Belastungsuntersuchungen stellen ein wichtiges Instrument zur Abschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht nur von Sportlern, sondern auch von Patienten, insbesondere mit Lungen- und Herzerkrankungen, sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter dar. In der pädiatrischen Kardiologie dienen Belastungsuntersuchungen zum einen zur Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Verlauf nach der Behandlung eines angeborenen Herzfehlers, zum anderen auch zur Abklärung möglicher myokardialer Ischämien oder Rhythmusstörungen in der Nachsorge.
38
Fortbildung
eingeschränkten körperlichen Leistungsfähig-
keit führen. Die Spiroergometrie misst neben
den sich verändernden Vitalparametern (z. B.
Herzfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz, Sau-
erstoffsättigung) auch die Veränderung von
Sauerstoff- und CO
2-Gehalt in Inspiration und
Exspiration und korreliert diese zu der er –
brachten Leistung. Weitere, unten beschrie –
bene Parameter werden durch moderne Spi –
roergometrie-Geräte zusätzlich berechnet.
Indikationen, absolute Kontraindi –
kationen und Abbruchkriterien
Tabelle 1 gibt einen Überblick über Indikatio –
nen und Kontraindikationen und zeigt Ab –
bruchkriterien einer Belastungsuntersuchung.
D et a
illierte Listen von Kontraindikationen so –
wie Abbruchkriterien bei Belastungstests wur –
den unter anderem von der American Thoracic
S oci
ety (ATS) publiziert 1), 3) ,4) .
Durchführung
Spiroergometrien bei Kindern müssen von
einem erfahrenen Team durchgeführt und
überwacht werden. Speziell bei Kindern mit
einem angeborenen Herzfehler wird die An –
wesenheit eines Kinderkardiologen empfoh –
len
5),6) . Das Team soll mit Notfall- und Reani-
mationssituationen vertraut sein, auch wenn
die Spiroergometrie eine sichere Untersu –
chung mit nur ger ingen Risiken f ür die P roban –
den darstellt
4),5) .
Um eine erfolgreiche Durchführung sicherzu –
stellen, müssen Kinder vor der Untersuchung
mit den Abläufen vertraut gemacht werden.
Ferner ist bei Kindern zu beachten, dass sie
emotional unreif sind und sie daher Ermuti –
gung und positive Unterstützung vom Betreu –
ungsteam brauchen, um die erwünschte
Leistung zu erbringen
5).
Belastungsuntersuchung können auf einem
Laufband oder Fahrradergometer durchge –
Einleitung
Belastungsuntersuchungen stellen ein wichti-
ges Instrument zur Abschätzung der körperli –
chen Leistungsfähigkeit nicht nur von Sport –
lern, sondern auch von Patienten, ins-
besondere mit Lungen- und Herzerkrankun –
gen, sowohl im Kindes- als auch im Erwach-
senenalter dar. In der pädiatrischen Kardiolo –
gie dienen Belastungsuntersuchungen zum
einen zur Beurteilung der körperlichen Leis –
tungsfähigkeit im Verlauf nach der Behand –
lung eines angeborenen Herzfehlers, zum
anderen auch zur Abklärung möglicher myo –
kardialer Ischämien oder Rhythmusstörungen
in der Nachsorge
1).
Ziel der Belastungsuntersuchung ist eine
maximale Leistungserbringung. Hierbei wer –
den kontinuierlich und gleichzeitig verschie –
dene Parameter gemessen und berechnet.
Belastungsuntersuchungen können als Ergo –
metrie oder als Spiroergometrie durchgeführt
werden. Bei der Ergometrie werden während
zunehmender Last (meist gemessen in Watt)
die Vitalparameter (Blutdruck, Herzfrequenz,
periphere Sauerstoffsättigung) zusammen mit
einer EKG -Ableitung (in der Regel 12-Kanal-
EKG) dokumentiert. Bei der Spiroergometrie
werden zusätzlich durch ein Mundstück oder
eine Maske die Sauerstoffaufnahme (VO
2)
und CO
2-Abgabe (VCO 2) gemessen; somit
wird das pulmonale System unter Belastung
mitbeurteilt
2).
