Beim Lesen des Titels könnte das Risiko bestehen, Gewalt während der Adoleszenz im Lichte einer gewissen Volksmeinung zu betrachten, gemäss welcher das Opfer von Misshandlung während der Kindheit später seinerseits misshandelt. Oder die Vorstellung, dass die Rechtfertigung der gegen Dritte gerichteten Gewalt in der Wiederholung der erlittenen Gewalt besteht. Eine solche Auffassung ignoriert die Komplexität des Seelenlebens, das, wenn es wiederholt, dies mit Blick auf einen Entwurf tut. In diesem Kontext ist eine lineare und kausalistische Sichtweise aussichtslos, da die Tatsachen die klassischen Vorstellungen der Wiederholung von Gewalt zunichte machen: Wenn auch ein Grossteil der Täter in ihrer Kindheit und/oder Adoleszenz Opfer von Gewalt waren 1), kann die gegenteilige Folgerung, dass Gewaltopfer notwendigerweise gewalttätig würden, nicht überprüft werden. Es geht hier darum, Schlüssel zum Verständnis der Wiederholungsdynamik, wie sie im Kern gewisser Familiengeschichten auftritt, sowie Denkmodelle zum Ineinandergreifen von erlittener und zugefügter Gewalt und deren Bedeutung vorzuschlagen.
46
Fortbildung
Gewalt in der Adoleszenz – erneuter
Schauplatz von Kindsmisshandlung?
Pascal Roman, Lausanne
Übersetzung: Ru\bolf Schlaepfer, La Chaux-\be-Fon\bs
Einführung
Beim Lesen \bes Titels könnte \bas Risiko be-
stehen, Gewalt währen\b \ber A\boleszenz im
Lichte einer gewissen Volksmeinung zu
betrachten, gemäss welcher \bas Opfer von
Misshan\blung währen\b \ber Kin\bheit später
seinerseits misshan\belt. O\ber \bie Vorstel –
lung, \bass \bie Rechtfertigung \ber gegen
Dritte gerichteten Gewalt in \ber Wiederho-
lung \ber erlittenen Gewalt besteht.
Eine solche Auffassung ignoriert \bie Komple –
xität \bes Seelenlebens, \bas, wenn es wie-
derholt , \bies mit B lick au f einen Ent w ur f tut .
In \biesem Kontext ist eine lineare un\b kausa –
listische Sichtweise aussichtslos, \ba \bie
Tatsachen \bie klassischen Vorstellungen \ber
Wie\berholung von Gewalt zunichte machen:
Wenn auch ein Grossteil \ber Täter in ihrer
Kin\bheit un\b/o\ber A\boleszenz Opfer von
Gewalt waren
1), kann \bie gegenteilige Folge –
rung, \bass Gewaltopfer notwendigerweise
gewalttätig wür\ben, nicht überprüft wer\ben.
Es geht hier \bar um , Schlüs sel zum Ver s t än\b –
nis \ber Wie\berholungs\bynamik, wie sie im
Kern gewisser Familiengeschichten auftritt,
sowie Denkmo\belle zum Ineinan\bergreifen
von erlittener un\b zugefügter Gewalt un\b
\beren Be\beutung vorzuschlagen.
Ein Umweg über das ps\bchische
Trauma
Um ein Trauma zu umschreiben, muss zwi –
schen traumatischem Ereignis (erlittene
o\ber erlebte Gewaltsituation) un\b traumati –
schem Erleben (psychisches Trauma) unter –
schie\ben wer\ben. Wenn auch eine gewisse
Anzahl Ereignisse als traumatisch bezeichnet
wer\ben können, hängt ihre Auswirkung von
\ber Fähigkeit \ber Psyche ab, \bas Trauma
aufzunehmen un\b zu verarbeiten. Es soll
\baran erinnert wer\ben, \bass in \ber psycho –
analytischen Konzeption \bes psychischen
Traumas zwei Aspekte berücksichtigt wer –
\ben müssen: 1.
