Kinderschutzfälle an schweizerischen Kinderkliniken: Zunahme von psychischen Misshandlungen und Vernachlässigungen
Durch die Fachgruppe Kinderschutz werden seit 2009 jährlich systematisch die Kinder und Jugendlichen erfasst, die wegen vermuteter oder erwiesener Misshandlung an einer Schweizer Kinderklinik ambulant oder stationär behandelt wurden. Seit 2013 basieren die Ergebnisse auf den Daten von 18 – 21 Kliniken; 18 Institutionen haben seither jedes Jahr ihre Fallzahlen in die Auswertung einfliessen lassen. Diese 18 Kliniken repräsentieren alle grossen und mittelgrossen Kinderkliniken sowie einige kleinere Abteilungen aus allen Landesteilen der Schweiz und liefern etwa 98% aller gemeldeten Fälle.
Zwingende Voraussetzung für den Eingang in die Statistik ist eine direkte Betreuung des Kindes oder Jugendlichen. Nicht erfasst werden Fälle, in denen lediglich Beratungen von Drittpersonen oder Institutionen erfolgten, in denen betroffene Kinder und Jugendliche ausschliesslich von anderen Institutionen betreut wurden und natürlich jene Fälle, die im Verborgenen blieben. Somit kann diese Statistik keine Aussage zum Gesamtausmass von Kindsmisshandlungen in der Schweiz machen.
Durch die seit 2013 konstante Beteiligung vieler Institutionen sind jedoch verlässliche und über die Jahre vergleichbare Angaben über die an den Kliniken wegen verschiedener Arten von Misshandlungen behandelten Kinder und Jugendlichen möglich.
Resultate
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pädiatrie schweiz – Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie
Fachgruppe Kinderschutz der Schweizerischen Kinderkliniken
Baden, 29. Mai 2022 dha
Kinderschutzfälle an schweizerischen Kinderkliniken:
Zunahme von psychischen Misshandlungen und Vernachlässigungen
Durch die Fachgruppe Kinderschutz werden seit 2009 jährlich systematisch die Kinder und
Jugendlichen erfasst, die wegen vermuteter oder erwiesener Misshandlung an einer
Schweizer Kinderklinik ambulant oder stationär behandelt wurden. Seit 2013 basieren die
Ergebnisse auf den Daten von 18 – 21 Kliniken; 18 Institutionen haben seither jedes Jahr ihre
Fallzahlen in die Auswertung einfliessen lassen. Diese 18 Kliniken repräsentieren alle grossen
und mittelgrossen Kinderkliniken sowie einige kleinere Abteilungen aus allen Landesteilen der
Schweiz und liefern etwa 98% aller gemeldeten Fälle.
Zwingende Voraussetzung für den Eingang in die Statistik ist eine direkte Betreuung des
Kindes oder Jugendlichen. Nicht erfasst werden Fälle, in denen lediglich Beratungen von
Drittpersonen oder Institutionen erfolgten, in denen betroffene Kinder und Jugendliche
ausschliesslich von anderen Institutionen betreut wurden und natürlich jene Fälle, die im
Verborgenen blieben. Somit kann diese Statistik keine Aussage zum Gesamtausmass von
Kindsmisshandlungen in der Schweiz machen.
Durch die seit 2013 konstante Beteiligung vieler Institutionen sind jedoch verlässliche und über
die Jahre vergleichbare Angaben über die an den Kliniken wegen verschiedener Arten von
Misshandlungen behandelten Kinder und Jugendlichen möglich.
Resultate
Gesamtzahl
Im Jahr 2021 – dem zweiten Jahr der Corona Pandemie – wurde die Erfassung zum 13. Mal
durchgeführt. Grundlage der diesjährigen Auswertung waren die Daten aus 20 Kliniken.
Aus diesen Kliniken wurden 1656 Fällen von sicherer oder vermuteter Misshandlung von
Kindern oder Jugendlichen gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme
um 4.1%. Berücksichtigt man nur die Daten der 18 Kliniken, die regelmässig an der Umfrage
teilnehmen, ergibt sich mit 1608 Fällen eine Zunahme um 3.2% im Vergleich zum Jahr 2020.