Bei Kindern mit einem angeborenen Herzfeh –
ler beeinflussen einerseits die Physiologie des Herzfehlers, andererseits die resultierende
Hämodynamik nach der operativen Korrektur
die Leistungsfähigkeit. Für die rechtzeitige
Erkennung einer Verschlechterung der Leis
–
tungsfähigkeit sollten bei Kindern mit einem
angeborenen Herzfehler spiroergometrische
Belastungsuntersuchungen in der kardiologi –
schen Nachsorge seriell durchgeführt werden.
Grundlagen der Spiroergometrie
Hauptfunktion des kardiovaskulären Systems
ist die ausreichende Sauerstoffbereitstellung
für den Körper. Hierfür bedarf es eines engen
Zusammenspiels von verschiedenen, am Sau –
erstofftransport und -metabolismus beteilig –
ten Organsystemen (Abb.1). Der Gasaus –
tausch von Sauerstoff (O
2) und Kohlendioxid
(CO
2) wird über eine adäquate Lungenfunkti-
on aufrechterhalten. Der Transport des mit
Sauerstoff beladenen Blutes (gebunden an
Hämoglobin in den Erythrozyten) benötigt ein
funktionierendes zirkulatorisches System,
bestehend aus der Blutpumpe Herz sowie
dem Gefässsystem. In den sauerstoffabhän –
gigen Endorganen wird Sauerstoff während
des aeroben Stoffwechsels zu ATP, dem Ener –
gieträger unserer Körperzellen, metabolisiert.
Letztendlich wird die gewonnene Energie in
Leistung/Bewegung durch Muskelarbeit um –
gesetzt. Um unter Anstrengung vermehrte
Arbeit leisten zu können, ist ein in allen Teil-
bereichen dieser Kaskade funktionierendes
System notwendig. Einschränkungen auf ei –
ner oder mehrerer Ebenen können zu einer
Belastungsuntersuchungen bei Kindern
mit einem angeborenen Herzfehler
Sarah Simmen 1, Emanuela Valsangiacomo Buechel 1, Martin Christmann 1, Zürich
1Abteilung Kardiologie, Kinder-Herzzentrum, Universitäts-Kinderklinik, Zürich
Indikationen Absolute KontraindikationenAbbruchkriterien
–
Beurt
eilung der Belastungstoleranz und
– int
oleranz
–
Präop
eratives Hilfsmittel für die Indikation
eines
Eingriffes
–
Erfas
sung von Herzrhythmusstörungen und
Myok
ardischämien bei Belastung
–
Abklä
rung belastungsabhängiger Symptome
–
Überpr
üfung der Effektivität einer eingelei-
teten T
herapie –
Akut
er, fieberhafter Infekt
–
Akut
er Myokardinfarkt oder Instabile
Angin
a pectoris
–
Akut
er Asthmaanfall
–
Akut
e Myokarditis
–
Unkon
trollierte schwere Hypertonie
–
Akut
e Entgleisung einer Stoffwechsel-
stör
ung-
Subje
ktive Erschöpfung
–
Auff
ällige Blässe
–
Dys
pnoe
–
Schw
indel
–
Kopfs
chmerzen
–
Angi
na pectoris
–
Unphy
siologische Blutdruck- oder Herz-
fre
quenzantworten
–
Signi
fikante Herzrhythmusstörungen
–
Erre
gungsleitungs- oder Erregungsrück-
bil
dungsstörungen
Tabelle 1. Indikationen, Kontraindikationen und Abbruchkriterien von Belastungsuntersuchungen 1),3),4)
EditoraoolDtoroore G
39
Fortbildung
einem angeborenen Herzfehler relevantesten
Parameter zusammengestellt und Limitatio-
nen und Einflussfaktoren auf die Untersu –
chung benannt.
Herzfrequenz
Die Herzfrequenz steigt bei gesunden Proban-
den während Belastung beinahe linear mit
steigendem Sauerstoffverbrauch an. Gut trai –
nierte Probanden zeigen einen verzögerten
A nstieg der Her z f r e quenz. Im G egensat z da zu
haben untrainierte Probanden oder Patienten
mit Herzinsuffizienz oft einen schnelleren
Herzfrequenzanstieg
4).
