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Minimal-invasive Chirurgie in der Kinderurologie

Abstract

Die minimal-invasive Chirurgie in der Kinderurologie ist nicht mehr wegzudenken. Die häufigsten Standardeingriffe der Kinderurologie im Bereich der Harnwege lassen sich heutzutage minimal-invasiv durchführen und dies mit mindestens gleichen, wenn nicht sogar besseren Ergebnissen im Vergleich zur offenen Chirurgie. Der Patient profitiert dabei von weniger Schmerzen, kürzer Hospitalisationszeit, schnellerem Rückgang zu Alltagstätigkeiten und fehlenden oder kaum sichtbaren Narben. Zu unterscheiden sind laparoskopische, retroperitoneoskopische, vesikoskopische und endourologische Eingriffe. Dieser Artikel fokussiert auf die laparoskopischen Eingriffe und geht auf die häufigsten Anwendungen der Laparoskopie in der Kinderurologie, damit verbundene Herausforderungen und die häufigsten Komplikationen ein.

Einleitung

Die minimal-invasive Chirurgie hat in der Kinderurologie in den letzten 20 Jahren einen bedeutenden Einzug gehalten. Die meisten Standardeingriffe an Blase, Ureteren und Nieren lassen sich heutzutage minimal-invasiv durchführen. Unter minimal-invasiven Eingriffe werden laparoskopische, retroperitoneoskopische, vesikoskopische und endourologische Eingriffe summiert. Dieser Artikel stellt die häufigsten laparoskopischen Eingriffe in der Kinderurologie vor und beschreibt die Grundzüge der Retroperitoneoskopie und Vesikoskopie. Eine detaillierte Aufzeichnung der endourologischen Eingriffe würde den Umfang des Artikels sprengen, weshalb im letzten Abschnitt nur ein tabellarischer Überblick gegeben wird.

Die Laparoskopie in der Kinderurologie

1994 schrieb John Duckett, einer der damals renommiertesten Kinderurologen in den USA, ein Editorial im Journal of Urology mit dem Titel „Pediatric laparoscopy: prudence please”.1) Das Editorial stellte den Benefit der Laparoskopie in Frage, wies auf mögliche schwere Komplikationen der Laparoskopie und auf deren schwierige und langwierige Lernkurve hin. Möglicherweise deshalb wurde in den 90er Jahren die Laparoskopie in der Kinderurologie im Vergleich zu anderen Spezialgebieten nur zaghaft eingeführt. In der Zwischenzeit hat sich dies jedoch deutlich geändert, die Laparoskopie ist in der Urologie nicht mehr wegzudenken. Die allgemeinen Vorteile der Laparoskopie sind bekannt; aus Patientensicht führen die kleinen Inzisionen zu weniger Schmerzen, schneller Erholung und damit kürzer Hospitalisationszeit sowie zu kleineren, oft kaum sichtbaren Narben. Aus Sicht der Operateurin/des Operateurs erlaubt die optische Vergrösserung des Operationsfeldes ein präziseres Arbeiten.

Der Hauptteil der laparoskopischen Eingriffe in der Kinderurologie erfolgt im Säuglings- und Kleinkindsalter, denn diese gelten primär angeborenen Pathologien. Dafür werden in der Regel zwei Instrumente mit einem Durchmesser von 3mm eingesetzt (Bild 1A). Die Inzisionen für diese Instrumente sind so klein, dass sie später kaum noch sichtbar sind (Bild 1B). Das Endoskop (Kamera mit Durchmesser von 5mm) wird über einen Schnitt im Nabel eingeführt, so dass auch diese Inzision später kaum mehr sichtbar ist (Bild 1B). Bei älteren Kindern können anstelle der 3mm Instrumente auch 5mm Instrumente verwendet werden. Bei komplexen, rekonstruktiven Eingriffen bietet die Roboter-assistierte Laparoskopie Vorteile. Die von einer Konsole (Bild 2A) aus gesteuerten Instrumente (Bild 2B) können die Hand- und Handgelenksbewegungen praktisch 1:1 reproduzieren (Bild 2C), zusätzlich bietet die stereoskopische Optik bessere Visualisierung. Dadurch können mit dem Roboter sehr feine und präzise Präparationen und Rekonstruktionen durchgeführt werden. Wegen der Grösse der Roboterarme und der Instrumente (5-8mm Durchmesser) setzen wir den Roboter, den wir seit 2007 regelmässig anwenden, erst ab einem Alter von ca. 4 Jahren ein. Ein Einsatz bei kleineren Kindern einschliesslich Säuglingen ist jedoch prinzipiell möglich und sicher.2)

