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Tatort infektiologischer Fall – mit Diagnostik auf Spurensuche: Überlegungen zu Indikationen und Limitationen gebräuchlicher mikrobiologischer Nachweismethoden

Die diagnostischen Möglichkeiten in der Infektiologie haben in den letzten Jahren vor allem durch molekulargenetische Nachweismethoden eine Erweiterung erfahren. Bei der Abklärung von Infektionskrankheiten haben die unterschiedlichen Analysen ihren Stellenwert, wenn diese mit der richtigen Fragestellung zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Jedoch ist nicht jeder positive Befund automatisch auch klinisch relevant beziehungsweise diagnostisch verlässlich. Bei der Beurteilung von Resultaten sind die Grenzen der jeweiligen Analysen zu berücksichtigen.
Anhand eines Fallbeispiels einer Patientin mit ‘Fieber ohne Fokus’ sollen im Folgenden Vor- und Nachteile häufiger diagnostischer Methoden in der Infektiologie diskutiert werden.

Fallvignette:

1½ jähriges Mädchen, bis zur jetzigen Erkrankung gesund, altersentsprechend geimpft (inkl. Varicella Zoster Virus). Erstvorstellung nach 4 Tagen Fieber, begleitet von leichten respiratorischen Symptomen (Schnupfen und Husten). Unter Antipyrese kommt es zu 4-5 Fieberspitzen/Tag bis 40°C. Im Status gibt es ausser einem leicht geröteten Rachen keine wegweisenden Befunde. Die Verdachtsdiagnose einer viralen Infektion wird gestellt, es erfolgen keine weiteren Abklärungen. Bis zur Nachkontrolle nach 48 Stunden bleibt das Mädchen febril, es kommen keine neuen Symptome dazu. Der Allgemeinzustand ist stabil, aber nicht besser werdend. Bei nun 6 Tagen Fieber und einseitig gerötetem Trommelfell wird eine orale antimikrobielle Therapie mit Amoxicillin (25 mg/kg 2xtgl) eingeleitet. CRP zu diesem Zeitpunkt 50 mg/l. Am Tag 8 der Erkrankung nochmalige Kontrolle: Weiterhin täglich 2-3 Fieberspitzen bis 39°C, der Allgemeinzustand ist etwas besser. In der klinischen Untersuchung keine wirklich auffälligen Befunde, Trommelfelle beidseits weiterhin leicht gerötet. CRP 30 mg/l.

Zwischenfazit: 8 Tage Fieber bei einem 18 Monate alten bisher gesunden Kind, ohne klinisch wegweisende Befunde, ohne eindeutiges Ansprechen auf die orale Antibiotikatherapie bei mässig erhöhten Entzündungsparametern und ohne dass ein eindeutiger Fokus für das Fieber gefunden werden kann.

Nun braucht es eine vertiefte anamnestische und klinische Evaluation und allenfalls auch weiterführende Abklärungen in Analogie zur Situation von Fieber ohne Fokus (FUO). Differentialdiagnosen nicht infektiöser Art (wie z.B. entzündlich nicht-infektiöse oder neoplastische Erkrankungen) müssen im Abklärungsgang immer mitberücksichtigt werden, sind aber nicht Gegenstand dieses Artikels.

Die erweiterte Anamnese ergibt keine spezifische Exposition vor Erkrankungsbeginn: Das Kind isst wie die Familie keine Rohmilchprodukte, kein Geflügel und in der Familie war niemand krank. Besucht 3 Tage/Woche eine Kita, dort einige Fälle von Hand-Fuss-Mund Krankheit vor einigen Wochen. Hund im Haushalt, sonst keine Tierkontakte. Ein 5-tägiger Besuch bei der Familie in Spanien vor 2 Monaten war der einzige Auslandaufenthalt. Die Familienanamnese ist bzgl. entzündlich nicht-infektiöser Erkrankungen unergiebig.

Grundvoraussetzung zur Indikationsstellung und Interpretation von Laboruntersuchungen ist die Klärung, ob von einer immunkompetenten Person ausgegangen werden kann. Um dies abzuschätzen ist es in der Regel ausreichend, eine gute persönliche Anamnese und Familienanamnese zu erfragen; eine immunologische Diagnostik bereits im Rahmen der Erstbeurteilung ist speziellen Situationen vorbehalten.

