Knapp 20% der erwachsenen Bevölkerung betreffend, stellt die arterielle Hypertonie ein relevantes Problem der öffentlichen Gesundheit dar. Durch die Assoziation mit Atherosklerose, koronarer und zerebrovaskulärer Erkrankung, Diabetes mellitus sowie chronischer Nierensuffizienz im Erwachsenenalter wird die Bedeutung der arteriellen Hypertonie als Ursache von Morbidität und Mortalität verdeutlicht.
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1. Einleitung
Knapp 20% der erwachsenen Bevölkerung
betreffend, stellt die arterielle Hypertonie ein
relevantes Problem der öffentlichen Ge-sundheit dar. Durch die Assoziation mit Athe-
rosklerose, koronarer und zerebrovaskulärer
Erkrankung, Diabetes mellitus sowie chro-
nischer Nierensuffizienz im Erwachsenenal-
ter wird die Bedeutung der arteriellen Hyper-
tonie als Ursache von Morbidität und Mor-
talität verdeutlicht.
Gemäss den Empfehlungen der Schweizeri-
schen Gesellschaft für Pädiatrie gehört die
Blutdruckmessung zu den Routineuntersu-
chungen im Kindealter
1). Weiterhin soll der
Blutdruck bei allen Kindern mit kardiovas-
kulärer oder renaler Erkrankung, bei ehe-
maligen Frühgeborenen, nach Organtrans-
plantation sowie bei Medikation mit poten-
ziell blutdrucksteigernden Medikamenten
gemessen werden.
Wenngleich die arterielle Hypertonie im
Kindesalter viel seltener als bei Erwachsenen
ist (1–3%)
2)–5) , können die Langzeitfolgen
gleichermassen verhängnisvoll sein. Je jüng-
er ein hypertensiver Patient, desto wahr-
scheinlicher liegt eine renale (parenchyma-töse oder vaskuläre) Ursache vor; bisweilen
findet sich auch eine Aortenisthmusstenose
oder eine ursächliche endokrinologische Er-
krankung
6). Die häufigsten renalen Ursachen
einer arteriellen Hypertonie im Kindesalter
sind in Tabelle 1zusammengefasst. Die so-
genannte essentielle Hypertonie wird erst im
Adoleszentenalter relevant und bleibt ent-
sprechend eine Ausschlussdiagnose. Die
Unterscheidung zwischen essentieller und
sekundärer Hypertonie stellt einen ersten
entscheidenden Schritt in der Betreuung
hypertensiver Kinder dar. Klinische Befunde
und einfache Hilfsuntersuchungen geben da-
bei oftmals entscheidende Hinweise in der
Abklärung (Tabelle 2).
Die Pharmakotherapie der arteriellen Hyper-
tonie im Kindesalter ist weiterhin durch eine
limitierte Anzahl entsprechender Studien
charakterisiert
7), 8) . Im Arzneimittelkompen-
dium der Schweiz finden sich zumeist weder
pharmakokinetische oder pharmakodyna-
mische Daten, noch Angaben zur Dosierung
im Kindesalter
7). Selbst bei Vorliegen pädia-
trischer Dosierungsempfehlungen bleibt die
praktische Durchführung dennoch oft pro-
blematisch, da die meisten Antihypertensi-
va nicht in flüssiger Form (Sirup, Suspension)
verfügbar sind
7), 8) . In dieser Situation bleibt
die einzige Möglichkeit der Verschreibung
mittels Magistralrezeptur, wobei ausgehend
vom Originalprodukt die gewünschte gale-
nische Form durch die Apotheke zubereitet
werden muss.
Wir stellen hier unsere Vorgehensweise bei
Kindern mit arterieller Hypertonie vor, basie-
Behandlung der arteriellen Hypertonie
im Kindesalter: Aktuelle Empfehlungen
Fançois Cachat, Département médico-chirurgical de pédiatrie,
Unité de néphrologie pédiatrique, Lausanne,
Ermindo R. Di Paolo, Service de pharmacie, Lausanne,
Nicole Sekarski, Département médico-chirurgical de pédiatrie,
Unité de cardiologie pédiatrique, CHUV, Lausanne, Suisse
Übersetzung: Rodo von Vigier, Bern
Tabelle 1: Prävalenz arterieller Hypertonie
bei Patienten mit chronischer Nephro-
pathie
Modifiziert nach: Feld LG. Hypertension in children, But-
terworth-Heinemann, Boston, 1997; Cachat F, Guignard
J-P. Hypertension artérielle d’origine rénale chez l’enfant.