Abbildung 1. A) Darstellung der Anordnung der Instrumente am Beispiel eines laparoskopischen Eingriffes an der Niere. Über einen Schnitt im Nabel wird die Kamera eingeführt, je nach Eingriffsort werden die 2 (selten 3) Arbeitsports unterschiedlich platziert.
B) 5jähriges Mädchen mit St.n. laparoskopischer Pyeloplastik links vor 14 Monaten. Die Narben sind kaum zu sehen.
Abbildung 2. Der Operationsroboter.
A) Die Chirurgin sitzt an der Konsole und steuert von dort aus die Instrumente.
B) Obwohl das Bild die erste Generation des Operationsroboters zeigt (das Bild stammt von einer unseren ersten Operationen 2007), sind die Roboterarme mit den Instrumenten auch bei den neueren Robotergenerationen nicht weniger gross.
C) Die Instrumente des Roboters lassen sich in alle Richtungen bewegen, somit kann die Handbewegung der Chirurgin praktisch 1:1 reproduziert werden (Bild vom Internet).

Für Operationen an der Niere, z.B. für eine Heminephrektomie oder eine Nierenbeckenplastik sind zwei Zugangswege möglich: transperitoneal oder retroperitoneal. Korrekterweise sollte beim retroperitonelen Zugangsweg nicht von einer Laparoskopie gesprochen werden, sondern von einer Retroperitoneoskopie. Bei der klassischen transperitonealen Laparoskopie wird über die Bauchhöhle zur Niere vorgedrungen. Für den Zugang zur retroperitoneal gelegenen Niere muss in der Regel das Colon zuerst medialisiert werden, damit das Retroperitoneum eröffnet werden kann. Bei der Retroperitoneoskopie hingegen ist der Zugang zur Niere direkt, das Peritoneum bleibt verschlossen und der Darm sowie die Bauchhöhlenorgane bleiben unberührt. Das Retroperitoneum ist ein virtueller Raum, welcher für den retroperitonealen Eingriff zu Beginn des Eingriffs gebildet werden muss. Beide Techniken weisen gewisse Vor- und Nachteile auf, insgesamt sind die Ergebnisse aber vergleichbar3) , so dass keine der Techniken klar als die bessere bezeichnet werden kann. Welcher Zugangsweg gewählt wird, beruht vor allem auf der persönlichen Erfahrung der Chirurgin/des Chirurgen.

Laparoskopische Hodensuche und Orchidopexie

Der allererste Einsatz der Laparoskopie in der Kinderurologie erfolgte als rein diagnostisches Instrument bei Kindern mit nicht palpablen Hoden. Im Verlauf der Jahre entwickelt sich die Laparoskopie von einem diagnostischen zu einem auch therapeutischen Instrument.

Ist bei einem Patienten ein Hoden nicht palpabel, so kann nur durch die Laparoskopie mit Sicherheit ein intraabdominaler Hoden ausgeschlossen werden. Ein solcher liegt in ca. 50% der Fälle vor. Es ist ausgesprochen wichtig, einen intraabdominalen Hoden früh zu erkennen und nach skrotal zu verlagern. Abgesehen von der Problematik der verminderten Fertilität, weisen Männer mit einem belassenen intraabdominalen Hoden ein bis zu 6-mal höheres Entartungsrisiko auf. Zusätzlich wird eine Entartung bei einer intraabdominalen Lokalisation in der Regel zu spät erkannt.

