Trotz Fortschritten in Prävention, Diagnose und Behandlung von bakteriellen Infektionen stellen invasive Infektionen weiterhin eine der Hauptursachen der Kindersterblichkeit dar1), 2). Weltweit sterben jährlich über 6 Millionen Kinder an Sepsis (http:// www.wfpiccs.org/sepsis.php). Das Risiko, an einer schweren Infektion zu erkranken oder sogar zu versterben, ist weitaus am höchsten im Neugeborenen- und Kleinkindesalter. Obwohl die Mortalität der Sepsis bei Kindern seit den 90er Jahren von 10% auf ca. 5% gesunken ist3), 4), nimmt die Inzidenz der Sepsis insgesamt sogar leicht zu. Eine kürzlich publizierte Studie in England zeigte, dass 15% aller Todesfälle bei Kindern durch Infektionen verursacht sind5). Die Interessengemeinschaft für pädiatrische und neonatalologische Intensivmedizin Schweiz hat letztes Jahr in der Paediatrica Empfehlungen zur Behandlung der Sepsis bei Kindern publiziert6).
20
Katheter-assoziierten Infektionen und
Gram-negativer Sepsis. Die hohe Infektan-
fälligkeit dieser Kinder ist unter anderem
durch den Mangel an funktionellen Granu –
lozyten bedingt (Zytostatika-assoziierte
Neutropenie, bzw. unreife Granulozyten –
funktion bei Frühgeborenen).
Diverse epidemiologische Studien haben
gezeigt, dass etwa die Hälfte aller bakteri –
ellen Sepsisfälle in Industrieländern bei
vorher gesunden Kindern auftreten
3), 5) .
Ebenso waren bis zu 50% der Kinder, wel –
che an einer Sepsis verstarben, vorange –
hend gesund. Die meisten Kinder erholen
sich unter Therapie relativ rasch und voll –
ständig. Hingegen wird ein Teil der Patien –
ten nach kurzen unspezifischen Prodromi
sehr schnell kreislaufinstabil und entwi –
ckelt auch unter maximaler Therapie einen
fulminanten septischen Schock mit Organ –
versagen und hoher Mortalität.
Weshalb sind Neugeborene,
Säuglinge und Kleinkinder
besonders anfällig für Sepsis?
Die Inzidenz der Sepsis im Kindesalter liegt
bei ca. 0.5/1000, ist aber weitaus höher im
Neugeborenenalter (ca. 5/1000), und nä –
hert sich erst nach dem fünften Lebensjahr
der Inzidenz bei Erwachsenen an ( A b b . 1) .
Die Abnahme der Sepsisinzidenz über die
ersten Lebensjahre widerspiegelt die zu –
nehmende Kompetenz der Immunabwehr.
Aufgrund der noch unreifen B – und T-Zell-
Funktion im Säuglings- und Kleinkindesal –
ter sind diese Altersgruppen besonders auf
den Schutz durch die angeborene Immun –
abwehr (innate immunity) angewiesen. Die
angeborene Immunabwehr besteht aus
Zellen (Natural-Killer-Zellen, Granulozyten,
Makrophagen, dendritische Zellen) sowie
humoralen Faktoren, welche nach Erken –
nen eines Pathogens eine sofortige Immun –
abwehr auslösen können, und dadurch
auch das adaptive Immunsystem (B – und
T-Zellen) aktivieren. Im Unterschied zur
adaptiven Immunantwort ist die angebore –
ne Immunität evolutionsgeschichtlich viel
älter, genetisch determiniert (d. h. kein
Lernen, keine Selektion), dafür erfolgt sie
direkt und ohne Verzögerung. Ein wesentli –
ches Prinzip der Pathogenerkennung durch
die angeborene Immunabwehr sind soge –
nannte pattern-recognition receptors
(PRR), d. h. lösliche oder membrangebun –
dene Moleküle des Wirtes, welche repetiti –
Epidemiologie der Sepsis
bei Kindern
Trotz Fortschritten in Prävention, Diagnose
und Behandlung von bakteriellen Infektio-
nen stellen invasive Infektionen weiterhin
eine der Hauptursachen der Kindersterb –
lichkeit dar
1), 2) . Weltweit sterben jährlich
über 6 Millionen Kinder an Sepsis ( h t t p : //
www.wfpiccs.org/sepsis.php ). Das Risiko,
an einer schweren Infektion zu erkranken
oder sogar zu versterben, ist weitaus am
höchsten im Neugeborenen- und Kleinkin –
desalter. Obwohl die Mortalität der Sepsis
bei Kindern seit den 90er Jahren von 10%
auf ca. 5% gesunken ist
3), 4) , nimmt die Inzi –
denz der Sepsis insgesamt sogar leicht zu.
