Generelle Aspekte
Alle Kinder husten und gesunde Kinder husten zwischen 1-34-mal pro Tag. Dabei zeigt sich in der Regel eine grosse Variabilität in der Intensität wie auch den Tageszeiten. Am häufigsten husten Kinder im Rahmen von Erkältungen. Solche infektassoziierte Hustenepisoden treten bei einem gesunden Kind im Vorschulalter ca. 6-10-mal im Jahr auf. 50% der Kinder sind jeweils nach einer Woche und 75% nach 2 Wochen hustenfrei, aber ca. 10% der Kinder zeigen Hustenepisoden mit einer Dauer von mehr als 4 Wochen1).
Husten beim Kind ist einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der kinderärztlichen Praxis und kann eine erhebliche Belastung für Patient und Familie darstellen. Dies widerspiegelt sich im hohen Verbrauch von sogenannten «over the counter» Hustenmitteln. Es kann mitunter für den Kinderarzt schwer sein zu entscheiden, ob ein chronischer Husten noch als «normal» beurteilt werden kann, oder ob weitere Abklärungen erfolgen sollen. Zu oft wird chronischer Husten als Asthma diagnostiziert und bis zwei Drittel der wegen chronischem Husten zugewiesenen Kinder hatte zuvor eine Asthmatherapie bekommen, die oft nicht hilfreich war2). Chronischer Husten ist aber auch manchmal durch eine relevante zugrundeliegende Pathologie verursacht. Eine verspätete Diagnose (z. B. bei verpasster Fremdkörperaspiration) kann dann zu einer chronischen Lungenpathologie führen3).
Wir möchten mit diesem Artikel aufzeigen, welche Abklärungen und Massnahmen bei chronischem Husten wann sinnvoll erscheinen. Die zeitliche Grenze ab wann ein kontinuierlicher, das heisst täglicher Husten, als chronisch bezeichnet werden soll, schwankt je nach Literaturangabe zwischen 4 und 8 Wochen. Aufgrund der oben besprochenen Schwierigkeiten der Abgrenzung zum banalen Erkältungshusten bevorzugen die Autoren 8 Wochen als Definition für einen chronischen Husten.
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Generelle Aspekte
Alle Kinder husten und gesunde Kinder husten
zwischen 1-34-mal pro Tag. Dabei zeigt sich
in der Regel eine grosse Variabilität in der
Intensität wie auch den Tageszeiten. Am häu-
figsten husten Kinder im Rahmen von Erkäl –
tungen. Solche infektassoziierte Hustenepi –
soden treten bei einem gesunden Kind im
Vorschulalter ca. 6-10 -mal im Jahr auf. 50 %
der K inder sind jeweils nach einer Woche und
75% nach 2 Wochen hustenfrei, aber ca. 10 %
der Kinder zeigen Hustenepisoden mit einer
Dauer von mehr als 4 Wochen
1).
Husten beim Kind ist einer der häufigsten
Vorstellungsgründe in der kinderärztlichen
P r a x is und kann eine er hebliche B elas tung f ür
Patient und Familie darstellen. Dies wieder –
spiegelt sich im hohen Verbrauch von soge –
nannten «over the counter» Hustenmitteln. Es
kann mitunter für den Kinderarzt schwer sein
zu entscheiden, ob ein chronischer Husten
noch als «normal» beurteilt werden kann, oder
ob weiter e A bklär ungen er folgen sollen. Zu of t
wird chronischer Husten als Asthma diagnos –
tiziert und bis zwei Drittel der wegen chroni –
schem Husten zugewiesenen Kinder hatte
zuvor eine Asthmatherapie bekommen, die oft
nicht hilfreich war
2). Chronischer Husten ist
aber auch manchmal durch eine relevante
zugrundeliegende Pathologie verursacht. Eine
verspätete Diagnose (z. B. bei verpasster
Fremdkörperaspiration) kann dann zu einer
chronischen Lungenpathologie führen
3).
Wir möchten mit diesem Artikel aufzeigen,
welche Abklärungen und Massnahmen bei
chronischem Husten wann sinnvoll erschei –
nen. Die zeitliche Grenze ab wann ein konti –
nuierlicher, das heisst täglicher Husten, als
chronisch bezeichnet werden soll, schwankt
je nach Literaturangabe zwischen 4 und 8
Wochen. Aufgrund der oben besprochenen
Schwierigkeiten der Abgrenzung zum banalen
Erkältungshusten bevorzugen die Autoren 8
Wochen als Definition für einen chronischen
Husten.