Um eine Entzündungsaktivität zu objektivieren, stehen verschiedene Marker zur Verfügung und werden in der Regel als erster Abklärungsschritt bei einem Fieberzustand eingesetzt. Am häufigsten werden das C-reaktive Protein (CRP) und die Blutsenkungsreaktion (BSR) verwendet. Interleukin-6 (IL-6) – von Makrophagen und Monozyten produziert – ist hauptsächlich verantwortlich für die Hochregulation von CRP in den Leberzellen und kann ebenfalls als Entzündungsmarker im Serum gemessen werden. Die Messung von IL-6 ist jedoch nicht gängige Praxis und speziellen Situationen vorbehalten, beziehungsweise insbesondere in der Neonatologie verbreitet. In der gesunden Bevölkerung ist das CRP in der Regel < 3 mg/l, Werte > 100 mg/l sind in 80 % infektiöser und hier in der Mehrheit – aber nicht ausschliesslich – bakterieller Genese. Es gilt zu beachten, dass der CRP-Anstieg erst mit einer gewissen Latenz, in der Regel 6-12 Stunden nach Erkrankungsbeginn, erwartet werden kann. Die BSR ist ein indirekter Entzündungsmarker und widerspiegelt die Plasmaviskosität, welche hauptsächlich durch Fibrinogen, ebenfalls einem Akutphaseprotein, aber auch anderen Akutphaseproteinen und den Gesamtimmunglobulinen bestimmt wird. Die BSR wird von diversen ‘externen’ Faktoren beeinflusst, häufig führt eine Anämie zu einer erhöhten BSR. Bezüglich serieller Messungen von BSR muss berücksichtigt werden, dass die Kinetik eher träge ist und relevante Veränderungen, insbesondere auch regrediente Werte, erst nach mehreren Tagen zu erwarten sind. In der Regel machen deshalb wiederholte Bestimmungen der BSR z.B. im wöchentlichen Intervall Sinn. Sowohl CRP als auch BSR sind weder spezifisch für das Vorliegen einer Infektion – erhöhte Werte werden auch bei autoimmun-entzündlichen Erkrankungen, Traumata, verschiedenen Neoplasien etc. beobachtet – noch ist eine zuverlässige Unterscheidung zwischen bakteriellen, viralen oder parasitären Infektionen möglich. Spezifischer als das CRP für die Unterscheidung einer infektiösen (hauptsächlich bakteriellen) versus nicht-infektiösen Entzündungsreaktion scheint das Procalcitonin zu sein. In einer systematischen Metaanalyse 2012 wurde eine Spezifität zur Detektion von bakteriellen Infekten bei Patienten mit einer autoimmunen Erkrankung von bis zu 90 % beschrieben1). Physiologischerweise wird Procalcitonin in thyroidalen neuroendokrinen Zellen produziert, ist aber nicht im Blut detektierbar. Im Rahmen einer systemischen Entzündung durch Bakterien wird die Synthese in praktisch allen Geweben induziert und Werte können im Blut gemessen werden; Werte > 0.5 ng/ml werden in der Regel als pathologisch beurteilt. Wobei auch hier ein Schockzustand, eine chirurgische Intervention, eine chronische Niereninsuffizienz oder andere Entitäten zu einer Produktion von Procalcitonin führen können. Ein Anstieg ist bereits nach 2-4 Stunden zu erwarten, der Peak ist nach 24-48 Stunden erreicht. Weiter wird zur Beurteilung eines Status febrilis häufig das Blutbild hinzugezogen, Leukozyten-, Neutrophilen- und Lymphozytenzahlen zeigen aber eine ausgeprägte Variabilität und sind von verschiedensten, nicht-infektiösen Faktoren beeinflusst. Auch die häufig beschriebene Linksverschiebung ist wenig spezifisch für das Vorliegen einer Infektion.
Es gibt also nicht den besten Entzündungsparameter, alle haben ihre Vor- und Nachteile, keiner ist spezifisch für eine infektiöse Ursache. Die Entzündungsparameter können trotzdem in Kombination oder in serieller Messung hilfreich sein.

Bei unserer Patientin zeigen sich folgende Werte: CRP max. 88 mg/l im Verlauf regredient auf 22 mg/l, BSR 36 mm/h, Procalcitonin 1.11 ng/ml, Fibrinogen 1.62 g/l, Leukozyten, Neutrophile und Lymphozyten sind normal.