Das Verhalten der Herzfrequenz bei Kindern
wurde in verschiedenen Studien untersucht.
Die Antwort der Herzfrequenz bei Kindern ist
unabhängig vom Alter und Geschlecht und
variiert mit der Methode der Belastung
7 ) ,1 0 ) .
Werden Herzfrequenzwerte bei Fahrradbelas –
tungen von 195/min und bei Laufbandbelas –
tungen von 20 0/min er r eicht , so w ir d dies als
Ausbelastung betrachtet
11 ).
Nach Beendigung einer Belastung sinkt die
Herzfrequenz exponentiell ab, man spricht von
der «Heart rate-Recovery» (HRR)
12 ). Die Herz –
frequenz erholt sich schneller bei jüngeren
Kin de
rn, Knaben und nicht übergewichtigen
Kindern
13 ). Herz Patienten hingegen zeigen
häufig eine verzögerte HRR 12 ). Singh et al.
zeigten, dass ein 12-wöchiges Rehabilitations –
programm bei Kindern mit einem angeborenen
H erz fe
hler zu einer deutlichen Besserung der
HRR führte, ohne dass immer eine Steigerung
der Leistung (gemessen an VO
2max, s. unten)
beobachtet wurde 12 ). Somit könnte eine ad-
äquate HRR ein erstes Zeichen für eine verbes –
serte kardiovaskuläre Antwort darstellen.
Blutdruck
Physiologisch steigt der Blutdruck unter Be –
lastung an und fällt nach Belastung wieder
ab
9). Bei Kindern mit einem angeborenen
Herzfehler kann der Blutdruckanstieg unzurei –
chend sein. Ursachen können eine Aorten –
klappenstenose oder auch eine eingeschränk –
te linksventrikuläre Funktion sein. Bei
Aortenklappeninsuffizienzen kann es durch
den erhöhten O
2-Bedarf des Myokards bei
Belastung und dem durch die Insuffizienz
bedingten relativen Minderangebot (in der
Diastole) unter Belastung zu Ischämiezeichen
(klinisch und im EKG) kommen.
Maximale Sauerstoffaufnahme/peak
VO
2
Die maximale Sauerstoffaufnahme während
der B elas tung is t der w ichtigster M es swer t f ür
führt werden. Der Untersuchungszeitraum
beträgt idealerweise 6–12 Minuten. Eine län
–
gere Untersuchung kann aufgrund nachlas –
sender Motivation oder Aufmerksamkeit zu
einem Abbruch des Tests vor Erreichen der
maximalen Leistung führen
7). Die gesamte
Untersuchung erfolgt unter kontinuierlicher
Überwachung von Herzrhythmus und Vitalpa –
rametern. Bei der Spiroergometrie atmet der
Proband durch ein Mundstück oder eine Ge –
sichtsmaske, mit einem darin eingebauten
Filter, der stetig die O
2- und CO 2-Werte der
Ein- und Ausatmungsluft misst. Anhand der
erhobenen Messwerte können weitere Para –
meter direkt durch das Gerät berechnet
werden.
Laufband vs. Fahrradergometer
Sowohl für Laufband als auch Fahrradergome –
ter gibt es Vor- und Nachteile hinsichtlich der
Anwendung in der pädiatrischen Kardiologie.
Auf dem Laufband können bereits sehr kleine
Kinder untersucht werden. Diesen wird zu –
sätzlich ein Gurt angelegt, welcher an einem
Seil befestigt ist und sie vor einem Sturz
schützt. In der Literatur sind Spiroergometri-
en ab dem 3. Lebensjahr beschrieben
7). Eine
gewisse motorische Reife wird in diesem Fall
vorausgesetzt. Die Erfahrung zeigt jedoch,
dass diese individuell sehr unterschiedlich ist
und selten bereits bei 3-jährigen Kindern
ausreicht.