1 Fachbereich Peumologie, Universitäts-Kinderspital Zürich, Steinwiesstrasse 75, 8032 Zürich; 2 Fachbereich Pneumologie, Kinderklinik Luzern, Spitalstrasse, 6000 Luzern 16
Abklärung und Behandlung von
chronischem Husten beim Kind
Alexander Möller 1, Zürich; Nicolas Regamey 2, Luzern
Differentialdiagnosen des chroni –
schen Hustens beim Kind
Unter den Kindern mit chronischem Husten
finden sich gesunde Kinder (z. B. mit einem
prolongierten postinfektiösen Husten), Kinder
mit einer heilbaren (z. B. einer protrahierten
bakteriellen Bronchitis, Fremdkörperaspirati
–
on) oder einfach behandelbaren Krankheit
(z. B. Asthma), Kinder mit einer ernsten pul –
monalen Grunderkrankung (z. B. primäre Zili –
endyskinesie, cystische Fibrose) und letztend –
lich auch Kinder mit einer Hypersensitivität für
die Symptomatik, respektive deren Eltern (z.
B. psychogener Husten, übertriebene Angst
bei normaler Hustenhäufigkeit).
Tabelle 1 zeigt eine Übersicht über die wich –
tigsten Differentialdiagnosen bei chroni –
schem Husten im Kindesalter. Einige spezifi –
sche Differentialdiagnosen werden im
folgenden Abschnitt genauer beschrieben.
Prolongierter postinfektiöser Husten
(«postinfektiöse Hyperreagibilität der
Hustenrezeptoren», «cough hypersen –
sitivity syndrome»)
Die postinfektiöse Hypersensitivität des Hus –
tenreflexes ist eine der wichtigsten Ursachen für chronischen Husten
4). Klinisch präsentiert
sie sich mit Hustenanfällen, welche durch
niederschwellige Reize im Alltag wie die Expo –
sition zu Tabakrauch, Aerosolen, Gerüchen,
Temperaturwechsel oder Lachen / Weinen
getriggert werden. Dies beeinträchtigt die
Lebensqualität der Kinder signifikant. Die
Betroffenen beschreiben Symptome wie «das
Gefühl husten zu müssen», ein «Fremdkörper –
gefühl im Hals» (oft als Schleim beschrieben,
der nicht weg gehus tet wer den kann ) , manch –
mal auch «Schmer zen» o der eine « Atemwegs –
enge». Anamnestisch lässt sich oft ein Infekt
erhärten, mit dem «alles angefangen hat».
Chronische obstruktive Rhinopathie
mit posteriorer Rhinorrhoe («post
nasal drip syndrome», «syndrome
descendant», «rhinobronchiales
Syndrom», «upper airway cough
syndrome»)
Nebst infektiösen Ätiologien sind vor allem
allergische Reaktionen (insbesondere bei
Hausstaubmilbenallergie) und eine Adenoid –
hyperplasie ursächlich für eine obstruktive
Rhinopathie mit posteriorer Rhinorrhoe. Sie
ist eine häufige Ursache von chronischem
Husten beim Kind. Dieser ist trocken, kann
aber auch von Auswurf begleitet sein, vor al –
lem wenn Schleim aus den oberen Atemwe –
gen in das Tracheobronchialsystem fliesst.
Typische Symptome sind behinderte Nasen –
atmung, Räusperzwang, Reizhusten, Heiser –
keit und ein Fremdkörpergefühl im Hals, das
vor allem im Liegen und beim Aufstehen am
Morgen auftritt. Begleitend können Kopf-,
Abbildung 1: Postinfektiöse Hyperreagibilität der Hustenrezeptoren, modifiziert nach 3)
18Ale Keeinledee rhu
18Ale Kindr
19
Gesichts- und Thoraxschmerzen und ein all-
gemeines Krankheitsgefühl vorhanden sein.