Eine kürzlich publizierte Studie in England
zeigte, dass 15% aller Todesfälle bei Kin –
dern durch Infektionen verursacht sind
5).
Die Interessengemeinschaft für pädiatri –
sche und neonatalologische Intensivmedi –
zin Schweiz hat letztes Jahr in der Paediat –
rica Empfehlungen zur Behandlung der
Sepsis bei Kindern publiziert
6).
Aus epidemiologischer Sicht ist die Unter –
scheidung in nosokomiale versus ambulant
erworbene Sepsis bedeutend. Bei Kindern,
welche > 48 Stunden vor Beginn der Sepsis hospitalisiert waren, liegt per Definition
eine nosokomiale Sepsis vor. Die nosoko
–
miale Sepsis ist mit einer relevanten Verlän –
gerung der Hospitalisationsdauer, vermehr –
ten Komplikationen sowie einer erhöhten
Mortalität assoziiert. Nosokomiale Sepsis
ist am häufigsten durch zentralvenöse Ka –
theter (ZVK)-assoziierte Bakteriämie, ven –
tilator-assoziierte Pneumonie (VAP) und
seltener durch Blasenkatheter-assoziierte
Infekte bedingt. Entsprechend können
strikte Indikationsstellung, die Minimierung
der Liegedauer von ZVKs wie auch frühzei –
tiges Weaning invasiver Beatmung ent –
scheidend zur Abnahme der nosokomialen
Sepsis beitragen. Studien bei Erwachse –
nen, Kindern und Neugeborenen haben
ausserdem gezeigt, dass die Inzidenz von
ZVK-assoziierter Sepsis mittels sogenann –
ter «bundles» (d. h. Richtlinien zur Indikati –
on, Insertionstechnik, Pflege und Entfer –
nung von ZVKs) drastisch reduziert werden
kann. Verschiedene Faktoren führen zu ei –
ner besonderen Infektanfälligkeit von Kin –
dern, welche auf Grund von chronischen
Krankheiten, kongenitalen Malformationen
oder Operationen hospitalisiert sind. Dazu
gehören insbesondere Mangelernährung,
fehlende Integrität der physikalischen Bar –
rieren (Haut, Mukosa), Steroide, ungezielter
Antibiotikagebrauch und Keimübertragung
durch Spitalpersonal. Optimale Händehygi –
ene, Bestrebungen zur Minimierung der
iatrogenen Ursachen, sowie frühe enterale
Ernährung wirken protektiv in Bezug auf
nosokomiale Sepsis.
Die Sepsisinzidenz ist weitaus am höchsten
bei frühgeborenen Kindern (insbesondere
< 32 Schwangerschaftswochen), sowie bei
onkologischen Patienten unter Chemothe -
rapie. Die ursächlichen Pathogene dieser
beiden Hochrisikogruppen sind in diverser
Hinsicht ähnlich mit einer Prädominanz von
Warum erkranken Kinder an einer
bakteriellen Sepsis?