Ein weiterer Vorteil des Laufbandes liegt in
der den Kindern vertrauten Bewegung, welche
im Vergleich zum Fahrradergometer die Arbeit
einer grösseren Muskelmasse verlangt und
bei der mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit
das kardiovaskuläre System den limitierenden
Faktor der Leistungserbringung darstellt
7). Die 5–10 % höheren VO
2max-Werte, die erreicht
werden, stellen gegenüber dem Fahrradergo –
meter ebenfalls einen Vorteil dar
7).
Anders als beim Laufband ist die Arbeitslast
auf dem Fahrradergometer gewichtsunabhän –
gig, was bei adipösen Patienten als wichtiger
Vorteil angesehen wird
5). Zudem w ir d au f dem
Fahrradergometer aufgrund der kleineren
Oberkörperbewegungen der Blutdruck zuver –
läs siger gemes sen und das EKG weist weniger
Artefakte auf.
Protokoll
Es existieren verschiedene Belastungsproto –
kolle. Man unterscheidet zwischen Stufen-
und Rampenprotokollen. Bei Stufenprotokol –
len (wie z. B. dem Bruce-Protokoll) wird die
Belastung stufenweise erhöht, wobei die Stu-
fendauer meist 3 Minuten beträgt. Rampen –
protokolle zeichnen sich durch eine sehr kurze
Stufendauer aus, was für die Bestimmung der
anaeroben Schwelle von Vorteil ist
7). Abbil –
dung 2 zeigt schematisch den Unterschied von
Rampen- und Stufenprotokollen.
Parameter
Entsprechend Abbildung 1 erfordert die Leis –
tungserbringung auch bei Kindern mit einem
angeborenen Herzfehler ein enges Zusam –
menspiel zwischen den Systemen Atmung,
Herzkreislauf und dem End-Organ Muskel.
Die im Rahmen der Leistungsdiagnostik mit –
tels Spiroergometrie gewonnen Parameter
versuchen möglichst genau dieses Zusam –
menspiel zu charakterisieren. Graphisch wer –
den von den modernen Spiroergometriegerä –
ten die Messwerte in der 9-Felder-Tafel nach
Wassermann dargestellt
8). In der Folge wer –
den die in der Beurteilung von Kindern mit
Abb. 1: Zusammenspiel der Organsysteme im Rahmen der O 2-Aufnahme und CO 2-Abgabe
EditoraoolDtoroore G
40
Fortbildung
die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit (peak
VO
2 oder VO 2max) 4). VO 2max entspricht der
maximalen Menge O
2, welche das kardiovas-
kuläre System den arbeitenden Muskeln lie –
fern kann. Neben der kardialen Funktion muss
hierbei auch die pulmonale Funktion mitbeur –
teilt werden, da die erreichte VO
2max auch
durch pulmonale Erkrankungen beeinflusst
wird. Eine gesunde Lunge und Atemphysiolo –
gie vor ausgeset z t , häng t die Höhe von VO
2max
von der Fähigkeit des kardiovaskulären Sys-
tems ab, das Herzzeitvolumen während kör –
perlicher Belastung zu steigern
14 ). Als alters-,
geschlechts- und gewichtsabhängiger Wert
w ir d er in ml O
2/(kg*Min.) angegeben und gilt
als bester Index für die aerobe Kapazität und
somit der kardiovaskulären Leistungsfähig –
keit
4). In verschiedenen Studien wurden
VO
2max-Normwerte für Kinder präsen –
tiert14 ) ,15 ) .
O
2-Puls (O 2P)
Stellt sich bei Patienten mit Herzerkrankun –
gen die Frage, ob das Schlagvolumen unter
Belastung angemessen gesteigert werden
kann, so nimmt der Sauerstoffpuls eine zent –
rale Bedeutung ein. Die Sauerstoffaufnahme
pro Herzschlag wird definiert als Sauerstoff –
puls (O
2-Puls) und entspricht dem Produkt
aus Schlagvolumen und arteriovenöser Sau –
erstoffextraktion
7). Der O 2-Puls verhält sich
proportional zum Schlagvolumen und ist bei
Patienten mit einem reduzierten linksventri –
kulären Auswurfvolumen (wie bei Patienten
mit «single-ventricle» Physiologie, schweren
obstruktiven Läsionen, schweren Klappenin –
suffizienzen) und pulmonalen oder systemi –
schen vaskulären Krankheiten vermindert
14 ).
