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Wachstumskurven anpassen oder nicht?

Medienmitteilung und Empfehlungen pädiatrie schweiz

Eine Expertengruppe unter Schirmherrschaft der Fachgesellschaft pädiatrie schweiz plädiert dafür, die seit 2011 empfohlenen Standard-Wachstumskurven vorläufig weiterzuverwenden, weil sie das Kindeswohl nach wie vor gewährleisten. Neue Studienergebnisse aus der Deutschschweiz sind mit solchen aus der lateinischen Schweiz zu ergänzen.

Wann ist ein Kind seinem Alter entsprechend zu gross oder zu klein? Zu leicht, übergewichtig oder gar fettleibig? Einen Hinweis darauf geben teilweise die sogenannten Wachstumskurven, unter zusätzlicher Berücksichtigung genetischer Faktoren wie die Elterngrösse.

In der Schweiz gibt es Meinungsverschiedenheiten dazu, welche Wachstumskurven in der Pädiatrie verwendet werden sollen. Kürzlich gab das private Pädiatrisch-Endokrinologische Zentrum PEZZ aus Zürich einen Atlas mit sogenannten Referenzdaten für das Wachstum von 0- bis 20-Jährigen in der Schweiz heraus. Die Referenzwerte weichen zum Teil von jenen ab, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert und in der Schweiz zur Anwendung kommen.

Empfehlungen der Expertinnen und Experten

Die Fachgesellschaft pädiatrie schweiz hat eine Gruppe mit Expertinnen und Experten formiert, die Studie von Eiholzer et al. (2019) zu analysieren und zu prüfen, ob die Wachstumskurven in der Schweiz allenfalls anzupassen seien. An der soeben publizierten Analyse beteiligten sich Fachleute aus den Bereichen Entwicklungspädiatrie, pädiatrische Gastroenterologie, pädiatrische Endokrinologie, Adipositas, öffentliche Gesundheit sowie Schulärztinnen und -ärzte.

Wichtigste Ergebnisse dieser Analyse:

  • pädiatrie schweiz empfiehlt, die seit 2011 empfohlenen Standard-Wachstumskurven vorläufig beizubehalten.
  • Mit der Verwendung dieser Wachstumskurven können Wachstumsstörungen aller Kinder in der Schweiz durch Kinderärzte erkannt werden. Das Kindeswohl ist somit nach wie vor gewährleistet.

pädiatrie schweiz empfiehlt zudem, die Schweizer Wachstumsdaten in einer neuen umfassenden Studie zu überprüfen. Dabei sind die vorliegenden, fundierten Daten von Eiholzer et al. wie folgt zu ergänzen:

  • Einbezug von Daten aus Längsschnittstudien (d.h. Erhebung von Messdaten von gleichen Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Wachstumsverlauf).
  • Einbezug von zusätzlichen Wachstumsdaten wie z.B. Pubertätsentwicklung.
  • Einbezug von Daten aus weiteren Regionen, insbesondere auch aus der Romandie und dem Tessin, während die PEZZ-Studie vor allem auf Querschnittdaten aus den Kantonen Zürich (70%) und Luzern (30%) beruht.  
  • Einbezug von Daten aus bereits vorhandenen periodischen Schweizer Studien.

Sollte die Auswertung dieser Daten nahelegen, dass eine Anpassung der Wachstumskurven sinnvoll sein könnte, ist vor dem Entscheid detailliert zu untersuchen, welche Auswirkungen auf Diagnosen und Behandlungen sowie welche Kosten mit einer Anpassung verbunden wären – so wie das bei Anpassungen von Richtlinien im schweizerischen Gesundheitswesen üblich ist.

Standard- oder Referenzkurven?

Zudem ist ein begründeter Grundsatzentscheid zu fällen bezüglich Verwendung von Standarddaten, wie sie die WHO empfiehlt, oder Referenzdaten, wie sie Eiholzer et al. vorschlagen. Beide Arten von Wachstumskurven haben Vor- und Nachteile:

  • Beschreibende Referenz-Wachstumskurven zeigen summarisch das aktuelle Wachstum einer Bevölkerung samt ihrer allfälligen gesundheitlichen Einschränkungen. Ist beispielweise eine ganze Bevölkerung übergewichtig, so erscheint in einer beschreibenden Wachstumskurve Übergewicht als «normal».
  • «Vorschreibende» Standard-Wachstumskurven werden idealerweise von Individuen mit optimaler Gesundheit abgeleitet um einen Masstab zu setzen, dem ein Kind folgen «sollte». Abweichungen zu Standard-Wachstumskurven können Frühindikatoren von Krankheiten sein, wobei keine seriöse Wachstumsbeurteilung allein auf der Wachstumskurve beruht, sondern immer in einen grösseren klinischen Zusammenhang einzuordnen ist.

Sollten diese Auswertungen zum Schluss führen, dass die Schweizer Wachstumskurven angepasst werden sollten, so ist bei der Definition neuer Kurven unbedingt zu gewährleisten, dass diese national repräsentativ und sowohl national als auch international vergleichbar sind.

Weiterführende Stellungnahme von pädiatrie schweiz, deutsche Zusammenfassung

Wachstumskurven für eine Bevölkerung sind nicht per se «richtig» oder «falsch». Die Frage, welche Wachstumskurven national verwendet werden sollen, ist abhängig davon, welchem Zweck sie dienen. Es ist wichtig zwischen «deskriptiven» («Referenz»-) Kurven und «präskriptiven» («Standard-») Kurven zu unterscheiden. Weiterlesen

Recommendation of pädiatrie schweiz, long version

Recommendation of pädiatrie schweiz regarding the request to adapt the current Swiss growth charts based on the findings of the study of Eiholzer et al. 2019 by an expert group, convened by pädiatrie schweiz, in which the areas of developmental pediatrics, pediatric gastroenterology, pediatric endocrinology, obesity, public health and school physicians are represented, who weigh the observations resulting from the new Swiss growth data and the advantages and disadvantages of new growth curves in Switzerland. read more

Communicato stampa

È necessario – o no – adattare le curve di crescita? 
Un gruppo di esperti costituito da pediatria svizzera auspica che le curve di crescita in uso sin dal 2011 continuino ad essere utilizzate per il momento, poiché continuano a garantire l’interesse superiore del bambino. I risultati di un nuovo studio di ricerca condotto in Svizzera tedesca dovrebbero essere completati da dati provenienti dalla Svizzera romanda e la Svizzera italiana. continua a leggere

Raccomandazioni di pediatria svizzera

Le curve di crescita di una popolazione non sono in sé «giuste» o «sbagliate». La scelta di quali curve di crescita devono essere utilizzate a livello nazionale dipende dall’obiettivo al quale sono destinate. È importante distinguere tra curve «descrittive», ovvero di «riferimento», e curve «prescrittive», ovvero «standard». continua a leggere