Claudia Baeriswyl, Generalsekretärin pädiatrie schweiz
Im Delegiertenpool treffen sich die Vertreter:innen der regionalen Praxispädiatriegruppen und der Subspezialitäten mit dem Vorstand von pädiatrie schweiz. Der Delegiertenpool ist ein wichtiger Impulsgeber für den Vorstand und fördert die direkte Kommunikation zwischen den einzelnen Gruppierungen.
Am 16. September 2021 haben sich die Delegierten nach einem längeren pandemiebedingten Unterbruch zum ersten Mal wieder getroffen. Mit zwei eingeladenen Gästen haben die 25 Teilnehmenden die wichtigen und interessanten Themen rege diskutiert.
Ärztliche Fortbildung in der Schweiz – Standortbestimmung und Perspektiven
Das Schweizerische Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF hat sich im Rahmen der Plattform «Zukunft ärztliche Bildung» Gedanken zur Weiterentwicklung der Fortbildung gemacht und ist mit verschiedenen Fragen an die Fachgesellschaften gelangt. Angesichts der Wichtigkeit solcher Fragen hat sich der Vorstand entschieden, Raphael Stolz, Vizepräsident und Leiter Ressort Fortbildung SIWF, einzuladen und die Fragen in einem breiteren Rahmen zu diskutieren.
Dem SIWF ist es wichtig, die Meinung der Fachgesellschaften und der Fortbildungspflichtigen abzuholen und Raphael Stolz freut sich daher sehr, über den direkten Austausch. Er geht auf die folgenden Punkte ein:
- Juristische Grundlage der ärztlichen Fortbildung
- Fortbildungsdiplom: notwendig?
- Fortbildungsstrategie
- Self-Assesments
Die ärztliche Fortbildung wird in der Schweiz durch das Medizinalberufegesetz, die Fortbildungsordnung des SIWF und das Fortbildungsprogramm der Fachgesellschaften geregelt. Alle in der Schweiz berufstätigen Titelträger:innen sind zur Fortbildung verpflichtet. Kontrollorgan und damit zuständig für Sanktionen sind die kantonalen Aufsichtsbehörden. Auf die entsprechende Frage sagt Raphael Stolz, dass die sanktionierenden Massnahmen nicht bis zum Titelentzug reichen. Der Grad der Eigenverantwortlichkeit ist relativ hoch.
Die ärztliche Fortbildung gerät bei Behörden und Versicherern immer mehr unter Beschuss. Es sind Tendenzen zur vermehrten Steuerung durch das BAG spürbar. Auch die Ideen der Politik sind klar: Examen, Rezertifizierungen, Sanktionen bis hin zum Entzug der Zulassung. Die Versicherer ihrerseits haben die Idee, die Fortbildung könnte tarifrelevant sein.
Die Ärzteschaft ist gut beraten, sich nicht einfach zurückzulehnen und nichts zu machen. Wenn sie die Fortbildung in eigenen Händen behalten will, ist ein proaktives Vorgehen angesagt. Transparenz gegenüber Versicherern, BAG und Patient:innen ist wichtig. Braucht es ein Fortbildungsdiplom? Bei der Fortbildungsplattform geht es nicht nur um das Diplom, sondern um eine Dienstleistung des SIWF, die persönliche Fortbildung einfach und einheitlich zu registrieren.
Die Fachgesellschaften sind gebeten, sich zu überlegen, ob sie zukünftig spezifische und obligatorische Fortbildungsthemen vorgeben wollen. Wenn ja, müsste das entsprechende Angebot garantiert sein.
Der Tenor der regen Diskussion ist klar: So wenig wie möglich, so viel wie nötig und mit Eigeninitiative einen hohen Grad an Selbstbestimmung behalten. Auch dies kann noch schmerzhafte Konsequenzen haben, aber immer noch besser als ein Diktat von oben. Die Vorgabe von Fortbildungsthemen wird allgemein begrüsst, ebenso stehen die Delegierten dem Fortbildungsdiplom positiv gegenüber. Mehr Skepsis wird den Zertifizierungen (z.B. EQUAM) entgegengebracht.
Public Health Schweiz: Allianz Gesundheit und Ernährung
Josef Laimbacher, Mandatierter von pädiatrie schweiz in der Allianz Gesundheit und Ernährung führt in das zweite Thema ein. Die Allianz ist ein Zusammenschluss von 16 Organisationen mit dem Zweck, gemeinsam die Anliegen einer gesundheitsfördernden und nachhaltigen Ernährung evidenzbasiert auf politischer Ebene zu fördern und nach aussen zu vertreten. Josef Laimbacher ist in drei Arbeitsgruppen vertreten.
Arbeitsgruppe Food-Labelling (Nutri-Score)
Der Nutri-Score ist eine freiwillige Kennzeichnung auf verpackten Lebensmitteln, die es Konsument:innen ermöglicht, Produkte rasch und unkompliziert miteinander zu vergleichen und eine gesündere Wahl zu treffen. Nutri-Score wird sich im EU-Raum durchsetzen. Im Bereich des Food-Labelling wird vieles falsch verstanden, eine gute Information der Fachpersonen ist deshalb zentral.
Arbeitsgruppe Kindermarketing
Die bisherigen Versuche, die Gesetzgebung (Lebensmittelgesetz, Mediengesetze) zu beeinflussen, sind leider erfolglos geblieben. Dies mit der Begründung, dass sich der Markt selbst reguliere und eine solche Gesetzgebung die Marktfreiheit behindere. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV anerkennt die Wichtigkeit des Themas und wird in nächster Zeit aktiv werden müssen.
Arbeitsgruppe Zucker
Zucker ist ein Teil unseres Essens und steht in enger Beziehung zur Gesundheit. Da mit Zucker viele Produkte hergestellt und Geld verdient werden kann, besteht seit jeher eine Uneinigkeit zwischen Vertretern des Gesundheitswesens und der «Zuckerindustrie». Die WHO empfiehlt eine massive Zuckerreduktion.
In allen drei Themen ist der politische Prozess angelaufen. Josef Laimbacher ist entschieden der Meinung, dass sich die Fachpersonen nicht scheuen dürfen und mit ihren Anliegen an die Politik gelangen müssen. Die Delegierten unterstützen diese Haltung einstimmig.
Gesundheitsförderung Schweiz: Projekt Miapas, frühe Förderung
Gesundheitsförderung Schweiz engagiert sich für die Gesundheitsförderung in der frühen Kindheit unter anderem mit dem Vernetzungsprojekt Miapas. Gemeinsam werden nationale Empfehlungen für Fachpersonen und Eltern bzw. Erziehungsberechtigte zu den Themen ausreichende Bewegung, ausgewogene Ernährung und psychische Gesundheit in der frühen Kindheit erarbeitet und verbreitet. pädiatrie schweiz ist Mitglied von Miapas und auch dort durch Josef Laimbacher vertreten. 2020-2022 stehen im Zeichen der Verbreitung der Produkte. Josef Laimbacher stellt einige davon vor, unter anderem das geplante Webinar «Ernährung im Säuglings- und Kleinkindesalter» in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften.