Bildgebende Verfahren spielen für Diagnose, Beurteilung der Gelenkschädigung und Prognose bei Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung eine wichtige Rolle. Das konventionelle Röntgenbild war bei Kindern mit einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) lange Zeit der Eckpfeiler zur Beurteilung struktureller Schädigungen. Mit der Verfügbarkeit immer wirksamerer Medikamente zur Basisbehandlung ergab sich die Notwendigkeit nach empfindlicheren bildgebenden Verfahren, die bereits prä-erosive entzündliche Veränderungen erfassen und damit die Unterscheidung ermöglichen zwischen inaktiver Krankheit und einer solchen, die einen aggressiveren therapeutischen Ansatz erfordert.
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Bildgebende Verfahren spielen für Diagnose,
Beurteilung der Gelenkschädigung und Prog-
nose bei Patienten mit einer rheumatischen
Erkrankung eine wichtige Rolle. Das konven –
tionelle Rönt genbild war b ei K inder n mit einer
juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) lange
Zeit der Eckpfeiler zur Beurteilung strukturel –
ler Schädigungen. Mit der Verfügbarkeit im –
mer wirksamerer Medikamente zur Basisbe –
handlung ergab sich die Notwendigkeit nach
empfindlicheren bildgebenden Verfahren, die
bereits prä-erosive entzündliche Veränderun –
gen erfassen und damit die Unterscheidung
ermöglichen zwischen inaktiver Krankheit und
einer solchen, die einen aggressiveren thera –
peutischen Ansatz erfordert.
Es stehen mehrere nicht-invasive Verfahren
zur Verfügung, Muskel-Skelett-Ultraschall
(MSU) und Magnet-Resonanz-Tomographie
(MRT) sind die am häufigsten verwendeten.
Der MSU hat den Vorteil, rasch und ohne
Sedierung eingesetzt werden zu können und
die Beurteilung mehrerer Gelenke im selben
Untersuchungsgang zu ermöglichen. Die Mög –
lichkeit, über Echtzeitbilder zu verfügen, er –
laubt zudem eine dynamische Beurteilung der
Gelenk- und Bänderbeweglichkeit, was wie –
derum den Nachweis struktureller Verände –
rungen erleichtert
1). Beschränkend sind die
Abhängigkeit vom Untersucher, Unterschiede
je nach verwendetem Apparat und das relativ
enge Gesichtsfeld
2).
MSU erfordert erfahrene Untersucher, im
Prinzip Radiologen oder Rheumatologen. Der
Radiologe benutzt den MSU zur Diagnosestel –
lung, der Rheumatologe dagegen ergänzend
zur klinischen Untersuchung, zur Bestätigung
des klinischen Verdachtes einer Gelenksent –
zündung und zur Überwachung des Krank –
heitsverlaufes. Bei fraglicher entzündlicher
Ur sache kann der Ultraschall nützliche Ele –
men
te zum Ausschluss einer Gelenksentzün -dung beitragen (insbesondere Fehlen von
Ge
lenkserguss und/oder Synoviahypertrophie)
und die Differentialdiagnose auf andere
Krankheiten lenken.
Die Entwicklung der Ultraschallapparate und
Doppler-Techniken führten einerseits zu einer
detaillierteren Bildgebung der Gelenk- und
periartikulären Strukturen und andererseits
zur Identifizierung vaskulärer Signale, die zur
Unterscheidung zwischen aktiver und inakti –
ver Krankheit beitragen.
Das Ultraschallbild besteht aus Grautönen,
die Bilder sind schwarz-weiss, wobei jeder
weisse Punkt eine reflektierte Schallwelle
darstellt. Schallwellen bewegen sich ähnlich
wie Lichtwellen fort, das bedeutet, dass je
dichter ein Material ist (z. B. Knochencortex),
desto stärker reflektiert es und desto wei –
sser erscheint es auf dem Bildschirm. Was –
ser andererseits ist die am schwächsten re –
flektierende Struktur, es wird von den
Strahlen durchdrungen und erscheint somit
schwarz.
Je nach Intensität des Echos bezeichnet man
das Sonogramm als anechogen (Struktur
ohne reflektierten Schall), hypoechogen (Ge –
webezone mit verminderter Echohelligkeit gegenüber benachbarten Zonen) und hyper
–
echogen (Gewebezone mit erhöhter Echohel –
ligkeit gegenüber benachbarten Zonen).