Umwelteinflüsse (insbesondere
Tabakrauchexposition)
Umwelteinflüsse, insbesondere die Passiv –
rauchbelastung, sind häufige Auslöser von
chronischem Husten bei Kindern. Auch Kin –
der, die in stark verkehrsbelasteten Regionen
wohnen, leiden vermehrt unter chronischem
Husten, aufgrund einer Reizung der Atemwe –
ge durch Feinstaub und anderen Schadstoffen
wie Schwefeldioxid oder Stickstoffdioxid. Asthma bronchiale
Im Gegensatz zur Situation bei Erwachsenen,
bei denen das Asthma bronchiale einer der
Hauptverursacher für chronischen Husten
darstellt, wird es bei chronisch hustenden
Kindern oft überdiagnostiziert. Husten alleine
( ohne W he ezing ) is t ein schle chter Par ameter
für die Diagnose eines Asthmas. Das soge
–
nannte «cough-variant» Asthma mit Husten
alleine ist selten.
Gastroösophagealer Reflux
Wie beim Asthma ist der gastroösophageale
Reflux (GOER) bei Kindern eine eher seltene Ursache von chronischem Husten. Der GOER
kann eine chronische Reizung der laryngealen
Strukturen und der oberen Atemwege verur
–
sachen und ist tendenziell bei kleineren Kin –
dern ursächlich für chronischen Husten. Oft
kann nicht definitiv geklärt werden, ob der
GOER ursächlich für oder eine Konsequenz
von chronischem Husten ist.
Dysfunktioneller (habitueller oder
psychogener) Husten
Der habituelle Husten ist seltener als ange –
nommen und ist charakterisiert durch lauten
repetitiven Husten, manchmal als Räusper –
Trockener Husten
Prolongierter postinfektiöser Husten («postinfektiöse Hyperreagi –
bilität der Hustenrezeptoren», «cough hypersensitivity syndrome») Infekt zu Beginn; oft nachts hustenfrei; Husten bei Anstrengung und Kälte;
Husten oft anfallsartig oder in Clustern
Chronische obstruktive Rhinopathie mit posteriorer Rhinorrhoe
(«post nasal drip syndrome», «syndrome descendant», «rhinobron –
chiales Syndrom», «upper airway cough syndrome») Husten v. a. nach dem Abliegen, kaum im Schlaf; Husten oft morgens; Haus
–
staubmilbenallergie; Husten, Hüsteln, Räuspern oft kontinuierlich; Reiz in
Halsregion angegeben. Der Husten ist manchmal produktiv. Lokalbefund:
obstruktive Rhinopathie; Schleimstrasse an Rachenhinterwand
Umwelteinflüsse (insbesondere Tabakrauchexposition) Anamnestisch eruierbar. Wichtig ist, dass Tabakrauchexposition zusätzlich
zu allen anderen Differentialdiagnosen vorhanden sein kann
Asthma bronchiale In der Regel auch Wheezing vorhanden; trockener Husten v. a. bei Anstren –
gung, nachts aus dem Schlaf (nach Mitternacht); Hustenanfälle in der Exa –
zerbation. Lungenfunktion mit reversibler Atemwegs-Obstruktion, probato –
rische Asthmatherapie wirksam
Gastroösophagealer Reflux Betrifft vorwiegend kleinere Kinder; Husten vermehrt im Liegen, respektive
im Schlaf, unabhängig von der Nachtzeit. Probatorische Säureblockade
wirksam
Infektiöse Ursache (Pertussis, Parapertussis, Tuberkulose) Impfanamnese; Herkunftsland; Umgebungsanamnese. Husten anfallsartig
bei Pertussis/Parapertussis
Dysfunktioneller (habitueller oder psychogener) Husten Verschwindet bei Ablenkung, im Schlaf; oft von merkwürdigem Charakter;
theatralisches Verhalten
Fremdkörperaspiration Anamnese; lokalisierte Befunde in der Auskultation; unilaterale Überblähung
Interstitielle Pneumopathien Tachypnoe; intercostale Einziehungen; reduzierte Sauerstoffsättigung
Herzvitien / Herzinsuffizienz Spezifische Untersuchungsbefunde; Zeichen der Herzinsuffizienz; radiologi –
sche Auffälligkeiten
Seltene Ursachen, wie z. B. thorakale Tumoren Radiologische Auffälligkeiten, auffällige Lungenfunktion
Produktiver Husten
Protrahierte bakterielle BronchitisBeginn in der Regel mit einem Infekt; keine spezifischen Auffälligkeiten; un –
auffälliger klinischer Status
Cystische Fibrose Immer noch daran denken, trotz neonatalem Screening; Gedeihstörung;
Stuhlauffälligkeiten; Schweisstest
Primäre ziliäre Dysfunktion Beginn neonatal: Rhinitis, prolongierte Tachypnoe, Sauerstoffbedarf; chro –
nische Sinusitis, rezidivierende Otitis media
Non-CF-Bronchiektasen Begin oft unklar, evtl. Pneumonie oder mögliches Aspirationsereignis; Im –
mundefekt. Unilateraler Auskultationsbefund; radiologische Auffälligkeiten
nicht obligat
Anatomische Ursache (Atemwegsmalformation, Tracheobroncho –
malazie) Früher Beginn der Symptomatik; lokalisierte Auskultationsbefunde; radiolo
–
gische Befunde. Wichtig ist, dass gerade die Tracheobronchomalazie durch –
aus auch mit trockenem Husten einhergehen kann
Immundefekt Infektanamnese (u. a. Hautinfekte, repetitive Pneumonien)
Aspirationen Neurologische Grunderkrankung; Schluckstörung; Assoziation mit Nahrungs –
aufnahme
Tabelle 1: Häufige Differentialdiagnosen und Merkmale bei chronischem Husten im Kindesalter
18Ale Keeinledee rhu
18Ale Kindr
20
Anamnestische Punkte
Qualität des HustensFeucht oder trocken?