Anämien oder Polycythämien sowie die Herz –
frequenz beeinflussende Medikamente (z. B.
eine beta-Blocker-Therapie) können den O
2- Puls beeinflussen und müssen deshalb in die
Beurteilung mit einbezogen werden
14 ). Liegt
bei einem Patienten in Ruhe eine verminderte
Funktion des linken Ventrikels vor, so kann
anhand des O
2-Pulses die Fähigkeit zur Stei –
gerung des Schlagvolumens im dynamischen
Zustand abgeschätzt werden.
Respiratory exchange Ratio (RER)
Das Verhältnis der CO
2-Ausatmung und der
O
2-Aufnahme (VCO 2/VO 2) w ir d RER genannt 1).
Für eine korrekte Interpretation des kardio –
pulmonalen Status eines Probanden, muss
dieser eine maximale Leistung erbringen. Die
Respiratory Exchange Ratio (RER) kann helfen
einzuschätzen, ob der Proband während des
Belastungstests eine maximale Leistung er –
bracht hat
14 ). In Ruhe entspricht RER dem re –
spiratorischen Quotienten (RQ) und ist <1.
Wird die anaerobe Schwelle überschritten,
steigt RER >1. Bei Kindern werden RER-Werte
von 1.05 oder 1.08 mit einer angemessenen
Leistung bzw. Ausbelastung in Verbindung
gebracht
2 ) ,14 ) .
Ventilatory anaerobic threshold (VAT)
Die anaerobe Schwelle (VAT) stellt den Punkt
dar, bei dem während zunehmender Belastung
der aerobe Metabolismus die Muskeln nicht
mehr ausreichend mit Energie versorgen
kann. Dieser Vorgang wird limitiert durch die
Menge an Sauerstoff die über das kardiovas –
kuläre System den Muskeln geliefert und in
Energie umgewandelt wird
14 ). VAT sinkt mit
dem A lter und ist b ei K inder n mit einem ange –
borenen Herzfehler vermindert
7). Die anaero –
be Schwelle kann mit 2 unterschiedlichen
Methoden bestimmt werden. Die «V-slope-
Methode» definiert als VAT den Zeitpunkt, an
dem VCO
2 ohne Hyperventilation überpropor –
tional zum VO
2-Anstieg ansteigt. Die VCO 2- Zunahme entsteht durch vermehrt anfallen
–
des Laktat oberhalb der anaeroben Schwelle,
welches durch Bikarbonat gepuffert und als
CO
2 abgeatmet wird. Die «ventilatorx
equivalents»-Methode berechnet VAT mittels
des Verhältnisses der Atemminutenvolumen
und der VO
2-Kur ve 1).
Wird die anaerobe Schwelle bei einer Belas-
tung erreicht, so kann davon ausgegangen
wer den, das s ein kar dialer Fak tor f ür die Limi –
tierung des Tests verantwortlich war
1).
VE/ VCO
2 Slope
Das Atemminutenvolumen (VE, in l/Min.)
steig t währ end zunehmender B elastung bis zu
einem Punkt oberhalb von VAT linear an, pro –
portional zu VCO
2 14 ). Das Verhältnis VE/VCO 2
sinkt zu Beginn der Belastung ein wenig ab,
da das Ventilations-Perfusions-Verhältnis op –
timiert wird. Anschliessend bleibt die Stei –
gung VE/VCO
2 ziemlich konstant und steigt
erst gegen Ende der Belastung stärker an 2).
D er linear e A bschnit t der Kur ve w ir d V E/ VCO
2
Slope genannt und gilt als Index für die Gas-
Austausch-Effizienz während Belastung
14 ).
Die Bedeutung des VE/VCO
2 Slopes für Kin –
der ist bei der aktuellen Studienlage noch
unklar, wobei aber gezeigt werden konnte,
dass Kinder mit komplexen angeborenen
Herzfehlern erhöhte VE/VCO
2-Slope-Werte
aufweisen 16 ).