Die Swiss Pediatric Sepsis Study, eine nationale PIGS-Kohortenstudie
zur Epidemiologie und zu den genetischen und immunologischen
Ursachen der Sepsis bei Kindern und Neugeborenen
Luregn J. Schlapbach 1, 2 ,* , Philipp Agyeman 1, Klara Posfay-Barbe 3, Eric Giannoni 4,
Alex Donas 5, Ulrich Heininger 6, Gabriel Konetzny 7, Antonio Leone 8, Anita Niederer-Loher 9,
Bendicht Wagner 1, Christoph Aebi 1, Christoph Berger 10, für die Swiss Pediatric Sepsis Study
1 Medizinische Kinderklinik, Inselspital, Universität
Bern
2 Paediatric Critical Care Research Group, Mater
Children’s Hospital, Brisbane, Australia
3 Département de l’Enfant & de l’Adolescent, Hôpi -
taux Universitaires de Genève
4 Service de Néonatologie, Centre Hospitalier Uni -
versitaire Vaudois
5 Kinderspital Luzern
6 Infektiologie und Vakzinologie, Universitäts-Kin -
derspital Beider Basel UKBB
7 Kinderklinik Aarau, Kantonsspital Aarau
8 Klinik für Neonatologie, Universitätsspital Zürich
9 Infektiologie, Ostschweizer Kinderspital
10 Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene, Uni -
versitäts-Kinderkliniken Zürich
* corresponding author
Vol. 23 Nr. 5 2012
Fortbildung
21
zu untersuchen. Genom-weite Assoziations-
studien (GWAS) haben Polymorphismen
(d. h. in einer Population häufig vorkommen -
de genetische Varianten) identifiziert, wel -
che das Risiko für diverse Infektionskrank -
heiten wie Malaria, HIV oder Meningokokken
deutlich erhöhen
11 ) , 1 2 ) . Die zurzeit verwende -
ten GWAS-Chips erfassen Polymorphismen
mit einer Allelfrequenz (minor allele fre -
quency) von 2.5–5%. Seltenere Veränderun -
gen können mittels Sequenzierung des
Exoms (d. h. kodierende Regionen des Ge -
noms) oder des Genoms erfasst werden. Da
Infektionskrankheiten in der natürlichen
Selektion eine grosse Rolle gespielt haben,
ist anzunehmen, dass Genveränderungen,
die mit einem sehr hohen Infektrisiko einher -
gehen, entweder nur sehr selten vorkom -
men, oder de novo Mutationen darstellen.
Deshalb stellen genomische Studien, welche
Individuen mit einem extremen Phänotyp
(z. B. schwere Sepsis) untersuchen
13), einen
vielversprechenden Ansatz dar, um bisher
unbekannte Ursachen der Sepsis bei Kin -
dern zu identifizieren. Notabene ist die An -
wendung der Genomik im klinischen Kontext
heutzutage realistisch: Zum einen ist innert
2–3 Tagen eine komplette Genomsequenzi -
erung möglich, zum anderen können point-
of-care Schnelltests wichtige Genverände -
rungen innert weniger Minuten erfassen
14), 15) .
Swiss Pediatric Sepsis Study –
Ziele der Studie
Die Swiss Pediatric Sepsis Study wurde
2011 lanciert und wird in Zusammenarbeit
mit der Pädiatrischen Infektiologiegruppe
Schweiz (PIGS) durchgeführt. Alle pädiatri -
schen A-Kliniken nehmen an dieser Studie
teil, welche vier Ziele verfolgt:
1. Prospektive Erfassung der Epidemiologie
der Sepsis bei Neugeborenen und Kin -
dern in der Schweiz. Dadurch werden
repräsentative Daten zu Morbidität, Mor -
talität, Risikofaktoren und ursächlichen
Pathogenen sowie deren Resistenzprofil
verfügbar
2. Identifikation von genetischen Polymor -
phismen, welche das Risiko einer Sepsis
oder einer schweren Sepsis bei Neugebo -
renen und Kindern erhöhen, unter Ver -
wendung Genom-weiter Chiptechnologie
3. Identifikation von seltenen genetischen
Variationen mittels Exom/Genomsequen -
zierung, welche bei vorher gesunden Kin -
dern (Sepsis ohne Komorbiditäten) zu ei -
ner hohen Infektanfälligkeit führen
ve Oberflächenstrukturen verschiedener
Pathogenarten oder -klassen erkennen.
