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Akute dermatologische Erkrankungen im Kindesalter

Dermatologische Erkrankungen sind ein häufiger Grund für eine notfallmässige Konsultation von Kindern und Jugendlichen.

Einleitung

Dermatologische Erkrankungen sind ein häufiger Grund für eine notfallmässige Konsultation von Kindern und Jugendlichen. Gemäss einer Untersuchung auf der interdisziplinären Notfallstation des Universitäts-Kinderspitals Zürich wiesen an die 20 % der behandelten Kinder Hautmanifestationen auf1). Nicht immer sind die Krankheitsbilder lebensbedrohlich. Das oftmals rasche Auftreten, die unmittelbare Sichtbarkeit sowie assoziierte Symptome wie Juckreiz sind für die Kinder und Familien aber eindrücklich und führen zu Verunsicherung. Für die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt geht es nicht in jedem Fall darum, eine genaue Diagnose zu stellen, sondern rasch korrekte Therapieentscheidungen zu fällen und potentiell schwerwiegende Dermatosen zu erkennen.

„Das Kind hat einen Ausschlag und ich habe keine Ahnung, was es ist“

Dermatologische Krankheitsbilder sind äusserst zahlreich, vielgestaltig und präsentieren sich nicht selten atypisch. Es kommt daher immer wieder vor, dass Hautmanifestationen auf rein klinischer Basis nicht sicher eingeordnet werden können. Auch steht, gerade an Wochenenden und zu Randzeiten, oftmals keine unmittelbare Unterstützung durch eine Spezialistin/einen Spezialisten zur Verfügung. Viele akute Exantheme haben eine parainfektiöse Genese, erfordern lediglich supportive Massnahmen und verschwinden innert weniger Tage wieder. Die nachfolgenden Punkte helfen in der Triage von unklaren dermatologischen Manifestationen. Findet sich keines der genannten Symptome, liegt in den allermeisten Fällen keine akut-bedrohliche Hauterkrankung vor. Sind hingegen eines und insbesondere mehrere Symptome vorliegend, ist eine potentiell gefährliche Dermatose möglich, respektive wahrscheinlich, was eine genauere diagnostische Einordnung zwingend macht. In solchen Situationen sind oft auch weitere Abklärungen wie Laboruntersuchungen, Hautabstriche, allenfalls Hautbiopsien und ein Einbezug einer Spezialistin/eines Spezialisten erforderlich.

  • Reduzierter Allgemeinzustand
  • Vesikel- oder Blasenbildung. Diese können im Rahmen von schweren Arzneimittelreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse), autoimmunbullösen Dermatosen, Hautinfektionen (Staphylococcal Scalded Skin Syndrom, Varizellen, Herpes etc.) und anderen Erkrankungen gesehen werden. Grosse Hautablösungen sind per se problematisch, da sie schmerzhaft sind, zu Volumenverlust führen und als Eintrittspforte für Infektionen dienen können.
  • Ein Einbezug der Schleimhäute wird oft im Rahmen von problematischen bullösen Erkrankungen gesehen, kann aber auch isoliert auftreten. Zudem treten Enantheme nicht selten bei schweren Infekten wie beispielsweise den Masern auf. Ausgeprägte Schleimhautaffektionen interferieren mit der Nahrungsaufnahme; insbesondere im Bereich der Augen besteht zudem das Risiko für Residuen.
  • Wenn auch viele Exantheme vor allem an den unteren Extremitäten eine gewisse purpuriforme Komponente aufweisen, ist diese immer als Alarmsymptom zu betrachten, insbesondere im Zusammenhang mit Fieber. Hier ist stets ein Ausschluss einer Meningokokkensepsis oder sonstigen schweren Infektion im Sinne einer Purpura fulminans erforderlich. Daneben kann die Purpura Ausdruck verschiedener Formen der Vaskulitis und hämatologischer Erkrankungen sein.
  • Gesichtsschwellungen können hinweisend sein auf höhergradige Arzneimittelreaktionen wie ein DRESS (drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms). Angioödeme werden zudem bei verschiedenen Formen der akuten Urtikaria sowie bei anaphylaktischen Reaktionen beobachtet.
  • Ausgedehnte Pusteln. Oft werden ausgedehnte pustulöse Erkrankungen von Fieber und AZ-Verschlechterung begleitet. Differentialdiagnostisch ist nebst infektiösen Erkrankungen insbesondere an die AGEP (akute exanthematische Pustulose, als Arzneimittelreaktion oder auch parainfektiös) sowie an die pustulöse Psoriasis zu denken. Selten können auch autoinflammatorische Syndrome sterile Pusteln aufweisen.

