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Jahresberichte

Jahresbericht 2022-2023

Philipp Jenny, Präsident

Zu Beginn meines Jahresrückblicks danke ich allen, die mit ihrem Einsatz geholfen haben, diesen Herbst und Winter zu überstehen. Nach der für uns im Bereich Kindernotfall ruhigen Covid19-Epidemie wurden die Notfallstationen und Praxen regelrecht überrannt. Die Kinderkliniken mussten untereinander die Belegung der Intensivstationen koordinieren, Wahleingriffe verschieben und Jugendliche auf die Erwachsenenstationen verlegen. Trotz öffentlichkeitswirksamer Warnung hat die Politik leider weiter nur Kostendämpfungspakete diskutiert und scheint nicht zu sehen, dass die medizinische Versorgung der Kinder in der Schweiz gefährdet ist.

Es spielen hier viele Faktoren eine Rolle, auf die wir leider nur zum Teil Einfluss nehmen können. Im Frühjahrsdelegiertenpool haben wir mit einer Bestandesaufnahme begonnen und werden dieses Thema lösungsorientiert weiterbearbeiten. Meines Erachtens müssen wir auch unsere Strukturen und Arbeitsweise in Praxis und Klinik überdenken.

Nichts neues beim Tardoc, die Tarifarbeit gestaltet sich weiter mühsam. Die Organisation für ambulante Arzttarife OAAT, die zukünftig den Tardoc und die Pauschalen verwalten und weiterentwickeln wird, wurde nach mühsamen Verhandlungen gegründet. Der Bundesrat hat die Genehmigung des Tardoc auf März 2024 verschoben. Als Verzögerungsgrund dienten diesmal die ambulanten Pauschalen, die auf den gleichen Stand wie der Tardoc gebracht werden sollen, damit sie gemeinsam bewilligt werden können.

pädiatrie schweiz hat dieses Frühjahr, wie auch ein Teil der Schwerpunktgesellschaften, die FMH und andere Fachgesellschaften Stellung zu den 300 erarbeiteten ambulanten Pauschalen bezogen. Neben der grundsätzlichen Bemerkung, dass die Grundversorgung nicht mit ambulanten Pauschalen abgegolten werden kann, war der Hauptstosspunkt unserer Kritik das vollständige Fehlen von Kinderversionen derjenigen Pauschalen, die für unsere Schwerpunkte in Frage kommen könnten.

Die Einführung beider Tarifsysteme kann frühestens am 1. Januar 2025 erfolgen. Falls sie im März 2024 bewilligt werden, bleiben uns nur 9 Monate Zeit für die Umstellung.

Ein Versuch der parlamentarischen Gruppe Kinder- und Jugendmedizin beim Bundesamt für Gesundheit BAG oder bei Curafutura vor 2025 Verbesserungen für die ambulante Pädiatrie und Kinderpsychiatrie/-psychologie zu erreichen, sind trotz Hinweis auf die prekäre Notfall-/Versorgung gescheitert.

In meiner Ausbildungszeit in der Pharmastadt Basel und am Anfang meiner Praxistätigkeit wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass die Versorgung mit Medikamenten in der Schweiz zum Problem wird. Neben dem «Verschwinden» von immer mehr pädiatrischen Galeniken und sogar Wirkstoffen (letztes Jahr das letzte 3. Generation Cephalosporin) und den immer wieder auftretenden Impfstoffengpässen, erlebten wir diesen Winter massenhaft Lieferengpässe diverser Medikamente in ganz Europa. Seit Jahren verhandeln wir mit der Pharmaindustrie mit mehr oder weniger Erfolg. Auch im Rahmen der parlamentarischen Gruppe Kinder- und Jugendmedizin versuchen wir auf allen Ebenen zu intervenieren. Unsere Infektiologen haben Vorschläge gemacht, welche Antibiotika als Ersatz für fehlende in Frage kommen. Gemäss Gesprächen mit Vertretern des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung BWL greifen die Massnahmen des Bundes bezüglich saisonale Medikamentenengpässe vermutlich aber noch nicht im nächsten Winter.

Während die halbe Welt auf die alles entscheidende Frühjahresoffensive in der Ukraine hofft, ist ein lang anhaltender Krieg eine realistische Möglichkeit. Mehrere Mitglieder und unsere Kinderkliniken unterstützen auf vielfache Weise die Ukraine vor Ort. In der Schweiz versuchen wir den hierhin Geflüchteten eine gute medizinische Versorgung zu bieten. Dabei dürfen wir die anderen, die wegen Krieg, Verfolgung etc. zu uns flüchten, nicht vernachlässigen.

Die Weiter- und Fortbildungsplattform «bildung pädiatrie» ist nun online. Unsere Mitglieder können kostenlos E-Learning Fortbildungen absolvieren und damit Credits erwerben, evidenzbasierte Guidelines unserer Schwerpunkte einsehen und bei den Essentials Basiswissen erlernen oder repetieren.

Obwohl national beim Thema Qualität nach dem Scheitern der Verträge nicht mehr viel passiert ist, haben wir im Herbst einen Workshop zum Thema Qualitätsstrategie durchgeführt. Unser Qualitätsdelegierter Dominique Gut kann damit die nächsten Schritte planen. Im Bereich Choosing Wisely können wir am Jahreskongress die zweie Top-5-Liste vorstellen.

Das Schweizerische Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF hat eine Revision der Weiterbildungsordnung genehmigt, mit der unter anderem die Verwaltung der Schwerpunkttitel ausgegliedert wird. In einer Sitzung mit den Schwerpunktgesellschaften wurde entschieden, die Verwaltung zukünftig pädiatrie schweiz zu übertragen und so den Zusammenhalt innerhalb der Pädiatrie weiter zu stärken. Damit fallen neue Aufgaben, aber auch Chancen an. Die Weiterbildungscurricula der Facharzt- und Schwerpunkttitel müssen zukünftig kompetenzbasiert sein und auf Entrustable Professional Activities EPAs umgestellt werden.

Der Vorstand ist am Aufbauen neuer Strukturen, um dem ständig wachsenden Aufgabenbereich gerecht zu werden und die Arbeitslast ausgeglichen zu verteilen. In einzelnen Bereichen sind ausserdem neue Arbeitsgruppen und Kommissionen geplant.

Diese Übersicht ist nur eine Auswahl aller Themen, mit denen sich der Vorstand im letzten Jahr auseinandergesetzt hat. Ich danke allen, die mich in meiner Arbeit unterstützen und sich für pädiatrie schweiz einsetzen.

Philipp Jenny, Präsident
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