemeinbevölkerung definieren, wurden die in klinischen Studien verwendeten Intervalle nicht standardisiert. Darüber hinaus variieren die SF-Werte mit dem Alter. Die WHO definiert ID als SF < 12 mcg/l bei Kindern unter fünf Jahren und < 15 mcg/l bei Personen über fünf Jahren. Für Kinder im Alter von einem bis drei Jahren empfiehlt die American Academy of Pediatrics einen Schwellenwert von SF < 10 – 12 mcg/l für die Definition eines Eisenmangels.

Die Interpretation der SF-Werte bei Säuglingen < 12 Monaten ist schwierig, da für die ersten 6 Monate verschiedene Normalwerte vorliegen, die im Vergleich zu älteren Kindern höher sind. Auch Grenzwerte für ID sind in dieser Altersgruppe nicht gut etabliert. Einige Autoren schlugen kürzlich vor, dass die diagnostische Genauigkeit des SF bei Kleinkindern durch eine Erhöhung des Grenzwertes auf 18-24 mcg/l verbessert werden könnte. Frühere Studien fanden signifikante Unterschiede je nach dem SF-Messungstest, was den Vergleich von SF-Ergebnissen aus verschiedenen Labors sehr komplex macht. Schliesslich kann die Interpretation der SF-Werte in Fällen von begleitenden akuten oder chronischen Entzündungszuständen schwierig sein, da SF ein Akutphasenprotein ist und während und nach der Infektion und Entzündung wochenlang erhöht sein kann. Andererseits steigt die Konzentration von SF nach körperlicher Anstrengung an und kann nach maximaler Anstrengung mehrere Tage lang hoch bleiben.

Tabelle 2: Altersentsprechende Normalwerte von Hb, MCV, Ferritin (Kinderspital Zürich)

Zusätzliche (Zweitlinien-) Untersuchungen

  • Zusätzliche diagnostische Tests sind nur selten notwendig, um das Vorhandensein und den Schweregrad eines Eisenmangels in der allgemeinen pädiatrischen Behandlung besser beurteilen zu können. Der Retikulozyten-Hämoglobingehalt (CHr oder RET-He) ist ein Parameter der die frühe erythropoetische Aktivität und die für die jüngsten im Blut vorhandenen erythropoetischen Zellen verfügbaren Eisenreserven monitorisiert (Normalwert bei Kindern RET-He >28pg, bei Kleinkindern >27.5pg).

Die folgenden Tests haben pädiatrische Referenzbereiche, sind jedoch teurer und erfordern eine venöse Blutprobe:

  • Serum-Eisenkonzentration, Transferrinsättigung
  • Serumlöslicher Transferrin-Rezeptor (sTfR)
  • Zink-Protoporphyrin (ZnPP)

Sinnvoll ist auch die Untersuchung folgender Laborparameter oder Scores, um diagnostisch einen Eisenmangel besser beurteilen zu können:

  • C-reaktives Protein (CRP), Erythrozytensedimentationsrate (ESR), um eine Infektion oder begleitende entzündliche Erkrankung auszuschliessen
  • Uristix und Hämoccult zum Ausschluss einer gastrointestinalen Erkrankung mit Blutverlust im Urin oder Stuhl
  • Ein klinischer Blutungsscore und eine gynäkologische Beratung bei schwerer Menstruation (Meno-Metrorrhagie) bei weiblichen Jugendlichen ist immer sinnvoll.

In Fällen von «behandlungsresistentem» ID/IDA trotz einer gut verträglichen oralen Substitution bei einem Patienten/Familie mit guter Adhärenz  wird eine Konsultation bei einem pädiatrischen Hämatologen dringend empfohlen. Eine abnorme Eisenabsorption, die durch eine gastrointestinale Erkrankung verursacht wird, wird zunehmend als eine wichtige Ursache eines unerklärlichen Eisenmangels erkannt. Die jüngste Verfügbarkeit von bequemen, nicht-invasiven Screening-Methoden zur Identifizierung von Zöliakie, autoimmuner atrophischer Gastritis und Helicobacter pylori-Infektionen hat die Identifizierung von Patienten mit diesen Erkrankungen erheblich erleichtert. Auch beim Kurzdarmsyndrom ist die Eisenabsorption nach einer chirurgischen Resektion oft reduziert. Darüber hinaus kann bei Mädchen mit IDA und Menorrhagie auch eine zugrunde liegende Koagulopathie (z. B. von-Willebrand-Krankheit) vorliegen und sollte ausgeschlossen werden

