In Europa (Grossbritannien mit einem klaren Ausbruch in Schottland, den Niederlanden, Dänemark, Spanien und Frankreich) und in den USA kommt es derzeit zu einem Anstieg der Inzidenz von akuter nicht-A-E-Hepatitis bei Kindern. Die Ursache dieser Hepatitisfälle ist noch nicht bekannt, scheint aber häufig mit einer Adenovirusinfektion zusammenzuhängen (infektiöses oder para- oder sogar postinfektiöses Phänomen). Die meisten Fälle heilen spontan, bei einigen Patienten entwickelt sich jedoch eine schwerere Erkrankung.
In Grossbritannien sind gegenwärtig 111 bestätigte und mögliche Fälle gemeldet worden, die meisten davon im Alter von weniger als 5 Jahren. Bei 10 musste eine Lebertransplantation durchgeführt werden und 1 Patient verstarb, während er auf ein Transplantat wartete. In der Schweiz wurde noch kein Fall beschrieben, aber 1-2 Patienten werden derzeit abgeklärt. Von den 81 bestätigten Fällen (Definition: Patient mit akuter Leberschädigung ohne Hepatitis A-E mit Serumtransaminasen >500 IU/l (ALAT oder ASAT), Alter bis zu 10 Jahren, seit Januar 2022) waren die am häufigsten assoziierten Symptome in absteigender Reihenfolge:
- Ikterus (74 %)
- Erbrechen (73 %)
- acholischer Stuhl (58 %)
- Lethargie (56 %)
- Durchfall (49 %)
- Übelkeit (40 %)
- Fieber (30 %)
- Atemwegssymptome (20 %)
Wir legen den Grundversorger:innen (niedergelassene Kinderärzt:innen und pädiatrische Notärzt:innen) nahe, diesen Symptomen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um solche Fälle zu erkennen. Auch wenn die meisten betroffenen Patient:innen jünger als 10 Jahre waren, ist bei allen unter 16-Jährigen, die schwere gastrointestinale Symptome, Ikterus, Lethargie oder eine Beeinträchtigung des Allgemeinzustands aufweisen, Vorsicht geboten. Bei diesen verdächtigen Patient:innen sollte ein Screening durch Bestimmung der Leberwerte durchgeführt werden. Wenn die Serumtransaminasen (ASAT oder ALAT) >500 IU/l betragen, sollte die Überweisung zur weiteren Untersuchung und Beurteilung durch eine:n Gastroenterolog:in an eine Notfallstation eines Kinderspitals erfolgen. Patient:innen, bei denen eine ambulante Nachsorge möglich ist, sollten nach 24 Stunden erneut untersucht werden, um den klinischen Verlauf sowie die Kinetik der Lebertests zu beurteilen.
Prof. Valérie McLin
Dr. Nathalie Rock
Dr. Laurence Lacroix-Ducardonnoy
Dr. Arnaud L’Huillier
Dr. Serge Grazioli
Dr. Géraldine Blanchard-Rohner
Prof. Barbara Wildhaber