Ende vergangenen Jahres hat die Fachkom mission Klinik und Therapie (FKT) des Bundesamtes für Gesundheit neue Empfehlungen zur Prävention der vertikalen HIV Transmission erstellt.
Empfehlungen / Recommandations
10
Vol. 16 No. 2 2005
Ende vergangenen Jahres hat die Fachkom-
mission Klinik und Therapie (FKT) des
Bundesamtes für Gesundheit neue Empfeh-
lungen zur Prävention der vertikalen HIV-
Transmission erstellt. Diese Richtlinien wur-
den in Zusammenarbeit mit den Schweize-
rischen Gesellschaften für Gynäkologie und
Geburtshilfe sowie Pädiatrie, der Pädiatri-
schen Infektiologie-Gruppe Schweiz (PIGS)
und der Schweizerischen Neonatologie-
Gruppe Schweiz erarbeitet und sind ent-
sprechend breit abgestützt. Eine Kurzversion
wurde im Bulletin des Bundesamtes für Ge-
sundheit im Dezember vergangenen Jahres
publiziert (Bulletin des Bundesamtes für Ge-
sundheit 53: 1008–11, 27.12.04). Diese und
eine ausführliche Zusammenfassung aller re-
levanten Überlegungen, die diesen Empfeh-
lungen zu Grunde gelegt worden sind (inkl.
Literaturangaben), sind auf der Homepage
des BAG (www
.bag.admin.c h/aids ) abruf-
und ausdruckbar.
Hier seien nur die wesentlichen Kernpunkte
der neuen Empfehlungen kurz zusammen-
gefasst. Analog zu den Empfehlungen zur
antiretroviralen Therapie bei Erwachsenen
soll auch während einer Schwangerschaft
mit einer Dreierkombination von antiretro-
viralen Substanzen (i.a. zwei NRTI’s und 1 PI)
behandelt werden. Ziel der Therapie ist es,
dass spätestens zum Zeitpunkt der Geburt
eine Viruslast unter der Nachweisgrenze (<
50 HIV RNA-Kopien/ml Blut) erreicht wird.
Retrovir
®(Zidovudin) muss dabei nicht mehr
unbedingt Teil der antiretroviralen Therapie
sein. Die Schwangerschaftsbetreuung soll
unter anderem Messungen der Serumkon-
zentration der PI’s beinhalten, eine Resis-
tenztestung vor Therapiebeginn in der
Schwangerschaft und eine HIV-RNA-Mes-
sung möglichst kurz vor der Geburt (i.a. an-
fangs der 36. Schwangerschaftswoche).
Primär bleibt die elektive Sektioentbindung
in der 38. SSW die Entbindungsart der ersten
Wahl. Bei unmessbarer Viruslast und elek-
tiver Sektioentbindung kann auf die Gabe von intravenösem Retrovir
®unter der Geburt
verzichtet werden. Ausserdem kann heute,
wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind
(unmessbare Viruslast in verschiedenen
Messungen, keine absehbaren geburtshilf-
lichen Risiken), insbesondere bei entspre-
chendem Wunsch der Mutter eine vaginale
Geburt zugelassen werden. In diesem Falle
soll allerdings unter der Geburt Retrovir
®i.v.
verabreicht werden.
Wegen der erheblichen Gefahr einer Resis-
tenzbildung gegenüber NNRTI’s soll eine Ne-
virapin-Einzeldosis (Virammune
®) nur noch
mit grösster Zurückhaltung an die Mutter
verabreicht werden. In solchen Fällen wird
die Kombination mit Combivir
®während ei-
ner Woche empfohlen.
Die Postexpositionsprophylaxe bei den Neu-
geborenen wird beibehalten, wobei 4 Wo-
chen Therapie heute als ausreichend ange-
sehen werden. Je nach Risiko-Abschätzung
(Konsultation der Spezialisten) kann diese
aus einer Retrovir
®-Monotherapie oder einer
Kombinationstherapie mit 2 oder 3 Sub-
stanzen bestehen. Auf das Stillen soll weiter-
hin generell verzichtet werden. Stillen wür-
de die Exposition der Kinder gegenüber den
antiretroviralen Substanzen verlängern und
ausserdem im Falle eines Therapieversagens
bei der Mutter zu einem erheblichen Infek-
tionsrisiko beim Kind führen. Ausserdem ge-
hören die antiretroviralen Medikamente zu
den FDA-Kategorien B und C der Medika-
mente, bei welchen grundsätzlich vom Stil-
len abgeraten wird.
Korrespondenzadresse:
Prof. Christoph Rudin
Leitender Arzt
Universitäts-Kinderspital beider Basel
Römergasse 8
4058 Basel
Tel. 061 685 65 65
c
hristoph.rudin@unibas.c h
Neue Empfehlungen der FKT
zur Prävention
der vertikalen HIV-Transmission
Christoph Rudin, Basel
Präsident Schweizerische Mutter&Kind HIV-Kohortenstudie
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Prof. Dr. med. Christoph Rudin , Universitäts-Kinderspital beider Basel