Empfehlungen zur Ernährung

Bei einem asymptomatischen Kind mit alleinigem Eisenmangel sollte zunächst die Eisenzufuhr über die Nahrung verbessert werden, und zwar durch Ernährungsempfehlungen für die ganze Familie. Die beste Eisenquelle in der Nahrung ist «Hämeisen» aus tierischen Quellen. Es gibt gute Alternativen zu «Hämeisen» mit relativ hohem Eisengehalt, z. B. Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, Soja und  weisse Bohnen, Weizenkleie oder Nüsse. Die Eisenabsorption kann durch die Zugabe verschiedener Formen von Säure in die Nahrung verbessert werden, z. B. durch die Zugabe des Safts von Orangen, Zitronen, Äpfeln, Trauben, Birnen oder Himbeeren. Tannine in Kaffee, Tee oder Wein, Oxalat in Spinat, Rhabarber oder Kakao, Phosphat in Sodagetränken können die Eisenaufnahme hingegen hemmen. Vor allem Proteine in Milch oder Eiweiss hemmen ebenfalls die Eisenabsorption im Darm, und Makroglobuline in der Kuhmilch können bei Neugeborenen und Kleinkindern zu Mikroblutungen im Darm führen.

Tabelle 3:  Tierische und pflanzliche Eisenquellen und deren Eisengehalt

Orale Eisentherapie

Die orale Eisensubstitution ist bei der grossen Mehrheit der Kinder mit IDA wirksam. Nebenwirkungen können auftreten, sind aber nie gefährlich. Eine ausführliche Aufklärung und Information der Familie über mögliche Nebenwirkungen (Verstopfung, anfänglich etwas Reizung des oberen GI, Verfärbung der Zähne) zu Beginn der Therapie ist notwendig, um die Akzeptanz der Therapie zu verbessern. Vor Beginn der oralen Eisentherapie hat die Korrektur eines zugrundeliegenden Ernährungsproblems Priorität, d. h. Einführung fester Nahrung im Alter von 6 Monaten bei gestillten Kindern und Reduzierung der Kuhmilchaufnahme bei älteren Kindern. Bei Jugendlichen empfehlen wir, die Einnahme von Schwarz- oder Eistee, Erfrischungsgetränken oder Zusätzen von Phytaten, Oxalaten usw. zu reduzieren. Kinderärzte müssen sich der vegetarischen/veganen Ernährung bewusst sein und gegebenenfalls eine Ernährungsberatung durchführen.

Dosierung und Verabreichung von Fe2+- und Fe3+-Präparaten

Orale Fe2+-Nahrungsergänzung: 2-3 mg/kg Fe2+-Eisen in einer oder zwei Dosen/Tag verabreichen, eine halbe Stunde vor oder eine halbe Stunde nach dem Essen. Zur Geschmacksverbesserung kann Saft oder Wasser verwendet werden.

Orale Fe3+-Nahrungsergänzung: 3-5 mg/kg elementares Fe3+-Eisen in einer oder zwei Dosen/Tag zu den Mahlzeiten (am besten mit Saft oder Wasser).

Die empfohlene Dauer der oralen Eisensubstitution beträgt 2-4 Monate (Fe3+ Präparate meist > Monate). Die Dauer sollte angepasst werden, um Hb, MCV, aber auch  Eisenspeicher zu normalisieren (d. h. Normalisierung des SF-Spiegels).

Eine Überwachung des Therapieansprechens ist nur in Fällen mit schwerer Anämie oder kontinuierlichen Eisenverlusten (z.B. Menorrhagie) oder bei Verdacht auf unzureichende Therapieeinhaltung (Adhärenz) erforderlich.

Tabelle 4. Liste der oralen Eisenmedikamente in der Schweiz
(Flüssige Zubereitungen und Tabletten/Kapseln mit Fe-Gehalt < 70 mg/Tabletten, für Kinder, gemäss Schweizerischem Arzneimittelkompendium und Spezialitätenliste [SL], Dezember 2019).

