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Asthma und Belastung

Respiratorische Symptome sind bei körperlicher Aktivität häufig, bei Elitesportlern ebenso wie bei Freizeitsportlern. Beschrieben werden vor allem Atemnot bei Belastung, Husten, Thoraxschmerzen oder Giemen.

Einführung

Respiratorische Symptome sind bei körperlicher Aktivität häufig, bei Elitesportlern ebenso wie bei Freizeitsportlern1,2). Beschrieben werden vor allem Atemnot bei Belastung, Husten, Thoraxschmerzen oder Giemen. Diese Symptome können nicht nur die Gesundheit des Kindes/Jugendlichen negativ beeinflussen, sondern auch seine Freude an körperlicher Betätigung und am Training, sowie auch seine sportlichen Leistungen beeinträchtigen.

Es ist nicht selten, dass die Diagnose Asthma oder bronchiale Hyperreagibilität bei Belastung einzig aufgrund der Symptome gestellt und ein Bronchodilatator oder eine entzündungshemmende Behandlung verschrieben wird, ohne vorangehende objektive Dokumentation. Die Evidenz zeigt jedoch, dass es keine gute Korrelation gibt zwischen der Diagnose Anstrengungsasthma basierend auf Symptomen und der Bestätigung durch Lungenfunktionstests  und Provokationstests1-3), wodurch   junge Sportler dem Risiko einer unangemessenen Diagnose oder ineffektiven  Behandlung aussetzt werden.

Die Prävalenz des anstrengungsinduzierten Asthmas beträgt in der Allgemeinbevölkerung 8 bis 10% und die Mehrzahl der Asthmapatienten, insbesondere Athleten, erwähnen Asthmasymptome bei Belastung4,5). Der Mechanismus des anstrengungsinduzierten Asthma (AIA) und der belastungsinduzierten Bronchokonstriktion (BIB) ist gut beschrieben und die Differentialdiagnosen werden immer besser erkannt. Ziel dieses Artikels ist es, auf die Mechanismen der AIA/BIB einzugehen, die sinnvollen Untersuchungen zu beschreiben und damit zu helfen, die wichtigsten Differentialdiagnosen zu erkennen, um so eine angemessene Behandlung verschreiben zu können.

Mechanismen belastungsbedingten Asthmas/Bronchokonstriktion

Die belastungsinduzierte Bronchokonstriktion (BIB) wird durch das isolierte Auftreten eines Bronchospasmus nach einer Anstrengung definiert, während das anstrenungsinduzierte Asthma (AIA) bei Personen auftritt, die zusätzlich chronische Asthmasymptome aufweisen6-8). Der Mechanismus ist für beide Entitäten beinahe identisch und beruht auf einem Verlust von Wärme aber vor allem von Wasserdampf an der Oberfläche des Atemepithels, bedingt durch die erhöhte Ventilation während einer körperlichen Aktivität. Der relative Wasserverlust des Lungenepithels erzeugt einen osmotischen intrazellulären Gradienten, was wiederum zum Freisetzen der für die Bronchokonstriktion verantwortlichen Entzündungsmediatoren führt. Bei Hochleistungssportlern, die Ausdauersportarten wie Schwimmen oder Langlauf betreiben, können Epithelschäden aufgrund von mechanischem Stress und Mikrotraumata auftreten, die durch Hyperpnoe bei wiederholtem intensiven Training hervorgerufen werden.

Sinnvolle diagnostische Untersuchungen

Durch die Spirometrie (Tab. 1) kann ein obstruktives Syndrom dokumentiert werden (FEV1 oder FEV1/FCV <80% des prädiktiven Wertes und/oder < Solluntergrenze, «lower limit of normal» [LLN]), und durch eine relevante Reaktion auf Bronchodilatatoren eine variable Bronchialobstruktion (Zunahme des FEV1 ≥ 12% und/oder ≥ 200 ml nach Inhalation von 400 mcg Salbutamol)9) aufgedeckt werden.

Tabelle 1. Diagnostische Abklärungen und Positivitätskriterien zur Dokumentation von BA/BB.

Die Messung des ausgeatmeten Stickstoffmonoxids gibt Aufschluss, sofern verfügbar, über das Vorliegen einer eosinophilen Entzündung der Atemwege, ebenso wie  Allergietests dabei helfen einen möglichen atopischen Hintergrund zu erkennen.

Der Belastungstest, das heisst 6 bis 8 Minuten intensive Anstrengung (HF >85-90% max. HF) auf einem Laufband oder Fahrrad, ist ein indirekter Bronchospasmus-Test mit guter Spezifizität für AIA/BIB, jedoch weniger guter Sensitivität, insbesondere bei Spitzensportlern. Er wird als positiv betrachtet, wenn das FEV1 bei zwei aufeinanderfolgenden Messungen nach der Belastung um mindestens 10% abnimmt10,11). Beim Belastungstest kann ebenfalls die körperliche Verfassung, die motorische Koordination und das Atemmuster beobachtet werden. Auch der eukapnische Hyperventilationstest (EVH), ein ebenfalls indirekter Test, kann insbesondere bei Athleten die Sensitivität der Diagnose von
AIA/BIB verbessern, unter Wahrung einer guten Spezifizität10,12). Die Kriterien für einen positiven Befund sind dieselben wie beim Belastungstest. Der direkte Methacholin-Bronchoprovokationstest wirkt unabhängig vom Vorhandensein von Entzündungszellen auf die glatte Bronchialmuskulatur, hat eine weniger gute Spezifizität, jedoch einen hohen negativen prädiktiven Wert. Die Interpretation beruht auf dem Abfall von FEV1 um 20% bei einer vorgegebenen Methacholinkonzentration. Der Test kann ebenfalls zum Ausschluss von AIA/BIB benutzt werden11,13). Diese Tests müssen unter definierten Bedingungen durchgeführt werden, insbesondere sollen vorgängig keine Medikamente eingenommen und keine körperliche Aktivität ausgeübt werden11).

