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ADHS: Diagnostik und Behandlung

Aktuelle pädiatrische Perspektive

ADHS ist eines der häufigsten Kinder- und Jugendpsychiatrischen Störungsbilder, denen Kinder- und Jugendmediziner:innen in ihrer alltäglichen Praxis begegnen. Im Rahmen des interprofessionellen «Kinder fördern» Projekts der Universitäten Freiburg und Zürich der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW sowie dem Kantonsspital Winterthur und dem Universitäts-Kinderspital Zürich wurde noch vor der COVID-19 Pandemie eine Studie zur Diagnose und Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen in der Schweiz durchgeführt. Im Rahmen dieser durch die Stiftung Mercator finanzierten Studie, die auch von pädiatrie schweiz unterstützt wurde, nahmen insgesamt 151 Kinderärzt:innen teil, die in einer Online-Umfrage ihre Diagnose- und Behandlungspraktiken und die Herausforderungen im Umgang mit ADHS darlegten.

Die Ergebnisse zeigten, dass für die Diagnose von ADHS in der Regel drei Konsultationen mit den Familien durchgeführt wurden, davon zwei in Anwesenheit des Kindes. Von den meisten Kinderärzt:innen wurden eine medikamentöse Therapie und/oder Psychotherapie angewandt, wobei eine multimodale Therapie favorisiert wurde: mehr als 50% der Kinderärzt:innen informierten Patient:innen über ADHS sowie über Coaching-Möglichkeiten, Patientenorganisationen, medikamentöse Behandlung und ergotherapeutische Optionen. Als Herausforderungen bei der Behandlung von ADHS wurden u.a. die subjektiven diagnostischen Kriterien, mangelnde Psychotherapieoptionen aufgrund eines Fachkräftemangels und eine negative Einstellung von Eltern, Lehrpersonen und der Öffentlichkeit gegenüber ADHS angegeben. Aus Sicht der Pädiater:innen sollte man daher bei der Verfügbarkeit von Psychotherapie, Zusammenarbeit mit Lehrpersonen und Schulsozialarbeiter:innen sowie der öffentlichen Aufklärung über ADHS zur Verbesserung der Situation ansetzten. Die Studienautor:innen schlussfolgern, dass die teilnehmenden Kinderärzt:innen in der Regel eine gründliche und breite Diagnose durchführen, die den bestehenden Richtlinien entspricht, indem sie valide diagnostische Instrumente verwenden und die Eltern und das Kind in den Prozess einbeziehen.

Konkrete Empfehlungen, um die Umsetzung der Leitlinien zu verbessern, umfassen die weitergehende Förderung des Wissens über ADHS bei Kinderärzt:innen, angemessene Erstattungsmöglichkeiten für interprofessionelle Arbeit bei ADHS-Patient:innen und eine Stärkung nicht-pharmazeutischer Therapieoptionen und Unterstützung für ADHS. Bereits 2019 hatte das Autor:innenteam auf der Basis ihrer Ergebnisse Handlungsempfehlungen zum Umgang mit AD(H)S publiziert, die sich an alle richten, die bei der Betreuung von betroffenen Kindern und ihren Familien beteiligt sind. Nun haben sie die Ergebnisse auch noch in einer wissenschaftlichen Publikation einem internationalen Publikum zugänglich gemacht. Doi: 10.1186/s12887-023-03873-x.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Michael von Rhein
Universitäts-Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung
Abteilung Entwicklungspädiatrie
michael.vonrhein@kispi.uzh.ch