Ist deshalb bei einem 3-6 Monatigen ein Hoden weder palpabel noch sonographisch in der Leiste darstellbar, sollte im Alter von ca. 6 Monaten eine Laparoskopie erfolgen, sofern der Hoden auch in Narkose nicht palpabel ist. Die Laparoskopie erlaubt zu unterscheiden, ob eine Anorchie, eine Hodenatrophie oder ein intraabdominaler Hoden vorliegt. Bei Nachweis eines intraabdominal gelegenen Hodens kann dieser in der gleichen Sitzung laparoskopisch angegangen werden. Zeigen sich die Testikulargefässe genügend lang für eine direkte Verlagerung nach skrotal, werden Hoden und Testikulargefässe zuerst laparoskopisch freipräpariert und dann direkt mit einer Klemme, die von skrotal über die Leiste nach intraabdominal geführt wird, nach skrotal verlagert. Zeigen sich die Testikulargefässe hingegen zu kurz, empfehlen wir ein zweizeitiges Vorgehen (Operation nach Fowler-Stephens Schritt 1 und 2). Im Rahmen der ersten Laparoskopie werden nur die Testikulargefässe kranial des intraabdominal gelegen Hodens durchtrennt. Innerhalb von 6 Monaten bildet sich dann eine kräftige Kollateraldurchblutung entlang des Ductus deferens (Bild 3A). Im zweiten Schritt wird der Hoden laparoskopisch zusammen mit einem Peritoneallappen, der sowohl den Ductus deferens wie auch die Kollateralversorgung beinhaltet, präpariert (Bild 3B). Dieser Peritoneallappen ist genügend lang, um eine Verlagerung nach skrotal zu ermöglichen.

Abbildung 3. Laparoskopische Operation nach Fowler-Stephens bei intraabdominalen Hoden. Der Hoden (H) ist einige Zentimeter vom inneren Leistenring (ILR) entfernt, weshalb eine direkte laparoskopische Verlagerung des Hodens nach skrotal nicht möglich ist. Bild A und B zeigen den Operationssitus beim zweiten Schritt der Operation. A) Beim ersten Schritt 6 Monate davor wurden die zu kurzen Testikulargefässe ligiert (gelber Pfeil). Im Verlaufe von 6 Monaten bildet sich eine kräftige Blutversorgung (schwarzer Pfeil) des Hodens durch Kollateralen, die entlang des Ductus deferens (blauer Pfeil) verlaufen. B) Der Hoden kann jetzt zusammen mit einem Peritoneallappen (orange gefärbt), welcher den Ductus deferens und die neue Gefässversorgung beinhaltet, nach skrotal verlagert werden. Gestrichelte Linie: Inzisionslinie für die Hebung des Peritoneallappens.

Beim zweiten Schritt der Operation nach Fowler Stephens erfolgen die zwei Zugänge für die laparoskopischen Instrumente in den Narben des ersten Schrittes, so dass nach den zwei Eingriffen kaum sichtbare Narben resultieren. Da zwischen den zwei Schritten ein Intervall von 6 Monaten notwendig ist, sollte der erste Schritt wie bereits erwähnt ca. im Alter von 6 Monat stattfinden, um die Verlagerung nach skrotal im Alter von 1 Jahr abgeschlossen zu haben.