Abb. 2: Schematische Darstellung von (A) Stufen- und (B) Rampenprotokoll; W = Watt
Abb. 3: Belastungsuntersuchung auf dem
Laufband
EditoraoolDtoroore G
41
Fortbildung
Rhythmus
Belastungsuntersuchungen helfen, belas-
tungsabhängige Arrhythmien zu demaskieren.
Nebst Begleitarrhythmien bei verschiedenen
Herzfehlern, spielt die Ergometrie eine ent-
scheidende Rolle in der Diagnostik von insbe –
sondere drei spezifischen Rhythmusstörun –
gen: (A) supraventrikuläre Tachykardien, (B)
Long-QT-Syndrom und (C) katecholaminerg
polymorph ventrikuläre Tachykardie (CPVT).
A)
Bei P
atienten mit Präexzitationen (delta-
Welle im EKG) dienen Belastungsuntersu –
chungen dazu, Eigenschaften der akzesso –
rischen Leitungsbahn zu testen.
Verschwindet während der Belastung die
Präexzitation im EKG, so spricht dies für
eine schlechte Leitungseigenschaft der
akzessorischen Leitungsbahn. Das Risiko
für die Entwicklung von schnellen ventriku –
lären Antworten auf Vorhofarrhythmien,
insbesondere Vorhofflimmern, ist in diesem
Fall geringer als wenn Präexzitationen bei
Belastung persistieren
7).
B)
Das L
ong-QT-Syndrom, eine angeborene
Ionenkanalerkrankung, zeichnet sich durch
ein verlängertes QT-Intervall im EKG aus.
Ergänzend zu den bekannten diagnosti –
schen Schwartz-Kriterien kann die Bestim –
mung der frequenzkorrigierten QT-Zeit
(QTc) in der Nachbelastung (3–4 Minuten
nach Belastung) als ergänzender Messwert
zur Risiko-Stratifizierung herangezogen
werden
7),17),18) . Hierbei werden QTc-Werte ≥
480 ms zu diesem Zeitpunkt als erhöhtes
Risiko gewertet.
C)
Die C
PVT stellt eine ebenfalls genetisch
bedingte Rhythmusstörung dar, bei der
häufig nur unter Belastung polymorphe
ventrikuläre Extrasystolen oder ventrikulä –
re Tachykardien auftreten. Neben der Dia –
gnosestellung wird die Belastungsuntersu –
chung auch zur Bewertung einer
prophylaktischen medikamentösen Thera –
pie eingesetzt
7).
Einsatz und Nutzen der Spiroergo-
metrie bei Kindern mit angebore-
nen Herzfehlern
Die Spiroergometrie wird zur Beurteilung der
Leistungsfähigkeit von Kindern mit angebore –
nem Herzfehler als objektive Messmethode
eingesetzt. Mit den Ergebnissen der Untersu –
chung sollen Indikationen und Erfolg von
operativen oder interventionellen Eingriffen
bewertet werden. Auch sollen anhand der
Ergebnisse Empfehlungen hinsichtlich körper –
licher Aktivität im Alltag abgegeben werden können. Zudem hilft sie subjektive Beschwer
–
den der Patienten zu objektivieren und ein
eventuelles kardiologisch-organisches Korre –
lat zu testen.
Die meisten angeborenen Herzfehler, die ei –
nen operativen Eingriff notwendig machen,
führen im Langzeitverlauf häufig zu einer un-
terschiedlich stark eingeschränkten Leis –
tungsfähigkeit
16 ). Hier f ür können eine chrono –
trope Inkompetenz (z. B. Sinusknoten-
dysfunktion), aber auch eine reduzierte Ejek –
tionsfraktion des linken Ventrikels sowie
Klappeninsuffizienzen oder -stenosen mögli –
che Ursachen sein. Eine besondere Stellung
nehmen in diesem Kontext Kinder mit einem
univentrikulären Herzen und einer Glenn-
oder Fontanphysiologie (bidirektionale – oder
totale cavo-pulmonale Anastomose) ein. In
dieser Patientengruppe erfolgt die Lungenper –
fusion nach operativer Palliation passiv. Diese
Patienten zeigen im Vergleich zu anderen
kardialen Vitien und der Normalpopulation in
der Regel deutlich eingeschränkte Werte für
VO
2 max 19 ).