Med et Hyg 1996; 54: 722–30
Häufig
● Fokale-segmentale Glomeruloskle-
rose (FSGS)
● Mesangioproliferative Glomerulo-
nephritis
● Rapid progressive glomerulonephri-
tis (RPGN)
● Diabetische Nephropathie
● Systemischer Lupus Erythematodes
● Systemische Vaskulitis
● Hämolytisch-urämisches Syndrom
● Refluxnephropathie (fortgeschritten)
● Polyzystische Nierenkrankheiten
(autosomal dominant oder rezessiv)
Gelegentlich
● IgA-Nephritis (selten, ausser bei
schwerer Proteinurie oder Nierenin-
suffizienz)
● Membranoproliferative Glomerulo-
nephritis (vor allem bei Therapie mit
Steroiden)
● HIV-Nephropathie
Selten
● Interstitielle Nephritis
● Obstruktive Uropathie
● Nephropathie bei Sichelzellanämie
● Alport-Syndrom (ausser bei fortge-
schrittener chronischer Niereninsuf-
fizienz)
● Nieren-Hypo-/Dysplasie
● Membranöse Nephropathie
Tabelle 2: Diagnostische Orientierung bei arterieller Hypertonie Modifiziert nach: The fourth report on the diagnosis, evaluation, and treatment of high blood pressure in children and
adolescents. Pediatrics 2004; 114: S555–S576
Klinische Befunde
Herzgeräusch Aortenisthmusstenose
Blutdruckgradient obere / Aortenisthmusstenose
untere Extremitäten
Gefässgeräusch abdominalNierenarterienstenose, Hypodysplasie Aorta abdominalis
(mid-aortic syndrome)
Striae / Adipositas Cushing Syndrom
Wachstumsverzögerung Cushing Syndrom
Lichtempfindlichkeit / Arthralgien Systemischer Lupus Erythematodes
Café-au-lait Flecken Neurofibromatose Typ I
Hypopigmentation (white spots) Tuberöse Sklerose
Blässe / Schwitzen Phäochromozytom
Hilfsuntersuchungen
Proteinurie, (Hämaturie) Niereninsuffizienz (chronisch)
Plasma-Kreatinin erhöht Niereninsuffizienz (akut oder chronisch)
Hypokaliämie, Alkalose Hyperaldosteronismus, Liddle-Syndrom
Fortbildung / Formation continue
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Vol. 15 No. 5 2004
rend auf der eigenen klinischen Erfahrung
und den neusten Empfehlungen der Ameri-
can Academy of Pediatrics
9).
2. Behandlungsindikation
Im Kindesalter wird die arterielle Hypertonie
definiert als Blutdruck-Messwerte systolisch
und/oder diastolisch ≥95. Perzentile, kor-
rigiert für Alter und Geschlecht, anlässlich
von mindestens drei unabhängigen Messung-
en. Blutdruckwerte zwischen der 90. und 95.
Perzentile sowie jegliche Werte ≥120/80mmHg bei Adoleszenten werden als Prä-
Hypertonie bezeichnet. Die entsprechenden
Normwerte sind in Tabelle 3wiedergegeben.
Diese in der Literatur verfügbaren Daten
scheinen uns für Kleinkinder angebracht, für
adoleszente Mädchen und Knaben jedoch
eher hoch. Wir bevorzugen deshalb die fol-
gende Definition der arteriellen Hypertonie
(Perzentile 95, in mmHg)
10), 11) :
● Systolischer Blutdruck (1–17 Jahre): 100
+ (Alter in Jahren x 2).
● Diastolischer Blutdruck (1–10 Jahre): 60
+ (Alter in Jahren x 2).
● Diastolischer Blutdruck (11–17 Jahre): 70
+ (Alter in Jahren).
Zum Ausschluss einer Aortenisthmussteno-
se muss bei hypertensiven Kindern die
Blutdruckmessung an allen vier Extremitäten
erfolgen. Der sofortige Beginn einer Phar-
makotherapie ist in folgenden Situationen in-
diziert: Schwere arterielle Hypertonie mit Zei-
chen von Endorganschädigung (linksventri-
kuläre Hypertrophie, bei ca. 40–50% der
Kinder mit essentieller Hypertonie vorlie-
gend; diastolische Dysfunktion des linken
Ventrikels), sekundäre arterielle Hypertonie,
Assoziation mit Diabetes mellitus und per-
sistierende Hypertonie trotz Anwendung
nicht-pharmakologischer Massnahmen. Das
Vorgehen bei Kindern und Jugendlichen mit
grenzwertigem Blutdruck (90. bis 95. Per-
zentile) und fehlendem Nachweis von End-
organschäden bleibt kontrovers. In dieser Si-
tuation empfehlen wir folgende strikte Über-
wachung und Vorgehen:
1. Mehrfache Blutdruckmessungen in der
Praxis und bevorzugt zu Hause
2. Die Durchführung einer ambulanten 24-
Std.-Blutdruckmessung vor Beginn einer
antihypertensiven Dauertherapie kann in
derartiger Situation von Nutzen sein
12 ).
Diese Untersuchung wird von allen Uni-
versitätskliniken (Nephrologie oder Kar-
diologie) angeboten oder kann bei Ver-
fügbarkeit einer entsprechenden Ausrüs-
tung auch durch den praktizierenden
Pädiater erfolgen. In jedem Fall soll eine
erneute Blutdruckmessung spätestens
nach sechs Monaten erfolgen.
3. Der Beginn nicht-pharmakologischer
Massnahmen (Tabelle 4) ist bei Vorlie-
gen solcher grenzwertiger Blutdruck-
Messwerte indiziert, eine Pharmoko-
therapie dagegen nur bei Misserfolg die-
ser Massnahmen und bei ungünstigem
Verlauf.