In der Folge werden nun drei Patientenbeispiele, wie wir sie regelmässig auf unserer Notfallstation antreffen, geschildert und diskutiert.

Fall 1: Akutes Exanthem mit purpurischer Komponente – akutes hämorrhagisches Ödem?

Fallbeschreibung
Ein 2-jähriger Junge präsentierte sich mit einem akut aufgetretenen Exanthem, begleitet von Weichteilschwellungen im Bereich der Hände und Füsse, welche mit einer Gehverweigerung einhergingen (Abb. 1). Er präsentierte sich mit subfebrilen Temperaturen und gutem Allgemeinzustand, an der Haut waren ausgedehnte, teils gyrierte, polyzyklische Makulae und Quaddeln nachweisbar, oftmals zentral mit einer purpurischen Komponente. Der aktuellen Episode war ein unspezifischer, viraler Atemwegsinfekt vorausgegangen.

Beurteilung
Diese klinische Präsentation ist sehr typisch für die Urticaria multiforme, oder auch akute anuläre Urtikaria. Es handelt sich dabei um eine Spielform der akuten Urtikaria, welche charakteristischerweise bei jungen Kindern von 4 Monaten bis 4 Jahren gesehen wird2)3). Sie ist mit der klassischen akuten Urtikaria eng verwandt. Wie diese, tritt sie üblicherweise im Rahmen von Infekten auf und ist durch flüchtige Effloreszenzen mit einer Persistenz von < 24 Stunden gekennzeichnet. Die Ursache und Pathogenese der ekchymotischen Komponente ist unklar. Oftmals bestehen zielscheiben-artige Manifestationen, die an das Vorliegen eines Erythema multiforme erinnern, was sich im Namen der Erkrankung widerspiegelt. Die peripheren Ödeme können eindrücklich sein und mit dem Vorliegen einer Arthritis verwechselt werden. Eine solche wäre für die Urticaria multiforme jedoch atypisch und liesse an andere Differentialdiagnosen denken.

In der klassischen Präsentation sind keine weiteren Abklärungen erforderlich. Sofern Laboruntersuchungen veranlasst werden, zeigen sich oft leicht erhöhte Entzündungsparameter.

Analog zur klassischen Urtikaria besteht die Therapie in der Verabreichung von oralen, nicht-sedierenden Antihistaminika, worauf die Hautmanifestationen gut ansprechen. Für ausgeprägte Formen kann ein kurzer oraler Steroidstoss über 3 – 5 Tage hilfreich sein (Prednisolon 0.5-1mg/kg/Tag). Üblicherweise ist das Krankheitsbild innert 5 – 10 Tagen regredient, Rezidive oder ein Übergang in eine chronische Urtikaria stellen die Ausnahme dar2).

