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Expertengruppe Kinder- und Jugendmedizin

Jahresberichte

Jahresbericht 2022

pädiatrie schweiz dankt dem Präsidenten von Kinderärzte Schweiz für das Verfassen des gemeinsamen Jahresberichts.

Dr. med. Marc Sidler, Präsident Kinderärzte Schweiz, Binningen – marc.sidler@hin.ch

Die Expertengruppe Kinder- und Jugendmedizin wurde 2018 als Plattform für gesundheitspolitische Themen der Kinder- und Jugendmedizin gegründet. Ziel der Gruppe ist es, politische Lösungen für strukturelle Herausforderungen zu erarbeiten und die Gesundheitsversorgung der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz sowie ihrer Familien auch in Zukunft sicherzustellen. Innerhalb der Gruppe tauschen sich Politiker aller Couleur regelmässig mit Expertinnen der Kinder- und Jugendmedizin aus, um die Anliegen der Kinder- und Jugendmedizin ins Parlament zu bringen.

In der Expertengruppe sind Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie, Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychologen, pädiatrische Pflegefachpersonen, Kinderzahnärztinnen sowie Kinderspitäler vertreten. pädiatrie schweiz ist die Hauptträgerorganisation und Kinderärzte Schweiz ist seit Anfang 2022 aktives Mitglied dieses Gremiums. Als Geschäftsführer und erfahrener Lobbyist fungiert der bestens vernetzte Experte für Gesundheitspolitik Walter Stüdeli der Firma Köhler, Stüdeli & Partner in Bern.

Im Jahr 2022 haben sechs Online-Sitzungen sowie ein physisches Treffen stattgefunden. Nebst den Standardtraktanden Covid-19 und Ukraine Krieg wurden im vergangenen Jahr vier Themen prioritär bearbeitet: Psychische Gesundheit; Versorgung in der Peripherie; Datenlage und Kostendeckungsgrad. Weitere wichtige Anliegen waren Ausnahmen der Zulassungen bei nachgewiesener Unterversorgung sowie die Erarbeitung eines klinischen Tools zur Vermeidung von Dosierungsfehlern in der Kindermedizin. Nachstehend präsentieren wir euch eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Themata.

Covid-19/RSV/überlastete Spitäler

Nach der Entschärfung der Covid-19 Situation im Laufe des Jahres sind im Herbst das RSV-Virus und die überlasteten Spitäler in den Vordergrund getreten. pädiatrie schweiz hat einen Medienbericht verfasst, welcher von Kinderärzte Schweiz mitgetragen wurde.

Ukraine-Krieg

Um unbürokratische Hilfe an Kinder- und Jugendspitäler in der Ukraine zu leisten, wurde eine Arbeitsgruppe gebildet. Auf Initiative der Expertengruppe hat Nationalrätin Sandra Locher Benguerel (SP GR) im Parlament eine Interpellation eingereicht mit dem Ziel, dass aus der Ukraine geflüchtete Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz ihre Landsleute behandeln könnten. Leider sah der Bundesrat hier keine Möglichkeit, eine unbürokratische Lösung zu finden.
Die Expertengruppe hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Bereitstellung von qualifizierten Dolmetschenden im Rahmen medizinischer Behandlungen eine wichtige Dienstleistung darstellt und die Kosten zu vergüten seien. Ständerat Damian Müller (FDP LU) und Co-Präsident der parlamentarischen Gruppe Kinder- und Jugendmedizin hat daraufhin eine entsprechende Interpellation eingereicht. Besprechungen mit SEM, BAG und Parlamentariern sind geplant.

Psychische Gesundheit

Während der Covid-Pandemie haben psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Die Expertengruppe hat mit EDI, BAG und GDK Kontakt aufgenommen und eine Arbeitsgruppe gebildet, welche sich zweimal mit Mitgliedern der parlamentarischen Gruppe ausgetauscht hat. Das BAG hat im Juni 2022 zum Runden Tisch «Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendpsychiatrie» eingeladen. Es wurden eine Kurzfassung kurzfristiger Massnahmen zur Verbesserung der Versorgungssituation sowie Dokumente mit niederschwelligen Beispielen von «Good Practices» erarbeitet.

