Ziel: Empfehlungen zur Diagnose, Behandlung und Nachkontrolle der septischen Arthritis und akuten Osteomyelitis bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern bis 18 Jahre. Nicht Teil dieser Empfehlungen sind die Abklärung und Behandlung von nosokomialen, posttraumatischen sowie subakuten und chronischen Osteomyelitiden und Arthritiden. Diese Fälle erfordern ein individuelles Vorgehen. Ebenso nicht enthalten in den vorliegenden Empfehlungen ist das Management von Lyme-Arthritis, nicht-infektiöser Arthritis/ Osteomyelitis sowie von tuberkulösen Knochen- und Gelenkinfektionen. Vorhandene Evidenz ist in diesen Empfehlungen berücksichtigt. Im Falle fehlender Evidenz beruhen die Empfehlungen auf den Erfahrungen der beteiligten Zentren.
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8
1. Einleitung
Ziel: Empfehlungen zur Diagnose, \behandlung
und Nachkontrolle der septischen Arthritis
und akuten Osteomyelitis bei Neugeborenen,
Säuglingen und Kindern bis 18 Jahre. Nicht
Teil dieser Empfehlungen sind die Abklärung
und \behandlung von nosokomialen, posttrau-
matischen sowie subakuten und chronischen
Osteomyelitiden und Arthritiden. Diese Fälle
erfordern ein individuelles Vorgehen. Ebenso
nicht enthalten in den vorliegenden Empfeh –
lungen ist das Management von Lyme-Arthri –
tis, nicht-infektiöser Arthritis/ Osteomyelitis
sowie von tuberkulösen Knochen- und
Gelenk infektionen. Vorhandene Evidenz ist in
diesen Empfehlungen berücksichtigt. Im Falle
fehlender Evidenz beruhen die Empfehlungen
auf den Erfahrungen der beteiligten Zentren.
Die Osteomyelitis ist definiert als Entzündung
des Knochens. Sie betrifft Mark, Kortikalis
und Periost und ist in erster Linie verursacht
durch eine bakterielle Infektion. Am häufigs –
ten betroffen sind die langen Röhrenknochen
(Femur, Tibia, Fibula, Humerus), danach fol –
gen \becken, Wirbelkörper und Calcaneus.
Seltener können aber auch alle anderen
Knochen betroffen sein. Von einer akuten
Osteomyelitis spricht man bei einer Symptom –
dauer von weniger als 2 Wochen zum Zeit –
punkt der Diagnosestellung, von einer suba –
kuten, wenn die Symptome > 2 Wochen, aber
weniger als 3 Monate gedauert haben. Persis –
tieren die Symptome mehr als 3 Monate, liegt
eine chronische Osteomyelitis vor
1) , 2) .
Eine septische Arthritis ist definiert als infek –
tiöse Gelenkentzündung bakterieller Genese.
\betroffen sind vorwiegend die grossen Gelen –
ke (Knie, Hüfte, Schulter, Sprunggelenk)
3) -4) .
Diagnose und Behandlung von akuten
osteoartikulären Infektionen im Kindesalter
Empfehlungen der Pädiatrischen Infektiologiegruppe Schweiz
(PIGS), der Schweizerischen Kinderorthopäden und Kinderchirurgen
N. Wagner, D. Ceroni, A. Niederer, N. Ritz, C. Relly
Überprüft und genehmigt durch:
– Die Pädiatrische Infektiologiegruppe Schweiz ( PIGS) (C. \berger, K. Posfay \barbe, S. Asner, A. Duppenthaler) 1
– Die Schweizerische Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (Expertengruppe Kinderorthopädie)
(C. Aufdenblatten, C. Hasler) 2
– Die Schweizerische Gesellschaft für Kinderchirurgie ( N. Lutz) 3
1 http://www.pigs.ch/ ; 2 http://www.swissorthopaedics.ch/de/ ; 3http://www.swiss-pediatricsurgery.org/index.php/de/
2. Pathogenese und Mikrobiologie
Es gibt grundsätzlich drei Wege, auf denen
\bakterien in den Knochen respektive ins Ge –
lenk gelangen können. Mit Abstand der häu –
figste ist bei Kindern die hämatogene Streu –
ung. Sehr selten kommt es zur direkten
Inokulation (Trauma, Chirurgie) oder zur Aus –
dehnung per continuitatem von einer angren –
zenden Weichteilinfektion.
