Die pränatale Hydronephrose wurde zum ersten Male 1975 von Garrett et al beschrieben. Seitdem haben sich zahlreiche Studien mit diesem Thema und der Bedeutung der pränatalen Sonographie zur Erfassung dieser Missbildung befasst.
Die Hydronephrose, oder Dilatation des Nierenbecken-Kelchsystems, stellt 50% der angeborenen Missbildungen dar. Sie wird bei 0.59 bis 1.4% der Föten gefunden. Die Prävalenz wird in den europäischen Ländern auf 11.5 pro 10 000 Neugeborene geschätzt.
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F o r t b i l d u n g / F o r m a t i o n c o n t i n u e Vol. 21 No. 2 2010
Einleitung
Die pränatale Hydronephrose wurde zum
ersten Male 1975 von Garrett et al 1) be-
schrieben. Seitdem haben sich zahlreiche
Studien mit diesem Thema und der Bedeu –
tung der pränatalen Sonographie zur Erfas –
sung dieser Missbildu\sng befasst.
Die Hydronephrose, oder Dilatation des
Nierenbecken-Kelchsystems, stellt 50% der
angeborenen Missbildungen dar
2). Sie wird
bei 0.59 bis 1.4% der Föten gefunden 3).
Die Prävalenz wird in den europäischen
Ländern auf 11.5 pro 10 000 Neugeborene
geschätzt
4).
Es handelt sich in den meisten Fällen um
ein gutartiges Leiden, das zur Gruppe der
bekannten Krankheiten gehört, die unter der
Bezeichnung «CAKUT: Congenital Anomalies
of the Kidney and Urinary Tract» zusammen –
gefasst werden. Sie kann jedoch in gewis –
sen Fällen zur Schädigung der Nieren und zu
arterieller Hypertonie führen. Gemäss des
Jahresberichtes 2006 der «North American
Pediatric Renal Trials and Collaborative
Studies» (NAPRTCS)
5) stellt die, durch Obst –
ruktion bedingte, Nierenbeckenerweiterung
die wichtigste Ursache einer chronischen
Niereninsuffizienz im Kindesalter dar. Ihr An –
teil wird auf 22% geschätzt. Gemäss dieses
Berichtes sind obstruktive Nierenerkran –
kungen ebenfalls für 15.9% der Nierentrans –
plantationen im Kindesalter verantwortlich.
Gemäss anderer Studien beläuft sich das
Risiko, bei Nierenbeckenerweiterung durch
obstruktive Uropathie eine arterielle Hyper-
tonie zu entwickeln auf 5 bis 10%.
Die Kenntnis dieser Missbildung und ein ge –
naues Protokoll für deren postnatale Betreu –
ung erlauben ein frühzeitiges Erkennen und
damit eine rasche, effiziente und optimale
Behandlung der Neugeborenen mit dem
Ziel, deren Harnwege und Nierenfunktion
zu erhalten.
Neonatale Hydronephrose: Empfehlungen
zur Betreuung in der Welschschweiz
H. Chehade, P. Parvex, F. Cachat, J-B Meyrat, J. Birraux, P. Frey, R. Pfister, P. Ramseyer,
M. Roth-Kleiner, S. Hanquinet-Ginter, F. Gudinchet, Y. Vial, M-H Billieux, E. Girardin
Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
Pathophysiologie de\.r Dilatation
des Nierenbecken-Kelchsystems
Es wird allgemein angenommen, dass die
beidseitige Obstruktion beim Fötus eine
schlechtere Prognose hat als die einsei –
tige, sowohl bezüglich Nierenfunktion als
auch, weil Urin den Hauptbestandteil des
Fruchtwassers darstellt. Letzteres ist für
die Lungenreifung notwendig und verhin –
dert Missbildungen durch intrauterine
Kompression (Potter-Syndrom). Obwohl
diese Pathologie häufig ist, ist der für das
Nierenversagen verantwortliche patho –
physiologische Mechanismus weiterhin
schlecht bekannt. Eindeutig wurde hinge –
gen bewiesen, dass der für die Nierenin –
suffizienz verantwortliche Mechanismus
nicht einfach auf einer Verminderung des
Urinflusses beruht. Ein komplexes Syn –
drom trägt zur Störung von glomerulärer
Hämodynamik und tubulärer Funktion
bei
8).