Differentialdiagnostische Überlegungen
Oft wird die Urticaria multiforme mit dem akuten hämorrhagischen Ödem des Kleinkindesalters (acute hemorrhagic edema of infancy, AHEI) oder der damit verwandten Purpura Schönlein-Henoch (PSH) verwechselt. Letztere kann klinisch einfach abgegrenzt werden, da sie üblicherweise bei vergleichsweise älteren Patienten (> 2 – 3 Jahre) auftritt und durch das Vorliegen einer palpablen Purpura im Bereich der unteren Extremitäten, begleitet von Arthritiden, gastrointestinalen und nephrologischen Symptomen, gekennzeichnet ist (Abb. 2). Die Abgrenzung des AHEI kann schwieriger sein, wobei hier fixierte, medaillon-artige, hämorrhagische Plaques im Gesicht und an den Extremitäten, assoziiert mit ausgeprägten Ödemen, vorliegen. Eine wandernde, urtikarielle Komponente wird hingegen nicht gesehen (Abb. 3) 4). Es handelt sich ebenfalls um ein meist parainfektiöses Geschehen mit exzellenter Prognose.

Wenn ein Kind mit „typischer“ Urticaria multiforme febrile Temperaturen, einen reduzierten Allgemeinzustand, Lymphadenopathien und deutliche Arthralgien/Arthritis aufweist, ist an eine serum sickness-like reaction (SSLR) zu denken, insbesondere wenn den Manifestationen eine Medikamenteneinnahme vorausging. Die SSLR stellt eine verzögerte Medikamentenreaktion dar, welche nach verschiedensten Medikamenten (v.a. Antibiotika, NSAR, selten Impfungen u.a.) auftritt und durch die genannten Symptome gekennzeichnet ist2)3)5). Fast immer besteht ein ausgedehntes Exanthem, welches urtikariell mit hämorrhagischer Komponente, daneben auch unspezifisch morbilliform sein kann. Wichtigste Massnahme ist ein Stopp des verursachenden Medikaments. Zudem werden üblicherweise systemische Steroide für 2 Wochen eingesetzt, worunter eine Abheilung ohne negative Folgen zu erwarten ist.

Trotz des ähnlichen Namens ist das Erythema multiforme (EM) meist leicht von der Urticaria multiforme zu unterscheiden. Das EM weist die klassischen drei-zonigen Zielscheibenläsionen (target lesions) auf, welche in akral betonter Verteilung auftreten, palpabel und fixiert sind (Abb. 4) 6). Nicht selten besteht zentral eine Kruste oder Blase, zudem kann eine Mitbeteiligung der Schleimhäute vorliegen, was bei Urticaria multiforme nie gesehen wird. Das klassische EM ist mit Herpes simplex assoziiert. Milde Verläufe können mit topischen, stärkere Schübe kurzzeitig mit systemischen Steroiden behandelt werden. Bei rezidivierenden Verläufen ist eine Prophylaxe mit antiviralen Medikamenten (Valaciclovir) sehr effektiv.

Zu guter Letzt sollte bei Kindern mit urtikariellen Hautmanifestationen und ausgeprägter systemischer Inflammation an die seltenen autoinflammatorischen Syndrome wie die Kryopyrinopathien oder auch die systemische juvenile idiopathische Arthritis gedacht werden7)8).

Abbildung 1
Urticaria multiforme. Ausgedehnte, teils targetoide, urtikarielle Plaques, oftmals mit zentraler, ekchymotischer Komponente. Deutliche palmoplantare Ödeme.
Abbildung 2
Purpura Schönlein-Henoch. Palpable Purpura im Bereich der unteren Extremitäten, wie sie typisch ist für die Gruppe der Kleingefässvaskulitiden.
Abbildung 3
Akutes hämorrhagisches Ödem des Kleinkindesalters. Typische, purpuriforme, nicht wandernde Plaques im Gesicht und an den Extremitäten, begleitet von Ödemen.
Abbildung 4
Erythema multiforme. Charakteristische, klassische Target-Läsionen.

Fall 2. Therapierefraktäre Herpes-Stomatitis?