3. Nicht-pharmakologische
Behandlung
Nicht-pharmakologische Massnahmen sollen
das Risiko kardio-vaskulärer Morbidität und
Mortalität als Folge der Blutdruckerhöhung
reduzieren. Oft ist die isolierte Reduktion des
Blutdruckes dazu ungenügend, vielmehr
müssen zumeist die mit arterieller Hyperto-
nie assoziierten Faktoren ebenfalls beein-
flusst werden. Dazu gehören in erster Linie
Übergewicht, Hyperlipidämie, Glucoseinto-
leranz und Diabetes mellitus sowie Tabak-
Abbildung 1: Vorgehen bei arterieller Hypertonie im Kindesalter
Tabelle 3: Altersabhängige Blutdruckgrenzwerte Modifiziert nach: Norwood VF. Hypertension. Pediatr Rev 2002; 23: 197–209; The fourth report on the diagnosis,
evaluation, and treatment of high blood pressure in children and adolescents. Pediatrics 2004; 114: S555–S576
Mädchen Knaben
Alter P50 P90 P95 P50 P90 P95
190/42 103/56 107/60 89/39 103/54 106/58
698/58111/72 115/76 100/57 113/72 117/76
12109/64 122/78 126/82 110/64 123/79 127/83
17115/68 128/82 132/86 122/70 136/84 140/89
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Vol. 15 No. 5 2004 Fortbildung / Formation continue
konsum. Nicht-pharmakologische Massnah-
men (Tabelle 4) sind primär bei allen Patien-
ten zu veranlassen denn diese vermögen bis-
weilen die Blutdruckregulation genügend zu
beeinflussen (Abbildung 1).
Der Zusammenhang von Kochsalzzufuhr
mit arteriellem Blutdruck wurde bei Er-
wachsenen sehr gut untersucht und nach-
gewiesen
13 ). Der Nachweis dieses Zusam-
menhanges im Kindesalter ist dagegen
schwieriger
14 ). Dennoch gibt es einen Anteil
der Kinder mit eindeutiger «Salzempfind-
lichkeit». Entsprechend soll bei allen hyper-
tensiven Patienten ein Versuch mit koch-
salzarmer Diät unternommen werden. Dies
ist auch bei Patienten, die bereits medika-
mentös behandelt werden angezeigt, da die
Kochsalzrestriktion jegliche pharmakologi-
sche Therapie positiv beeinflussen kann.
Die Definition der «normalen Kochsalzzufuhr»
gestaltet sich schwierig. In westlichen Län-
dern beträgt die Kochsalzzufuhr beim Er-
wachsenen rund 200 mmol pro Tag (43.5
mmol = 1 g). Eine Reduktion auf 100 mmol
täglich (2.2 g / Tag) bewirkt eine Blutdruck-
reduktion von 5 mmHg systolisch und 6
mmHg diastolisch
15 ).
Eine Vielzahl von Studien vermochte den
günstigen Einfluss einer zusätzlichen Kali-
umzufuhr auf die Blutdruckregulation so-
wohl im Tierversuch
16 )als auch bei Patien-
ten 17 )zu zeigen. Derzeit ist jedoch keine
überzeugende Arbeit verfügbar, aufgrund
derer eine Kaliumsupplementation zur Be-
handlung der arteriellen Hypertonie im Kin-
desalter zu empfehlen wäre. Ebenso emp-
fehlen wir keine Zusätze von Calcium und
Magnesium.Übergewicht und arterielle Hypertonie sind
eng miteinander assoziiert, wenngleich die
Pathophysiologie der übergewichtsbeding-
ten Blutdrucksteigerung (Kochsalzzufuhr,
Hyperreninismus, Insulinresistenz) noch
nicht abschliessend bekannt ist. Die Wirk-
samkeit einer Gewichtsreduktion auf die
Blutdruckregulation ist dagegen unbestrit-
ten
18 ). Eine entsprechende Beratung (Diät-
beratung, Adipositassprechstunde) muss bei
allen übergewichtigen Patienten mit Hyper-
tonie erfolgen.
Aus epidemiologischer Sicht ist körperliche
Aktivität mit einer Reduktion kardiovaskulä-
rer Risiken assoziiert und bewirkt wahr-
scheinlich auch eine Reduktion des Blut-
druckes
19 ). Schwere körperliche Anstren-
gung führt jedoch zu relevanter Blutdruck-
steigerung, so dass gewisse Sportarten
(vor allem auf Wettkampfniveau) bis zum Er-
reichen einer genügenden Blutdruckeinstel-
lung als kontraindiziert gelten. Dies betrifft
insbesondere sogenannte isometrische
Sportarten (Bodybuilding, Gewichtheben,
Radsport) bei Patienten mit schwerer, un-
kontrollierter Hypertonie. Ein Vorschlag für
das praktische Vorgehen zeigt Tabelle 5.
Wegen des Nebenwirkungsprofils dürfen ge-
wisse Antihypertensiva bei Athleten nur mit
besonderer Vorsicht eingesetzt werden (zum
Beispiel Bradykardie unter β-Blockern, Was-
ser- und Salzverlust unter Diuretika).
4. Pharmakotherapie
(Tabelle 6 und Abbildung 1)
Bei Patienten mit arterieller Hypertonie
Grad 2 (Blutdruck > 5 mmHg oberhalb der
99. Perzentile) soll unverzüglich mit einer me-
dikamentösen Behandlung begonnen wer-
den. Bei Hypertonie Grad 1 dagegen (Blut-
druck ≥95. Perzentile aber ≤(Perzentile 99
+ 5 mmHg)) sollen initial die obengenannten
nicht-pharmakologischen Massnahmen ein-
geführt werden und eine kurzfristige Nach-
kontrolle der Blutdruckwerte erfolgen. Eine
Pharmakotherapie ist indiziert bei Zeichen
von Endorganschädigung, bei symptomati-
scher Hypertonie (Kopfschmerzen, Sehstö-
rungen) und letztlich bei Versagen der übri-
gen Massnahmen
9). Mit Ausnahme spezieller
pathophysiologischer Situationen (Tabelle 7)
und gewisser – teilweise pädiatriespezifi-
scher – Kontraindikationen (Tabelle 8), gibt
es keine «klassische Pharmakotherapie»
der Hypertonie im Kindesalter. Eine mögliche
Vorgehensweise ist in Abbildung 1dargestellt
und die wichtigsten Medikamentengruppenwerden untenstehend diskutiert und sind in
Tabelle 6zusammengefasst.