Dieses komplexe Syndrom ist das Resul –
tat der Wechselwirkung von vasoaktiven
und immunologischen Substanzen, die als
Antwort auf die Obstruktion aktiviert wer –
den. Es konnte eindeutig eine vermehrte
Aktivität des Renin-Angiotensinsystems,
das Vorhandensein von entzündlichen,
aus Makrophagen bestehenden Zellinfil –
traten, die Aktivierung des Tumor Necro –
sis Factor- (TNF- ), des Transforming
Growth Factor-
1 (TGF- 1) und des Nukle –
ären Faktors-kB (NF-kB)6), 9) nachgewiesen
werden. Resultat sind Vasokonstriktion,
interstitielle Fibrose und Zellapoptose.
Ursachen der Dilatation\. des
Nierenbecken-Kelchsystems
Die Ursachen der Dilatation des Nierenbe –
cken-Kelchsystems sind unten aufgeführt,
mit Häufigkeitsangaben gemäss Woodward
et al
10): Dieses oft relativ gutartige Leiden ist in der
Hälfte der Fälle transitorisch und spontan
rückläufig. Die transitorische Dilatation des
Nierenbecken-Kelchsystems beruht wahr-
scheinlich auf einer Unreife der glatten
Muskulatur und auf dem Vorhandensein von
Ureterfalten, die beim Neugeborenen den
Urinfluss behindern. Dieses Phänomen ver-
schwindet spontan im Verlaufe der ersten 6
Lebenswochen.
Neben dieser transitorischen und physio
–
logischen Dilatation des Nierenbecken-
Kelchsystems, die 60% der Fälle ausmacht,
stellen Ureterabgangstenose, vesikoure –
teraler Reflux, Megaureter und posteriore
Urethralklappen etwa einen Viertel der
Ursachen für eine Dilatation des Nierenbe –
cken-Kelchsystems dar
10), 11) .
In diesem Beitrag gehen wir auf die in der
Praxis am häufigsten angetroffenen Ursa –
chen dieser Pathologie ein.
Ureterabgangstenos\fe
Die Ureterabgangstenose ist eine Dilatation
des Nierenbecken-Kelchsystems ohne asso –
ziierte Dilatation des Ureters. Diese Missbil –
dung ist in 85–90% der Fälle einseitig, häu –
figer beim Knaben (65%) und häufiger links
anzutreffen (60%). Die Ureterabgangstenose
ist fast immer angeboren und Ursache einer
primären Hydronephrose. Sie ist selten se –
kundär und damit Ursache einer sekundären
Hydronephrose.
Ursachen primärer Hydron\sephrose:
• Abflusshindernis im Bereich der Ureter-
wand: Diese Stenosen werden als funkti –
onell bezeichnet (50–56% der Fälle). Das
Häufigkeit
Transitorische und physiolo –
gische Dilatation des N\sieren –
becken-Kelchsystems 60%
Ureterabgangstenose\s 11%
Vesikoureteraler Reflux\s 9%
Megaureter (obstruktiv oder
nicht-obstruktiv) 4%
Ureterozele 2%
Posteriore Urethral\sklappen 1%
Multizystische Nieren –
dysplasie, Nierenzys\ste,
Ureterektopie, Prune-Belly-
Syndrom, Urethralat\sresie,
Urachuszyste 13%
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MCUG (üblicherweise mittels suprapubi-
scher Punktion). Die Betreuung ist plu –
ridisziplinär; bei ausgeprägtem Hindernis
muss der Urologe unter Umständen eine
Ableitung durch Vesicostomie oder Urete –
rostomie durchführen. In den meisten Fällen
jedoch genügt das Einlegen eines transure –
thralen Blasenkatheters. Flüssigkeits- und
Elektrolytersatz kann bei sekundärer Poly-
urie nach Behebung des Abflusshindernis –
ses notwendig sein. Die Klappenresektion
erfolgt anschliessend urethrocystoskopisch.