Massnahmen im Falle von Nebenwirkungen oder Nichteinhaltung der Therapie

Kinderärzte müssen sich der unterschiedlichen Dosisempfehlungen bewusst sein und Nebenwirkungen sollten von vornherein angesprochen werden. Die Flüssigkeitsaufnahme sollte zu Beginn der Fe- Therapie stets erhöht werden. Bei Nebenwirkungen kann ein Wechsel von Fe 2+ zu Fe 3+ hilfreich sein; auch kann bei Fe3+-Präparaten ein Wechsel von Tropfen zu Tabletten oder umgekehrt erwogen werden. Neuere Daten von Erwachsenen deuten darauf hin, dass die Umstellung von Fe2+ auf ein abwechselndes Tagesschema (Einnahme des Eisenpräparats an jedem zweiten Tag) die Nebenwirkungen im Bereich GI reduzieren und gleichzeitig eine wirksame Eisensubstitution bieten kann. Eine Umstellung auf IV-Eisen sollte auf Fälle mit schwerer Anämie (Hb < 70 g/l), auf eine zugrundeliegende Systemerkrankung mit einer Indikation für IV-Eisen (IBD, chronische GI/GU-Blutungen, Zöliakie usw.) und/oder in Situationen der Nichteinhaltung und symptomatischer refraktärer IDA mit klinischer Wirkung beschränkt werden.

Intravenöse Eisentherapie

Die intravenöse (IV) Eiseninfusion ist die einzige Alternative zur oralen Verabreichung. Die Hauptvorteile der IV-Eisentherapie sind einerseits die Vermeidung von Adhärenz-Problemen im Zusammenhang mit Geschmacks- und GI-Nebenwirkungen und andererseits die Umgehung der intestinalen Schleimhautbarriere. Darüber hinaus ist das Hämoglobin-Ansprechverhalten nach IV-Eisen-Infusion im Vergleich zu oral verabreichtem Eisen besser, wie in mehreren Studien dokumentiert wurde. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Qualität parenteraler Eisenpräparate mit verfeinerten Sicherheitsprofilen und «optimierten» chemischen Formulierungen, bei denen eine geringere Anzahl Infusionen erforderlich ist, um eine optimale Dosis zu erreichen und kurze Infusionszeiten, deutlich verbessert.

Gegenwärtig sind in der Schweiz zwei IV-Eisenprodukte erhältlich:

  • Eisen-Saccharose, zugelassen ab einem Alter von 3 Jahren, und
  • Eisen-Carboxymaltose (Ferric Carboxymaltose, FCM), zugelassen ab einem Alter von 18 Jahren (ab 14 Jahren in der Europäischen Union).

Die Wahl und Dosierung eines Präparates sollte auf der Liste der in der Schweiz für jeweilige Altersgruppen zugelassenen Präparate basieren http://www.spezialitaetenliste.ch, siehe auch www.compendium.ch

Für die sichere Verabreichung intravenös zu verabreichender Eisenpräparate sind Vorsichtsmassnahmen erforderlich. Unsere Gruppe empfiehlt, dass bei Kindern eine intravenöse Eiseninfusion nur durchgeführt werden sollte, wenn:

  • die Anordnung eines Spezialisten mit Fachwissen und Erfahrung im pädiatrischen Eisenstoffwechsel und  pädiatrische Lebenserhaltung ( PALS) vorliegt, der nach einer klinischen Beurteilung, eine entsprechende Indikation gestellt hat.
  • in einer Einrichtung behandelt wird, die mit angemessenen pädiatriespezifischen Wiederbelebungsgeräten und Infrastruktur ausgestattet ist.
  • Anti-Anaphylaxie-Medikamente (d. h. Antihistaminika, Steroide und Epinephrin) unverzüglich verfügbar und einsatzbereit sind.

Unsere Arbeitsgruppe lehnt das Konzept der «Eiseninfusionskliniken» für Kinder und Jugendliche entschieden ab, da sie potenzielle Hürden bei der rechtzeitigen und genauen Diagnose schädlicher Grunderkrankungen in dieser gefährdeten Altersgruppe darstellen. Unsere Empfehlung lautet, dass Patienten, die im pädiatrischen Alter intravenös Eisen erhalten, immer von der Konsultation eines pädiatrischen Hämatologen (oder eines Spezialisten für Eisenstoffwechsel) und eines Spezialisten für die zu Grunde liegende Grunderkrankung profitieren sollten.