Fallbeschreibung
Ein bis anhin gesunder, 8-jähriger Junge stellte sich aufgrund zunehmend schmerzhafter, offener Stellen im Bereich der Mundschleimhaut und Krusten an den Lippen vor (Abb. 5). In Annahme einer herpetischen Gingivostomatitis war einige Tage zuvor eine Behandlung mit Valaciclovir begonnen worden. Der Patient klagte zudem über vorausgehendes Fieber, Husten und seit 2 Tagen nun auch brennende Augen und Dysurie. Im Verlauf traten vereinzelte erythematöse Papeln und zielscheiben-artige (targetoide) Plaques, teils mit zentraler Vesikel- oder Krustenbildung, auf (Abb. 6).

Beurteilung
Das Vorliegen von targetoiden Läsionen und der Einbezug mehrerer Schleimhautregionen erlaubt die Diagnose einer Erkrankung aus dem Erythema multiforme majus-Spektrum. Die Kombination aus massivem Schleimhautbefall mit sehr limitierten (oder zuweilen fehlenden) Hautläsionen ist dabei typisch für Mycoplasma pneumoniae als Auslöser der Manifestationen. Auch das Auftreten bei einem männlichen Patienten im Schulalter sowie die begleitende respiratorische Symptomatik sind hinweisend. Während solche PatientInnen früher als (inkomplettes) Stevens-Johnson-Syndrom (SJS), als Erythema multiforme majus oder auch als Fuchs-Syndrom publiziert wurden, wird zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass es sich um eine eigene Krankheitsentität handelt, welche als Mykoplasmen-assoziierte Mukositis (Mycoplasma-associated rash and mucositis, MIRM) bezeichnet wird9).

Die kurzfristige Prognose der MIRM ist deutlich besser als diejenige verwandter Dermatosen mit ausgedehnterer kutaner Beteiligung (SJS, toxische epidermale Nekrolyse (TEN), s. unten). Allerdings ist die Morbidität hoch, was üblicherweise eine stationäre Behandlung erfordert. Auch treten in unserer Erfahrung in einem relevanten Teil der PatientInnen Folgekomplikationen wie Bronchiolitis obliterans oder auch ophthalmologische Probleme wie Synechien und Xerophthalmie auf.

Nebst supportiven Massnahmen profitieren von MIRM betroffene PatientInnen in frühen Krankheitsphasen von einer antibiotischen Behandlung (Clarithromycin, Doxycyclin) und einem hochdosierten Steroidstoss (3mg/kg/Tag Methylprednisolon i.v. über 3 Tage). Insbesondere der Augenbefall muss aktiv mit lokalen Steroiden, allenfalls Antibiotika und befeuchtenden Externa unter ophthalmologischer Anleitung behandelt werden, um die genannten Komplikationen zu vermeiden. Üblicherweise tritt eine vollständige Abheilung innert 10 – 14 Tagen auf, wobei Nachkontrollen über einige Monate empfohlen sind zur Erkennung allfälliger respiratorischer Probleme, welche auf eine Bronchiolitis obliterans hinweisen. Auch ein ophthalmologischer Follow-up ist bei relevanter Augenbeteiligung zwingend indiziert. Leider sind rezidivierende Verläufe keine Seltenheit.

Differentialdiagnostische Überlegungen
Die Abgrenzung der MIRM vom Stevens-Johnson-Syndrom, der TEN sowie auch dem Erythema multiforme (s. oben) ist aus ätiologischen, therapeutischen und prognostischen Gründen wichtig und aufgrund klinischer Kriterien möglich6). PatientInnen mit SJS und TEN weisen wie bei MIRM deutliche Prodromalsymptome auf. Jedoch treten zusätzlich zum frühen massiven Schleimhautbefall auch stamm- und gesichtsbetonte, dunkel-erythematöse Makulae und atypische Targetläsionen auf, die sich rasch bullös umwandeln und oftmals eine intensivmedizinische Betreuung, bei massivem Ausmass auf einer Verbrennungsstation, erforderlich machen. Ätiologisch stehen bei SJS/TEN Medikamente im Vordergrund, wenn auch gerade bei pädiatrischen PatientInnen Infektionen als Auslöser durchaus vorkommen10). Therapeutisch kommen IVIG (intravenöse Immunglobuline), Ciclosporin A oder TNF-Blocker in Frage.