Goldstandard in der infektiologischen Diagnostik ist der kulturelle Nachweis eines Erregers. Dies ermöglicht eine genaue Erregeridentifikation sowie bei Bakterien eine Resistenzprüfung und damit eine gezielte antibiotische Therapie. Hier spielen Blutkulturen zum Nachweis einer Bakteriämie eine grosse Rolle.  Invasive Infektionen gehen in unterschiedlicher Häufigkeit mit einer Bakteriämie einher: selten (< 10 %): Harnwegsinfektion, regelmässig (20-<50 %): Schwere Pneumonie/Sepsis bzw. häufig (≥ 50 %): Septischer Schock/septische Arthritis/Osteomyelitis/Meningitis. Bei Patienten mit einer endovaskulären Infektion, wie zum Beispiel einer Endokarditis oder einer Device-Infektion (ICD), ist der Nachweis einer kontinuierlichen (unabhängig von Fieber) Bakteriämie diagnostisch. Wenn die Indikation zur Abnahme von Blutkulturen gegeben ist, sollten optimalerweise 2-3 Blutkulturen (aerob und anaerob) mit jeweils frischer Venenpunktion und wenn möglich vor Initiierung einer antibiotischen Therapie abgenommen werden. Bei Patienten:innen mit permanentem, zentralem Venenkatheter ist parallel zur Gewinnung von Blutkulturen über den einliegenden Katheter eine Venenpunktion für periphere Blutkulturen wünschenswert, da damit die wichtige Differenzialdiagnose einer Katheterinfektion gestellt werden kann. Über einen bereits einliegenden peripheren Venenkatheter sollten hingegen keine Blutkulturen abgenommen werden, da das Risiko einer Kontamination hier deutlich erhöht ist. Neben der Tatsache, dass nicht alle Infektionen ein gleich hohes Risiko für das Vorliegen einer Bakteriämie mit sich bringen, ist das inokulierte Blutvolumen der entscheidende Faktor. Grundsätzlich soll so viel Blut wie möglich entnommen werden. Falls weniger als 10 ml Blut abgenommen werden können, sollte primär eine aerobe Blutkulturflasche bzw. eine spezielle pädiatrische Blutkulturflasche inokuliert werden. Das empfohlene Blutvolumen ist abhängig vom Körpergewicht. Bei Kindern < 12.8 kg sind 4 ml Blut wünschenswert (auf Neugeborene gehen wir hier nicht ein), bei Kindern über 12.8 kg sind es 10 ml2). Bei kleinerem Volumen erhöht sich das Risiko für falsch-negative Resultate. Für ganz spezielle Fragestellungen kann der Einsatz von Isolator-Blutkulturen sinnvoll sein, dabei handelt es sich um ein Vacutainer-Blutkultursystem für anspruchsvoll wachsende Pilze (z.B. Cryptococcus spp.) oder Bakterien. Neben falsch-negativen Resultaten muss bei positiven Blutkulturen immer auch das Vorliegen einer potentiellen Kontamination im Rahmen einer nicht optimalen Abnahmetechnik in Betracht gezogen werden. Grundsätzlich gilt, je schneller eine Blutkultur positiv wird umso höher ist die Bakteriendichte in der Flasche und umso grösser die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine reelle Bakteriämie handelt. Wachstum aus Blutkulturflaschen, das erst nach 24 Stunden Inkubation nachweisbar wird, muss kritisch bezüglich einer Kontamination beurteilt werden, insbesondere wenn es sich dabei um typische Keime der Hautflora handelt. Obiges Zeitfenster muss gegebenenfalls verlängert werden, wenn es sich um seltene bzw. spezielle Erreger handelt oder wenn der Patient:in bereits vor Abnahme der Blutkulturen eine antimikrobielle Therapie erhalten hat. Der Zeitpunkt der Abnahme von Blutkulturen ist sekundär, diverse Arbeiten haben gezeigt,3) dass sehr häufig eine kontinuierliche Bakteriämie vorliegt und wenn überhaupt die höchste Detektionsrate unmittelbar vor dem Fieberanstieg vorliegt. Da dieser aber nicht antizipiert werden kann, sollten Blutkulturen grundsätzlich vor Therapiebeginn und ggf. früh im Fieberanstieg abgenommen werden. Es ist also nicht angebracht, bei gegebener Indikation wegen fehlendem Fieber auf das Abnehmen von Blutkulturen zu verzichten.

Bei unserer Patientin werden insgesamt 3 pädiatrische Blutkulturen gewonnen, jeweils ohne Wachstum von Bakterien.