Unbehandelt führt die Osteomyelitis zu einer
Knochennekrose, je nach Lokalisation kann
sie beim Kind zur Zerstörung der Epiphysen –
fuge mit nachfolgender Wachstumsstörung
führen. Die bakterielle Infektion im Gelenk
kann rasch zur Zerstörung des Gelenkknor –
pels und allenfalls zur Minderperfusion der
angrenzenden Knochen führen. Aus diesen
Gründen erfordert das Vorliegen einer osteo –
artikulären Infektion, insbesondere einer sep –
tischen Arthritis, ein notfallmässiges Vorge –
hen.
Die Häufigkeit der verursachenden Keime von
osteoartikulären Infektionen zeigen altersspezi
–
fische Unterschiede. Über alle Altersklassen
hinweg am häufigsten wird St\bphylococcus \bu
–
reus nachgewiesen, gefolgt von Streptococcus
pyogenes und Streptococcus pneumoni\be . Let z
–
tere haben, wie auch H\bemophilus influenz\be
Typ b, seit Einführung der Konjugatimpfstoffe
stark abgenommen. Im Gegensatz dazu werden
bei K inder n im Alter z wischen 6 Monaten und 4
Jahren immer häufiger Kingell\b king\be als ur
–
sächliche Keime nachgewiesen. In den letzten
Jahren scheinen K. king\be inzwischen in der
erwähnten Altergruppe die häufigsten Erreger
von osteoartikulären Infektionen zu sein. Die
Inzidenz ist möglicherweise weiterhin unter
–
schätzt, da sich K. king\be schlecht kultivieren
lassen und für den zuverlässigen Nachweis molekulardiagnostische Methoden (PCR) einge
–
setzt werden müssen 5).
\bei Neugeborenen finden sich neben S . \bureus
und
S. pyogenes auch Gruppe \b Streptokokken
und
Escherichi\b coli . Eine spezielle Patienten –
gruppe stellen die Kinder mit Sichelzellanämie
dar. \bei ihnen kommen gehäuft Infektionen
mit Salmonellen vor
1).
3. \blinische Präsentation
Typischerweise finden sich Schmerzen und
eine Schonhaltung der betroffenen Extremität
respektive eine Gehverweigerung. \bei kleinen
Kindern kann die Schmerzlokalisation schwie –
rig sein. Oft sind Schonhaltung oder Funkti –
onseinschränkung die einzigen klinischen
Zeichen. Lokale Entzündungszeichen wie
Schwellung, Rötung, Überwärmung und Ge –
lenkserguss können in etwa 70 % der Fälle
beobachtet werden und sind bei einer septi –
schen Arthritis häufiger vorhanden als bei
einer Osteomyelitis
6). Obwohl Fieber zu den
klassischen Zeichen einer osteoartikulären
Infektion gehört, liegt es nur in ca. 60 % der
Fälle vor
6 ) , 7 ) . Insbesondere bei Neugeborenen
und bei Infektionen durch
K. king\be kann es
fehlen. Letztere zeigen auch sonst meist ei –
nen viel milderen Verlauf als Infektionen
durch
S. \bureus oder andere klassische Erre –
ger
(S. pyogenes, S. pneumoni\be, H. influenz\be) .
Eine Schweizerische pädiatrische \beobach –
tungs s tudie mit 30 Patienten hat gezeig t , das s
Körpertemperatur, CRP und \bSR signifikant
tiefer waren bei Infektionen durch
K. king\be
als bei Infektionen durch andere Erreger8).