Bellend, Pseudokrupp-ähnlich?
Merkwürdig, hupend?
Paroxysmal?
Schwere Lebensqualität beeinträchtigt?
Schlaf beeinträchtigt?
Beginn Neonataler Beginn?
Hustenfreie Periode nach Geburt?
Beginn mit einem Infekt?
Beginn nach Verschlucken?
Verlauf Dauer: wie viele Wochen?
Ausprägung: wellenförmig, persistierend, hustenfreie Perioden?
Tageszeitlicher Verlauf?
Abhängigkeit vom Essen/Trinken?
Ansprechen auf bisherige Therapien?
Assoziierte Symptome Wheezing?
Dyspnoe?
Gastroösophagaler Reflux?
Mögliche Auslöser Passivrauchexposition?
Allergien?
Körperliche Anstrengung?
Was verschlechtert/lindert den Husten?
Psychosoziale Belastungsfaktoren?
Untersuchungsbefunde
GenerellWachstum, Perzentilenknick?
Uhrglasnägel, Trommelschlägelfinger?
Haut Kolorit, Atopie-Zeichen?
HNO Nasenschleimhaut, Nasenatmung?
Posteriore Rhinorrhoe?
Adenoid- /Tonsillenhyperplasie?
Pulmonal Zeichen der vermehrten Atemarbeit?
Auskultation: fixierte Befunde?
Thoraxform?
Tabelle 2: Wichtige anamnestische Punkte und klinische Untersuchungsbefunde bei der Dia
–
gnostik des chronischen Hustens
husten imponierend, in der Regel im Schlaf
oder bei Ablenkung verschwindend (kann
aber beim Einschlafen noch vorhanden sein).
Häufig steht am Anfang ein zumeist viraler
Luftwegsinfekt. Der Hustenreiz entwickelt
sich als Reaktion auf die Schleimhautreizung
der oberen Atemwege, wodurch ein Teufels –
kreis von weiterer Schleimhautreizung ent –
steht. Beide Geschlechter sind ähnlich betrof –
fen. Die Dauer reicht von Wochen bis einige
Monate. Typischerweise fehlt eine relevante
Besserung der Symptome unter den oft vielen
versuchten Therapien (Bronchodilatatoren,
Steroide, Antibiotika, Antitussiva), und es
kommt zu häufigen Arztkontakten. Die klini –
sche Untersuchung wie auch die weiterfüh –
renden Abklärungen (Lungenfunktion, Rönt –
gen u. a.) sind unauffällig. Die Lebensqualität
der Betroffenen und oft noch mehr der Fami –
lie ist reduziert und nicht selten kommt es zu
Schulabsenzen. Beim psychogenen Husten ist die Symptomatik teilweise sehr stark ausge
–
pr äg t und au f f allend is t ein manchmal physio –
logisch nicht nachvollziehbares Hustenge –
r äusch mit teils mer k w ür digen L auten und ein
assoziiertes theatralisches Verhalten
5).
Protrahierte bakterielle Bronchitis
Die protrahierte bakterielle Bronchitis (PBB),
manchmal abgekürzt auch protrahierte Bron –
chitis genannt, ist der häufigste Grund für
chronischen produktiven Husten beim Kind.