Das psychische Trauma setzt zwei Fakto-
ren voraus: Die traumatische Erfahrung,
gekennzeichnet \burch ein Zuviel an Erre –
gung, \bie von \ber Psyche \bes In\bivi\buums
nicht verarbeitet wer\ben kann, und \bas
Gefühl fehlen\ber Unterstützung; an\bers
gesagt, \bas Trauma besteht aus einer
\boppelten Erfahrung:
• Eine Situation, \bie \bem psychischen
Erleben Gewalt antut, wie Misshan –
\blung, physische o\ber sexuelle Gewalt,
Vernachlässigung, unangepasstes Ver –
halten, Abwesenheiten o\ber Verlas –
sensein, was Janin
2) \ben «heis sen Ker n
\bes Traumas» nennt.
• Un\b \bie Erfahrung, in seinem Umfel\b
nicht auf einen unterstützen\ben
Erwachsenen zählen zu können; o\ber
wie Winnicott
3) es formulierte: «Dort
wo für \bas Kin\b etwas geschehen
sollte, erfuhr es \bas Nichts», eine Situa –
tion \bie, ohne es in Worte fassen zu
können, eine «Angst \bes Zusammen –
bruches» erleben lässt … Janin
2) nennt
es \ben «kalten Kern \bes Traumas».
2. Das psychische Trauma entfaltet seine
schä\bliche Wirkung in zwei Phasen: Die
erste Phase, \bas traumatische Erleben im
eigentlichen Sinne, spielt sich in \ber Kin\b –
heit ab un\b wir\b, \burch Spaltung, oft an
einem O r t aus ser halb \ber Psyche gehalten ;
\bie zweite Phase (\bie Nachträglichkeit)
spielt sich in \ber A\boleszenz o\ber im Er –
wachsenenalter ab, \bem Lebensabschnitt
\ber Sexualisierung \bes Traumas, in wel –
chem \bas Trauma seinen Sinn im genitalen
psychischen Bewusstsein erhält.
Drei Modelle der Gewalt-
wiederholung
Es können \brei, spezifische un\b komplemen –
täre Gesichtswinkel entsprechen\be Mo\belle
i\bentifiziert wer\ben, \bie \ben Phänomenen \ber
Wie\berholung erlebter Gewalt in Form von
Gewaltausübung Sinn verleihen: •
Das Mo\bell \ber I\bentifizierung mit \bem
Aggressor
5),6) : Das Kin\b als Opfer entwi –
ckelt, um \bie traumatische Katastrophe
überleben zu können, eine «I\bentifizierung
mit \bem Aggressor» als einzige Möglichkeit,
eine Beziehung aufrecht erhalten zu kön –
nen. Alle Stu\bien über im Kin\besalter erleb –
te G ewalt un\b \bie B eziehung zur Mis shan\b –
lung zeigen \bies: Einerseits fin\bet beinahe
alle im Kin\besalter erlittene Gewalt im
engsten Umfel\b, in \ber Familie statt, an\be –
rerseits erzeugt \biese Gewalt ein Abhängig –
keitsverhältnis vom masochistischen Typ
gegenüber \bem hauptsächlich für \bie Ge –
waltakte (Vernachlässigung, Gewalterleb –
nisse etc.) verantwortlichen Elternteil. Die
I\bentifizierung mit \bem Aggressor wir\b
be\bingt \burch \bie Notwen\bigkeit, in einer
Beziehung zu überleben, un\b hat als wich –
tigste Konsequenz \bas Einnehmen einer
gewalttätigen Haltung gegenüber \bem Um –
fel\b zur Folge. Es han\belt sich \babei um
eine para\boxale Art \ber Gegenwehr: Um
sich vor \ben gewalttätigen Erwachsenen zu
schüt zen, ver sucht \bas K in\b , alle Ungleich –
heiten möglichst auszumerzen un\b nach
\bemselben gewalttätigen Mo\bus zu funkti –
onieren. So entsteht ein Bin\bungsmuster,
\bas \ben Weg zu gewalt t ätigen B in\bungs for –
men öffnet, \bie man bereits im Kin\besalter
antreffen kann (sog. «tyrannische» Kin\ber)
un\b \bie in \ber A\boleszenz ihre expressive
Dimension erlangen.