Neben Blutkulturen ist die Gewinnung von Proben aus vermutetem infiziertem Gewebe oft zielführend, dies ist aber auf Grund der Lokalisation nicht immer möglich. Gewinnung von nativem Material hat den grossen Vorteil, dass wie aus dem Blut eine Kultur angelegt werden und im positiven Fall eine Resistenzprüfung erfolgen kann. Bei positiven Kulturresultaten gilt es jedoch stets zu überprüfen, ob die entsprechende Abnahme steril erfolgen konnte bzw. muss die mikrobielle Begleitflora bekannt sein. Es kann eine Herausforderung darstellen, Proben aus Urin oder Hautabszessen bei Nachweis von Stuhl- bzw. Hautkommensalen, bzgl. Vorliegen einer Kontamination bzw. echter Infektion zu unterscheiden. Eine Monokultur hat hier grundsätzlich mehr diagnostischen Wert als Wachstum verschiedener Erreger. Ein bakteriologischer Nachweis gelingt auch hier häufig nur vor Beginn einer antibiotischen Behandlung. Molekulardiagnostische Verfahren (polymerase chain reaction = PCR) können eine weitere Hilfe bieten, zum Beispiel wenn bereits eine antimikrobielle Therapie eingeleitet wurde und Kulturen ohne Wachstum bleiben. In diesem Fall kann eine PCR für bakterielle oder fungale Erreger zielführend sein. Bei primär kontaminierten/kolonisierten Proben braucht es spezifische Verfahren, wie zum Beispiel eine spezifische PCR für Francisella tularensis bei einem Ulcusabstrich, da eine unspezifische, eubakterielle PCR den Nachweis der zu erwartenden Hautflora zeigen würde. Ein Nachteil der PCR Untersuchung ist, dass oft nur eine qualitative und nicht eine quantitative Untersuchung (quantitative Untersuchung hauptsächlich von Blutproben) möglich ist, womit die Interpretation bzgl. Signifikanz eingeschränkt sein kann. Zudem ist weder eine Serotypenbestimmung noch eine Resistenzprüfung für die wichtigsten Antibiotika bei den üblichen Erregern möglich, letzteres wird zukünftig möglicherweise eine Änderung erfahren. Gerade hier lohnt es sich, Material in nativer Form zu asservieren. Damit besteht die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt auf gelagerte Proben zurückzugreifen und eine gezielte Diagnostik anzuschliessen.

Eine schnelle Nachweismethode für gewisse virale Infektionen ist der Virus-Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz, zum Beispiel bei Herpes simplex, Varicella Zoster Virus oder respiratorischen Viren aus dem Nasopharynx. Dieses Resultat ist innert weniger Stunden verfügbar und vergleichsweise kostengünstig, die Sensitivität ist aber geringer verglichen zu einer PCR-Untersuchung und braucht eine entsprechende Expertise des Laborpersonals. Eine PCR-Untersuchung, insbesondere bei Nasopharyngealsekreten, hat zwar eine ausgesprochen hohe Sensitivität, die Beurteilung der klinischen Relevanz ist aber deutlich schwieriger, da alle in der Probe vorhandenen Genom-Fragmente amplifiziert und als positiv ausgegeben werden, ohne dass es sich zwingend um durch Viren infizierte Zellen handelt, sondern auch eine Kolonisation oder eine länger zurückliegende Infektion darstellen kann. Diese Untersuchungen verursachen, insbesondere wenn breit angewendet, hohe Kosten. Wird eine breite Virensuche angestrebt, kann eine Virusisolierung auf Zellkulturen die Methode der Wahl darstellen. Diese ist aber sehr zeitintensiv und dauert je nach vermutetem Erreger 7 (Herpes simplex virus) bis 14 (Cytomegalovirus) Tage. Zudem muss der Transport ins entsprechende Labor rasch erfolgen. Diese Methode hat jedoch den Vorteil, dass der Virustyp bestimmt werden kann, zB aus der Gruppe der Enteroviren.