K linisch w ir d die PB B de finier t dur ch : i. isolier –
ter produktiver Husten, ii. Verschwinden der
Hustensymptomatik nach einer Antibiotika –
therapie (mind. 14 Tage), iii. Absenz von
spezifischen Hinweisen welche eine alterna –
tive Ursache suggerieren
6). Die PBB ist ge –
häuft im Vorschulalter. Die Symptome ver –
schlechtern sich in der Regel im Rahmen von
viralen Luftwegsinfekten und oft husten die
Kinder auch nachts. Deshalb wird nicht selten fälschlicherweise ein Asthma diagnostiziert.
Produktiver oder feuchter Husten weist auf
ver mehr tes Sekr et in den unter en Atemwegen
hin. Die PBB entspricht einer chronischen
endobronchialen Infektion ohne systemische
Ent zündungs zeichen. D em K ind geht es in der
Regel gut und es zeig t keine Hinweise f ür eine
chronische Rhinosinusitis. Die broncho-alve
–
oläre Lavage zeigt bei einer hohen Prozent –
z ahl eine r elevante bak ter ielle Infek tion ( >10
5
Keime) mit den führenden Bakterien Haemo –
philus influenzae, Streptococcus pneumoniae,
Staphylococcus aureus und Moraxella catar –
rhalis
7), 8) . Die Atemwegsentzündung ist cha –
rakterisiert durch eine ausgeprägte Neutro –
philie mit gesteigerten pro-inflammatorischen
Zytokinen
9).
Rationelle Diagnostik des chroni –
schen Hustens
Die Anamnese hat einen sehr hohen Stellen –
wert in der Diagnostik des chronischen Hus –
tens und hilft, unnötige Untersuchungen und
Therapieversuche zu reduzieren, gleichzeitig
aber auch zielgerichtete weitere Untersuchun –
gen einzuleiten (siehe Tabelle 2) . Vor allem die
anamnestische Unterscheidung von chroni –
schem trockenem zum feuchten Husten ist
es senziell ( «Hab en Sie das G ef ühl, Ihr K ind hat
Sekret in den Atemwegen?»; «Ist der Husten
schleimig?»; «Auswurf» haben Kinder in der
Regel er s t ab dem Schulalter) . Es b es teht eine
hervorragende Übereinstimmung zwischen
der elterlichen Anamnese und der objektiven
Diagnostik in der Bronchoskopie bzgl. puru –
lenter Atemwegserkrankung
10 ).
Eine detaillierte klinische Untersuchung muss
eine ausführliche Auskultation beinhalten
(achte insbesondere auf asymmetrische Be –
funde für kontinuierliche oder diskontinuierli –
che Nebengeräusche). Bei einem Kind mit
chronischem Husten sollte eine Thorax-Rönt –
genuntersuchung in p.a.-Ebene in Betracht
gezogen werden (Anatomie? lokalisierte Be –
funde? Überblähung?). Eine Allergietestung
(Hautest oder spezifische IgE für die häufigs –
ten inhalativen Allergene; z. B. Hausstaubmil –
benallergie) und eine Spirometrie (Frage nach
reversibler Atemwegsobstruktion) bei Kindern
im Schulalter sind differentialdiagnostisch
wichtige Untersuchungen.
Bei chronisch produktivem Husten sollte,
wenn möglich , ein Sputum gewonnen o der ein
Rachenabstrich durchgeführt werden (Frage
nach bakterieller Besiedelung, z. B. durch
Haemophilus influenzae). Kinder mit chro –
18Ale Keeinledee rhu
18Ale Kindr
21
nisch produktivem Husten zeigen ausser einer
PBB nicht selten weitere Pathologien wie
anatomische Ursachen (z. B. Tracheomalazie),
welche durch eine gestör te mukoziliäre Clea-
rance die Schleimproblematik in den unteren
Atemwegen unterhalten. Wenn der produktive
Husten unter einer antibiotischen Therapie
von 4 Wochen nicht sistiert, rezidiviert oder
wenn klinische Warnzeichen wie Gedeihstö –
rung oder Uhrglasnägel vorhanden sind (siehe
Tabelle 3) , sollte das Kind für weitere Abklä –
rungen (u. a. Bronchoskopie, Lungen-CT oder
–MRI, immunologische Tests, Zilienfunktions-
und Schweisstest) an ein kinderpneumologi –
sches Zentrum zugewiesen werden.