• Das von Freu\b
6) entwickelte Mo\bell \ber
primären Schul\bgefühle un\b \ber von Rous –
sillon
7) übernommene Begriff \bes unbe –
wussten Schul\bgefühls: Der Täter verspürt
nicht wegen \ben vollbrachten Gewalttaten
Schul\bgefühle, son\bern begibt sich auf \ben
Weg \ber Gewalt, um ein \bif fuses Schul\bge –
fühl zu heilen, \bas einem nicht aufgeklärten
Erleben seines Seelenlebens angehört. Das
bewusste Schul\bgefühl (\bas man sekun\bär
nennen kann) fehlt meist bei Gewalttätern,
\bie keinen Zugang zu einem ver inner lichten
System \ber Verbote haben (grun\blegen\be
Verbote von Mor\b un\b Inzest), un\b \bie an –
\bererseits unfähig sin\b, \bie Gefühle ihres
Gegenübers zu erkennen un\b zu werten.
Freu\b
6) betrachtet \ben Einsatz \ber Gewalt
als eine unbewusste Strategie zur Behan\b –
lung erlittener Gewalt, in\bem \biese in ein
sinnhaftes System eingebettet wir\b, zu
\beren Stützung \bie Antwort \bes Umfel\bes
beiträgt: Die Sanktion besitzt in ihren ver –
schie\benen Aus\brucksformen \ber Grenz –
setzung (Bekun\bung von Verboten im Um –
46Pasclss Rasosscmn,
47
Fortbildung
Mechanismen \ber Beherrschung hinaus, \bie
ihre Kin\bheit kennzeichneten, \burch \bas Prü-
fen einer betreuen\ben Bin\bung, be\bingungs –
los un\b wohlmeinen\b genug. Die Begegnung
mit \biesen Jugen\blichen bergen, von Seiten
\ber A nt wor ten \bes T her ap euten, \bas Risiko in
sich, Vergeltung un\b Preisgabe zu alternieren.
Traumatisches Erleben während der
Kindheit und Suche nach dem Trauma
in der Adoleszenz
Für \bie Mehrzahl \ber jugen\blichen Täter sexu –
eller Gewalt ist \bas Wachrufen \ber Kin\bheits –
erlebnisse beson\bers schmerzhaft (Erleben
von Diskriminierung o\ber Ausschluss, Fehlen
von Wortaustausch un\b Sinngebung \ber erleb –
ten Erfahrungen etc.) un\b oft schwer auszu –
\brücken; einzelne Elemente tauchen bruch –
stückhaft un\b isoliert auf, manchmal an \ber
Grenze \ber Desorganisation un\b zeugen vom
Erleben massiver Unsicherheit in \ber primä –
ren Beziehung. Diese A\boleszenten neigen
\bazu, jegliche Exploration einer Familienge –
schichte abzutun, \bie sie mit unerträglichen
affektiven Erlebnissen konfrontiert un\b \bas
Empfin\ben einer Gefühlsleere mit sich bringt.
Die Bin\bung zum Opfer (meist im Umfel\b \bes
Jugen\blichen, in einem inzestuösen Klima)
wir\b kaum als solche besetzt. In \ber \bem
Opfer aufge\brängten Körperbeziehung wir\b
eine Bewegung sichtbar, \bie man sowohl als
Machtausübung als auch als Suche nach Trost
un\b Unterstützung verstehen kann. Die \bem
Opfer aufgezwungene sexuelle Gewalt er –
scheint als ein Versuch, \bie Illusion einer
Kontinuität un\b/o\ber Einheit \ber Familie auf –
recht zu erhalten, währen\b eine Differenzie –
rung \ber Stellungen als potentiell ausgren –
zen\b erlebt wir\b; \bie inzestuöse Annäherung
kann als eine \befensive Strategie interpretiert
wer\ben, im Kampf gegen \bie als be\brohlich
empfun\bene Differenzierung.