Bei allen Patienten unter medikamentöser
Therapie sind die folgenden Punkte regel-
mässig zu überprüfen:
1. Normalisierung des Blutdruckes als Kon-
trolle der Wirksamkeit und Durchführung
(adherence) der verordneten Therapie.
Für Patienten mit Diabetes mellitus, chro-
nischer Niereninsuffizienz oder anderen
Endorganschäden sollen Blutdruckwerte
unterhalb der 90. Perzentile angestrebt
werden; bei allen übrigen Patienten wer-
den Zielwerte unterhalb der 95. Perzen-
tile angegeben 9).
2. Wenngleich selten, müssen Nebenwir-
kungen aktiv gesucht und gegebenenfalls
die Medikation angepasst werden. Die
Nebenwirkungen der einzelnen Wirkstoff-
klassen werden untenstehend disku-
tiert, Kontraindikationen dagegen sind in
Tabelle 8zusammengefasst.
Tabelle 4: Nicht-pharmakologische
Massnahmen bei arterieller Hypertonie
● Reduktion der Salzzufuhr (< 100
mmol/Tag oder ca. 2.5 g/Tag)
● Reduktion Übergewicht
● Körperliche Aktivitäten (mindestens
3 x 20 Minuten / Woche)
● Gesunder Lebensstil (Alkohol- und
Tabakkonsum vermeiden)
● Behandlung assoziierter metaboli-
scher Erkrankungen (Hyperlipidä-
mie, Hypercholesterinämie, Diabe-
tes mellitus)
Tabelle 5: Empfehlungen betreffend
Wettkampfsport bei Kindern
mit arterieller Hypertonie
Modifiziert nach: Maron BJ, Mitchell JH. 26th Bethesda
Conference: recommendations for determining eligibili-
ty for competition in athletes with cardiovascular abnor-
malities. J Am Coll Cardiol 1994; 24: 846–852
1. Kinder mit mittelschwerer arterieller
Hypertonie jedoch ohne Zeichen von
Endorganschädigung dürfen jegli-
chen Leistungssport betreiben. Um
den Einfluss auf die Blutdruckein-
stellung zu überprüfen, sollen Blut-
druckkontrollen mindestens alle 2
Monate erfolgen.
2. Bei schwerer arterieller Hypertonie
ohne Endorganschäden ist bis zum
Erreichen einer guten Blutdruckein-
stellung von statischen Sportarten
(Gymnastik, Bodybuilding, Gewicht-
heben, Radsport) auf Hochleis-
tungsniveau abzuraten. Bei Aufnah-
me der Aktivitäten soll der Einfluss
auf die Blutdruckeinstellung mittels
Belastungstest objektiviert werden.
3. Bei schwerer arterieller Hypertonie
mit Zeichen einer Endorganschädi-
gung muss die Empfehlung betref-
fend intensiver sportlicher Aktivitä-
ten individuell, bisweilen unter Bei-
zug eines Belastungstestes erfolgen.
Fortbildung / Formation continue
38
Vol. 15 No. 5 2004
Tabelle 6: Wichtigste Antihypertensiva in der Pädiatrie a)
a) Dosierung nach dem ersten Lebensmonat, für Neonatalperiode ist die entsprechende Spezialliteratur zu konsultieren.
b) Die pädiatrischen Dosierungen wurden nord-amerikanischer Literatur entnommen (2 und 3) und gelten nicht offiziell
(da im Arzneimittelkompendium der Schweiz zumeist nicht angegeben).
c) Es wird jeweils nur ein Generikum angegeben, weitere finden sich in der Spezialitätenliste oder unter www
.okgeneriques.c h.
d) Die festen oralen Standardpräparate können in der Apotheke zu pädiatrischen Kapseln / Suspensionen aufbereitet werden (www .paddoc klabs.com/comstudies.html ou www .chuv.c h/pha , unter «Infos Médicaments»).
1) Arzneimittelkompendium der Schweiz. Basel: Documed; 2004 (www
.documed.c h, Stand 13 September 2004).
2) Rose BD, Rush JM. UpToDate Online Wellesley: Uptodate; 2004 (www .uptodate.com , Stand 13 September 2004).
3) Norwood VF. Hypertension. Pediatrics in review 2002; 23 (6): 197–209.
4) Shann F. Drug doses. 11
thed. Royal Children’s Hospital Parkville Australia; 2001.