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Diagnosen
Wie in den Vorjahren wurde die vorherrschende Misshandlungsform erfasst, im Wissen, dass
Kinder und Jugendliche oft mehr als eine Misshandlungsart gleichzeitig erleben.
Im Jahr 2020 wurde bei den körperlichen Misshandlungen mit 36.7% ein merklicher Anstieg
gesehen. Natürlich sind sichtbare Verletzungen offensichtlicher und damit leichter zu
diagnostizieren. Die Ursache des absoluten und relativen Anstiegs dieser Misshandlungsform
konnte aber nicht sicher erklärt werden.
2021 wurde für körperliche Misshandlungen ein Rückgang auf 29.7% ermittelt und der Trend
aus dem Vorjahr nicht bestätigt. Damit sind körperliche Misshandlungen nur marginal häufiger
diagnostiziert worden als Vernachlässigungen. Der Anteil von psychischen Misshandlungen
dagegen ist erneut etwas gestiegen.
Die erfassten Schwankungen scheinen zufällig zu sein und erlauben derzeit keinen
Rückschluss auf Entwicklungen. Denn die Betrachtung der letzten 4 Jahre zeigt bis auf den
genannten Wert im Jahr 2020 eine relativ stabile Verteilung der verschiedenen Formen der
Misshandlung (Abbildung 1).
Abbildung 1: Art der Misshandlung 2013 – 2021- prozentuale Verteilung
Neu wurde 2021 erstmals differenziert erfragt, ob die Diagnose «Psychische Misshandlung»
aufgrund von Miterleben von häuslicher Gewalt gestellt wurde oder ob andere Formen der
psychischen Misshandlung vorlagen. Es ist bekannt, dass das Miterleben häuslicher Gewalt
für Kinder und Jugendliche ebenso gravierende Auswirkungen haben kann wie das Erleben
direkter Gewalt.
N = % N = %
Körperl i che Mi s s ha ndl ung 492 29.7 584 36.7
Ps ychi s che Mi s s ha ndl ung 392 23.7 317 19.9
– durch Miterleben Häusliche Gewalt 194 11.7
– andere 152 9.2
– keine Angabe 46 2.8
Verna chl ä s s i gung 485 29.3 427 26.9
Sexuel l er Mi s s bra uch 272 16.4 257 16.2
Münchha us en Stel l vertreter Syndrom 15 0.9 5 0.3
2021 2020
Art der Misshandlung
0.0%
10.0%
20.0%
30.0%
40.0%
50.0%
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Körperliche Misshandlung Psychische Misshandlung
Vernachlässigung Sexueller Missbrauch
Münchhausen Stellverteter Syndrom
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Zusätzlich werden bei mehr als der Hälfte der Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt Kinder
und Jugendliche als Zeugen angetroffen. In den letzten Jahren ist das Bewusstsein
gewachsen, dass diese Minderjährigen ebenfalls Abklärung und Unterstützung benötigen und
daher vielerorts eine Zusammenarbeit mit den Kinderschutzgruppen entstanden.
Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass auch in unserer Erhebung fast die Hälfte aller
gemeldeten psychischen Misshandlungen auf das Miterleben von Häuslicher Gewalt
zurückzuführen ist.
Sicherheit der Diagnose
Wie in früheren Auswertungen ergab sich mit 62% wieder eine hohe Sicherheit für die
Diagnose von Kindsmisshandlungen durch die Kinderschutzgruppen an den Kinderkliniken.
Sicherheit der Diagnose N = %
Sicher 1032 62.3
Wahrscheinlich 358 21.6
Unklar 263 15.9
Keine Angaben 3 0.2
Bei körperlichen und psychischen Misshandlungen sowie bei Vernachlässigungen waren sich
die Kinderschutzgruppen wie bisher sehr sicher bei der Diagnosestellung.
Am grösste Unsicherheit bestand bei Fällen von vermutetem sexuellen Missbrauch oder
Münchhausen Stellvertreter Syndrom.