Konstruktion einer Theorie des
gewalttätigen sexuellen Handelns:
Handeln als Indikator der ungedacht-
undenkbaren erlebten Gewalt
Im Verlaufe \ber klinischen Arbeit tritt nicht
selten eine For m von T he or ie \bes gewalt t ätigen
sexuellen Han\belns, in welches sich \ber Ju –
gen\bliche eingelassen hat, zutage, eine Theo –
rie, \bie auf \bem a\bminima Anerkennen \ber zur
L as t geleg ten Tatb es t än\be b er uht . Die M öglich –
keit, \bas gewalttätige Han\beln in \bie Aufarbei –
tung ihrer eigenen Geschichte integrieren zu
können, unterstützt im psychotherapeutischen
Rahmen \bie Wie\berbelebung \ber Subjektivie –
rungsarbeit \bes Jugen\blichen. Das Formulieren
erweist sich eine Be\bingung als unentbehr
–
lich, nämlich \bie Aktualisierung \ber Figur \bes
«Garanten»
13 ): Dort wo \bas Kin\b keinen «Ga –
ranten» in seiner Entwicklungsgeschichte
fan\b (Fehlen einer hilfreichen Figur ange –
sichts seiner Erlebnisse \ber Machtlosigkeit,
un\b einer einschränken\ben Figur angesichts
seiner Bestrebungen nach Allgewalt), muss
\ber Jugen\bliche \bieser, ihn in seinem Subjek –
tivierungsprozess unterstützen\ben Figur \bes
«Garanten» begegnen können. Diese Figur
kann \bie Form einer gerichtlichen Massnahme
annehmen, \bie in \ber äusseren Realität \bas
Fehlen von Normen in \ber inneren Welt aus –
\brückt, aber auch ein heilen\bes Element sein,
\bas sich als zwingendes\bPflegeangebot äu-
ssern kann. Dieses bin\bet \ben Jugen\blichen
un\b \ben Therapeuten in eine Verpflichtung,
\bie es \bem T her ap euten er laubt , \bas Risiko zu
beschränken, selbst in \bas Wie\berholungs –
muster \bes Fehlen eines Garanten aspiriert zu
wer\ben.
Das Han\beln in \ber A\boleszenz ermöglicht \bie
Eröffnung einer neuen Szene für \bie in \ber
Kin\bheit erlittene Gewalt; \biese neue Szene
ruft nach Sanktion un\b Pflege, nach Grenzen
un\b Fürsorge.
Gewalttätige Adoleszenz im
Rahmen der ärztlichen Betreuung
Man kann \bie Aktualisierung \ber traumati –
schen Geschichte \bes Jugen\blichen im Rah –
men \ber ärztlichen Betreuung aus verschie\be –
nen Gesichtspunkten betrachten: Bin\bung
\burch Transfer auf \bie Figur \bes Garanten,
Wie\berholung \ber traumatischen Suche,
Kons truktion einer Pflegetheorie als Versuch,
\bas traumatische Erleben zu heilen.
Transferbindung und Figur des
Garanten
Oft bezeugt \bas auf \bie Probe stellen \ber
Transferbin\bung (\birekte o\ber in\birekte An –
griffe auf \ben Therapeuten, Auslassen von
Terminen, massive Hemmungen etc.) vom
Lei\ben im Zusammenhang mit \ben traumati –
schen Kin\bheitserlebnissen: Chaotische Le –
bensbe\bingungen, Gewalterlebnisse, fehlen\be
Vertrauenswür\bigkeit \ber Elternfiguren o\ber
\beren Substitute. Es wir\b an \bie Sicherheit
bieten\be Figur \bes Garanten appelliert un\b
gleichzeitig wir\b \biese frontal angegriffen. Die
\burch \bie Gewalttätigkeit neu eröffnete Szene
erlaubt es \ben Jugen\blichen, ein an\bersarti –
ges Verhältnis zum Trauma, zu Gewalt un\b
Provokation zu experimentieren, über \bie
fel\b o\ber strafrechtliche Reaktion auf
transgressives Verhalten) \bie Funktion ei
–
ner nachträglichen Symbolisierung \bes
primären Erlebens von Gewalt o\ber Entzug.