Eine ähnliche Studie aus Frankreich, welche
nur Fälle von septischer Arthritis eingeschlos –
sen hat, konnte diese Tendenz für Fieber und
CRP zeigen, aber die Unterschiede waren
nicht signifikant. Dagegen waren die Kinder
mit
K. king\be- Infektionen signifikant jünger,
hatten eine kürzere Hospitalisationsdauer und
weniger Komplikationen
9). Eine Infektion
durch
K. king\be bei Kindern über 4 Jahre ist
eine Seltenheit5 ) , 10 ) . Tabelle 1 zeigt zusam –
mengefasst semiquantitativ einige typische
Unterschiede zwischen Infektionen durch
klassische Erreger und solche durch
K. kin –
g\be 8 ) -10 ) .
4. Diagnostik
Die empfohlenen Abklärungen bei Verdacht
auf septische Arthritis (SA) oder akute Osteo –
myelitis (AO) werden im Folgenden erläutert
und in Tabelle 2 zusammengefasst.
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTafT
9
4.1 Blutuntersuchungen (SA und AO)
Die \blutuntersuchungen beinhalten ein Diffe-
rentialblutbild, die Entzündungsparameter
C-reaktives Protein (CRP), \blutsenkungsreak –
tion (\bSR) und \blutkulturen.
• Eine Er höhung von CRP und/o der \b SR lieg t in den meisten Fällen vor. Fehlende Entzün –
dungszeichen (CRP < 20 mg/l, \bSR < 20
mm/h) bei einer Symptomatik von ≥ 48 h
machen die Diagnose einer septischen Ar -
thritis oder akuten Osteomyelitis unwahr -
scheinlich
2 ) , 6 ) , 11 ) . Eine Ausnahme bilden die
Infektionen durch
K. king\be , welche auch
bei normalen Entzündungszeichen vorlie -
gen können.
• Das \blutbild hat in der Diagnostik von os -
teoartikulären Infektionen einen unterge -
ordneten Stellenwert, da die Leukozytose
und Linksverschiebung häufig fehlen; es
dient vor allem zur Differentialdiagnostik
(z. \b. Ausschluss einer Leukämie)
12 ).
• Serielle CRP-\bestimmungen sind hilfreich
zur \beurteilung des Therapieansprechens.
Im G egens at z zum CRP bleibt die \b SR wäh -
rend mehrerer Wochen erhöht und ist daher
als Verlaufsparameter ungeeignet.
• \blutkulturen sind in bis zu 40 % der Fälle
positiv und sollen daher immer abgenom -
men werden, auch bei afebrilem Kind
11 ).
4.2 Bildgebung
Bei Verdacht auf AO
Ein konventionelles Röntgenbild soll in allen
Fällen zum Ausschluss von anderen Patholo -
gien (Frakturen, Tumoren) durchgeführt wer -
den. Direkte konventionell-radiologische Hin -
weise auf eine osteoartikuläre Infektion bei
Symptombeginn sind hingegen selten. Erst bei
bereits länger dauernden Symptomen (> 2
Wochen) können bei einer AO – Osteolysen im
Röntgenbild sichtbar sein
14 ).
Das MRI hat die höchste Sensitivität und
Spezifität für die Osteomyelitis und stellt die
Untersuchung der Wahl für diese Verdachts –
diagnose dar. Es erlaubt, die Diagnose zu si –
chern, den Schweregrad einzuschätzen sowie
eine allfällige Punktion des Knochens zu pla –
nen. Zusätzlich ermöglicht das MRI die Diag –
nose einer gleichzeitigen Osteomyelitis und
septischen Arthritis, was insbesondere bei
Säuglingen nicht selten is t . Das MRI soll inner –
halb von 48 h durchgeführt werden
1 ) , 14 ) -17 ) . Die
Untersuchung soll die Einleitung der Therapie
nicht verzögern.