In etwa einem Viertel der Fälle von sexuellem Missbrauch konnte der Verdacht weder bestätigt
noch verworfen werden, beim Münchhausen Stellvertreter Syndrom blieb die Diagnose sogar
in knapp der Hälfte unklar. Diese Resultate machen die Schwierigkeiten bei der
Diagnosestellung dieser Arten von Misshandlung deutlich.
Sicherheit der
Diagnose
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung Vernachlässigung Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Sicher 67.5 66.1 63.1 48.5 20.0
Wahrscheinlich 16.1 24.7 23.1 23.9 33.3
Unklar 16.1 8.9 13.8 27.6 46.7
Keine Angabe 0.4 0.3
Geschlecht der betroffenen Kinder und Jugendlichen
Über alle Fälle betrachtet wurden erneut häufiger Mädchen als Jungen (55% zu 44%) wegen
Misshandlungen betreut. Die Zahlen zur Geschlechterverteilung sind hier seit über 10 Jahren
nahezu konstant.
Sexueller Missbrauch wurde wie in den Vorjahren bei Mädchen deutlich häufiger
diagnostiziert bzw. vermutet. Sie waren 2021 davon 6-mal so oft betroffen wie Jungen. Auch
hat der Anteil der psychischen Misshandlungen bei den Mädchen weiter zugenommen,
während bei Jungen körperliche Misshandlungen etwas überwiegen. Die Unterschiede sind
aber geringer und müssen durch Verlaufserhebungen verifiziert werden.
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Geschlecht
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung Vernachlässigung Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
männlich 54.7 41.1 53.4 14.0 53.3
weiblich 45.1 58.7 46.6 86.0 46.7
Keine Angabe 0.2 0.3
Alter der betroffenen Kinder und Jugendlichen
Die Auswertung für das Jahr 2021 bestätigte, dass besonders sehr junge Kinder ein hohes
Risiko haben, Opfer einer Misshandlung zu werden.
330 Kinder (19.9%) waren zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 1 Jahr, 569 Kinder (34.4%)
jünger als 4 Jahre bzw. 711 Kinder (42.9%) jünger als 6 Jahre. Damit ist der Anteil der sehr
jungen Kinder über Jahre bereits gleichbleibend hoch (Abbildung 2). Bedenkt man die
Dunkelziffer und den Umstand, dass Kinder dieser Altersgruppe oft noch keiner regelmässigen
Kontrolle von aussen unterstehen, ergibt sich hier ein wichtiger Handlungsansatz.
Abbildung 2: Betroffene Kinder bis 6 Jahre – prozentuale Verteilung
Täterin/Täter: Beziehung zum Kind / Jugendlichen
In ¾ aller Fälle wurde passierte die Misshandlung durch Personen aus dem engsten familiären
Umfeld. Zur Familie zählen neben Eltern und Geschwistern auch Gross- und Stiefeltern sowie
Personen, die im gleichen Haushalt wohnen und eine Rolle in der Erziehung innehaben.
Täterin/Täter:
Beziehung N = %
Familie 1287 77.7
Bekannte/r des Kindes 217 13.1
Fremdtäter 45 2.7
Unbekannter Täter 106 6.4
Keine Angaben 1 0.1
Während psychische Misshandlungen, Vernachlässigungen und Münchhausen Stellvertreter
Syndrom fast ausschliesslich im innerfamiliären Rahmen auftraten, wurden körperliche
5
Misshandlungen zu knapp 1/5 auch von Bekannten begangen. Für die Mehrzahl der sexuellen
Übergriffen waren auch Personen aus dem Bekanntenkreis verantwortlich, 1/3 der
Missbrauchsfälle erfolgte aber ebenfalls in der Familie.