• Neonataler Beginn des Hustens • Chronischer produktiver Husten trotz antibiotischer Therapie
• Progression des Hustens
• Beginn nach Würgen/Erstickungssymptomatik
• Husten beim Trinken/Essen
• Hämoptyse, Dyspnoe
• B -Symptome
• Gedeihstörung
• Infektanfälligkeit
• Entwicklungsverzögerung, neurologische Erkrankung
• Gesichtsanomalien
• Uhrglasnägel, Trommelschlägelfinger
• Fixierte Auffälligkeiten in der Auskultation
Tabelle 3: Warnzeichen, bei denen eine Überweisung an ein kinderpneumologisches Zentrum
empfohlen ist
Abbildung 2 zeigt einen sinnvollen Algorith –
mus zur Abklärung von chronischem Husten.
Therapeutisches Management
Allgemeines
Basis des Managements des chronischen
Hustens ist die Abklärung. Wenn eine Grund –
krankheit vorhanden ist oder gefunden wird,
steht natürlich deren Behandlung im Vorder –
grund. Erkannte Trigger (z. B. Tabakrauchex –
position) sollten eliminiert werden.
Hustenmittel
Für die ex tr em häu fig ver wendeten sogenann –
ten «over-the-counter» Hustenmittel (pflanz -liche Mittel, Antitussiva, Antihistaminika,
Schleimlöser, abschwellende Medikamente,
Expektoranzien), die oft als Kombinationen
angeboten werden, bestehen weder Stan
–
dards für die Verschreibung noch Studien zur
Effektivität und Dosis
13 ). Mehrere randomi –
sierte Placebo-kontrollierte Studien zeigen
keinen oder nur einen geringfügigen Unter –
schied zwischen Placebo und aktiven Subs –
tanzen. Honig und Lutschtabletten besitzen
eventuell hustenlindernde Eigenschaften, so
das s sie ( aus ser b ei kleinen K inder n au fg r und
der Gefahr von Botulismus oder Aspiration)
bedenkenlos verabreicht werden können.
Für den Einsatz von Codein- oder Codeinderi –
vat-haltigen Medikamenten zur Behandlung
von chronischem Husten beim Kind gibt es
keinerlei Evidenz
14 ). Aufgrund des Risikos von
klinisch relevanten Nebenwirkungen (Atem –
suppression und Opioid-Toxizität) hat die Eu –
ropäische Arzneimittelbehörde EMA eine
Warnung publiziert mit der Empfehlung, diese
Medikamente Kindern unter 12 Jahren nicht
zu verabreichen. Die Amerikanische Arznei –
mittelbehörde FDA und die American Acade –
my of Pediatrics AAP empfehlen sogar, diese
Medikamente bei Kindern unter 18 Jahren
nicht anzuwenden.
Asthma-Medikamente
Inhalative Betamimetika zeigen zwar einen
positiven Effekt auf die Zilienfunktion, aber
keine Überlegenheit über Placebo auf Husten-
Scores
15 ).
Leukotriene-Rezeptor Antagonisten (Monte –
lukast
®) sind für den Husten meistens nicht
effektiv16 ). Zeitlich limitiert eingesetzt (z. B.
2-4 Wochen), können sie allenfalls hilfreich
sein beim seltenen «cough variant» Asthma.
Inhalative Steroide (ICS) werden häufig und
oft relativ unspezifisch eingesetzt. Ein Gross –
teil von Kindern mit chronischem Husten hat
daher mindestens einen ICS-Therapieversuch
hinter sich. B ei K inder n mit tr o ckenem Hus ten
und einer Anamnese von Wheezing kann eine
zeitlich limitierte Therapie versucht werden.
Besser ist es, eine Asthmadiagnose vorher
mittels einer Spirometrie mit nachgewiesener
Broncholyse zu erhärten
12 ).
Anticholinergika führen zu einer Reduktion
der entzündlich bedingten Sekretproduktion
sowie über eine Vagushemmung zur Entlas –
tung der langsam adaptierenden Hustenre –
zeptoren.
Abbildung 2: Algorithmus zur Abklärung von chronischem Husten. Modifiziert nach 11 ) , 1 2 )
18Ale Keeinledee rhu
18Ale Kindr
22
Während eine gute Evidenz bei Erwachsenen
vorliegt, gibt es keine Studien zum Einsatz von
Anticholinergika bei chronischem Husten bei
Kindern. Aufgrund positiver Erfahrungen
setzen wir sie bei postinfektiösem trockenem
Husten relativ häufig ein, z. B. in Form von
Ipratropiumbromid als Aerosol mit einem
Nassvernebler inhaliert
17 ).