Trotz des zweizeitigen Vorgehens sind postoperative Hodenatrophie oder ein Rezidiv möglich. In einer grösseren Studie mit 102 Patienten erlitten 9 Patienten (8.8%) eine Hodenatrophie. Ein Rezidiv (erneuter Hochstand) wurde ebenfalls in 9 (8.8%) Patienten festgestellt.4)

Laparoskopische Pyeloplastik

In unserer urologischen Klinik ist die laparoskopische Nierenbeckenplastik (Pyeloplastik) (Bild 4A) nach der Laparoskopie bei nicht-palpablem Hoden der zweithäufigste laparoskopische Eingriff. Die Inzidenz der pyeloureteralen Abgangsstenose beträgt ca. 1:1000 Neugeborene. Die Abgangsstenose kann sowohl intrinsisch wie auch extrinsisch bedingt sein. Bei der intrinsischen Stenose besteht kongenital ein stenotischer oder hypoplastischer pyeloureteraler Übergang (Bild 4B), welcher eine Obstruktion verursacht. Bei der extrinsischen Stenose ziehen akzessorische Unterpol-Nierengefässe (crossing vessels) über den pyeloureteralen Übergang und führen zu einer Obstruktion (Bild 4C)). Die Obstruktion durch ein Crossing vessel ist oft nur intermittierend und wird dann erst im Schul- oder Teenageralter diagnostiziert. Die intermittierende Obstruktion verursacht kolikartige Schmerzen (Dietl-Syndrom) in Phasen von guter Hydrierung und Diurese (z.B. nach grösseren Trinkmengen nach dem Sport oder nach Einnahme von diuretischen Getränken wie Eistee, Kaffee, Bier etc.). Im Gegensatz dazu sind intrinsische Stenosen meist asymptomatisch und werden bereits pränatal anhand einer Hydronephrose erkannt. Zeigt sich postnatal eine zunehmende Hydronephrose sowie eine Funktionsverminderung der betroffenen Seite (Funktionsbestimmung mittels Szintigraphie oder MR-Urographie), ist die Indikation zur Pyeloplastik gegeben. Weitere Indikationen sind das Auftreten von Schmerzen, Harnwegsinfekten oder Steinbildung. Bei intrinsischer Stenose wird die Pyeloplastik meist im Säuglings- und Kleinkindesalter durchgeführt, in gewissen Fällen bereits vor dem 3. Lebensmonat.

Abbildung 4. A) Pyeloplastik bei Abgangsstenose.
B) Beispiel einer intrinsischen Stenose (Pfeil).
C) Beispiel einer extrinischen Stenose durch ein Unterpolgefäss (Pfeil). Das Unterpolgefäss verläuft über den pyeloureteralen Übergang und obstruiert diesen.
D) Die Anastomose des Ureters zum Pyelon (blaue Pfeile) erfolgt ventral des Unterpolgefässes (schwarzer Pfeil). U: Ureter, P: Pyelon

An unserer Klinik führen wir die Pyeloplastik in allen Altersklassen ausschliesslich laparoskopisch durch, bei Kindern ab 4 Jahren mit dem Operationsroboter. Bei der Pyeloplastik wird der pyeloureterale Übergang zuerst freipräpariert und der Ureter am pyeloureteralen Übergang vom Nierenbecken getrennt. Bei einer Stenose oder einem hypoplastischen Segment wird dieser Abschnitt reseziert, der Ureter wird spatuliert und wieder mit dem Nierenbecken vernäht (Bild 4A). Bei einem kreuzenden Unterpolgefäss erfolgt die Anastomose ventral der Gefässe (Bild 4D).

Die laparoskopische Pyeloplastik gilt als Königeingriff. Die Laparoskopie erfordert ein hohes Maß an Expertise und Geschicklichkeit, insbesondere bei Säuglingen. In den engen Platzverhältnissen der Bauchhöhle des Säuglings sind die Freipräparation des pyeloureteralen Übergangs und das Nähen der Anastomose eine Herausforderung. Es ist empfohlen, die Anastomose anschliessend vorübergehend mit einem Ureterkatheter oder einem perkutan eingeführten Stent zu schienen. Studien haben gezeigt, dass auch bei Säuglingen und Kleinkindern die laparoskopische Pyeloplastik sicher und mit gleichem Erfolg wie beim offenen Verfahren durchgeführt werden kann5,6). Vor allem bei grösseren Kindern wird aber für die anspruchsvolle Operation häufig auch der Operationsroboter verwendet.