Beispiele für PRR sind Bestandteile des
Komplementsystems oder die Toll-like re
-
ceptors (TLR). Immunologie der Sepsis – Novel
immunodeficiencies
Genetisch bedingte Veränderungen des
Immunsystems können dazu führen, dass
gewisse Patienten um ein Vielfaches anfäl -
liger sind für schwere Infektionen. So konn -
te gezeigt werden, dass bestimmte Poly -
morphismen in Genen der angeborenen
Immunabwehr, z. B. TLR-2 und TLR-4, zu
einer erhöhten Sepsisinzidenz führen
7), 8) .
Während klassische Immundefekte wie z. B.
die Bruton Agammaglobulinämie sehr sel -
ten sind, kommen genetisch bedingte Ver-
änderungen gerade in der angeborenen
Immunabwehr sehr häufig vor. Die franzö -
sischen Immunologen Abel und Casanova
haben deshalb postuliert, dass jede schwe -
re Infektion als potentielle Manifestation
eines noch unerkannten Immundefektes
wahrgenommen werden sollte
9). Diese «no -
vel immunodeficiencies», wie zum Beispiel
der Interleukin 1 Rezeptor-assoziierte Kina -se 4 Mangel (IRAK-4-Mangel), zeichnen sich
dadurch aus, dass betroffene Kinder ein
sehr hohes Risiko haben, im Kleinkindesal
-
ter an einer schweren bakteriellen Infektion
zu erkranken oder zu versterben (z. B.
durch Staphylokokken oder Pneumokken
bei IRAK-4 Mangel), obwohl sie ansonsten
im Alltag und im späteren Verlauf völlig
asymptomatisch sind. Zurzeit ist unbe -
kannt, welcher Anteil der pädiatrischen
Sepsis durch IRAK-4-Mangel und ähnliche
Immundefekte bedingt ist.
Genomics von schweren
Infektionen
Aus Zwillingsstudien ist seit langem bekannt,
dass eine starke genetische Prädisposition
zu Infektionen besteht
10). Bisherige Studien
waren jedoch darauf beschränkt, einzelne
Kandidatengene zu untersuchen, und haben
sehr unterschiedliche, zum Teil widersprüch -
liche Resultate geliefert. Die exponentielle
Zunahme der genetischen und bioinformati -
schen Technologie der letzten Jahre macht
es nun möglich, mittels Genom-weiter Stu -
dien, die interindividuellen Unterschiede
bezüglich Anfälligkeit und Verlauf von
schweren Krankheiten grundlegend anders
A bb. 1: Inzidenz der bakteriellen Sepsis in Abhängigkeit des Alters. Die Inzidenz ist am
höchsten bei Frühgeborenen und nimmt dann kontinuierlich ab, um sich im Schulalter der
Sepsisindizenz von Erwachsenen anzunähern (modifiziert nach Watson AR et al. Am J
Respir Crit Care Med 2003; 167: 695–701).
Vol. 23 Nr. 5 2012
Fortbildung
22
• Ostschweizer Kinderspital: Dr. Anita Nie -
derer-Loher
• Kinderspital Zürich: Prof. Dr. Christoph
Berger
Aktuelle Zahlen zur bakteriellen
Sepsis bei Kindern in der
Schweiz aus dem ersten Jahr der
Swiss Pediatric Sepsis Study
In den ersten 12 Monaten der Studie wurden
206 Neugeborene und Kinder mit Blutkultur-
positiver Sepsis erfasst. 33% der Sepsisfälle
ereigneten sich bei Neugeborenen, 24% bei
Kindern mit chronischen Krankheiten oder
Malformationen, 16% bei Kindern unter Im -
munsuppression, 6% postoperativ und 1% bei
Kindern mit bekannten primären Immunde -
fekten. Etwa die Hälfte der Bakteriämien
traten im Spital auf (nosokomiale Sepsis). Die
verantwortlichen Pathogene sind in Abb. 2
dargestellt. An erster Stelle waren Gram-po -
sitive Keime ursächlich, insbesondere S. au -
reus, Koagulase-negative Staphylokokken,
Pneumokokken, Gruppe A Streptokokken,
und Gruppe B Streptokokken. E. coli, Klebsiel -
len, Pseudomonas aeruginosa und Meningo -
kokken waren die häufigsten Gram-negativen
Erreger. Die häufigsten identifizierten Infekt -
foci waren ZVK-assoziierte Sepsis (21%),
Pneumonien (19%), Arthritis/Osteomyelitis
(12%) und Harnwegsinfekte (12%). Hinsicht -
lich des Schweregrades der Sepsis mussten
insgesamt 22% der Kinder wegen der Sepsis
auf eine neonatologische oder pädiatrische
Intensivstation aufgenommen werden (24%
der Kinder waren bereits auf einer Intensiv -
station hospitalisiert zum Zeitpunkt der Sep -
sis). 16% benötigten Kreislaufunterstützung
mit Inotropika wegen schwerem septischem
Schock und 12 Kinder (6%) verstarben, davon
waren 11 Todesfälle durch Sepsis bedingt.