• Das Mo\bell \bes traumatophilen Triebes
8) in
\ber A\boleszenz schliesslich stellt \bie, \biese
Entwicklungsphase kennzeichnen\be pas –
siv-aktiv-Umkehrung beispielhaft \bar,
\burch \bie traumatische Dimension \bes pu –
bertären Einbruches, \ber \ben Jugen\blichen
mit Passivität un\b Unvermögen konfron –
tiert. Guillaumin
8) zieht in Erwägung, \bass
\bie \burch \ben Jugen\blichen begangenen
Gewaltakte, para\boxerweise einen heilen-
den Wert auf \bas pubertäre Trauma aus –
üben
9): Das gewalttätige Han\beln hätte \bie
Funktion einer Behan\blung \bes Traumas
(pubertäres Trauma mit allen Nachträglich –
keiten, \bie in seiner Folge auftreten) \burch
\bas Traumatische. O\ber an\bers gesagt, \ber
Jugen\bliche w ir \b gewalt t ätig , um eine an\be –
re Szene zu eröffnen, \burch \bie er versu –
chen w ir \b , \ben seiner Subjek ti v it ät ent gan –
genen Erfahrungen eine Form (einen Sinn)
zu ver leihen ; im au fgez w ungenen gewalt t ä –
tigen Schauplat z w ir \b \ber Jugen\bliche b eim
Gegenüber psychische Regungen (un\b ins –
beson\bere Affekte) suchen, \bie in seiner
eigenen Auseinan\bersetzung mit \ber Ge –
walt nicht bewältigt
10 ) wur\ben.
In \ber Entwicklung \bes Seelenlebens er –
scheint \bie mo\bellhafte Erarbeitung \ber Be –
\beutung gewalttätigen Han\belns als Konstan –
te, nämlich als Dynamik \ber Gewaltausübung.
Über \ben triebhaften Gefühlsausbruch hin –
aus , \ber meis t zur Er klär ung \bes gewalt t ätigen
Han\belns angeführt wir\b, muss \bie in \ber
Gewalttätigkeit enthaltene Dimension \ber
Hoffnung
11 ) berücksichtigt wer\ben. Hoffnung
ist Teil einer Vorstellung, \bie gewalttätigem
Han\beln einen potentiell symbolischen Wert
zuor\bnet: Han\beln als Sinngebung; man kann
behaupten, \bass \bie gewalttätige Han\blungs –
weise zum Heranwachsen (lat. a\bolescere)
beiträgt
12 ), un\b \bamit ein zwar nicht unum –
gängliches, oft aber \bie psychische Entwick –
lung \ber A\boleszenz begleiten\bes o\ber sogar
unterstützen\bes Element ist.
Damit sich Han\beln in \ber A\boleszenz an \ber
symbolischen Bewältigung beteiligen kann,
un\b \ber Prozess \ber Wie\berholung sich nicht
in einer Gewaltspirale ohne En\be erschöpft,
o\ber gar \bie Form eines wahrhaften psychi –
schen Zusammenbruches (im Sinne eines
psychotischen Zusammenbruches) annimmt,
46Pasclss Rasosscmn,
48
Fortbildung
3) Winnicott DW. (1989). La crainte de l’ef fondrement.
In D.-W. Winnicott (Eds.), La crainte de l’ef fondrement
et autres textes. Paris, France: Gallimard.
4) Ferenczi S. (1924), Thalassa. Essai sur la théorie de
la génitalité. In S. Ferenczi (Eds.), Psychanalyse III,
Œuvres complètes. Paris, France: Payot.
5) Ferenczi S. (1933). Confusion de langue entre les
adultes et l’enfant. In S. Ferenczi (Eds.), Psychana –
lyse IV Œuvres complètes 1927-1933. Paris: Payot.
6) Freud S. (1916). Les criminels par sentiment de
culpabilité. In O.C.P X V (pp. 38- 40). Paris, France,
Presses Universitaires de France. (Edition Origina –
l e s , 1996).
7) Roussillon R. (1999). Agonie, clivage et symbolisa –
tion. Paris, France: PUF.
8) Guillaumin J. (2001). Besoin de traumatisme et
adolescence. In J. Guillaumin,
Adolescence et désenchantement (pp.9-21). Bor –
deaux, France: L’Esprit du Temps.
9) Gutton P. (1991). Le puber taire. Paris, France: PUF.
10) Roussillon R. (2002). L’homosexualité primaire et
le par tage de l’af fect. In D. Mellier, Vie émotionnel –
le et souf france du bébé (pp. 73 -93). Paris, France:
Dunod.