Insgesamt hat die minimal-invasive Pyeloplastik, unabhängig von der verwendeten Technik (transperitoneal, retroperitoneal oder roboter-assoziiert), eine Erfolgsrate von 95-98% und eine tiefe Komplikationsrate und ist mit der der offenen Pyeloplastik vergleichbar.7-9)

Laparoskopische Ureteroureterostomie

Doppelnieren haben zwar eine hohe Prävalenz (ca. 1% der Bevölkerung), bleiben aber meistens ohne medizinische Konsequenz. In manchen Fällen führt das Doppelsystem jedoch zu Problemen. Am häufigsten ist das Oberpolsystem ektop mündend oder mit einer Ureterozele assoziiert, was zu Obstruktion und/oder Inkontinenz führt. Im Unterpolsystem zeigt sich typischerweise vesikoureteraler Reflux (VUR). Fehlmündung, Obstruktion und VUR des distalen Ureters können bei einem Doppelystem durch direkte Anastomose des pathologischen Ureters auf den gesunden Ureter, einer Ureteroureterostomie, behandelt werden (Bild 5). Beispielsweise kann ein subsphinkterisch oder vaginal mündender Oberpolureter mit konsekutiver Inkontinenz (Harnträufeln) laparoskopisch mit dem Unterpolureter anastomosiert und damit die Inkontinenz behoben werden (Bild 5A). Auf Höhe der Kreuzungsstelle der Ureteren mit den Iliacalgefässen werden die Ureteren laparoskopisch dargestellt und es erfolgt eine End-zu-Seit Anastomose, welche vorübergehend mit einem Ureterkatheter geschient wird. Der distale Anteil des abgesetzten Ureters wird soweit kaudal wie möglich reseziert. Die Technik der laparoskopischen Ureteroureterostomie und die dafür benötige Expertise sind vergleichbar mit der der laparoskopischen Pyeloplastik. Die Alternative zur Ureteroureterostomie ist die offene Reimplantation beider Ureteren in die Blase, ein deutlich invasiverer Eingriff.

Abbildung 5. Ureteroureterostomie beim Doppelsystem.
A) Anastomose des Oberpolureters auf den Unterpolureter beim Beispiel eines ektop mündenden Ureters (bei Inkontinenz oder Obstruktion). B) Anastomose des Unterpolureters auf den Oberpolureter (typischerweise bei vesikureteralem Reflux ins Unterpolsytem).

Prinzipiell besteht bei der Ureteroureterostomie die Gefahr der Stenose im Bereich der Anastomose, welche eine Obstruktion des „Empfängerureters“ und damit eine Funktionseinschränkung des zuvor unbeteiligten Nierenanteils verursachen kann. In seltenen Fällen kann ein zu langer refluierender Ureterstumpf ein Infektionsreservoir darstellen.

In unserer Erfahrung bestätigt sich die laparoskopische Ureteroureterostomie als eine sichere und effiziente Methode10), und wir haben bisher keinen Fall von Anastomosen- oder Stumpf-assoziierten Komplikation zu verzeichnen.