Die Sonde ist ein wesentliches Element der
MSU-Ausrüstung. Sie ist für die Erzeugung
des US-Strahlenbündels und das Erfassen des
Echos verantwortlich. Es sind derzeit im für
Muskel-Skelett-Untersuchungen benutzten
Frequenzbereich zahlreiche lineare Schall –
wandler in verschiedenen Grössen erhältlich
( g r os se > 4 0 mm , mit tler e < 4 0 mm und kleine
in Eishockeystockform). Die Wahl des Schall -
wandlers hängt im Wesentlichen von der ge -
wünschten Frequenz ab (multifrequent, hoch -
frequent, tieffrequent usw.); hochfrequente
Sonden (z. B. 10–18 MHz) werden zur Darstel -
lung oberflächlicher Strukturen und tieffre -
quente (z. B. 5–10 MHz) für tiefergelegene
Gewebe benutzt.
Neue Ultraschalltechniken, inbegriffen der
Power Doppler (PD) liefern farbige Bilder. Die
Far bintensit ät häng t vom B lut flus s ab, was b ei
der Beurteilung von Blutgefässen wie auch
des Entzündungsgrades von Weichteilen hilf -
reich sein kann
5).
Der MSU ermöglicht die Darstellung von
Muskel-Skelettstrukturen: Muskeln, Faszien,
Sehnen, Bänder, Gelenkkapseln und Knochen -
oberflächen. Er erlaubt ebenfalls die Lo -
kalisation des Punktionsortes und eine Schät -
zung der Flüssigkeitsviskosität, was die Wahl
der Aspirationsnadel erleichtert. In der Kin -
derrheumatologie ist der MSU schliesslich bei
der lokalen Infiltrationsbehandlung mit Stero -
iden von Gelenken, Gelenkkapseln und Seh -
nen von grossem Nutzen. Der Ultraschall er -
Beitrag des Gelenkultraschalls
in der Rheumatologie
Federica Vanoni 1), Bellinzona Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
1) Pädiatrische Rheumatologie, Ospedale regionale di
Bellinzona, Bellinzona.
Unité Romande de Rhumatologie Pédiatrique,
Départements de Pédiatrie, CHUV, Lausanne et
HUG, Genève.
Vorteile Einschränkungen
1. Keine ionisierende Strahlen
1. Von Untersucher abhängig
2. Nicht invasiv, gut toleriert 2. Gewisse Gelenke sind unerreichbar
3. Geringe Kosten 3. Kleines Gesichtsfeld
4. Erfordert keine Sedierung 4. Akustischer Schatten des darunterliegenden
Knochens
5. Reproduzierbarkeit 5. Fehlen einer Definition der üblichen
sonographischen Veränderungen bei
Kindern mit JIA
6. Möglichkeit mehrere Gelenke in einem
Untersuchungsgang schallen zu können 6. Verminderte Gelenkbeweglichkeit bei
Schmerzen
7. Führung bei Infiltrationen
8. Entzündliche Veränderung können ebenso wie strukturelle nachgewiesen werden
Tabelle 1: Vorteile und Einschränkungen des MSU in der Kinderrheumatologie.
1Prof. ffRTof.ff.abi
1Prof. RTab
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bei allen entzündlichen Arthritiden, zu bedeut-
samen Veränderungen der Synovialmembran
in Form einer Verdickung und Hypervaskula -
risierung.
Im Ultraschall erleichtert das Vorhandensein
eines, anechogenen, Gelenkergusses das
Sicht barmachen der Synoviaverdickung. Der
Erguss ist ein wertvoller Indikator für eine ak -
ti ve G elenkkr ankheit und der MSU kann b er eit s
sehr geringe Flüssigkeitsmengen erfassen. In
der Pädiatrie besteht die Hauptschwierigkeit
im Vorhandensein von ebenfalls anechogenem
Wachstumsknorpel, der irrtümlicherweise als
Erguss interpretiert werden kann.
In Abwesenheit eines Gelenkergusses kann
die Synovitis durch das Vorhandensein einer abnorm verdickten hypoechogenen Zone dia
-
gnostiziert werden. Der MSU kann eine Syn -
ovitis feststellen, die klinisch nicht erfasst
wurde
5). Trotzdem gründet die derzeitige
Klas sifizierung der JIA, die in erster Linie die
Anzahl befallener Gelenke berücksichtig, auf
klinischen Kriterien; die Bedeutung der sub -
klinischen Synovitis bleibt derzeit umstritten.