Versorgung in der Peripherie

Dieses Thema wurde wegen anderen Prioritäten im Jahr 2022 nicht in Angriff genommen.

Datenlage

Die Frage der Datenlage für Kinder- und Jugendmedizin wurde im vergangenen Jahr mit niedriger Priorität weiterverfolgt, da die Arbeiten des BAG abgewartet werden sollten. Letzteres plante, 2022 in Workshops mit Expertinnen aus allen Bereichen der Kinder- und Jugendmedizin den priorisierten Bedarf an Daten zu erfassen. Das Indikatorenset soll bis im Frühjahr 2023 spezifiziert sein.

Kostendeckungsgrad

Mit der deutlichen Annahme der Motion «Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen» hat das Parlament den Bundesrat damit beauftragt, einen Erlass zu entwerfen, welcher die Grundlage dafür schafft, dass die Besonderheiten der Kinder- und Jugendmedizin zukünftig in den Sozialversicherungstarifen adäquat abgebildet werden. Eine Arbeitsgruppe innerhalb der Expertengruppe hat einen Umsetzungsvorschlag erarbeitet. Nach einem Treffen mit einer Delegation des EDI/BAG scheint es, als ob der Wille zur Umsetzung dieser Motion fehle.

Ausnahmen Zulassung bei nachgewiesener Unterversorgung

Die Versorgung mit Kinderärzten hat sich seit der Inkraftsetzung der neuen Zulassungsregeln vom 1. Januar 2022 verschlechtert. Mithilfe der Expertengruppe wurde eine parlamentarische Initiative lanciert, welche Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht bei nachgewiesener Unterversorgung verlangt.  Diese soll für Kindermedizinerinnen, Kinder- und Jugendpsychiater, Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und Allgemeinmediziner gelten. Mit der Unterstützung durch den Bundesrat erwarten wir die Annahme und rasche Inkraftsetzung der Initiative in der Frühjahrssession 2023.

Erarbeitung eines klinischen Tools zur Vermeidung von Dosierungsfehlern in der Kindermedizin

Aufgrund einer Motion von Hans Stöckli (SP BE) zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie mittels E-Health fanden verschiedene Sitzungen einer Arbeitsgruppe statt. Diese hat ein Dokument mit Spezifikationen und Austauschformaten erarbeitet. Dieses wird 2023 intern verabschiedet und dem BAG als konkreter Umsetzungsvorschlag der Motion zur Verfügung gestellt werden. Eine Liste der meistverwendeten Arzneimittel in der ambulanten Kindermedizin ist in Arbeit.

Nebst den genannten Prioritäten hat sich die Expertengruppe in Zusammenarbeit mit der parlamentarischen Gruppe im vergangenen Jahr mit zahlreichen Vernehmlassungseingaben, verschiedenen parlamentarischen Vorstössen und diversen parlamentarischen Fragen beschäftigt. Wir hoffen, euch mit dieser kurzen Zusammenfassung einen Einblick in die wichtige, aufwändige und langwierige Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendmedizinerinnen und Parlamentariern gegeben zu haben.

An dieser Stelle gebührt Walter Stüdeli und seinem Büro ein grosses Dankeschön, von dessen Netzwerk und Wissen die Gruppe und letztlich die Kinder- und Jugendmedizin sehr profitieren kann. Wertvoll ist die interprofessionelle und fächerübergreifende Zusammensetzung der Expertengruppe, welche sich für eine starke Pädiatrie im ambulanten und stationären Sektor einsetzt.

Die Mühlen der Politik mahlen langsam, aber sie mahlen stetig. Wir bleiben dran!