Insgesamt wurden 45% der Sepsisepisoden
bei vorher gesunden Kindern ohne Komor -
biditäten registriert. 15% dieser Kinder
präsentierten sich im septischen Schock
und 4% dieser Kinder verstarben trotz ma -
ximaler intensivmedizinischer Therapie an
der Sepsis. Diese Mortalität ist vergleich -
bar mit einer publizierten US-Studie
4).
Bei Neugeborenen fiel auf, dass Staphylo -
kokken etwa die Hälfte aller Sepsisepiso -
den verursachen. Das mittlere Gestations -
alter lag bei 30 Schwangerschaftswochen,
wobei 75% der Sepsisfälle bei Neugebore -
nen Frühgeborene < 37 SSW betrafen.
-80
°C asserviert, ebenso werden die iso -
lierten Bakterienstämme kryoasserviert.
Dank des Biobankings sind eine Vielzahl
von Fragestellungen möglich, welche den
gesamten Bereich von Epidemiologie, Ge -
nomik, Proteinomik und Wirt-Pathogen In -
teraktion umfassen. Ebenso können die
genetischen Daten in internationale Sepsis -
datenbanken integriert werden.
Stand der Studie: Diese PIGS-Studie ist am
1.9.2011 schweizweit gestartet. Die CTUs
leisten logistischen Support, wobei die
kürzlich aufgebaute SwissPedNet Koordi -
nationsstelle zum ersten Mal involviert
wird. Die Einschlussrate ist hoch, bisher
haben 80% der Eltern die Einwilligung zur
Studie gegeben. Während der geplanten
Studiendauer von drei Jahren sollen > 400
Kinder mit Sepsis eingeschlossen werden
mit komplettem Biobanking.
Investigators: In jeder A-Klinik ist ein Inves –
tigator für Networking, Screening, Rekru –
tierung und Durchführung der Studie zu –
ständig:
• Genf (HUG): PD Dr. Klara Posfay-Barbe
• Lausanne (CHUV): Dr. Eric Giannoni
• Bern (Inselspital): Dr. Philipp Agyeman
• Basel (UKBB): Prof. Dr. Ulrich Heininger
• Kantonsspital Luzern: Dr. Alex Donas
• Kantons spit al A ar au: Dr. G abr iel Kon et z ny
• Neonatologie Universitätsspital Zürich:
Dr. Antonio Leone
4.
Aufbau einer pädiatrischen Sepsisbio –
bank, die DNA, RNA, Serum und isolierte
Bakterienstämme enthält. Diese Biobank
steht für spätere Forschungsprojekte zur
Sepsis bei Neugeborenen und Kindern
zur Verfügung.
Die genetischen Analysen sollen neue,
bisher unbekannte Immundefekte entde –
cken, welche Kinder äusserst anfällig für
Sepsis machen. Dadurch sollen in Zukunft
Kinder mit einem hohen Risiko für Sepsis
frühzeitig erkannt werden, und möglicher –
weise ergeben sich dadurch auch neuartige
Ansätze in Therapie oder Prävention.
