PatientInnen mit Problemen des Bewegungsapparates sind in der pädiatrischen Praxis häufig anzutreffen: Sie betreffen mehrheitlich Kinder mit Alltagsproblemen wie Einwärtsgang, O- oder X-Beinen, Knicksenkfüssen, Beinlängendifferenzen, sowie Jugendliche mit funktionellen Knie- und Rückenschmerzen im Rahmen des pubertären Wachstumsschubes. Meist genügt eine kurze gezielte Anamnese und ein fokussierter orthopädischer Status, um die mehrheitlich noch altersgerecht physiologischen Befunde oder schnell selbstlimitierende Zustände zu erheben und die Eltern zu beruhigen.
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PatientInnen mit Problemen des Bewegungs-
apparates sind in der pädiatrischen Praxis
häufig anzutreffen: Sie betreffen mehrheitlich
Kinder mit Alltagsproblemen wie Einwärts –
gang, O- oder X-Beinen, Knicksenkfüssen,
Beinlängendifferenzen, sowie Jugendliche mit
funktionellen Knie- und Rückenschmerzen im
Rahmen des pubertären Wachstumsschubes.
Meist genügt eine kurze gezielte Anamnese
und ein fokussierter orthopädischer Status,
um die mehrheitlich noch altersgerecht phy –
siologischen Befunde oder schnell selbstlimi –
tierende Zustände zu erheben und die Eltern
zu beruhigen. Die häufigen Banalitäten und
die seltenen schwerwiegenderen, oft komple –
xen Pathologien können allerdings im hekti –
schen Alltag prima vista nur sehr schwer
voneinander zu unterscheiden sein. Es er –
staunt daher nicht, dass solche Wölfe im
Schafspelz zum B eispiel ver pas s te Epiphysio –
lysen am proximalen Femur oder schon er –
heblich progrediente, operationswürdige Sko –
liosen an kinderorthopädischen Zentren
r egelmäs sig gesehen wer den. Dies sollte ab er
eigentlich mit einfachen Mitteln in der Praxis
vermeidbar sein ! Wir haben uns daher in un-
seren orthopädischen Gastbeiträgen sechs
Pathologien des wachsenden Bewegungsap –
Editorial
Kinderorthopädie – pädiatrischer Alltag
mit möglicher Langzeit(neben-)wirkung
Carol C. Hasler, Basel
parates gewidmet, welche in der Praxis ent-
weder häufig (Beinlängendifferenzen, Knick –
senkfüsse, Knieschmerzen) sind oder eher
selten, aber von grosser Bedeutung für das
spätere Erwachsenenalter (Skoliose, Morbus
Perthes, Epiphysiolysis capitis femoris, Spitz –
füsse): Bedenken Sie zum Beispiel, dass ein
verpasstes Abrutschen der Femurkopfepiphy –
se eine erhebliche Präarthrose darstellt. In
schwerwiegenden Fällen, v. a. wenn noch
Komplikationen wie eine Femurkopfnekrose
dazukommen, entsteht dabei schon im jungen
Erwachsenenalter eine invalidisierende Ar –
throse. Die Implantation einer Hüft-Totalpro –
these zwischen 30 und 40 Jahren würde an-
gesichts einer durchschnittlichen
Prothesenlaufzeit von cirka 15 Jahren – dies
gilt für die 1. Prothese, danach bei jedem
Wechsel abnehmend! – und einer Lebenser –
wartung von über 80 Jahren in der Schweiz
noch 2– 3 Wechseloperationen bedeuten, dies
mit allen medizinischen, psychosozialen und
ökonomischen Implikationen.
Die PraxispädiaterInnen können entspre –
chend mit richtiger Weichenstellung präventiv
Entscheidendes mit Langzeitwirkung leisten
– die Lektüre lohnt sich also! Das Wichtigste
nun aber als Amuse bouche kondensiert vor –
ab:
•
Zu
weiche, superflex, -free und -modische
Turnschuhe begünstigen durch pronieren –
des Wegknicken des Rückfusses die Entste –
hung funktioneller vorderer Knieschmer –
zen.
•
Das
Entdecken einer Skoliose dauert 15
Sekunden: Bei ausgeglichenen Beinlängen
(Brettchenunterlage) Vornüberbeugen
(Adams forward bending test) lassen und
Skoliometermessung: Patienten mit Rip –
penbuckel oder Lendenwulst > 5° sollen
dem Kinderorthopäden zugewiesen wer –
den.
•
Da
sselbe gilt für Beinlängendifferenzen
> 1.5 cm: Im Wachstum können sie bei
Körpergrösse > 50-er Perzentile allenfalls
elegant operativ einfach und minimalinvasiv
mit einer zeitlich optimal gesetzten Epiphy –
siodese (gezielter Wachstumsfugenschluss
durch Ausbohren) korrigiert werden. Nach
Wachstumsende sind dann oft nur noch
aufwendige, knochenverlängernde Verfah –
ren möglich.
•
Be
i belastungsabhängigen Oberschenkel-
oder Inguinalschmerzen (sei es auch nur
anamnestisch: Gezielt nachfragen!), Gehen
mit aussenrotiertem Bein resp. verminder –
ter Hüftinnenrotation, v. a. beim überge-
wichtigen und/oder sportlichen Patienten
(typischerweise «stop &go» Sportart wie
Fussball, Tennis, -Basketball): Obligat Rönt –
gen, DD Epiphysiolysis capitis femoris !
•
Bei
Knicksenkfüssen mit ausgeprägtem
Rückfussvalgus, Schmerzen und blockier –
tem unterem Sprunggelenk liegt oft eine
Coalitio d. h. partielle talocalcaneare oder
calcaneonaviculare Verknöcherung zugrun –
de.
•
Be
im Spitzfuss muss die OSG-Dorsalexten –
sion in Kniebeugung (M.soleus) und –stre –
ckung (Mm. gastrocnemii) getestet werden,
um funktionelle von strukturellen Situatio –
nen unterscheiden zu können
Und zum Schluss noch dies: Alle LeserInnen,
welche nun nach einem praktischen Refres –
her in Kinderorthopädie dürsten, seien herz –
lich eingeladen, sich bei den Autoren für ein
Praktikum in den jeweiligen orthopädischen
Spezialpolikliniken zu melden!
Korrespondenzadresse
Prof. Carol C. Hasler
Chefarzt Orthopädie
Universitätskinderspital beider Basel (UKBB)
Postfach, Spitalstrasse 33
CH- 4056 Basel
carolclaudius.hasler@ukbb.ch
1Prof. ffRTofaff.bai
1Prof. RTabin,R.Sor.e(chitrocPl,R.h
Weitere Informationen
Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Daniel Studer