DCI Pädiatrische Dosierung b) Dos. Erwachsene 1) Spezialitäten c) Bemerkungen d)
Hypertensive Krise
Nifedipin po oder
sublingual
Nitroprussid-Na
iv
Labetolol iv
Chronische Hypertonie
ACE-Hemmer
Captopril po
Enalapril po
Lisinopril po
Angiotensin II-Antagonisten
Losartan po
Calcium-Antagonisten
Nifedipin po
Amlodipin po
Isradipin po
β-Blocker
Propranolol po
Atenolol po
Labetolol po
Diuretika
Furosemid po
Hydrochlorothia-
zid po
Spironolacton po
α2-Agonisten
Clonidin po
Direkte Vasodilatatoren
Minoxidil po0.25–0.5 mg/kg/Dosis
(max 10 mg/Dosis)
2), 3)
0.3–8 µg/kg/min 2), 3)
0.2–1 mg/kg/Dosis, langsam
iv (max 20 mg/Dosis) alle 10
min., oder 0.4–3 mg/kg/Std
kontinuierlich iv
2), 3)
0.9–6 mg/kg/Tag in 3
Einzeldosen 2), 3)
0.1–0.5 mg/kg/Tag
in 1–2 Einzeldosen 2), 3)
0.1 mg/kg/Tag in 1 Einzeldosis
(max 5 mg/Dosis) 2)
0.7–1.4 mg/kg/Tag
in 1 Einzeldosis 2)
0.25–3 mg/kg/Tag
in 1–2 Einzeldosen 2)(CR)
0.05–0.5 mg/kg/Tag
in 1 Einzeldosis
2)
0.1–0.4 mg/kg/Tag 4)
in 1 Einzeldosis (SRO)
0.5–4 mg/kg/Tag
in 3–4 Einzeldosen
2), 3)
1–2 mg/kg/Tag
in 1 Einzeldosis 2), 3)
4–40 mg/kg/Tag
in 2–3 Einzeldosen 2), 3)
1–6 mg/kg/Tag
in 2–4 Einzeldosen 1)–3)
2–3 mg/kg/Tag
in 2 Einzeldosen 1)–3)
1.5–3 mg/kg/Tag
in 2 (–3) Einzeldosen 1) , 2 )
2.5–25 mcg/kg/Tag
in 1–3 Einzeldosen 2), 3)
Beginn mit 0.2 mg/kg/Tag
in 1 Einzeldosis, dann Steige-
rung bis 0.25–1 mg/kg/Tag
in 1–2 Einzeldosen
1), 2)
10 mg/Dosis 1)
0.3–8 µg/kg/min 2), 3)
20–50 mg langsam iv,
ev. 3x zu wiederholen,
alle 10 min.
1) , 2 )
50 mg 1x / Tag, ev.
stufenweise Erhöhung 1)
10–40 mg 1x / Tag 1)
10–40 mg 1x / Tag 1)
25–100 mg 1x /Tag 1)
20–60 mg 1x / Tag 1)
5–10 mg 1x / Tag 1)
2.5–5 mg 1x / Tag 1)
80–160 mg 2x / Tag 1)
50–100 mg 1x / Tag 1)
100–600 mg
2–3 x / Tag 1)
20–80 mg 1–2 x/ Tag 1), 2)
12.5–25 mg 1–2 x/ Tag 1)
25–100 mg 1–2 x/ Tag 1)
75–150 mcg
1–2 x / Tag 1)
5–20 mg 1–2 x / Tag1)Nifedipin Kps. 5, 10 mg
Aprical* Lsg. 20 mg/ml 30 ml
Nipruss* fio. 60 mg
Trandate Amp. 100mg/20ml
Lopirin Tbl 12.5, 25 und 50 mg
Captopril Mepha Tbl 12.5, 25
und 50 mg
Reniten Tbl 5, 10 und 20 mg
Epril Tbl 5, 10 und 20 mg
Zestril Tbl 5, 10, 20 und 30 mg
Lisitril Tbl 5,10 und 20 mg
Cosaar Tbl 12.5, 50 und
100 mg
Adalat CR Tbl
20, 30 und 60 mg
Norvasc Tbl 5 und 10 mg
Lomir SRO Tbl 2.5
und 5 mg
Inderal Tbl 10, 40 und 80 mg
Propranolol Helvepharm
Tbl 10, 40 und 80 mg
Tenormin Tbl 25, 50 und
100 mg; Atenolol Mepha Tbl
25, 50 und 100 mg
Trandate Tbl 100 und
200 mg
Lasix Tbl 40 mg
Furosemid Helvepharm
Tbl 40 mg
Esidrex Tbl 25 mg
Aldactone Tbl
25, 50 und 100 mg
Catapressan Tbl
150 mcg
Loniten Tbl 2.5 und 10 mgCalcium-Antagonist
* in Deutschland erhältlich
Direkter Vasodilatator
* in Deutschland erhältlich
α- und β-Blocker
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Geringe Erfahrung im Kindesalter
Herstellung pädiatrischer Kapseln
Retardform
Tbl nicht trennen oder zerdrücken
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Herstellung pädiatrischer Kapseln
Pulver nicht zerdrücken
β1- und β2-Blocker
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
β1-selektiv
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
α- und β-Blocker
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Schleifen-Diuretikum
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Thiazid-Diuretikum
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Kalium-sparend
Herstellung pädiatrischer Kapseln
oder Suspension
Herstellung pädiatrischer Kapseln
Herstellung pädiatrischer Kapseln
41
Vol. 15 No. 5 2004 Fortbildung / Formation continue
4.1. Inhibitoren des Konversions-
enzymes (ACE-Hemmer)
ACE-Hemmer reduzieren die enzymatische
Umwandlung von Angiotensin I in Angioten-
sin II und reduzieren den Blutdruck durch
eine Verminderung der Angiotensin II-ver-
mittelten Vasokonstriktion und Aldosteron-
Produktion. Wirkstoffe dieser Gruppe werden
in der Regel gut toleriert; sie sind jedoch bei
chronischer Niereninsuffizienz (GFR < 30
ml/min/1.73 m
2), bei Aortenisthmussteno-
se 20) und während der Schwangerschaft 21)
kontraindiziert. Mädchen nach der Menarche
müssen entsprechend auf das Risiko einer
Foetopathie hingewiesen werden
21).