\bei der AO ist die Sensitivität und Spezifität
einer Ultr\bsch\blluntersuchung generell deut-lich tiefer als bei einer MRI-Untersuchung
6).
Die Ultraschalluntersuchung ist jedoch hilf –
reich zur Detektion und Lokalisation allfälliger
subkutaner, intramuskulärer oder subperios –
taler Flüssigkeitskollektionen, welche einer
Punktion zugänglich sind. Falls ein MRI vor
Therapiebeginn nicht möglich ist, soll daher
immer eine Ultraschalluntersuchung erfolgen.
\bei unklarer Lokalisation oder Verdacht auf
multifokalen \befall kann ein Ganzkörper-MRI
hilfreich sein. Eine Alternative dazu wäre die
Technetium-Szintigr\bphie , welche aber wegen
relevanter Strahlenbelastung und fehlender Vor teile gegenüber dem MRI für diese Indikati
–
on fast vollständig verlassen worden ist 1 ) , 14 ) -17 ) .
Bei Verdacht auf SA
Ein
konventionelles Röntgenbild soll zum Aus –
schluss von anderen Pathologien (Frakturen,
Tumoren) durchgeführt werden. \bei eindeutiger
Klinik kann allenfalls darauf verzichtet werden.
Eine Ultr\bsch\blluntersuchung soll dringlich bei
allen Verdachtsfällen einer SA durchgeführt
werden zur \bestätigung und Quantifizierung des
Gelenkergusses, sofern diese Entscheidung nicht
bereits klinisch getroffen werden kann
15) , 16) .
Klassische Erreger K. kingae
Alter
< 6 Monate +++-
6 Monate bis 4 Jahre ++++
> 4 Jahre +++(+)
Klinik
Lokalbefund +++
AZ-Verminderung +-
Fieber +++(+)
Labor
Leukozytose +-
CRP-Erhöhung +++(+)
BSR-Erhöhung +++++
– nicht vorhanden ; (+) selten/untypisch ; 1 gelegentlich/leichtgradig; ++ mässig; +++ häufig/ausgeprägt
Tabelle 1: Unterschiedliche Präsentation bei klassischen Erregern versus K. king\be.
Tabelle 2: Empfohlene Abklärungen bei Verdacht auf osteoartikuläre Infektion.
Untersuchung/Material Osteomyelitis Septische Arthritis
Bildgebung Konventionelles Röntgen
MRI (innerhalb 48h)
Ultraschall, falls MRI nicht
notfallmässig verfügbar Konventionelles Röntgen
Ultraschall
MRI in speziellen Situationen
Blut Differentialblutbild, CRP, BSR, Blutkulturen, Serumreserve
Punktat aus Gelenk,
Knochen oder Abszess Zellzahl und Differenzierung
Gramfärbung, aerobe und anaerobe Kulturen, Asser vat für PCR
Spezialsituationen:
– Vd. a. K. kingae
-Infektion: eubakterielle PCR (oder spezifische
PCR, falls ver fügbar), sofern Kulturen negativ
– antibiotisch vorbehandelt: eubakterielle PCR, sofern Kulturen
negativ
Knochenbiopsie
(bei Differentialdiagnose Tumor) Histologie, ggf. Spezialfärbungen
Rachenabstrich
(Optional bei Kindern < 4 J.
mit Vd.a. K. kingae -Infektion) Kultur und spezifische PCR für K. kingae
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTafT
10
Die Ultraschalluntersuchung wird ergänzt
dur ch ein MRI b ei Säuglingen o der in unklar en
Situationen.
4.3 Mikrobiologische Diagnostik
Ein Erregernachweis ist für die Wahl der rich-
tigen Therapie von entscheidender \bedeutung
und muss daher in jedem Fall angestrebt
werden.
• Immer Abnahme von Blutkulturen vor The-
rapiebeginn.