Bei Kindern mit JIA stellt der MSU ein sensib -
les Instrument zum Nachweis von Verände -
rungen des Gelenkknorpels dar
6). D er üblicher-
weise als anechogene Struktur betrachtete
Gelenkknorpel kann direkt als glatter Überzug
der Knochenflächen sichtbar gemacht wer -
den. In den Frühstadien der JIA erscheint das
Knorpelödem als Verdickung des Gelenkknor -
pels. Die chronische Entzündung führt zur
Schädigung und Verdünnung und schliesslich
Zerstörung des Gelenkknorpels.
Der Knochen wird in der klinischen Praxis
beim Einsatz des MSU oft als Hindernis be -
trachtet. Andererseits ist die Beurteilung von
Knochenerosionen bei rheumatologischen
Erkrankungen Teil der MSU. Die Knochen -
erosionen erscheinen als Unterbrechung der
hyperechogenen, dem Knochencortex ent -
sprechenden Linie. Bei rheumatoiden Erkran -
kungen sieht man üblicherweise marginale
Erosionen, als Defekte der Knochenkonturen
im Bereiche der Gelenkknorpel.
Die Beurteilung von Knochenerosionen am
wachsenden Skelett ist schwierig und Unre -
gelmässigkeiten von kürzlich verknöchertem
Knochen können irrtümlicherweise als Erosi -
onen betrachtet werden
2). Da Studien zur
nor malen sonographischen Anatomie des
kindlichen Knochens fehlen, kann der MSU
zur Über- oder Unterbewertung struktureller
Läsionen führen; es handelt sich dabei um die
derzeit wichtigste Einschränkung dieser Me -
thode.
Synovitis und Enthesitis (Entzündung von
Sehnen- oder Bänderansatzstellen am Kno -
chen) sind die hauptsächlichste Entzündungs -
form bei Patienten mit juveniler Spondylar -
thropathie. Die Enthesitis zeigt sich meist an
den Ansatzstellen der Achillessehne, der fa -
scia plantaris und der Kniescheiben- und
Quadricepssehnen. Der MSU kann zum Nach -
weis der verschiedenen Enthesitisformen
sowie des Verlustes der normalen Echostruk -
tur und fibrillären Gefüges der Sehnen hilf -
reich sein.
laubt eine genaue Steuerung und Platzierung
der Nadel, insbesondere bei Infiltrationen von
Sehnenscheiden.
Die idiopathische juvenile Arthritis ist der
wichtigste kinderrheumatologische Anwen
-
dungsbereich des MSU.
MSU und juvenile idiopathische
Arthritis
D er MSU er weist sich als wer t voll b ei der Dia -
gnosestellung der JIA sowie für die Beurtei -
lung von Krankheitsverlauf und Therapieer -
folg
3). Die Technik ist sehr sensibel beim
Nachweis einer Synovitis, eines Gelenkergus -
ses sowie bei Verdünnung und Erosionen des
Gelenkknorpels
4). Bei der JIA kommt es, wie
Figure 1: Bourse supra-patellaire: épanchement (a) et hypertrophie synoviale (b)
Figure 2: Cheville: ténosynovite des tendons péroniers (a), malléole latérale (b)
1Prof. ffRTof.ff.abi
1Prof. RTab
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Schlussfolgerung
Der MSU ist nicht invasiv und kann ohne Ver-
zug eingesetzt werden, er ist deshalb zur Ab -
klärung einer rheumatischen Erkrankung bei
Kindern jeden Alters geeignet. Diese Technik
wird auch mehr und mehr, in Ergänzung zur
klinischen Untersuchung, zur Beurteilung von
Krankheitsaktivität und Therapieerfolg einge -
setzt und ist deshalb zu einem wichtigen Ins -
trument bei der Planung der Betreuung dieser
Patienten geworden.
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Korrespondenzadresse
PD Dr. Michaël Hofer
Unité d’immuno -allergologie et rhumatologie
Unité romande de rhumatologie pédiatrique
Service de Pédiatrie,
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois
( C H U V - B H11 )
CH-1011 Lausanne
Michael.hofer@chuv.ch
Die Autoren haben keine finzanzielle Unter -
stützung und keine anderen Interessenkon -
flikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag
deklariert.
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1Prof. RTab
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Federica Vanoni , EOC Bellinzona Andreas Nydegger