Täterin/Täter: Beziehung
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung Vernachlässigung Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Familie 68.3 96.2 96.1 34.2 100.0
Bekannte/r des Kindes 18.9 2.3 0.8 40.8
Fremdtäter 4.5 0.3 0.4 7.4
Unbekannter Täter 8.1 1.3 2.7 17.6
Keine Angabe 0.2
Täterin/Täter: Geschlecht
Täterin/Täter: Geschlecht N = %
Männlich 614 37.1
Weiblich 403 24.3
Männlich & weiblich 518 31.3
Unbekannt 121 7.3
Über alle Arten der Misshandlung hinweg wurden Männern als Einzeltätern sowie Männern
und Frauen zusammen (in der Regel als Elternpaar) häufiger als Täter/Täterinnen benannt als
Frauen alleine.
Unterschiede fanden sich innerhalb der einzelnen Diagnosen: sexueller Missbrauch wird
gleichbleibend von > 80% männlichen Tätern alleine begangen. Ebenso werden körperliche
Misshandlungen zu einem hohen Anteil Männern zugerechnet. Dagegen sind Frauen zu knapp
¾ für die (Verdachts-)Fälle von Münchhausen Stellvertreter Syndrom verantwortlich und als
Einzeltäterinnen für 2/5 aller Vernachlässigungen.
Bei knapp der Hälfte aller psychischen Misshandlungen und Vernachlässigungen allerdings
werden beide Elternteile verantwortlich gemacht.
Täterin/Täter:
Geschlecht
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung Vernachlässigung Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Männlich 45.9 31.4 7.6 83.8
Weiblich 21.5 19.4 41.6 2.9 73.3
Männlich & weiblich 19.5 47.7 46.8 1.5 26.7
Unbekannt 13.0 1.5 3.9 11.8
Täterin/Täter: Alter
Täterin/Täter: Alter N = %
< 18 Jahre 193 11.7
≥ 18 Jahre 1350 81.5
< und ≥ 18 Jahre 9 0.5
Unbekannt 104 6.3
6
Der Anteil der jugendlichen Täter war über die Jahre leicht angestiegen und hatte 2020 mit
12.2% den bisherigen Höchststand erreicht. Zu einem weiteren Anstieg kam es im 2021
erfreulicherweise nicht; es ist aber notwendig, diesen Aspekt im Auge zu behalten.
Körperliche Misshandlungen wurden in 20.7% von Minderjährigen begangen, sexuelle
Übergriffe zu 26.5%.
Täterin/Täter: Anzahl
Täterin/Täter: Anzahl N = %
Einzeltäter 963 58.1
Mehrere Täter 513 31.0
Unbekannt 177 10.7
Keine Angaben 3 0.2
Mit 58% wurden der überwiegende Anteil aller Misshandlungen durch Einzeltäter begangen.
Analog zu den Ergebnissen für die Geschlechterverteilung der Täterinnen und Täter wurden
mehrere Personen als Verursacher von psychischen Misshandlungen und
Vernachlässigungen erfasst – in der Regel handelt es sich hier wahrscheinlich jeweils um die
Eltern.
Täterin/Täter:
Anzahl
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung Vernachlässigung Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Einzeltäter 64.8 49.5 46.2 79.4 66.7
Mehrere Täter 23.4 44.9 41.4 6.6 20.0
Unbekannt 11.8 5.6 12.0 14.0 13.3
Keine Angaben 0.4
Medizinisch-therapeutische Massnahmen und Todesfälle
Medizinische und/oder therapeutische Massnahmen nach Misshandlungen waren in 33.8%
der Fälle (n= 560) erforderlich.
Leider sind im Jahr 2021 an Schweizer Kinderkliniken erneut fünf Kinder infolge von
körperlichen Misshandlungen (4) bzw. Vernachlässigung (1) verstorben. Zwei Kinder waren
jünger als 1 Jahr, ein weiteres Kind zwischen 1-2 Jahren.
Meldung an die Kindes – und Erwachsenenschutzbehörde (KESB)
Meldung an KESB N = %
Durch andere Stelle bereits eingeleitet 286 17.3
Gefährdungsmeldung durch Kinderschutzgruppe gemacht 434 26.2
Gefährdungsmeldung durch Kinderschutzgruppe empfohlen 129 7.8
Keine 806 48.7
Keine Angabe 1 0.1
Bei 43.5% aller erfassten Fälle war von anderer Stelle die KESB bereits involviert worden oder
die Kinderschutzgruppe selber hat eine Gefährdungsmeldung (GFM) gemacht.