Laparoskopische Nephrektomie oder Heminephrektomie

Funktionslose Nieren oder Nierenanteile (Oberpol/Unterpol), welche Beschwerden (z.B. ektope Mündung eines Oberpolureters mit Inkontinenz) oder Komplikationen (febrile Harnwegsinfekte) verursachen, müssen entfernt werden. Mittels Laparoskopie (oder Retroperitoneoskopie) kann eine Nephrektomie oder Heminephrektomie minimal-invasiv durchgeführt werden. Die funktionslosen Nieren oder Anteile sind in der Regel so hypoplastisch, dass diese über den Kamerazugang am Bauchnabel entfernt werden können. Trotz der minimalen Invasivität der laparoskopischen Heminephrektomie in Bezug auf Zugangsweg (kleine Schnitte) und entsprechend postoperativen Schmerzen, handelt es sich um einen heiklen Eingriff. Bei Kleinkindern ist die Nierendurchblutung sehr empfindlich, eine zu ausgiebige Mobilisierung oder Gewebstraumatisierung im Hilusbereich kann zu einer Durchblutungsstörung des verbleibenden Nierenanteils führen.11) Spezielle gewebeversiegelnde Instrumente erlauben die Durchtrennung des Nierengewebes ohne grössere Blutung, dabei ist aber zu beachten, dass das Nierenbecken des verbleibenden Nierenanteils nicht eröffnet wird. In bis zu 35% der Fälle können sich postoperativ Flüssigkeitskollektionen an der Stelle des resezierten Nierenanteils bilden11,12), welche jedoch keine klinische Signifikanz haben. Komplikationen durch den verbleibenden Ureterstumpf (siehe auch unter laparoskopische Ureteroureterostomie) sind selten. Insgesamt zeigt die laparoskopische Nephrektomie und Heminephrektomie mit der offenen Operation vergleichbare Erfolgs- und Komplikationsraten, allerdings mit den bekannten Vorteilen der Laparoskopie.13,14)

Antirefluxtherapie

Die Antirefluxoperation verfolgt das Prinzip, den intramuralen Verlauf des Ureters in der Blase zu verlängern. Dadurch wird bei Füllung der Blase der intramurale Anteil des Ureters komprimiert und damit ein VUR verhindert. Die Verlängerung des intramuralen Anteils des Ureters kann mit verschiedenen Techniken erreicht werden. Die minimal-invasivste Variante ist die Unterspritzung der Ureterostien (siehe Abschnitt Endourologie). Invasiver, aber mit höherer Erfolgsrate, ist die Reimplantation des Ureters, welche auf mehrere Arten durchgeführt werden kann. Unterschieden wird die intravesikale Reimplantation (nach Cohen oder Politano-Leadbetter) von der extravesikalen (nach Lich-Grégoire). Bei der intravesikalen Reimplantation erfolgt der Zugang über die Blase, d.h. die Blase wird eröffnet, der Ureter wird von der Blaseninnenseite her aus der Blasenwand herausgelöst und dann so neu eingenäht, dass der Ureter über eine gewisse Strecke submukös verläuft. Bei der extravesikalen Operation nach Lich-Grégoire bleibt die Blase zu, der Detrusor wird von der Mündungsstelle des Ureters aus so eingeschnitten, dass die Mukosa intakt bleibt. Der Detrusormuskel wird dann über dem Ureter vernäht, so dass auch hier ein submuköser Tunnel entsteht.

Die klassische, offene intravesikale Ureterreimplantation, durchgeführt im typischen Alter zwischen 1 und 3 Jahren, hat trotz Pfannenstielschnitt und Eröffnen der Blase eine sehr niedrige Morbidität. Zusätzlich ist die Narbe nach Pfannenstielsinzision ästhetisch kaum sichtbar. Dies sind sicherlich Gründe, weshalb diese offene Operationsmethode weiterhin als Standard angewendet wird. Ein weiterer Grund ist, dass das minimal-invasive Pendant technisch sehr anspruchsvoll und die Lernkurve langwierig ist. Im Gegensatz zur Laparoskopie werden die Ports und Instrumente nicht in die Abdominalhöhle eingeführt, sondern direkt in die Blase. Man spricht deshalb von einer (Trans-) Vesikoskopie. Die Blase wird mit CO2 gefüllt, dadurch entsteht zwar eine gute Visualisierung, die Platzverhältnisse in der Blase sind aber nochmals deutlich kleiner als in der Bauchhöhle und die Durchführung der einzelnen Schritte der Reimplantation mit dem Instrumentarium der minimal-invasiven Chirurgie sehr anspruchsvoll. Die (trans-)vesikoskopische Ureterreimplantation wird deshalb nur an einzelnen Zentren durchgeführt und es ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sicher erwiesen, dass damit gleich gute Ergebnisse erzielt werden können wie mit der offenen Operation.