• \bei septischer Arthritis ist eine notfallmäs -
sige Gelenkpunktion obligat.
• \bei einer Osteomyelitis soll eine Punktion
in \betracht gezogen werden, insbesondere
wenn eine Abszedierung (subperiostal, int -
ramuskulär) vorliegt oder bei fehlendem
Therapieansprechen, falls ein Erregernach -
weis nicht anderweitig gelungen ist.
Aus dem Punktat (Gelenkflüssigkeit, Knochen -
punktat oder Abszess) soll eine Gramfärbung
und eine Kultur angelegt werden. \bei Gelenk
-
punktaten ist zusätzlich eine Zellzahl und
Differenzierung hilfreich. \bei antibiotisch an
-
behandelten Kindern oder im Fall von schwer
kultivierbaren Keimen (v.a.
K. king\be ) kann ein
Erregernachweis mittels eubakterieller PCR
(resp. falls verfügbar spezifische
K. king\be -
PCR) aus dem Punktat erfolgen. \bei Kindern
zwischen 6 Monaten und 4 Jahren soll eine
Suche nach
K. king\be systematisch erfolgen.
Da K. king\be aus Punktaten besser in \blutkul
-
turflaschen als auf soliden Medien angezüchtet
werden können, kann bei genügend Untersu
-
chungsmaterial ein Teil davon direkt in eine
aerobe \blutkulturflasche inokuliert werden.
Diese soll 10 Tage bebrütet werden. \bei klini
-
schem Verdacht auf eine Infektion durch K.
king\be kann er gänzend ein Er r eger nachweis aus
dem Rachenabstrich (mittels Kultur oder spezi
-
fischer PCR) versucht werden. Der Nachweis
einer pharyngealen Kolonisation mit K. king\be
bei gleichzeitig vorliegender septischer Arthritis
oder Osteomyelitis ist zwar nicht beweisend,
aber suggestiv dafür, dass die Infektion durch
diesen Erreger verursacht wird
8).
\bei Infektionen durch S. \bureus kann der
Nachweis von Panton-Valentin-Leukocidin
(PVL) -Toxin in Erwägung gezogen werden.
Sein Vorliegen stellt einen Risikofaktor für
schwere oder komplizierte Verläufe dar
1) , 18) ,
* Im Falle einer Penicillin-Allergie soll die Therapie mit einem pädiatrischen Infektiologen besprochen werden.
** In dieser Altersgruppe muss die empirische Behandlung in erster Linie S. aureus abdecken. Flucloxacillin ist in der Wirksamkeit einer Behandlung mit Amoxicillin/Cla -
vulansäure nicht überlegen. Dennoch empfehlen wir als erste Wahl Flucloxacillin aufgrund seines schmaleren Spektrums mit dementsprechend geringerem Risiko der
Selektion resistenter Keime und weniger unerwünschten Arzneimittelwirkungen.
19 ). Aufgrund der aktuellen Datenlage lässt
sich aber keine therapeutische Konsequenz
daraus ableiten.
5. Therapie
5.1 Empirische parenterale Antibiotika-
Therapie für AO und SA 1), 20)
• 0-2 Monate: Amoxicillin/Clavulansäure
3 x tgl. 50 mg/kg/dosi i. v. und Gentamicin
1 x tgl. 7.5 mg/kg/dosi i. v. (oder anderes
Aminoglycosid).
• >2 Monate – 4 Jahre: Amoxicillin/Cla –
vulansäure 3 x tgl. 50 mg/kg/dosi i. v. oder
Cefuroxim 3 x tgl. 50 mg/kg/dosi*.
• > 4 Jahre: Flucloxacillin 3 x t gl. 50 mg/k g/
dosi i. v.*.
2. Wahl : Amoxicillin/Clavulansäure 3 x tgl.
50 mg/kg/dosi i. v.**.