Fallvignette, Fortsetzung nach Tag 8:

Bei der 18-monatigen Patientin persistieren täglich 2-3  Fieberspitzen bis 39°C bei eher besser werdendem Allgemeinzustand. Im wiederholt erhobenen klinischen Status entwickelt sie in der 3. Krankheitswoche eine Hepatosplenomegalie während laborchemisch eine zunehmende Bizytopenie auffällt mit einem Hämoglobin von minimal 73 g/l und Thrombozyten um 100 G/l. Abgesehen davon sind die übrigen Laborparameter normwertig, das CRP spontan auf 6 mg/l regredient. Mit der Knochenmarkspunktion (KMP), die zum Ausschluss einer neoplastischen Erkrankung erfolgt, aber auch eine PCR für Leishmania spp. beinhaltet, kann letztendlich die Diagnose einer viszeralen Leishmaniose gestellt werden. Neben der positiven spezifischen Leishmania spp. PCR im Knochenmarksblut können zytologisch Veränderungen einer Hämophagozytose dokumentiert werden. Leishmanien werden mikroskopisch nicht gesehen. Kurzzeitig erhält sie eine systemische Steroidtherapie zur Behandlung der Hämophagozytose. Die erregerspezifische Therapie mit liposomalem Amphotericin B führt rasch zur Entfieberung und Normalisierung im Allgemeinzustand wie auch zur Regredienz der Leber- und Milzgrösse. Die hämatologischen Auffälligkeiten normalisieren sich ebenfalls kurz nach Therapiebeginn. Ein erster positiver Leishmanien AK Titer liegt zum Zeitpunkt der KMP vor und hat die Diagnose einer viszeralen Leishmaniose bereits wahrscheinlich gemacht, die Bestätigung liefern dann die Befunde der KMP. Eine entsprechende Exposition bestand in den Ferien in Südspanien rund 6 Wochen vor Erkrankungsbeginn.

Schwierig kultivierbare bakterielle wie auch viele virale Erreger lassen sich nur indirekt mittels spezifischer Antiköpermessung und mit einer gewissen Latenz zum primären Infektionsgeschehen nachweisen. Diese Reaktion setzt ein normales Immunsystem voraus. Es stehen unterschiedliche serologische Testmethoden zur Verfügung, wobei ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) Verfahren die häufigste Methode ist. Je nach Test unterscheidet sich die Resultatausgabe, diese kann rein qualitativ (positiv/negativ/grenzwertig) oder aber quantitativ bzw. in Titerstufen sein. Unterschiedliche Testverfahren können nur beschränkt miteinander verglichen werden.
Per Definition ist nur ein relevanter Titeranstieg (4-fach) bzw. Anstieg der Antikörperwerte oder eine eindeutige Serokonversion (von negativ zu positiv) über die Zeit von rund 4 Wochen diagnostisch. Daher lohnt es sich oftmals, bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine Blutprobe zur Asservierung abzunehmen. Ein einmalig positives Resultat lässt eine Assoziation zwischen Erreger und akuter Krankheit vermuten, jedoch oft nicht abschliessend diagnostizieren. Wenn vor Durchführen einer Serologie die spezifische AK Konstellation bekannt ist, kann dies die diagnostische Wertigkeit erhöhen. So erwarte ich bei einer akuten FSME Meningitis auf Grund des zweigipfligen Verlaufes bereits eine IgM und IgG Antwort, während bei der Interpretation einer EBV Serologie primär das Muster der AK und nicht der AK Typ entscheidend ist (VCA AK in der Frühphase, Early-Antigen etwas später und erst nach Monaten EBNA AK). Resultate mit ausschliesslich IgM AK sind nicht selten Ausdruck unspezifischer immunologischer Stimulation und somit falsch-positiv und bestätigen sich weder im Verlauf noch in ergänzend durchgeführten Immunoblot Untersuchungen. Letztere werden oft als Bestätigungsteste positiven Suchtesten angeschlossen und haben eine deutlich bessere Sensitivität und Spezifität (siehe auch Beitrag zur Borreliose in diesem Heft). Die Interpretation der spezifischen Banden bzw. deren Veränderungen über die Zeit ermöglichen eine Aussage zur Infektionsdauer.

Der positive Leishmania-AK Titer (Leishmania spp EIA 43 AE, Norm < 1) spricht bei unserer Patientin in der Zusammenschau der Anamnese, Klinik und Laborkonstellation klar für diese Diagnose, die letztlich in der KMP bestätigt wird.

Für die Wertigkeit einer Serologie ist der richtige Abnahmezeitpunkt entscheidend. Da es sich um eine indirekte Nachweismethode handelt, die je nach Erreger erst nach einigen Tagen bis Wochen positiv wird, kann der Entnahmezeitpunkt auch zu früh sein, so dass ein negatives Resultat die vermutete Infektion nicht ausschliesst, sondern lediglich bedeutet, dass der Test noch negativ ist. In diesem Falle kann nur die Verlaufskontrolle nach 3-4 Wochen den Titeranstieg erfassen.

