Die Frage der generellen Schliessung der obligatorischen Schulen wird in den Medien intensiv diskutiert. Die wissenschaftliche Datenlage ist indessen unverändert: Kinder und Jugendliche sind keine Treiber der Pandemie. Generelle Schulschliessungen sind ein untaugliches Mittel zur Kontrolle der Pandemie, verursachen aber auf jeden Fall Kollateralschäden für Bildung und Gesundheit der jüngsten Generation.
COVID-19 in children and the role of school settings in transmission
Neue Daten bestätigen bisherige Untersuchungen, dass Kinder gleich häufig oder seltener mit SARS-CoV-2 infiziert werden, das Virus aber deutlich seltener auf andere Menschen übertragen als Erwachsene. Das gilt sowohl im häuslichen [1] wie im schulischen Umfeld [2, 3] und wird auch in der Schweiz beobachtet.
Surveillance of acute SARS-CoV-2 infections in school children
Die in Grossbritannien dominante «Variant Of Concern» (VOC) B.1.1.7, der eine 30-50% höhere Kontagiosität nachgesagt wird und die auch in der Schweiz nachgewiesen wurde, unterscheidet sich nach neuesten Contact Tracing Daten von Public Health England nicht von herkömmlichen Varianten. Kinder übertragen den Erreger deutlich seltener als Erwachsene.
Investigation of novel SARS-CoV-2What Does a More Contagious Virus Mean for Schools?
Eine am 07.01.2021 publik gemachte, aber noch nicht unabhängig begutachtete Mobilitätsstudie der ETH Zürich ordnet der Schulschliessung in der ersten Welle eine hohe Wirksamkeit zu. Die Abgrenzung zum praktisch gleichzeitig erlassenen Versammlungsverbot für mehr als 5 Personen ist aber nicht präzis möglich. Die Interpretation der Daten ist dadurch erschwert und erlaubt keine Umsetzung in den Alltag.
Monitoring the COVID-19 epidemic
with nationwide telecommunication data
Fazit: Für pädiatrie schweiz und Kinderärzte Schweiz ist weiterhin alles daran zu setzen, den Präsenzunterricht in der obligatorischen Schule aufrecht zu erhalten.
Schulschliessungen sind nicht eine «ultima ratio» im Kampf gegen SARS-CoV-2, sondern scheinen nach bisherigen Erkenntnissen unwirksam zu sein. Wir ersuchen die zuständigen Behörden, sich im Interesse der Gesundheit und Bildungsförderung von Kindern und Jugendlichen von der verfügbaren Evidenz und nicht von kurzfristigen Verunsicherungen leiten zu lassen und unterstützen die Einschätzung führender Bildungsexperten.
Referenzen
1. Madewell ZJ, Yang Y, Longini IM, Jr., Halloran ME, Dean NE. Household Transmission of SARS-CoV-2: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA network open 2020; 3(12): e2031756.
2. Macartney K, Quinn HE, Pillsbury AJ, et al. Transmission of SARS-CoV-2 in Australian educational settings: a prospective cohort study. The Lancet Child & adolescent health 2020.
3. Zimmerman KO, Akinboyo IC, Brookhart MA, et al. Incidence and Secondary Transmission of SARS-CoV-2 Infections in Schools. Pediatrics 2021.