Aufgrund der tiefen Inzidenz von Methicillin-
resistenten
S. \bureus (MRSA) bei Kindern in
der Schweiz (ca. 5%) ist eine empirische MR –
SA-Therapie nicht empfohlen [16]. Eine solche
sollte in Erwägung gezogen werden bei Pati –
enten mit H er kunf t aus Ho chr isiko – L änder n
21 ) ,
22)
. \bei Patienten unter Immunsuppression,
mit Sichelzellanämie, bei bekannter \besied –
lung mit multiresistenten \bakterien oder bei
Nachweis von gramnegativen Keimen im
Grampräparat muss die empirische Therapie
in Absprache mit einem Infektiologen indivi –
duell festgelegt werden.
5.2 Gezielte Antibiotika-Therapie
Die gezielte antibiotische Therapie berück –
sichtigt den nachgewiesenen Keim, das Anti –
biogramm und pharmakologische Eigen –
schaften (z. \b. Knochengängigkeit). Die
Empfehlungen sind in Tab elle 3 zus ammenge –
fasst. Flucloxacillin ist die Therapie der Wahl
bei Methicillin-sensiblem
S. \bureus (MSSA).
Für Infektionen durch
K. king\be soll b evor zug t
Amoxicillin/Clavulansäure oder Cefuroxim
eingesetzt werden
5) , 20 ) , 23 ) .
5.3 Chirurgische Therapie
\bei einer septischen Arthritis muss das Ge –
lenk in der Regel eröffnet und gespült werden.
Der Allgemeinzustand des Kindes ist für die
Indikationsstellung richtungsweisend. \bei
kranken, hochfebrilen Kindern ist eine notfall –
mässige Gelenkspülung angezeigt, während
bei afebrilen Kindern in gutem Allgemeinzu -stand gegebenenfalls auch nur eine diagnos
–
tische Punktion erfolgen kann.
In der Regel wird die Spülung bei grossen
Gelenken arthroskopisch durchgeführt und
beinhaltet einen orientierenden diagnosti –
schen Rundgang und allenfalls ein ausgiebi –
ges Débridement. Im Ausnahmefall kann eine
Arthrotomie notwendig werden. Diese Emp –
fehlung bedingt das Hinzuziehen eines arthro –
skopisch geübten Operateurs. Je nach Verlauf
müssen die Spülungen wiederholt werden
24 ).
\b ei der akuten Os te omyelitis mus s von Fall zu
Fall entschieden werden, ob ein chirurgischer
Eingriff nötig ist. Die meisten unkomplizierten
Fälle brauchen abgesehen von einer allfälligen
diagnostischen Punktion keine Intervention.
Eine solche ist aber indiziert bei subperiosta –
len oder intramuskulären Abszessen sowie
grösseren intramedullären Abszesskollektio –
nen, welche entlastet werden sollen. Eine
chirurgische Sanierung des Infekt-Herdes ist
zudem nötig bei anhaltender \bakteriämie
unter resistenzgerechter antibiotischer The –
rapie.
5.4 Kortikosteroid-Therapie bei
septischer Arthritis
Eine \behandlung mit Kortikosteroiden wird
gelegentlich diskutiert zur Reduktion der In
–
flammation bei der septischen Arthritis 25) -27) .
Die Evidenz ist aber nicht ausreichend, um
diese Therapie grundsätzlich zu empfehlen.
5.5 Therapiedauer
Im Gegensatz zu dem früher üblichen und in
Lehrbüchern teilweise noch erwähnten \be –
handlungsschema mit mindestens 6-wöchiger
Therapie besteht heute Einigkeit, dass eine
kürzere Therapiedauer in den meisten Fällen
ausreicht
11) , 28) , 29) . Die Evidenz für die Dauer
der Therapie ist jedoch limitiert. Diese Limi –
tation gilt speziell für die Altergruppe der
Neugeborenen, in welcher Arthritis und Os –
teomyelitis kombiniert auftreten und schwer
verlaufen können. Deshalb müssen die Anga –
ben zur Therapiedauer immer im Kontext mit
dem klinischen und laborchemischen Anspre –
chen angewendet werden.
Für die septische Arthritis hat eine r andomi-
sierte Studie bei finnischen Kindern eine
30 -tägige mit einer 10 -tägigen antibiotischen
Therapie verglichen (wenige Tage iv mit an –
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTafT
11
schliessender Umstellung auf po). Die \bedin-
gungen zur \beendigung der Therapie waren
eine klinische Ver b es ser ung und ein CRP < 20
mg/dl. Die längere Therapie hat gegenüber
der kürzeren keine Vorteile gezeigt
30).
Die totale Therapiedauer bei der
Osteomyeli -
tis w ur de in einer r andomisier ten Studie 2010
an 131 K inder n unter sucht , welche eine kur ze
intravenöse Therapie erhalten haben (im
Schnitt 4 Tage), gefolgt von 16 oder 26 Tagen
peroraler Therapie. Die totale Dauer von 20
Tagen zeigte vergleichbare Resultate mit der
Dauer von 30 Tagen. 9 K inder unabhängig von
der Therapiegruppe benötigten eine längere
Therapiedauer (bis zu 108 Tagen)
31 ).
Zusammenfassend empfehlen wir bei gutem
klinischem und laborchemischem Verlauf die
folgende Therapiedauer
20 ):
• Septische Arthritis: (10)* – 14 Tage
• Akute Osteomyelitis: (3)* – 4 Wochen
5.6 Umstellung auf orale Therapie
Eine Umstellung der Therapie auf per os kann
in der Regel nach wenigen Tagen erfolgen
6), 11),
30 ) , 32)
.
Eine längere intravenöse Therapie zeigt keine
Vorteile gegenüber einer kurzen (3 – 4 Tage),
gefolgt von einer peroralen Therapie für Pati -
enten mit einem guten klinischen Ansprechen
33). Zusätzlich steigt das Risiko für Katheter- assoziierte Komplikationen bei einer längeren
iv-Therapie. Für Kinder < 2 Monaten existieren
keine Daten
32).
Wir empfehlen eine Umstellung auf po nach
mindestens 3 – 5 Tagen iv-Therapie, wenn
folgende Kriterien erfüllt sind:
• Alter ≥ 3 Monate
• gutes klinisches Ansprechen (bezüglich AZ,
Fieber, Schmerzen)
• CRP deutlich regredient (< 50 % des Aus -
gangswertes oder < 20 mg/l)
• orale Medikamenteneinnahme und entera -
le Resorption gewährleistet
• Nachkontrollen gesichert
• keine anderen Kontraindikationen gemäss
infektiologischem Konsil
\bei positiven \blutkulturen und klinischen
Zeichen einer Sepsis ist eine mindestens
10 –14-tägige intravenöse Therapie notwen -
dig. Liegt nur eine \bakteriämie ohne Sepsis -
zeichen vor, können die oben genannten Kri -
terien für die Umstellung auf die orale
Therapie angewendet werden.
6. Verlaufskontrollen
6.1 Initiale Phase (stationär)
• Tägliche klinische Kontrolle (AZ, Fieber,
Schmerzen, Lokalbefund)
• CRP - Kontr olle am Tag 3 – 5 ( b ei ungenügen -
dem klinischem Ansprechen vorziehen) •
\blutbildkontrollen nur bei initialen Auffällig -
keiten
• \bildgebende Untersuchungen bei klinisch
problemlosem Verlauf nicht nötig
• \bei positiven \blutkulturen werden diese
wiederholt bis zur Negativierung. Anhaltend
positive \blutkulturen trotz resistenzgerech -
ter Therapie weisen auf einen Streuherd
hin, welcher möglicherweise chirurgisch
saniert werden muss. \bei ausgeschlosse -
nem oder saniertem Streuherd und persis -
tierender \bakteriämie ist differentialdiag -
nostisch an eine Endokarditis oder eine
septische Thrombose zu denken. Eine Ab -
klärung mittels Echokardiographie respek -
tive Dopplersonographie der grossen
Gefäs se soll in diesen Fällen erwogen
werden.
Anhaltendes Fieber oder eine fehlende Ver -
besserung des Allgemeinzustandes nach 5
Tagen antibiotischer Therapie muss zwingend
eine neue \beurteilung des Patienten nach sich
ziehen. Gegebenenfalls sind erneute radiolo -
gische Untersuchungen, eine chirurgische
Intervention oder eine Anpassung der antibi -
otischen Therapie erforderlich.
6.2 Ambulante Phase
Eine erste ambulante Verlaufskontrolle erfolgt
am Tag 10 –14 der Therapie (ca. 5 –7 Tage
nach Umstellung auf orale Therapie) mit \be -
urteilung der Klinik und Kontrolle des CRP.
* Eine weitere Verkürzung der Therapie auf minimal 10 Tage bei SA und minimal 3 Wochen bei AO kann in unkomplizier ten Fällen, insbesondere bei Infektionen mit K.
kingae , in Betracht gezogen werden 11), 28) - 31) .
*
In einigen Zentren wird alternativ Amoxicillin/Clavulansäure po in einer Dosierung von 2 x tgl. 45 mg/kg/dosi mit guten Er fahrungen angewendet.
Tabelle 3: Gezielte Antibiotika-Therapie.
Nachgewiesener Erreger
Alter unbekannt
S. aureus MSSA K. kingaeandere
0 –2
Monate iv
Empirische Therapie
weiterführen Flucloxacillin 3 x tgl.
50 mg/kg/dosi oder als
Dauertropf 150 mg/kg/24 h Nach
Antibiogramm
po
Wechsel auf perorale Therapie nicht empfohlen
> 2
Monate
– 4
Jahre iv
Empirische Therapie
weiterführen Flucloxacillin 3 x tgl.
50 mg/kg/dosi Amoxicillin/Clavulansäure
3 x tgl.
50 mg/kg/dosi
Nach
Antibiogramm
po
Amoxicillin/Clavulansäure
3 x tgl.
30 mg/kg/dosi* Clindamycin 3 x tgl.
15 mg/kg/dosi Amoxicillin/Clavulansäure
3 x tgl.
33 mg/kg/dosi*
> 4
Jahre iv
Empirische Therapie
weiterführen Flucloxacillin 3 x tgl.
50 mg/kg/dosi
po Clindamycin 3 x tgl.
15 mg/kg/dosi Clindamycin 3 x tgl.
15 mg/kg/dosi
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTafT
12
Weitere klinische und radiologische Kontrol-
len sind abhängig von der initialen Präsenta –
tion, Lokalisation der Infektion, allfälligen
Osteolysen etc. und werden individuell durch
das \behandlungsteam (Chirurgen/Orthopä –
den/Infektiologen) festgelegt.
Routinemässi –
ge Röntgenkontrollen sind nicht notwendig und
sollen im Einzelfall nur erfolgen, wenn sich da
–
raus therapeutische Konsequenzen ergeben.
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Korrespondenzadresse
Dre Noémie Wagner
Médecin adjointe
Unité des maladies infectieuses pédiatriques
Département de l’Enfant et de l’Adolescent
Hôpitaux Universitaires de Genève
1211 Genève 14
noemie.wagner@ hcuge.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unterstützung und
keine anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit
diesem \beitrag deklariert.
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1Prof. RTafT
Weitere Informationen
Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Noémie Wagner , Médecin adjointe, Unité des maladies infectieuses pédiatriques HUG, Genève D. Ceroni A. Niederer N. Ritz Dr. med. Christa Relly , Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene, Universitäts-Kinderspital Zürich