Am seltensten wurde die KESB bei sexuellem Missbrauch oder Münchhausen Stellvertreter
Syndrom kontaktiert; bei allen anderen Formen wurde die Zusammenarbeit mit Prüfung
verbindlicher Massnahmen jedoch in einem hohen Prozentsatz für notwendig erachtet.
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Meldung an KESB
Körperliche
Misshandlung
Psychische
Misshandlung
Vernachlässi-
gung
Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Durch andere Stelle bereits eingeleitet 20.1 14.8 17.7 15.4 6.7
GFM durch KSG gemacht 24.2 30.4 35.9 7.4 13.3
GFM durch KSG empfohlen 7.9 12.8 6.0 4.0
Keine 47.8 41.8 40.4 73.2 80.0
Keine Angabe 0.3
Meldung an die Strafverfolgungsbehörde
Meldung an die Strafverfolgungsbehörden N = %
Durch andere Stellen bereits eingeleitet 173 10.4
Durch KSG veranlasst 97 5.9
Durch KSG empfohlen 110 6.6
Keine 1272 76.8
Keine Angabe 4 0.2
Strafanzeigen wurden nur in 16.3% von anderen Stellen oder den Kinderschutzgruppen
gemacht. Am häufigsten wurden die Strafverfolgungsbehörden bei sexuellem Missbrauch und
bei körperlichen Misshandlungen eingeschaltet.
Meldung an Strafverfolgungsbehörde
Körperliche
Misshandlun
g
Psychische
Misshandlun
g
Vernachlässi-
gung
Sexueller
Missbrauch
Münchhausen
Stellvertreter
Syndrom
% % % % %
Durch andere Stellen bereits eingeleitet 13.2 6.4 3.7 23.5
Durch KSG veranlasst 12.8 1.3 1.2 8.4
Durch KSG empfohlen 11.2 5.6 0.8 10.7
Keine 62.4 86.5 94.0 57.0 100.0
Keine Angabe 0.4 0.2 0.2 0.4
Zusammenfassung
Die Fälle von Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen an Schweizer Kinderkliniken
haben erneut leicht zugenommen. Die Zunahme resultiert mehrheitlich aus Fällen von
psychischer Gewalt und Vernachlässigungen. Ob ein Zusammenhang mit den
Einschränkungen und Belastungen der Corona Pandemie besteht, kann diese Erhebung nicht
klären.
Erstmals wurde durch die Kinderschutzgruppen Zahlen zu psychischer Gewalt durch
Miterleben von häuslicher Gewalt erhoben. Es zeigte sich, dass etwa die Hälfte der Fälle von
psychischer Misshandlung auf diese Art der Gewalt zurückzuführen war und somit auch an
den Kinderkliniken viele Kinder und Jugendliche betreut wurden, die diese Belastungen
erfahren haben. Dies macht die gesundheitspolitische Bedeutung dieses Themas einmal mehr
deutlich.
Immer noch sind die kleinsten Kinder besonders gefährdet, Opfer einer Misshandlung zu
werden. Aufgrund ihrer Verletzlichkeit und der oft fehlenden Kontrolle von aussen ist es oft
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schwierig, diese Kinder wirksam zu schützen. Eine grosse Verantwortung liegt hier u.a. auch
bei allen Fachleuten, die Kinder dieser Altersgruppe betreuen. Daher ist eine ständige
Sensibilisierung für dieses Thema weiter erforderlich.
Für die Fachgruppe Kinderschutz
Dr. Dörthe Harms Huser
Leitung Kinderschutzgruppe
Leitende Ärztin Klinik für Kinder und Jugendliche
Kantonsspital Baden
5404 Baden
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Dörthe Harms Huser , Leitung Kinderschutzgruppe, Klinik für Kinder und Jugendliche, Kantonsspital Baden