Aufgrund der noch geringen glomerulären Fil-
trationsrate besteht bei Neugeborenen ein
besonderes Risiko einer akuten Nierenin-
suffizienz unter ACE-Hemmern
22). Entspre-
chend soll bei diesen Patienten initial aus-
schliesslich Captopril (kurze Halbwertszeit)
in kleinstmöglicher Dosierung eingesetzt
werden. Bei älteren Kindern – ausser bei so-
litärer Niere, fortgeschrittener Niereninsuf-
fizienz oder Hyperkaliämie – empfehlen wir
bevorzugt Wirkstoffe mit langer Halbwerts-
zeit, welche nur einmal täglich eingenommen
werden müssen (zum Beispiel Lisinopril). Bei
chronischer Nephropathie mit signifikanter
Proteinurie sind ACE-Hemmer die einzigen
Antihypertensiva, welche eine Verzögerung
der Progression der Niereninsuffizienz be-
wirken, zumindest bei Diabetikern
23).
Sowohl nach Behandlungsbeginn mit als
auch nach Dosiserhöhung von ACE-Hem-
mern sind Kontrollen von Plasma-Kalium und
-Creatinin sinnvoll, insbesondere bei bereits
vorbestehender leichtgradiger Niereninsuf-
fizienz.
Obwohl bei Kindern noch wenig untersucht,
sind Angiotensin II-Antagonisten (zum Bei-
spiel Losartan) sehr effiziente Antihyper-
tensiva. Angiotensin II-Antagonisten sind, wie
ACE-Hemmer, besonders bei «Renin-ver-
mittelter» Hypertonie indiziert. Mit Ausnah-
me von Husten (weniger ausgeprägt bei An-
giotensin II-Antagonisten), ist auch das
Nebenwirkungsprofil beider Gruppen ver-
gleichbar; Angiotensin II-Antagonisten sind
bei Schwangerschaft ebenfalls kontraindi-
ziert. Eine Kombinationstherapie mit je ei-
nem Wirkstoff beider Gruppen kann bei Pa-
tienten mit chronischer Nephropathie und
schwerer Proteinurie unter Umständen von
Nutzen sein
24). Im Kindesalter ist eine derar-
tige Kombinationstherapie jedoch sehr sel-
ten indiziert und die Verschreibung solltedem Kindernephrologen vorbehalten sein
(zum Beispiel bei Patienten mit schwerer
glomerulärer Erkrankung und hochgradiger
Proteinurie).
4.2. Calcium-Antagonisten
Die antihypertensive Wirkung dieser Wirk-
stoffe beruht auf einer Reduktion des Cal-
cium-Einstromes in glatte Muskelzellen ar-
terieller und venöser Gefässe. Unterschieden
werden drei Klassen: Phenylalkylamine (Ver-
apamil), Benzothiazepine (Diltiazem) und Di-
hydroperidine (Nifedipin, Amlodipin). Zur Be-
handlung der arteriellen Hypertonie werden
im Kindesalter nur Vertreter der letztge-
nannten Klasse angewendet.
Als Wirkstoff mit kurzer Halbwertszeit wird
Nifedipin oft zur Behandlung hypertensiver
Krisen eingesetzt
2). Wegen der Gefahr einer
zu ausgeprägten und oft nicht vorausseh-
baren Blutdruckreduktion wird in der Lite-
ratur vom Einsatz von Nifedipin bei erwach-
senen Patienten für diese Indikation zuneh-
mend abgeraten
25). In den neusten Empfeh-
lungen zur Abklärung und Behandlung der ar-
teriellen Hypertonie im Kindesalter wird Ni-
fedipin zur Behandlung hypertensiver Krisen
ebenfalls nicht mehr empfohlen
9). Trotzdem
belegen zwei neuere Untersuchungen Si-
cherheit und Wirksamkeit bei Kindern. Trotz
Blutdruckabfall von bisweilen mehr als 25%
beschreiben die Autoren keine kardiovas-
kulären oder neurologischen Nebenwir-
kungen
26), 27) . Vorausgesetzt keine Kontrain-
dikationen (Herzrhythmusstörungen, Herz-
insuffizienz) und Beginn mit minimaler
Dosierung (< 0.20 mg/kg/Dosis), scheint es
uns gemäss heutiger Kenntnisse zulässig, Ni-
fedipin weiterhin zu den möglichen Medika-
menten der Behandlung hypertensiver Krisen
bei Kindern zu zählen
28). Zur Behandlung der
chronischen arteriellen Hypertonie sind Cal-
cium-Antagonisten mit langer Halbwertszeit
(zum Beispiel Amlodipin) zu bevorzugen; die
Verabreichung in einer Tagesdosis hat zudem
einen günstigen Einfluss auf die Befolgung
der Therapie (adherence).
4.3. β-Blocker
β-Blocker gehören zu den ersten Antihyper-
tensiva, die bei Kindern eingesetzt wurden.