Pädiatrische Bereiche mit klaren Indikationen für die intravenöse Anwendung von Eisen

Bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Zöliakie, bei denen orales Eisen die Darmsymptome verschlimmert, hat sich Eisen intravenös als wirksame, sichere und weniger toxische Alternative erwiesen. Zudem profitieren Kinder, die sich wegen chronischer Nierenerkrankungen einer Dialyse unterziehen, von intravenösem Eisen, auch solche, die noch keine Erythropoetin-stimulierenden Substanzen erhalten. Bei Kindern nach Nierentransplantation hat sich intravenös verabreichtes Eisen als wirksam und sicher erwiesen. Dies könnte auch für andere solide Transplantatempfänger von Nutzen sein. Die schnelle Infusion von Fe-Saccharose hat sich bei Kindern mit chronischen Nierenstörungen als sicher erwiesen. Auch hat sich kürzlich gezeigt, dass IV-Eisen die Symptome von Patienten mit Restless-Leg-Syndrom sowohl bei ID, als auch bei Personen mit vollen Eisenspeichern reduziert.

Bereiche, bei denen eine IV Eisenverabreichung debattiert wird

Die Rolle der intravenösen Eisenverabreichung bei Kindern mit IDA als Erstlinientherapie wird seit vielen Jahren diskutiert. Bei Neugeborenen und Säuglingen wird über eine mögliche Induktion von oxidativem Stress auf Blutkomponenten und Endothelstrukturen diskutiert. Mehrere Autoren empfehlen deshalb, intravenös verabreichtes Eisen bei Neugeborenen und Kleinkindern zu vermeiden. Die Frage einer präoperativen Eiseninfusion versus eine orale Eisentherapie oder einer Erythrozytentransfusion ist nicht prospektiv und randomisiert untersucht worden; es gibt nur wenige veröffentlichte Belege, die als Entscheidungshilfe bei Kindern dienen könnten. Bei körperlich sehr aktiven Kindern (z.B.  jungen Spitzensportlern) stand die Verwendung von intravenösem Eisen im Mittelpunkt vieler wissenschaftlicher Debatten.

Ein kürzlich veröffentlichtes Konsenspapier der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin hat den Eisenmetabolismus bei Sportlern eingehend untersucht und spezifische Cut-off-Werte definiert, die auf eine ID/IDA hindeuten, hat aber davon abgesehen, etwas anderes als eine orale Eisenergänzung zu empfehlen. Es ist zu beachten, dass Eiseninfusionen bei Athleten den Anti-Doping-Bestimmungen der Welt-Anti-Doping-Agentur entsprechen müssen, wenn diese Personen an Wettkampfveranstaltungen teilnehmen wollen.

Kosteneffizienz

Fragen der Kosteneffizienz und Erstattung sollten offen mit den betroffenen Familien diskutiert werden. Bemerkenswert ist, dass bestimmte Krankenversicherungen die Kostenübernahme für intravenöse Eisenpräparate bei Kindern verweigern, insbesondere wenn diese «off label» verwendet werden. Tatsächlich variieren die Kosten, und alle intravenösen Eisenpräparate sind wesentlich teurer als eine orale Eisentherapie, wobei die Kosten für die damit verbundene klinische Überwachung und Behandlung nicht berücksichtigt sind.

Zusammenfassung der Empfehlungen zur IV-Eisen-Gabe bei Kindern

Die Verabreichung von IV-Eisen kann in den folgenden spezifischen Situationen als Erstlinienstrategie betrachtet werden:

  • Chronische entzündliche Darmerkrankungen oder Situationen mit nachgewiesener Malabsorption,
  • Chronische Nierenerkrankung bei Hämodialyse unter Erythropoietin stimulierenden Mitteln oder  ohne
  • Chronische Blutung mit nicht korrigierbarer Ätiologie, bei der die orale Therapie nicht ausreichend wirksam oder kontraindiziert ist.