Die beim Patienten vermutete herpetische Gingivostomatitis im Sinne eines Primärinfektes betrifft üblicherweise nicht die gesamte orale Schleimhaut. Meist handelt es sich um konfluierende Vesikel und Ulzerationen, welche am häufigsten die Gingiva, teils aber auch die Mundschleimhaut betreffen. Bei ausgeprägtem Befall bestehen fast ausnahmslos auch Vesikel im Gesicht, mit Betonung der Perioralregion11) (Abb. 7). Ein Einbezug anderer Schleimhautregionen kommt bei der Herpes-Primärinfektion nicht vor. Eine antivirale Behandlung der herpetischen Gingivostomatitis ist üblicherweise nicht erforderlich, kann in frühen Krankheitsphasen bei ausgeprägtem Befall aber sinnvoll sein.

Andere viralen Infektionen mit Schleimhautaffektionen wie die Hand-Fuss-Mund- und andere enterovirale Exantheme führen nicht zu grossflächigen Schleimhauterosionen und zeigen oft zusätzlich eine diagnostisch wegweisende Hautbeteiligung.  

Abbildung 5
Mykoplasmen-assoziierte Mukositis (MIRM). Massive, erosive Mukositis im Bereich der oralen Schleimhaut. Zusätzlich bestehen auch eine konjunktivale Beteiligung (nicht abgebildet) sowie vereinzelte erythematöse Plaques und targetoide Läsionen mit zentraler Erosion.
Abbildung 6
Mykoplasmen-assoziierte Mukositis (MIRM)
Einige targetoide Manifestationen auch in akraler Betonung. 
Abbildung 7
Herpetische Gingivostomatitis. Teils konfluierende Erosionen im Bereich der Mundscheimhaut sowie klassische Erosionen an der Zungenunterseite und Gingiva
(nicht abgebildet).

Fall 3: Akute Ekzemverschlechterung – Eczema herpeticatum?

Fallbeschreibung
Eine 3-jährige Patientin mit bekanntem atopischem Ekzem zeigte eine akute Verschlechterung des Hautzustandes mit Auftreten multipler Bläschen und Krusten, welche im Bereich der Extremitäten sowie im Gesicht auftraten (Abb. 8). Begleitet war der Ausschlag von leichtem Fieber sowie etwas Durchfall. Die notfalllmässige Zuweisung erfolgte mit Verdacht auf Eczema herpeticatum.

Klinisch zeigten sich ausgedehnte Papulovesikel mit Betonung der Extremitäten-Streckseiten. Daneben waren perioral einige gelblich verkrustete Papeln und Plaques nachweisbar. Die Palmae und Plantae wiesen einige kleine erythematöse Makulae sowie vereinzelte kleine Vesikel auf.

Beurteilung
Obwohl in diesem Fall differentialdiagnostisch ein Eczema herpeticatum durchaus in Betracht kommt, sprechen die symmetrischen, ausgedehnten Läsionen für eine hämatogene Verteilung des Auslösers. Der palmoplantare Einbezug mit kleinen erythematösen Makulae und einzelnen Vesikeln, sowie die streckseitenbetonte Verteilung der übrigen Läsionen sind dabei charakteristisch für ein ausgedehntes enterovirales Exanthem im Sinne einer Hand-Fuss-Mund-Erkrankung (HFMD). Letztere ist klassischerweise definiert als vesikulöses Exanthem, welches die Mundschleimhaut sowie Palmae und Plantae betrifft. Allerdings sind sehr viel ausgedehntere Verläufe in letzter Zeit weltweit berichtet und werden meist auf Coxsackie A6 zurückgeführt12)13). Allerdings kann auch Cosackie A16 als klassischer Auslöser der HFMD mit sehr ausgedehnten Hautmanifestationen einhergehen. Das Auftreten von perioralen Vesikeln und Krusten bei gleichzeitig weniger ausgeprägtem oder fehlendem Befall der Mundschleimhaut scheint aber für Coxsackie A6 charakteristisch zu sein13). Oftmals zeigt sich im Bereich von vorbestehenden ekzematösen Arealen oder auch anderen Hautläsionen wie beispielsweise einem Sonnenbrand eine Akzentuierung des Exanthems, was auch als „Eczema coxsackium“ bezeichnet wird.