Falsch positive IgG Resultate ergeben sich durch passiv erworbene AK, wie zB mütterliche Antikörper in den ersten paar Lebensmonaten oder nach einer Immunglobulin-Gabe. Ebenfalls falsch-positive Resultate, v.a. IgM AK basiert, werden durch unspezifische Kreuzreaktionen, wie sie zB häufig im Rahmen einer frischen EBV Infektion vorkommen, verursacht. Da lassen sich oft auch sogenannte heterophile IgM AK gegen CMV, einem anderen Herpesvirus, im Testverfahren messen, ohne dass tatsächlich eine CMV Infektion vorliegt. Auf dieses Phänomen wird oft im Laborkommentar hingewiesen.  
Eine Aussage zum Infektionszeitpunkt kann mit einer positiven Serologie nur in Ausnahmefällen gemacht werden, nämlich dann, wenn es gelingt die Serokonversion zu erfassen. Bei einer IgG-Antwort liegt der Infektionszeitpunkt eher länger zurück als bei einer ausschliesslich IgM basierten Reaktion, wobei es auch hier Ausnahmen von der Regel gibt. Nicht bei allen frischen Infektionen können primär IgM gemessen werden, zudem können IgM auch jahrelang persistieren. Hilfreich kann hier auch die Messung der Antikörper-Avidität sein, sofern diese bestimmt werden kann. Die Avidität ist ein Mass für die Passgenauigkeit der spezifischen AK, die mit zunehmendem Abstand von der Infektion durch Selektion in der Replikation zunimmt. Eine hohe Avidität spricht demnach für eine robustere Antikörper – Antigenbindung, was für eine länger zurückliegende Infektion spricht.

Aus infektiologischer Sicht sind ungezielte serologische Abklärungen kaum je hilfreich und deshalb zu vermeiden. Ist bei Abnahme der Serologie klar, welche Serokonstellation zur Fragestellung passt und welche Konsequenzen daraus abgeleitet werden, ist diese Diagnostik sinnvoll. Von einer positiven Serologie kann weder auf einen Therapieerfolg noch eine Krankheitsaktivität abgeleitet werden. Exemplarisch dient die Borrelien-Serologie: Liegt bei einer Monarthritis ein IgG positives Resultat (Suchtest und Immunoblot) vor, ist die Diagnose Lyme-Arthritis denkbar, wenn auch noch nicht bewiesen. Liegt eine positive Serologie bei Personen mit Müdigkeit vor, dann kann daraus nur geschlossen werden, dass in der Vergangenheit eine Borrelieninfektion stattgefunden hat, der Zusammenhang zur jetzigen Problematik ist aber unklar.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es meistens nicht den einen Laborparameter gibt. Viel zielführender sind:

  • eine repetitiv erhobene, detaillierte Anamnese und
  • ein ausführlicher körperlicher Status

Direktnachweise, am besten mittels Kultur, aus möglicherweise infiziertem Material sind anzustreben.

Asservieren von nativem Material und Körperflüssigkeiten (inkl. Blut), insbesondere für die sequenzielle Diagnostik bzw. spätere Analyse ist in vielen Fällen hilfreich.

Referenzen

  1. Wu JY, Lee SH, Shen CJ, Hsieh YC, Yo PH, Cheng HY, et al. Use of serum procalcitonin to detect bacterial infection in patients with autoimmune diseases: a systematic review and meta-analysis. Arthritis Rheum; 2012; 64(9):3034-42
  2. Miller JM, Binnicker MJ, Campbell S, Carroll KC, Chapin KC, Gilligan PH, et al. A Guide to Utilization of the Microbiology Laboratory for Diagnosis of Infectious Diseases: 2018 Update by the Infectious Diseases Society of America and the American Society for Microbiology. Clin Infect Dis; 2018; 67(6): e1-e94.
  3. Riedel S, Bourbeau P, Swartz B, Brecher S, Carroll KC, Stamper PD, et al. Timing of Specimen Collection for Blood Cultures from Febrile Patients with Bacteremia. J Clin Microbiol; 2008; 46(4): 1381-1385

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autorinnen haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr. med.  Nina Schöbi Pädiatrische Infektiologie, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, Universitätsspital, Bern

Dr. med.   Andrea Duppenthaler Pädiatrische Infektiologie, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, Universitätsspital, Bern