Die Behandlung mit intravenösem Eisen bei Kindern ist derzeit nach internationalen Richtlinien als Zweitlinienstrategie nach Rücksprache mit einem Spezialisten des pädiatrischen Eisenstoffwechsels (zertifizierter pädiatrischer Hämatologe) unter bestimmten Bedingungen möglich:

  • Nichterreichen einer Korrektur von IDA nach gut durchgeführter oraler Eisensubstitution bei guter Adhärenz (mindestens 6 Monate verordnete orale Eisensubstitution).
  • Bestätigte Malabsorption oder chronische orale Eisenunverträglichkeit, einschliesslich der Kategorie der Kinder mit schweren neurologischen Entwicklungsstörungen, die zu Ernährungseinschränkungen führen.

 Kontraindikationen für IV-Eisen bei Kindern

Die Kontraindikationen für den Gebrauch von IV-Eisen sind:

  • das Vorhandensein einer aktiven/akuten Infektion
  • persönliche Vorgeschichte einer medikamentösen Anaphylaxie/Allergie
  • behandelbare Begleiterkrankungen, welche die Zeichen und Symptome erklären (d. h. neurologische, psychiatrische und psychosomatische/funktionelle Störungen)
  • der Wunsch, die schulischen/akademischen oder sportlichen Leistungen zu steigern (was de facto ein «Doping» darstellt), wenn keine Labortests zur Bestätigung eines  Eisenmangels vorliegen.

 Grenzwerte und Dosierung von IV-Eisen bei Kindern

Die Grenzwerte für eine intravenöse Eisensupplementation sollten mit denen für die orale Eiseneinnahme identisch sein, sobald eine klare Indikation (siehe oben) erfüllt ist, es sei denn, es liegt eine Grunderkrankung vor, bei welcher die Interpretation der Eisenspeicher eingeschränkt/unmöglich ist. Die zu ersetzende Eisenmenge richtet sich nach dem Gewicht des Patienten und sollte nach der Ganzoni-Formel berechnet werden (siehe Schweizerisches Arzneimittelkompendium, ein pädiatrisches spezifisches Berechnungssystem ist verfügbar).

Empfehlungen zur IV-Produktwahl bei Kindern

Die Wahl des IV-Produkts sollte sich nach den in der genehmigten Arzneimittelliste aufgeführten Indikationen richten (SL: SpezL für die Schweiz www.spezialitätenliste.ch, oder im Schweizerischen Arzneimittelkompendium, www.compendium.ch). Das einzige in der Schweiz für Kinder zugelassene Produkt ist daher Eisensaccharose. Die Off-Label-Anwendung kann ausnahmsweise für andere registrierte Produkte auf der SL in Betracht gezogen werden, erfordert jedoch eine sorgfältige Abwägung von Risiko und Nutzen sowie die Einbeziehung von Experten.

Bezüglich der Off-Label-Anwendung von intravenös verabreichtem Eisen muss klar festgehalten werden, dass der verschreibende Arzt die gesamte Verantwortung für daraus resultierende schwerwiegende Nebenwirkungen übernimmt; und wie für alle Verfahren und Medikamente ist eine Einwilligung nach Aufklärung zwingend erforderlich.

Unterstützung: Vifor Pharma SA organisierte die Treffen der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung dieses Manuskripts, hatte aber keinen Einfluss auf den Inhalt des Manuskripts und nahm keinen Einfluss auf die Diskussionen während der Sitzungen.

Anmerkung:  Eine detaillierte Referenzliste kann beim korrespondierenden Autor angefordert werden. Die vollständige Publikation mit Nachweisen und Begründungen für diese Empfehlungen, einschliesslich detaillierter Referenzen wurde im April 2020 in der Europäischen Zeitschrift für Kinderheilkunde (EJPE) veröffentlicht.

(Eur J Pediatr. 2020 Apr;179(4):527-545. doi: 10.1007/s00431-020-03597-5.)

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr. med.  Heinz Hengartner Abteilung pädiatrische Hämatologie-Onkologie, Ostschweizer Kinderspital, Sankt Gallen

Prof. Dr. med.  Nicolas von der Weid Abteilung für pädiatrische Hämatologie-Onkologie, Universitätskinderspital beider Basel und Universität Basel

Dr. med.  Veneranda Mattiello Unité d'onco-hématologie pédiatrique. Hôpital des enfants. Genève

Dr. med.  Markus Schmugge Liner Hämatologie , Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.  Raffaele Renella Unité d'Hématologie-Oncologie - Service de Pédiatrie, Lausanne