Diese Wirkstoffe reduzieren das Herzzeitvo-
lumen, den peripheren Gefässwiderstand, die
Sekretion von Renin und die zentrale Sym-
pathikusaktivität. Die meisten Studien er-
folgten jedoch mit Propranolol, einem Wirk-
stoff, der zunehmend durch selektiver wir-kende wie Atenolol oder Labetolol ersetzt
wurde; letztgenannter zeigt zusätzlich auch
Inhibition von a-Rezeptoren. β-Blocker sind
bei Asthma bronchiale und bei AV-Überlei-
tungsstörungen kontraindiziert und Vorsicht
ist bei Patienten mit Diabetes mellitus oder
Herzinsuffizienz geboten.
4.4. Periphere α-Blocker
Periphere α-Blocker wie Prazosin führen über
die Hemmung postsynaptischer α
1-Adreno-
zeptoren an der glatten Gefässmuskulatur
zur Vasodilatation. Zu den Nebenwirkungen
gehören insbesondere orthostatische Hy-
potonie sowie Natrium- Wasserretention. Ins-
gesamt werden diese Wirkstoffe im Kindes-
alter nur selten eingesetzt.
4.5. Zentrale α-Sympathomimetika
Diese Wirkstoffe (Hauptvertreter Clonidin)
wirken durch Stimulation zentraler α
2-Re-
zeptoren. Sie haben nur wenige kardiale und
renale Nebenwirkungen und bewirken zudem
eine günstige Verminderung der Produktion
von Renin. Wenngleich diese Wirkstoffe
auch bei Kindern sehr potente Antihyper-
tensiva darstellen, werden sie oft nur als Me-
dikamente zweiter Wahl eingesetzt (Ab-
bildung 1), wahrscheinlich auch wegen der
Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Mundtrock-
enheit und schwere Hypertonie nach Absetz-
ten («Rebound-Phänomen»).
4.6. Direkte Vasodilatatoren
Direkte Vasodilatatoren bewirken eine Re-
laxation der glatten Gefässmuskulatur. Auf-
grund der häufigen Nebenwirkungen (Hypo-
tonie, Natrium- und Wasserretention, Kopf-
schmerzen, Tachykardie) werden Vertreter
dieser Gruppe nicht als primäre Wahl bei
Kindern eingesetzt. Hydralazin und Dihyd-
ralazin sind in der Schweiz nicht mehr ver-
fügbar. Minoxidil, ein sehr wirksames Anti-
hypertensivum, soll wegen seines Neben-
wirkungsspektrums (Hirsutismus, Perikarditis,
Herzinsuffizienz) für Patienten mit schwerer,
therapierefraktärer Hypertonie vorbehalten
bleiben. Nitroprussidnatrium stellt Wirkstoff
der Wahl zur Behandlung der hypertensiven
Krise auf der Intensivstation dar.
4.7. Diuretika
Die antihypertensive Wirkung von Diuretika
basiert auf der vermehrten renalen Aus-
scheidung von Natrium und Wasser. Ausser
in besonderen Situationen (Tabelle 7) stellen
sie meist Wirkstoffe zweiter Wahl dar. Das
Nebenwirkungsspektrum ist spezifisch für
Fortbildung / Formation continue
42
Vol. 15 No. 5 2004
die jeweilige Klasse (Schleifendiuretika:
Hypokaliämie, Hypercalciurie/Nephrocalci-
nose; Thiazide, hochdosiert/langdauernd:
Hyperglykämie, Hyperlipidämie).
4.8. Kombinationstherapie
Im Gegensatz zu erwachsenen Patienten ist
im Kindesalter seltener eine Kombinations-
therapie (Diuretika + β-Blocker, Diuretika +
ACE-Hemmer) notwendig. Dies in erster Li-
nie, da im Kindesalter (insbesondere Klein-
kinder) seltener eine essentielle Hypertonie
vorliegt und die Therapie entsprechend oft
auf eine spezifische pathophysioloigische Si-
tuation abgestimmt werden kann. Ausser in
speziellen Situationen, ist zudem die Na-
trium- und Wasserretention im Kindesalter
insgesamt weitaus seltener.
4.9. Kontraindikationen
Kontraindikationen für Antihypertensiva sind
insgesamt selten und zumeist klassenspe-
zifisch (Tabelle 8).
4.10. Spezielle Situationen
4.10.1. Arterielle Hypertonie
beim Neugeborenen
Die arterielle Hypertonie in diesem Alter stellt
eine Seltenheit dar und betrifft insgesamt
weniger als 2% der Patienten auf Neugebo-
renen-Intensivpflegestationen
29). Hauptur-
sache stellen Thrombosen der Nierengefäs-
se (Komplikation von Nabelarterienkatheter),
Aortenisthmusstenose, Missbildungen der
Nieren und Nierengefässe und angeborene
Nierenparenchymerkrankungen (zum Bei-
spiel autosomal rezessive polycystische
Nierenkrankheit) dar. Für die Pharmakothe-rapie der arteriellen Hypertonie während der
Neonatalperiode gelten grundsätzlich die sel-
ben Prinzipien wie bei älteren Kindern. Für
die speziellen Dosierungsanwendungen sei
jedoch auf die entsprechende Fachliteratur
verwiesen.
4.10.2. Hypertensive Krise
Die Behandlung im Falle einer hypertensiven
Krise hat unter Spitalbedingungen zu erfol-
gen. Tabelle 6gibt eine Übersicht der am häu-
figsten für diese Indikation verwendeten
Pharmaka. Nifedipin bietet den Vorteil, kei-
nes intravenösen Zuganges beziehungswei-
se keiner invasiven Ueberwachung zu be-
dürfen. Falls zum Einsatz kommend, darf die-
ser Wirkstoff jedoch nur mit extremer
Vorsicht dosiert werden
9), 28) .