Bei älteren Kindern wird meistens auf eine andere Technik zurückgegriffen. Je grösser das Kind, umso tiefer liegt die Blase im kleinen Becken und der intravesikale Eingriff ist erschwert. Hier bietet sich deshalb der laparoskopische extravesikale Eingriff nach Lich-Grégoire an. Durch die Laparoskopie erlangt man eine sehr gute Exposition der Hinterwand der Blase und Mündung der Ureteren, die Operation selber erfordert allerdings sehr gute laparoskopische Fähigkeiten. Trotzdem kann mit Expertise ein gleiches Outcome erzielt werden wie mit der offenen extravesikalen Operation.15) Hier kann auch der Operationsroboter hilfreich sein, da die freien Bewegungsumfänge der Roboterarme im kleinen Becken die korrekte Inzision des Detrusors, die Verlagerung des Ureters und das Vernähen des Detrusors über den Ureter vereinfachen. Wichtig zu wissen ist, dass ein bilaterales extravesikales Vorgehen in bis zu 20% eine transiente Blasenentleerungsstörung verursachen kann. Patientinnen und Patienten müssen deshalb darauf hingewiesen werden, dass sie postoperativ bis zu 2 Wochen ein Blasenkatheter benötigen.

Endourologische Eingriffe 

In der Endourologie werden diagnostische und therapeutische Eingriffe mit feinen, starren oder beweglichen Endoskopen durchgeführt. Die Endoskope werden über die Urethra oder perkutan direkt ins Nierenbecken eingeführt. Dadurch lassen sich Urethra, Blase, Ureter und Nierenbecken gut visualisieren und Eingriffe können direkt vorgenommen werden. Die Endoskope verfügen über einen Arbeitskanal, so dass Instrumente wie Biopsie- oder Fremdkörperzangen, Messerklingen, Sonden für die Applikation von Strom zum Schneiden und Koagulieren, Körbchen zur Steinbergung oder Lasersonden zur Steinzertrümmerung oder Gewebeinzision eingeführt werden können. Durch die Miniaturisierung der Instrumente in den letzten Jahren, sind heute Endoskope erhältlich (Durchmesser 1.5-3.5mm), die die Anwendung bereits beim Kleinkind erlauben.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die häufigsten endourologischen Eingriffe in der Kinderurologie.

Die Instrumente werden über die Harnröhre in die Blase, die Ureteren und Nieren eingeführt. Für die Behandlung von Nierensteinen kann der Zugang zum Nierenbecken auch direkt perkutan erfolgen.

Tabelle 1. Häufigste endourologische Eingriffe in der Kinderurologie

Fazit

Die minimal-invasive Chirurgie in der Kinderurologie hat sich in den letzten 20 Jahren dramatisch entwickelt. Sie erlaubt die Durchführung der meisten Standard-Eingriffe an den Harnwegen mit minimalem Gewebstrauma und mindestens gleichen, wenn nicht besseren Ergebnissen im Vergleich zur offenen Chirurgie. Für die Patientinnen und Patienten resultiert dadurch ein klarer und unbestrittener Vorteil. Trotzdem sollten komplexe minimal-invasive Eingriffe nur an Zentrumsspitäler mit einem ausreichenden Patientenvolumen und entsprechender Expertise durchgeführt werden, um unnötig lange Operationszeiten und Komplikationen zu vermeiden.

Referenzen

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Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
PD Dr. med.   Luca Mazzone Chirurgische Klinik, Abteilung für Kinderurologie, Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.   Uchenna Kennedy Chirurgische Klinik, Abteilung für Kinderurologie, Universitäts-Kinderspital Zürich

​​​​​​​​​​​PD Dr. med.   Maya Horst Lüthy Chirurgische Klinik, Abteilung für Kinderurologie, Universitäts-Kinderspital Zürich