Swiss Pediatric Sepsis Study –
Design
Einschlusskriterien: Neugeborene und Kin –
der < 17 Jahren mit Sepsis und a) positiver
Blutkultur (Kontaminationen ausgeschlos -
sen) oder b) mit septischem Schock (Not -
wendigkeit der Kreislaufunterstützung mit
Katecholaminen). Kinder im septischen
Schock sollen möglichst rasch nach Aufnah -
me auf eine NICU/PICU eingeschlossen
werden, damit auch bei jenen schwerstkran -
ken Kindern Blut asserviert wird, die noch
vor Erhalt der Blutkultur versterben könnten.
Studiendesign: Prospektive nationale mul -
tizentrische Studie. DNA, RNA und Serum
werden einmalig abgenommen und bei
Abb. 2: Prozentuale Häufigkeit unterschiedlicher Erreger in der Swiss Pediatric Sepsis
Study dargestellt im gesamten Kollektiv. GAS, Gruppe A Streptokokken; GBS, Gruppe B
Streptokokken; CoNS, Koagulase-negative Staphylokokken.
Vol. 23 Nr. 5 2012
Fortbildung
23
Zusammenfassung
Die schwere Sepsis verursacht auch in der
Schweiz weiterhin eine hohe Morbidität und
Mortalität bei Kindern. Säuglinge und Neu-
geborene sind besonders anfällig, wobei
nebst Komorbiditäten genetisch bedingte
Veränderungen des Immunsystems wesent -
lich dazu beitragen, ob ein Kind an einer
Sepsis erkrankt. Die Swiss Pediatric Sepsis
Study, eine PIGS-Kohortenstudie, wurde
lanciert, um die Epidemiologie der Sepsis in
der Schweiz zu erfassen und die geneti -
schen Ursachen der pädiatrischen Sepsis zu
erforschen. Dieses Projekt soll das Ver -
ständnis der Sepsis bei Neugeborenen und
Kindern verbessern und kann damit helfen,
neuartige Ansätze zur Diagnostik und Thera -
pie der Sepsis zu entwickeln.
Wir danken herzlich allen ÄrztInnen der be -
teiligten A-Kliniken, welche bisher diese
Studie unterstützt haben! Für das optimale
Gelingen dieser nationalen Kohortenstudie
sind wir weiterhin darauf angewiesen, dass
die lokalen Studienleiter möglichst rasch
informiert werden, sobald ein Kind mit sep -
tischem Schock oder mit positiven Blutkul -
turen hospitalisiert ist. Bei Fragen zur Studie
wenden Sie sich bitte an den zuständigen
Investigator Ihrer Klinik oder an den Stu -
dienleiter (siehe Korrespondenzadresse).
Vielen Dank!
Referenzen
1) Dellinger RP, Lev y MM, Carlet JM, Bion J, Parker
MM, Jaeschke R, et al. Sur viving Sepsis Campaign:
international guidelines for management of severe
sepsis and septic shock: 2008. Crit Care Med.
2008; 36 (1): 296–327.
2) Hotchkiss RS, Karl IE. The pathophysiology and
treatment of sepsis. N Engl J Med. 2003; 348 (2):
13 8 –15 0 .
3) Watson RS, Carcillo JA, Linde -Zwirble W T, Clermont
G, Lidicker J, Angus DC. The epidemiology of seve -
re sepsis in children in the United States. Am J
Respir Crit Care Med. 2003; 167 (5): 695–701.
4) Odetola FO, Gebremariam A, Freed GL. Patient and
hospital correlates of clinical outcomes and resour -
ce utilization in severe pediatric sepsis. Pediatrics.
2007; 119 (3): 487–494.
5) Ladhani S, Pebody RG, Ramsay ME, Lamagni TL,
Johnson AP, Sharland M. Continuing impact of in -
fectious diseases on childhood deaths in England
and Wales, 2003–2005. Pediatr Infect Dis J. 29 (4):
310 – 313 .
6) Frey B, Bär W, Berger TM, Cotting J, Hammer J,
Micallef J, et al. Die Früherkennung und Frühthera -
pie des septischen Schocks kann Leben retten.