Die Prognose ist insgesamt sehr günstig, eine supportive Behandlung ist ausreichend. Im Falle eines gleichzeitig bestehenden Ekzems soll dieses allerdings aktiv angegangen werden. Der infektiöse Prozess stellt in keiner Weise eine Kontraindikation für den Einsatz topischer Steroide dar.

Differentialdiagnostische Überlegungen. Wie vom Zuweiser vermutet, ist das Eczema herpeticatum die wichtigste Differentialdiagnose in dieser Situation, da es potentiell eine schwerwiegende Erkrankung darstellt. Pathogenetisch kommt es zu einer lokalen Ausbreitung des Herpesvirus auf ekzematisierter Haut. Klinisch sind einzeln stehende, wie ausgestanzt anmutende, kleine Erosionen typisch (Abb. 9). Sekundär kann im Verlauf eine Virämie mit systemischen Komplikationen wie einer Enzephalitis auftreten. Bei jedem begründeten Verdacht auf ein Eczema herpeticatum sollen daher Abstriche zum Direktnachweis des Herpesvirus erfolgen und eine antivirale Behandlung, üblicherweise intravenös, initiiert werden. Parallel soll auch hier das Ekzem aktiv mit topischen Steroiden angegangen werden14).

Das Varizella-Zoster-Virus (VZV) zeigt ebenfalls oft schwerere Verläufe im Rahmen eines atopischen Ekzems, weswegen die Impfung gleichzeitig mit MMR empfohlen ist.

Nebst einer viralen ist bei diesem Kind auch eine bakterielle Superinfektion im Sinne einer Impetiginisierung, meist bedingt zur S. aureus, seltener auch Streptokokkken der Gruppe A, zu bedenken. Üblicherweise liegen dann aber eher flächigere, seröse und/oder hämorrhagische Krusten vor (Abb. 10). Zudem ist die Palmoplantarregion nicht mitbetroffen. Bei leichter Impetiginisation sind topische Steroide in Kombination mit desinfizierenden Externa ausreichend, bei ausgeprägteren Fällen kommen orale Antibiotika, üblicherweise Amoxicillin/Clavulansäure, zum Einsatz. Eine ausschliessliche antinfektiöse Behandlung ohne gleichzeitige Behandlung der zugrundeliegenden ekzematösen Komponente ist nicht zielführend.

Abbildung 8
Eczema coxsackium. Ausgedehntes papulovesikulöses Exanthem mit Betonung der Extremitäten-Streckseiten (a), sowie vorbestehender Ekzemstellen (b). Typischer perioraler Befund, wie häufig bei Coxsackie A6 gesehen wird (c).
Abbildung 9
Eczema herpeticatum. Aggregierte Vesikel und teils ausgestanzte, oberflächliche Ulzerationen am Unterarm.
Abbildung 10
Impetiginisiertes Ekzem. Ausgedehnte, exsudative, serös verkrustete Ekzemstellen.

Referenzen

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Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Dr. med.  Martin Theiler Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.  Agnes Schwieger-Briel Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.  Nicole Knöpfel Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.  Isabelle Luchsinger Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

Dr. med.  Regula Brändli Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich

PD Dr. med.  Lisa Weibel Pädiatrische Dermatologie, Zentrum Kinderhaut, Universitäts-Kinderspital Zürich