5. Schlussfolgerungen
Für den Kinderarzt stellt das Erkennen einer
arteriellen Hypertonie bei seinem Patienten
und deren Charakterisierung beziehungs-
weise den Ausschluss behandelbarer Ursa-
chen (zum Beispiel Aortenisthmusstenose)
den ersten Schritt dar. Zum sicheren Nach-
weis einer reellen Hypertonie sind zumeist
mehrfache Einzelmessungen und oft die
Durchführung einer ambulanten 24-Std.-Blut-
druckmessung notwendig. Eine strikte diä-
tetische Behandlung ist sowohl im Vorfeld als
auch begleitend zu einer Pharmakotherapie
indiziert. Die Wahl der Pharmakotherapie ist
dem einzelnen Patienten, in Abhängigkeit der
zugrunde liegenden Pathologie und der Ge-
samtsituation (Begleiterkrankungen), anzu-
passen. Vorbehalten das Vorliegen absoluter
Kontraindikationen, stellen ACE-Hemmerbei ursächlicher Nierenparenchymerkrankung-
en (zum Beispiel chronische Glomerulonephro-
pathie) zumeist Mittel der ersten Wahl dar. Bei
ungenügendem Effekt (oder bei Kontraindi-
kationen) kommen andere Wirkstoffe aus der
Gruppe der «ersten Wahl» zum Einsatz (Ab-
bildung 1), entweder β-Blocker oder Calcium-
Antagonisten. Nur bei Patienten mit thera-
pierefraktärer Hypertonie und ungenügendem
Effekt einer Kombinationstherapie ACE-Hem-
mer, β-Blocker und Calcium-Antagonist soll
– unter Beizug des pädiatrischen Kardiologen
oder Nephrologen – ein Pharmakon aus der
Gruppe «zweite Wahl» versucht werden.
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Tabelle 7: Antihypertensive Therapie in speziellen Situationen
1) nur bei unilateraler Nierenarterienstenose; kontraindiziert bei solitärer Niere, Hyperkaliämie oder fortgeschrittener Niereninsuffizienz (z.B. GFR < 30 ml/min/1.73 m 2) 2) Glucocorticoid remediable aldosteronism3) Apparent mineralocorticoid excess
Klinische Situation Pathophysiologie Antihypertensiva erster Wahl
Glomerulonephritis, akut Natrium- und Wasserretention Diuretika (Furosemid, Hydrochlorothiazid)
Glomerulonephritis, chronisch Natrium- und Wasserretention Diuretika (Furosemid bei chron. Niereninsuffizienz)
Steroide, Langzeittherapie Natrium- und Wasserretention Diuretika (Furosemid, Hydrochlorothiazid)
Nierenarterienstenose Hyperreninismus ACE-Hemmer
1)
Polycystische Nierenkrankheiten Hyperreninismus ACE-Hemmer
Hypertonie (residuell) nach Korrektur Hyperkinetik, kardialβ-Blocker
bei Aortenisthmusstenose
Hypertonie unter Therapie mit Vasokonstriktion, renal Calcium-Antagonisten (Amlodipin)
Cyclosporin A
GRA
2) Hyperaldosteronismus Dexamethason, Amilordid, Spironolacton
Natrium- und Wasserretention
AME
3) Natrium- und Wasserretention Dexamethason, Amilorid
43
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Korrespondenzadresse:
François Cachat
Chef de clinique
Département médico-chirurgical de pédiatrie
Unité de néphrologie pédiatrique
CHUV, Lausanne, Suisse
Tel. 021 314 1746
Fax 021 314 3626
francois.cac
hat@hospvd.c h Tabelle 8: Kontraindikationen
für Antihypertensiva
Modifiziert nach: Hypertension in children. L.G. Feld, But-
terworth-Heinemann, Boston, 1997
Inhibitoren des Konversionsenzymes
(ACE-Hemmer)
● Schwangerschaft
● Bilaterale Nierenarterienstenose
● Akute Niereninsuffizienz
● Chronische Niereninsuffizienz (GFR <
30 ml/min/1.73 m 2)
● Aortenisthmusstenose
● Hyperkaliämie
Calcium-Antagonisten
● Linksherzinsuffizienz
● AV-Block (Verapamil, Diltiazem)
● Vorhofflattern und –flimmern
(Verapamil, Diltiazem)
● Neugeborene (Verapamil, Diltiazem)
β-Blocker
● Asthma bronchiale
● Diabetes mellitus (insulinpflichtig)
● Raynaud-Syndrom
● Herzinsuffizienz (schwer)
● Überleitungsstörung atrioventrikulär
(ausser AV-Block I)
Diuretika
● Thiazide: Hyperbilirubinämie beim
Neugeborenen
● Schleifendiuretika (Furosemid):
Hypercalciurie / Nephrocalcinose
● Kaliumsparende Diuretika (Spirono-
lakton): Hyperkaliämie, diabetische
Nephropathie
Vasodilatatoren
● Minoxidil: Phäochromozytom, Herz-
insuffizienz
● Nitroprussid-Na: Aortenisthmusste-
nose, intrakranielle Drucksteigerung
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Francois Cachat , Département médico-chirurgical de pédiatrie Hôpital Universitaire