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Nachruf Andreas Fanconi

Persönlichkeiten

Ehrenmitglied von pädiatrie schweiz

1994

In memoriam 12.08.1928 – 05.10.2022

Am 5. Oktober 2022 ist Professor Andreas Fanconi in seinem 95. Lebensjahr in Zürich verstorben. Als Ordinarius für Pädiatrie der Universität Zürich und als Medizinischer und Ärztlicher Direktor des Kinderspitals Zürich von 1986-1996 prägte er als national hoch geachtete und integrative Persönlichkeit die Zürcher und Schweizer Kinder- und Jugendmedizin. Er präsidierte die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie von 1994 bis 1995, war Mitglied zahlreicher internationaler Fachgesellschaften und langjähriger Chefredaktor der Zeitschrift Helvetica Paediatrica Acta, die von seinem Vater Guido Fanconi 1945 gegründet worden war.

2018

Andreas Fanconi wurde 1928 in Zürich geboren als Sohn von Professor Guido Fanconi, dem weltberühmten Kinderarzt und langjährigen Ärztlichen Direktor des Universitäts-Kinderspitals Zürich. Er war Bürger von Poschiavo/GR und Zürich. Er besuchte das kantonale Literargymnasium in Zürich bis zur Maturität Typus A (1947). Andreas Fanconi studierte Medizin an den Universitäten Zürich, Genf und Paris. 1954 legte er das Staatsexamen in Zürich ab und übernahm eine Assistentenstelle am Institut für Pathologische Anatomie der Universität Zürich, wo er 1956 promovierte. Ein Studienaufenthalt führte ihn an das University College Hospital in Londo n, wo er seine spätere Gattin, Marguerite Hill, kennenlernte. Zur Weiterbildung in Innerer Medizin arbeitete er von 1957 bis 1959 an der Clinique Thérapeutique des Kantonsspitals Genf. 1959 wurde er Assistent am Universitäts-Kinderspital Zürich, wo er 1962 zum Oberarzt ernannt wurde. Mit einem Stipendium der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften weilte Andreas Fanconi 1964 bis 1965 als Research Fellow in den USA am Children’s Hospital Medical Center Boston. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz nahm er seine Tätigkeit am Kinderspital Zürich wieder auf. Angesichts seiner fundierten allgemein-pädiatrischen Fach-Kompetenz und seiner natürlichen Führungsautorität wurde er 1968 zum ersten Chefarzt der neu gegründeten Kinderklinik des Kantonsspitals Winterthur gewählt. Dank dortiger Fortführung der klinisch orientierten wissenschaftlichen Tätigkeit habilitierte er sich 1969 an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich für das Gebiet der Kinderheilkunde. Die Forschungs-Arbeiten von Andreas Fanconi betreffen verschiedene Gebiete der Kinderheilkunde mit Schwerpunkten im Calcium-Phosphat-Stoffwechsel, Nieren- und Knochenkrankheiten und Endokrinologie. Im Jahre 1986 wählte ihn der Regierungsrat des Kantons Zürich als Professor auf den Lehrstuhl für Pädiatrie an der Medizinischen Fakultät.

Als Ordinarius für Pädiatrie oblag ihm bis zu seiner Emeritierung die Hauptverantwortung für Forschung, Lehre, Weiter- und Fortbildung, als Ärztlichem Direktor des Zürcher Kinderspitals der Eleonoren-Stiftung zudem die Führung eines der grössten Spitäler im Kanton Zürich und der national führenden Pädiatrie. Andreas Fanconi hat sich dafür eingesetzt, die fachlichen Teilgebiete der Kinderheilkunde als Subspezialitäten der Pädiatrie weiterzuentwickeln und dennoch in einem einheitlichen Klinikbetrieb, dem Kinderspital, zusammenzuhalten, damit die kranken Säuglinge, Kinder und Jugendlichen in den Genuss einer altersgerechten und ganzheitlichen Betreuung kommen.

Andreas Fanconi war ein allseits respektierter, empathischer und engagierter Chef. Viele seiner Schüler und Mitarbeitenden charakterisieren ihn als kultivierten Humanisten und Gentleman. Im Zentrum seines vielseitigen Engagements stand einerseits das Wohl der Kinder und deren Familien und anderseits ein harmonisches Arbeitsklima für sein grosses Team. Sein berufliches Umfeld prägte er durch seine Integrität, seinen selbstlosen Einsatz und durch natürliche Autorität.

Narzissmus war ihm völlig fremd. Er beeindruckte und überzeugte seine Mitarbeitenden durch einen reichen klinischen Erfahrungsschatz und sein überzeugtes Eintreten für die Anliegen der Allgemeinpädiatrie, ohne damit die wissenschaftliche und klinische Diversifizierung der Kinder – und Jugendmedizin in ihrer fachlichen Entfaltung zu behindern. Er wurde nicht als dominierender Klinikdirektor, viel eher als Primus inter pares wahrgenommen und besonders geschätzt.

Besonders wichtig war ihm die kollegiale, ja freundschaftliche Zusammenarbeit mit den

praktizierenden Kinderärztinnen und Kinderärzten, deren Versammlungen er regelmässig besuchte. Zudem engagierte er sich in zahlreichen gemeinnützigen Stiftungen.

Seine ambulante Tätigkeit in der Privatpraxis am Kinderspital galt thematisch besonders Kindern und Jugendlichen mit angeborenen oder erworbenen Krankheiten der Nieren, Harnwege und mit gestörtem Calcium-Phosphat-Stoffwechsel. Daneben widmete er seine Privatsprechstunde auch den Anliegen der breiten allgemeinen Pädiatrie. Mit besonderer Freude betreute er als persönlicher Kinderarzt seine Grosskinder.

Andreas Fanconi war auch privat ein Familienmensch. Der persönlichen Entwicklung und beruflichen sowie familiären Entfaltung seiner drei Kinder galt sein besonderes Augenmerk. Seine Gattin Marguerite war ihm dabei eine wichtige Stütze und bis ins hohe Alter auch eine wertvolle Partnerin. Lebenslang pflegte er seine Verbundenheit zum Puschlav, wohin er sich regelmässig gerne zurückzog, zusammen mit seiner ganzen Familie. Noch in seinen letzten Tagen lag die Zeitung «Il Grigione Italiano» neben seinem Bett. Die letzten Lebensjahre waren geprägt durch die schleichend fortschreitende Demenzerkrankung. Dank aufopfernder familiärer Betreuung durfte Adi dennoch in seinem geliebten und vertrauten Zuhause an der Zürichbergstrasse verbleiben.

Für uns, als seine Nachfolger am Universitätskinderspital einerseits und als sein langjähriger Partner in der Klinikführung anderseits, und generell für die ganze Schweizer Pädiatrie war Adi Fanconi ein stets freundschaftlich verbundener Kollege mit offenen Ohren und grossem Mitgefühl . Professor Andreas Fanconi wird uns als geschätzter Ratgeber und gediegener Chefarzt als prägendes Vorbild in Erinnerung bleiben.

Prof. Dr. Felix H. Sennhauser
Ehemaliger Ärztlicher Direktor Universitäts-Kinderspital Zürich

Prof. Dr. Michael Grotzer
Aktueller Ärztlicher Direktor Universitäts-Kinderspital Zürich

KD Dr. Ulrich Lips
Ehemaliger stellvertretender Direktor Medizin Universitäts-Kinderspital Zürich