Die neuen Richtlinien der ESPGHAN empfehlen die Bestimmung der IgA-Antikörper gegen hu tissue Transglutaminase (IgA anti tTG) und verzichten auf eine Biopsie bei Patienten mit einem hohen Antikörpertiter (=> 10-fache Norm). Dieser Vorschlag wird zu einer hohen Spezifität führen, so dass wenige Patienten falsch-positiv als Zöliakie diagnostiziert werden. Da aber viele Zöliakie-Patienten zwar IgA anti tTG-Antikörper produzieren, aber nicht in so hohem Titer, kann die Anzahl der Biopsien nicht wesentlich gesenkt werden. Auch ist die Anzahl der falsch negativen Patienten bei Bestimmung nur eines Antikörpers höher, als wenn mehrere Teste zur Diagnose benützt werden. Der beste diagnostische Test für den Kliniker, der die Anzahl der intestinalen Biopsien reduzieren möchte, ist derjenige mit der niedrigsten Summe von falsch-positiven und falsch-negativen Diagnosen.
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Persönlicher Kommentar zu den
neuen Richtlinien der ESPGHAN
zur Zöliakiediagnostik
A. Bürgin-Wolff und F. Hadziselimovic, Institut für Zöliakie Diagnostik, Liestal
Die neuen Richtlinien der ESPGHAN emp –
fehlen die Bestimmung der IgA-Antikörper
gegen hu tissue Transglutaminase (IgA anti
tTG) und verzichten auf eine Biopsie bei
Patienten mit einem hohen Antikörpertiter
(=> 10-fache Norm). Dieser Vorschlag wird
zu einer hohen Spezifität führen, so dass
wenige Patienten falsch-positiv als Zöliakie
diagnostiziert werden. Da aber viele Zölia –
kie-Patienten zwar IgA anti tTG-Antikörper
produzieren, aber nicht in so hohem Titer,
kann die Anzahl der Biopsien nicht wesent –
lich gesenkt werden. Auch ist die Anzahl
der falsch negativen Patienten bei Bestim –
mung nur eines Antikörpers höher, als wenn
mehrere Teste zur Diagnose benützt wer-
den. Der beste diagnostische Test für
den Kliniker, der die Anzahl der intesti –
nalen Biopsien reduzieren möchte, ist
derjenige mit der niedrigsten Summe
von falsch-positiven und falsch-negati –
ven Diagnosen.
Seit der erstmaligen Beschreibung der An –
tikörper gegen Gliadin im Jahr 1960 im
Basler Kinderspital beschäftigen wir uns
mit der Bedeutung dieser und anderer An –
tikörper für die Diagnose der Zöliakie. Ge –
stützt auf diese langjährige Erfahrung
schlagen wir die folgende diagnostische
Prozedur in zwei Schritten vor:
1. Schritt: Die gleichzeitige Bestimmung
der IgA und IgG Antikörper gegen deami –
dierte Gliadinpeptide und IgA Ak gegen
hu tissueTransglutaminase. Die Mehrheit
der Patienten wird entweder positiv gegen
alle drei getesteten Antigene reagieren
oder in allen drei Testen negativ sein. In
diesen beiden Gruppen erübrigt sich eine
Biopsie, denn der positive praedictive value
(ppv) ist 99%, die likelihood ratio positive
(lr+) 87, während der negative praedictive
value (npv) 98% und die likelihood ratio
negative (lr-) 0.01 beträgt. Bestimmt man
ausserdem noch die IgA Endomysium-Anti –
körper (4 Teste) so ist das Resultat noch aussagekräftiger (ppv 99%, lr+ 86; npv
100%, lr- 0.00)
1).
2. Schritt: Die Dünndarmbiopsie: Sie ist
nur notwendig bei Patienten mit wider –
sprüchlichen Antikörperresultaten, d. h. bei
Patienten‚ die nur in einem oder in zwei
Testen positiv reagieren. Aus unseren ret –
rospektiven Studien lässt sich ableiten,
dass mit dieser «Zwei-Schritt-Prozedur» die
Anzahl der zu biopsierenden Patienten auf
ein Fünftel gesenkt werden kann
1). Ausser-
dem werden nur die sehr seltenen Zöliakie-
Patienten (< 0.1%) verpasst, die überhaupt
keine der für Zöliakie spezifischen Antikör-
per produzieren
2), 3) .
Die im Handel erhältlichen Zöliakie-Schnell -
tests sind ungeeignet für die Diagnose und
für die Kontrolle der Einhaltung der gluten -
freien Diät und sollten deshalb nicht emp -
fohlen werden.
Auf jeden Fall muss die Compliance der
glutenfreien Diät mit Hilfe der Antikörper-
Bestimmung geprüft werden. Dafür sind die
IgA-Antikörper gegen deamidierte Gliadin-
Peptide am besten geeignet, weil deren
Titer unter der glutenfreien Diät zuerst
sinkt.
Referenzen
1) Bürgin -Wolf f Annemarie, Buser Mauro, Hadziseli -
movic Faruk.
Intestinal biopsy is not always required to diagnose
celiac disease: a retrospective analysis of combi -
ned antibody tests. BMC Gastroenterology 2013;
13: 19.
2) Hadziselimovic F., Bürgin -Wolf f A., Celiac disease.
N Engl J Med. 2008; 14; 358 (7): 747.
3) Bürgin -Wolf f A., Hadziselimovic F., Two -step ap -
proach for diagnosing celiac disease. Clin Gastro -
enterol Hepatol. 2008; 6 (10): 1173.
Die Autoren haben keine finanzielle Unter -
stützung und keine anderen Interessenkon -
flikte im Zusammenhang mit diesem Bei -
trag deklariert.
Vol. 24 Nr. 1 2013
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Autoren/Autorinnen
A. Bürgin-Wolff F. Hadziselimovic Andreas Nydegger