In der Folge möchten wir exemplarisch einige
Vitien und die typischen Fragestellungen an
die Spiroergometrie zusammenfassen:
Transposition der grossen Arterien
(TGA):
Nach Koronarchirurgie im Rahmen der arteri –
ellen Switch-Operation (ASO) im Neonatalal –
ter kommt in dieser Patientengruppe der
Frage nach Hinweisen für Myokardischämien
unter Belastung als frühes Zeichen der koro –
naren Insuffizienz eine besondere Rolle zu.
Aortenstenose:
Beurteilung des Blutdruckverhaltens unter
Belastung sowie Erfassung von subendokar –
dialen Ischämien.
Fallot`sche Tetralogie:
Beurteilung der Leistungsfähigkeit vor dem
Hintergrund von im Langzeitverlauf auftreten –
den Re-Stenosen oder Insuffizienzen im Be –
reich des rechtsventrikulären Ausflusstrakts
mit evtl. Dilatation der rechten Kammer. Die
Leistungsfähigkeit in der Belastungsuntersu –
chung ist ein Baustein in der Indikationsstel-
lung für einen Pulmonalklappenersatz.
Patienten mit Fontanphysiologie
(totale cavo-pulmonale Anastomose)
Beurteilung der Leistungsfähigkeit. Eine Zu –
nahme der Zyanose unter Belastung kann Ausdruck einer Fenestrierung zwischen Fon
–
tanconduit und rechtem Vorhof, oder vorhan –
dener venovenöser Kollateralen sein. Die
chronotrope Kompetenz unter Belastung oder
andere Arrhythmien werden erfasst.
Fazit
Die Spiroergometrie stellt ein etabliertes
Verfahren für die differenzierte Leistungs-
und Funktionsdiagnostik bei Erwachsenen
und Kindern dar. Sinnvolle Belastungsunter –
suchungen bei Kindern mit angeborenen
Herzfehlern können ab dem 8. Lebensjahr
sowohl auf dem Laufband als auch auf dem
Fahrradergometer durchgeführt werden. Hier –
bei wird eine höhere Ausbelastung auf dem
L au f band und eine dur ch weniger B ewegungs –
artefakte bessere Rhythmusanalyse auf dem
Fahrrad erreicht. Die maximale Sauerstoffauf –
nahme (VO
2max) stellt einen der wichtigsten
Messwerte der Leistungsdiagnostik dar. Als
alters-, geschlechts- und gewichtsabhängiger
Wert wird er in ml O
2/(kg*Min.) angegeben
und gilt als bester Index für die aerobe Kapa-
zität und somit der kardiovaskulären Leis-
tungsfähigkeit. Bei Rhythmusstörungen kann
die Spiroergometrie als Hilfsmittel in der Dia-
gnostik und Therapiesteuerung dienen. Dabei
muss betont werden, dass eine Belastungsun –
tersuchung nicht isoliert betrachtet werden
soll, sondern immer im Kontext mit den übli-
chen kardiologischen diagnostischen Modali –
täten interpretiert werden muss.
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Korrespondenzadresse
Dr. med. Martin Christmann
Facharzt Kinder- und Jugendmedizin
Schwerpunkt Kinderkardiologie
Universitätskinderspital Zürich
Steinwiesstrasse 75
CH-8032 Zürich
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Die Autoren haben keine finanzielle Unterstützung und
keine anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit
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Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Sarah Simmen Prof. Dr. med. Emanuela Valsangiacomo Büchel , Co-Abteilungsleiterin, Chefärztin, Kinderherzzentrum, Universitäts-Kinderspital in Zürich PD Dr. med. Martin Christmann , Kinderherzen – Center for Paediatric Cardiology, Zurich, Children`s Hospital Lucerne, Department of Paediatric Cardiology, Lucerne