Paediatrica. 2011; 22 (5): 8–11.
7) Brouwer MC, de Gans J, Heckenberg SG, Zwinder -
man AH, van der Poll T, van de Beek D. Host genetic
susceptibility to pneumococcal and meningococcal
disease: a systematic review and meta-analysis.
Lancet Infect Dis. 2009; 9 (1): 31–44.
8) Wong HR. Genetics and genomics in pediatric
septic shock. Critical Care Medicine. 2012; 40 (5):
1618 –1626.
9) Casanova JL, Abel L. Primar y immunodeficiencies:
a field in its infancy. Science. 2007; 317 (5838):
617– 619.
10) Obel N, Christensen K, Petersen I, Sorensen TIA,
Skytthe A. Genetic and Environmental Influences
on Risk of Death due to Infections Assessed in
Danish Twins, 1943–2001. American Journal of
Epidemiology. 2010; 171 (9): 1007–1013.
11) Fellay J, Shianna KV, Ge D, Colombo S, Ledergerber
B, Weale M, et al. A whole -genome association
study of major determinants for host control of
HIV-1. Science. 2007; 317 (5840): 944–947.
12) Davila S, Wright VJ, Khor CC, Sim KS, Binder A,
Breunis WB, et al. Genome -wide association study
identifies variants in the CFH region associated
with host susceptibility to meningococcal disease.
Nat Genet. 2010; 42 (9): 772–776.
13) de Ligt J, Willemsen MH, van Bon BW, Kleefstra T,
Yntema HG, Kroes T, et al. Diagnostic Exome Se -
quencing in Persons with Severe Intellectual Disa -
bility. The New England journal of medicine. 2012.
14) Rober ts JD, Wells GA, Le May MR, Labinaz M, Glover
C, Froeschl M, et al. Point- of- care genetic testing
for personalisation of antiplatelet treatment (RAPID
GENE): a prospective, randomised, proof-of-con -
cept trial. Lancet. 2012; 379 (9827): 1705–1711.
15) Saunders CJ, Miller NA, Soden SE, Dinwiddie DL,
Noll A, Alnadi NA, et al. Rapid whole -genome se -
quencing for genetic disease diagnosis in neonatal
intensive care units. Sci Transl Med. 2012; 4 (154):
15 4 r a13 5 .
Korrespondenzadresse
Luregn J. Schlapbach, MD
Paediatric Critical Care Research Group
Paediatric Intensive Care Unit
Mater Children’s Hospital
550, Stanley Street
South Brisbane QLD 4101 Australia
Tel. +61 (07) 3163 81 11
Fax +61 (07) 3163 75 56
luregn.schlapbach@mater.org.au
Finanzierung und Interessens konflikte: Diese Stu-
die wird unterstützt durch die Vinetum Stiftung, die
Bangerter Stiftung, die Wyeth Foundation for the
Health of Children and Adolescents und die Schwei -
zerische Gesellschaft für Intensivmedizin.
Vol. 23 Nr. 5 2012
Fortbildung
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Luregn J. Schlapbach , MD Paediatric Critical Care Research Group Paediatric Intensive Care Unit Mater Children’s Hospital Philipp Agyeman Prof. Dr med. Klara Posfay Barbe , Service de Pédiatrie, Département de la femme, de l'enfant et de l'adolescent, Hôpitaux Universitaires de Genève, Genève Eric Giannoni Alex Donas Prof. Dr. med. Ulrich Heininger , Leitender Arzt und Chefarzt Stv. Pädiatrie Abteilungsleiter Pädiatrische Infektiologie und Vakzinologie, Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), Basel Gabriel Konetzny Antonio Leone , Departement Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie, Kantonsspital, Winterthur Anita Niederer-Loher Bendicht Wagner Prof. Dr. med. Christoph Aebi , Klinik für Kinderheilkunde, Universität Bern, Inselspital Bern Prof. Dr. med. Christoph Berger , Infektiologie und Spitalhygiene, Universitäts-Kinderspital Zürich, Steinwiesstrasse 75, 8032 Zürich Andreas Nydegger