Antibiotika
Es gibt eine hohe Evidenz dafür, dass mit einer
adäquaten antibiotischen Therapie bei Kindern
<14 Jahren mit chronischem produktivem Hus
-
ten eine Verbesserung und Heilung erzielt
werden kann 18 ). Die antibiotische Therapie
(empfohlen ist Co-Amoxicillin mit einem Amoxi
-
cillin-Anteil von 40mg/kg q12 h) sollte über
mindestens 14 Tage erfolgen, da eine kürzere
Therapiedauer mit einem Rezidiv innert kurzer
Zeit assoziiert ist. Unbehandelt kann eine pro
-
trahierte bakterielle Bronchitis zur Bildung von
irreversiblen Bronchiektasen führen.
Während Antibiotika die primäre Wahl bei
chronisch produktivem Husten darstellen, ist
deren Stellenwert bei trockenem Husten ge -
ring. Bei Nachweis von Bordetella pertussis
oder parapertussis in den Atemwegssekreten
dient eine antibiotische Therapie mit Makroli -
den vor allem der Umgebungsprophylaxe.
Spezifische Indikationen
Zeigt sich eine chronische oder allergische
Rhinopathie mit Zeichen der posterioren
Rhinorrhoe ist der Einsatz von topischen Ste -
roiden (mindestens 4 Wochen) nebst einer
guten Nasentoilette mit täglichen Nasenspü -
lungen sinnvoll und sehr effektiv. Ergänzend
kann bei einer allergisch bedingten Rhinopa -
thie auch ein Leuktotriene-Rezeptor Antago -
nist eingesetzt werden.
Für die Nahrungseindickung bei Kleinkindern
mit GOER ist die Datenlage unklar. Ein thera -
peutischer Versuch kann ohne Gefahr unter -
nommen werden. Für Cisaprid ist kein Effekt
gezeigt worden, für Protonenpumpenhemmer
gibt es keine kontrollierten Studien
19 ).
Eine sogenannte pro-tussive Therapie ist indi -
ziert bei produktivem Husten, wenn eine
mindestens 2-wöchige Antibiotikatherapie
den Husten nicht zum Verschwinden bringt.
Dabei wird eine Therapie durchgeführt, die
sich an der Behandlung der cystischen Fibro -
se anlehnt. Sie beinhaltet die Inhalation von
hypertoner Kochsalzlösung (3 oder 6%) und
atemphysiotherapeutische Massnahmen.
Das Wichtigste für die Praxis
• Der wichtigste anamnestische Hinweis bei
der Abklärung und Therapie von chroni -
schem Husten beim Kind ist die Unter -
scheidung von «trockenem» und «feuch -
tem» (produktivem) Husten.
• Die häufigsten Ursachen für einen chroni -
schen trockenen Husten beim Kind sind
der prolongierte postinfektiöse Husten, die
chronische obstruktive Rhinopathie mit
posteriorer Rhinorrhoe und die Passivrau -
chexposition. Asthma bronchiale und gast -
roösophagealer Reflux sind seltenere Ur -
sachen und werden oft überdiagnostiziert
und -therapiert.
• Die häufigste Ursache von chronisch pro -
duktivem Husten beim Kind ist die protra -
hierte bakterielle Bronchitis, oft gekoppelt
mit einer anatomischen Anomalie wie
Tracheobronchomalazie. Eine adäquate
antibiotische Therapie über mindestens 2
Wochen ist in dieser Situation indiziert,
unter anderem um die Progression der
Er kr ankung in die B ildung von ir r ever siblen
Bronchiektasen zu verhindern.
• «Over-the-counter» Hustenmittel sollten
zurückhaltend eingesetzt werden, da de -
ren therapeutischer Effekt fehlend oder
gering ist. Codeinhaltige Hustenmittel soll -
ten bei Kindern nur in Ausnahmefällen
eingesetzt werden.
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Korrespondenzadresse
alexander.moeller@ kispi.uzh.ch
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Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Alexander Möller , Leitender Arzt, Abteilung für pädiatrische Pneumologie, Universitäts-Kinderspital Zürich, Zürich Prof. Dr. med. Nicolas Regamey , Präsident Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie, Co-Chefarzt, Kinderspital, Luzerner Kantonsspital, Luzern