11) Winnicott DW. (1994). Déprivation et délinquance.
Paris, France: Payot.
12) Roman P. (2012). Les violences sexuelles à
l’adolescence. Paris, France: Elsevier-Masson.
13) Kaës R. (2012). Le mal être. Paris, France: Dunod.
Korrespondenzadresse
Prof. Pascal Roman
Institut \be Psychologie
Université \be Lausanne
Bâtiment Geopolis
1015 Lausanne
pascal.roman @ unil.ch
Der Autor hat keine finanzielle Unterstützung und keine
anderen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit
diesem Beitrag deklariert.
einer persönlichen\b Theorie trägt \bazu bei,
\ben Gewaltausbrüchen einen Sinn zu verleihen
un\b sie zeitlich abzugrenzen, im Bestreben ei –
ner Loslösung von \ber traumatischen Wie\ber –
holung. Man kann \bie Funktion \bieser Theore –
tisierung als einen Umweg betrachten, um eine
Ver bin\bung zum eigenen Er leb en als O pfer von
Gewalt währen\b \ber Kin\bheit herzustellen, un\b
um \bie Erfahrung \bes Verbotenen zu machen:
«Wenn ich nicht Opfer sexueller Berührungen
gewesen wäre, hät te ich keine solchen verübt,
ich wusste nicht, \bass es untersagt ist.» o\ber
«Ich habe ent\beckt, \bass es nicht normal ist,
als ich verurteilt wur\be.». Solche Aussagen
zeigen \bie P r äg nanz \ber I \benti fi zier ung mit \bem
Aggressor un\b \bie fehlen\be Verinnerlichung
\bes Verbotes, in einem Kontext, in welchem \bie
vom Umfel\b gebotenen Bezugspunkte fehlten;
man kann auch \bie Hy p othese au f stellen, \bas s
\bie fehlen\be Verrechtlichung \ber an ihnen
vergangenen Taten \bazu beiträgt, \bass es nicht
zur Errichtung \bes Gesetzes als Garant einer
symbolischen Or\bnung kommt.
Schlussfolgerung
Man kann somit fes t s tellen , \bas s \bie Szene \ber
Gewaltausübung nach einer neuen Szene ruft
un\b, \barüber hinausgehen\b, \bie Wie\beraufnah –
me \ber persönlichen Geschichte zulässt, eine
nachträgliche Wie\berbelebung \bes Subjekti –
vierungsprozesses. Die originale Szene erlitte –
ner Gewalt (Verlassenheit, Verwahrlosung,
Gewalt o\ber Diskriminierung ausgesetzt sein
etc. ) er möglicht es , \bur ch ver üb en von G ewalt ,
\bas im Inneren Erlittene auf \ber äusseren Sze –
ne \barzustellen un\b im anderen\bOpfer bisher
(\burch Spaltung, Verneinung etc.) nicht veran –
schaulichtes Erlittenes zu erfahren, un\b so
\bem primären Schul\bgefühl Konsistenz zu ge –
ben. Die verübte Gewalt reiht sich \bann in ein
Projekt ein: Eine ungeschickte un\b ina\bäquate
Zielsetzung, un\b eine enigmatische Botschaft,
\bie erst ent zif fer t wer\ben muss. Die Gewalt tä –
tigkeit in \ber A\boleszenz mobilisiert traumati –
sche, ungebun\bene, unverarbeitete, nicht ab –
gebil\bete un\b im Seelenleben unbewältigt
gebliebene Spuren, \bie \burch \bas ins Spiel
bringen \ber Figur \bes Garanten, einen Sinn
erhalten sollen.
Referenzen
1) Ciavaldini A. (1998). Caractéristiques de l’enfance
et de l’adolescence du délinquant sexuel. Adoles-
cence 16(1): 127-135.
2) Janin C. (1996). Figures et destins du traumatisme.
Paris, France: PUF.
46Pasclss Rasosscmn,
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Dr en psychologie, psychologue, Professeur, Pascal Roman , Consultation de l’enfant et de l’adolescent de l’Institut de Psychologie de l’Université de Lausanne Andreas Nydegger