Wichtigste Differentialdiagnosen

Induzierbare laryngeale Obstruktionen (ILO)

Die belastungsinduzierte laryngeale Obstruktion befasst sich mit einer Gruppe mehrerer Phänomene, die sich aus der Obstruktion des supraglottischen oder glottischen Bereichs während einer Anstrengung ergeben. Die ILO kommt bei 5-10% der Jugendlichen vor, häufiger bei Mädchen. Die Symptome können einem Asthma ähnlich sein, obwohl sie bei maximaler Intensität inspiratorisch, mit einem Engegefühl im Hals auftreten und damit auf die Diagnose hinweisen14-16). Die Darstellung der dynamischen laryngealen Obstruktion durch direkte Videolaryngoskopie während einer Belastung kann die Diagnose bestätigen. Die ILO kann auch durch das Abflachen der inspiratorischen Kurve und die Abnahme des Verhältnisses MIF50/MEF50 vermutet werden. Es soll daran erinnert werden, dass in 9-14%, bei Athleten sogar bis 50%17,18) der Fälle ILO und AIA/BIB gleichzeitig bestehen, was die Betreuung komplex gestaltet. Bei der ILO besteht sie in der richtigen Zuordnung des Problems, Beruhigung bezüglich dessen Harmlosigkeit und Verbesserung der Atemtechnik, insbesondere des Atemflusses (Physiotherapie, Logopädie).

Dysfunktionelle Atmung

Es handelt sich um Veränderungen der Atmung (Gähnen, Hyperventilation, Seufzen, …), ohne zugrunde liegende Störung der Lungenfunktion, die multiple respiratorische und extrapulmonale Symptome verursachen19-21). Bei Kindern ist sie selten, sie  kann gleichzeitig mit einem Asthma auftreten, wobei sie dann umgekehrt proportional zur Kontrolle der Asthmas ist.

Ebenfalls eingeschlossen sind Situationen, in denen die funktionellen Grenzen erreicht werden, sowohl bei untertrainierten Personen (Bewegungsmangel, Folge von Verletzung, Krankheit, Übergewicht), als auch bei übertrainierten Personen, wie ein Spitzensportler, der auf hohem Niveau trainiert und dabei an seine physiologischen Grenzen stößt. Der kardiopulmonale Belastungstest ist die Untersuchung der Wahl zur Diagnose und Ausschluss einer ernsthaften kardiopulmonalen Krankheit19,22).

Behandlung von belastungsinduziertem Asthma/Bronchokonstriktion

Behandlung und Prävention von AIA/BIB gehören zu den Hauptzielen der allgemeinen Betreuung von Asthmapatienten, gemäss den internationalen23) oder nationalen (Veröffentlichung im Gange) Empfehlungen. Beim Jugendlichen >12 Jahre oder Erwachsenen werden schnelle und kurz wirksame Bronchodilatatoren alleine nicht mehr empfohlen23). In der Tat kann die wiederholte Verwendung von kurz wirksamen Bronchodilatatoren zu einer Verringerung ihrer Wirksamkeit führen, einschließlich der Prävention von AIA /BIB. Deshalb wird bei Patienten, die häufiger als 2mal monatlich Symptome haben, die tägliche Inhalation von topischen Steroiden empfohlen, um die Entzündung und bronchiale Hyperreagibilität zu verbessern und eine gute Asthmakontrolle zu erreichen. Erweist sich die Basistherapie als ungenügend, kann sie durch Salbutamol 10-15 Minuten vor einer Aktivität ergänzt werden8). Als Alternative kommen für Patienten, die diese Behandlung täglich einsetzen, inhalative Steroide kombiniert mit einem schnell und lang wirkenden Bronchodilatator (Budenosid + Formoterol) vor der Belastung oder bei Bedarf in Frage24).

Schlussfolgerung

Obwohl respiratorische Symptome bei Belastung oft angegeben werden, erlauben sie nicht, alleine die Diagnose AIA/BIB zu stellen. Es wird empfohlen, objektive Abklärungen durchzuführen (Abb. 1). Eine optimale Asthmatherapie ermöglicht es, AIA/BIB zu vermeiden und ohne Einschränkung an Freizeit- und Wettkampfsport teilzunehmen. Bei Wettkampfsportlern muss die jährlich aktualisierten Antidoping-Liste berücksichtigt werden (www.sportintegrity.ch).

Abbildung 1.

Die Autorin dankt Prof. Louis-Philippe Boulet, MD, FRCPC, Institut Universitaire de cardiologie et de pneumologie de Québec, Université Laval, Québec, Canada, für das Lektorieren und seine Kommentare.

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Weitere Informationen

Übersetzer:
Rudolf Schlaepfer
Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autorin hat keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr  Isabelle Rochat Unité de pneumologie mucoviscidose, Département Femme Mère Enfant, Chuv, Lausanne