Megaureter
Es handelt sich um eine segmentäre oder
vollständige Ureterdilatation, \s die im All –
gemeinen auf einem anatomischen oder
funktionellen Hindernis beruht, meist als
angeborene Missbildung im Bereich des dis –
talen Uretersegments. Der Megaureter kann
mit einem VUR assoziiert sein. In gewissen
Fällen ist der Megaureter Folge einer Erhö-
hung des Blasendruckes bei neurogener
Blase oder posterioren Urethralklappen.
Man spricht dann von einem sekundären
Megaureter.
Obwohl dies keine relevante funktionellen
oder therapeutischen Auswirkungen hat,
unterscheidet man klassischerweise 3 Arten
Megaureter:
Typ I: Pelviner oder ileo-pelviner Megaure –
ter, bei welchem die Dilatation einen
mehr oder weniger langen, unmit –
telbar unterhalb des Nierenbeckens
liegenden Anteil des Ureters betrifft.
Typ II: Totaler Megaureter: Der Ureter ist
über die ganze Länge erweitert, aber
ohne Schlängelung.
Typ III: Dolichomegaureter, über die ganze
Länge erweitert und geschlängelt
Die Diagnose des Megaureters wird sehr
einfach sonographisch gestellt, indem der
Ureter im oberen Becken und vor allem
hinter der Blase sichtbar ist (normalerweise
ist der Ureter sonographisch nicht sichtbar).
Ist die Diagnose Megaureter gesichert,
muss mittels MCUG ein assoziierter VUR
(es handelt sich dann um einen refluxiven
Megaureter) oder eine zugrundeliegende
Störung (posteriore Urethralklappen beim
Knaben, neurogene Blase) gesucht werden.
Der Megaureter kann sich spontan zu –
rückbilden und die Überwachung erfolgt
sonographisch. Der obstruktive Charakter
eines Megaureters kann, aufgrund des Aus –
masses der Dilatation von Nierenbecken
Hindernis ist ein unterhalb des Pyelons
gelegener Defekt der Ureterwand. Bei
der histologischen Untersuchung kann
ein abnormer Verlauf der Muskelfasern,
überschüssiges Kollagen oder eine mehr
oder weniger ausgedehnte Wandfibrose
festgestellt werden.\s
• Hindernis ausserhalb der Ureterwand (ex –
trinsische Stenose): Untere Polgefäss\se.
• Im Lumen befindliche Hindernisse (intrin –
sische Stenose): selten (segmentäre Ure –
teratresie, Klappen, Schleimhautpolypen).
Ursachen sekundärer Hydronephr\sose:
• Mechanisch (post-operativ, eingeklemm –
ter Harnstein, tumo\srbedingt u. a.)
• Entzündlich
Die Diagnose einer Urtereabgangstenose\s
wird auf Grund einer sonographischen Di –
latation des Nierenbecken-Kelchsystems
ohne Erweiterung des Ureters vermutet.
Falls nötig wird die Diagnose durch eine
Isotopennephrograph\sie bestätigt (dynami –
sche Mercaptoacetyltrigly\scin, MAG3- oder
Hippuran-Szintigraphie); die Ausscheidungs –
kurven des Markers erlauben eine Beur-
teilung des Hindernisses und der relativen
Funktion der betroffen\sen Niere.
Vesikoureteraler Reflux (VUR)
VUR bedeutet, dass der Urin durch den ure –
tero-vesikalen Übergang gegen den Strom
Richtung Niere fliesst. Die Undurchlässig –
keit des uretero-vesikalen Überganges wird
normalerweise garantiert du\srch:
➢ Die Länge des submukösen Verlaufes
und dessen Verhältnis zum Kaliber des
Ureters.
➢ Die Festigkeit der hinteren muskulären
Abstützung des Urete\srs.
➢ Die Festigkeit der Verankerung im Trigonum.
➢ Die Unversehrtheit des terminalen
Ureters
Der VUR kann primär oder sekundär sein
Ein primärer VUR ist das Resultat einer
angeborenen Missbildung des physiologi –
schen, den Reflux verhindernden Systems.
Es wird angenommen, dass dieses System
im Verlaufe des Wachstums eine Reifung
durchmacht, was die häufige Spontanhei –
lung des VUR erklärt.
Der sekundäre VUR ist Folge einer zugrunde
liegenden Krankheit (mechanisches Hinder –
nis: Urethralklappen; funktionelles Hinder-
nis: neurogene Blase, Detrusor-Sphinkter-
Dyskoordination). Die Diagnose VUR erfolgt mittels Miktions
–
zystourethrographie\s (MCUG); man unter-
scheidet 5 Schweregrade nach der Klassifi –
kation von Duckett (Abb.1):
Grad I: Nur der Ureter ist \sdargestellt.
Grad II: Ureter, Nierenbecken und Kelche
sind dargestellt, jedoch nicht er-
weitert, Fornices normal.
Grad III: Leichte bis mittelstarke Dilatati –
on und/oder Schlängelung des
Ureters, leichte bis mittelstarke
Dilatation von Nierenbecken und
Kelchen, aber keine oder nur ge –
ringe Blähung der \sFornices.
Grad IV: Mittelstarke Dilatation und Schlän –
gelung des Ureters, mittelstarke
Dilatation von Nierenbecken und
Kelchen mit kompletter Aufhebung
der scharfen Fornixwinkel, aber Er –
haltung der Papillenimpressionen \s
in der Mehrzahl der\s Kelche.
Grad V: Starke Dilatation und Schlängelung
des Ureters, starke Dilatation von
Nierenbecken und Kelchen, Papil –
lenimpressionen in der Mehrzahl
der Kelche nicht mehr sichtbar.
Posteriore Urethral\fklappen
Die posterioren Urethralklappen gehören
zu den schwersten obstruktiven Uropathi –
en. Sie stellen ein unterhalb der Blase lie –
gendes, aus kleinen, «taubennestförmigen\s»
Schleimhautfalten bestehendes Abflusshin –
dernis dar, das sich auf die gesamten Harn –
wege auswirkt und dramatische Folgen für
die Nierenfunktion haben kann.
Bei schwerer Obstruktion bemerkt man
schon bei Geburt eine übervolle Blase und
fehlende oder stossweise Miktionen; es ist
jedoch wichtig zu wissen, dass der Harn –
strahl bisweilen erhalten sein kann und
dass sich die Blase dabei durch Überlaufen
entleert. Die Behandlung der Urethralklap –
pen stellt einen neonatalen Notfall dar:
Die Diagnose muss rasch geklärt und die
Harnwege müssen durch einen Katheter
entlastet werden. Die Abklärung beim Neu –
geborenen erfolgt durch Sonographie und
Abbildung 1: Klassifikation von Duckett
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des Nierenbeckens von > 4 mm vor der 33.
SSW und von > 10 mm nach der 33. SSW als
pathologisch. Für Blachar et al
17) schliesslich
besteht eine Dilatation des Nierenbecken-
Kelchsystems wenn der anteroposteriore
Durchmesser des Nierenbeckens > 9 mm
beträgt.
In der Praxis, und gemäss unseren Empfeh –
lungen, betrachten wir das Nierenbecken-
Kelchsystem als erweitert, wenn der antero –
posteriore Durchmesser des Nierenbeckens
im 3. Trimenon sonographisch > 7 mm ist
und Kelchen sowie der Dicke des Nierenpa
–
renchyms, ebenfalls sonographisch beurteilt
werden. Die Obstruktion kann, falls nötig,
durch die dynamische Nierenszintigraphie\s
(mittels MAG3 oder Hippuran und einge –
legtem Blasenkatheter bei VUR im MCUG)
bestätigt werden.
Behandlung der Dila\.tation des
Nierenbecken-Kelchsystems:
Empfehlungen für di\.e Romandie
Die Behandlungsprotokolle können sich von
einem Land zum anderen unterscheiden,
aber alle sind sich darin einig, dass die
Betreuung regelmässig, systematisch und
effizient sein muss
12). Unser Protokoll zielt
darauf ab, eine gute Koordination zwischen
dem Geburtshelfer, der die pränatale Diag –
nose stellt, dem Neonatologen, der die Erst –
betreuung des Neugeborenen übernimmt,
dem Radiologen, der die uroradiologischen
Abklärungen durchführt und dem Neph –
rologen, der in Zusammenarbeit mit dem
Urologen den klinischen und radiologischen
Verlauf überwacht, sicherzustellen.
Unser neues Protokoll berücksichtigt einen
höheren anteroposterioren Durchmesser
des Nierenbeckens als der 2005
13) publizier –
te, sowie das Geschlecht des Kindes. Ziel
dieses neuen Protokolls ist es, einerseits
Kinder, die einer chirurgischen Behandlung
bedürfen von jenen zu unterscheiden, die
konservativ überwacht werden können und
andererseits obstruktive Pathologien, die
zu einer Niereninsuffizienz führen können,
unter Beschränkung auf die unbedingt not –
wendigen radiologischen Untersuchungen
auszuschliessen.
Unser Protokoll besteht aus 3 wesentlichen,
in der Folge beschriebenen Meilensteinen.
Wir basieren uns auf den 2 international
anerkannten Definitionen zur Klassifikation
der Dilatation des Nierenbecken-Kelchsys –
tems: Anteroposteriorer Durchmesser des
Nierenbeckens und «SFU: Society of Foetal
Urology
14)»-Klassifikation.
Etappen des Protokolls
(siehe Abbildungen 2 \fund 3)
Etappe 1: Pränatale Per\fiode
Die Fortschritte der Sonographie in der
Geburtshilfe erlauben eine frühzeitige Be –
handlung und haben damit die Prognose
der Neugeborenen mit einer Dilatation des
Nierenbecken-Kelchsystems drastisch ver-
bessert. Czarmiak et al
15) berichten in ihrer 2009 durchgeführten Studie, dass die Dila
–
tation des Nierenbecken-Kelchsystems bei
56.2% der Neugeborenen dank der pränata –
len Sonographie er\skannt wurde.
Es besteht keine einheitliche Definition der
pränatalen Dilatation des Nierenbecken-
Kelchsystems
16), 17) . Corteville et al 18) spre –
chen von einer Dilatation, wenn der antero –
posteriore Durchmesser des Nierenbeckens
im zweiten Trimenon > 4 mm und im dritten
Trimenon > 7 mm ist. John U et al
19) betrach –
tet einen anteroposterioren Durchmesser
Abbildung 2: Multid\sisziplinäre Strateg\sie der Betreuung b\sei Mädchen
Abbildung 3 : Multi\sdisziplinäre Strate\sgie der Betreuung \sbei Knaben
PRAENATALE HYDRONEPHROSE
Mädchen AP 7 mm – SFU II-IV
Ureteren sichtbar
AP < 7 mm – SFU I
Keine weiteren Massnahmen
AP = anteroposteriorer Durchmesser SFU = Klassifikation der «Society of Foetal Urology»
MCUG = Miktionscystourethrogramm NBKS = Nierenbecken-Kelchsystem US = Sonographie der Harnwege
Dynamische Szintigraphie = Szintigraphie mit Hippuran oder Mercapto acetyltriglycin (MAG 3)
Prophylaxe Amoxicillin 10mg/kg 2x/d (> 2 Mte Co-trimoxazol 2mg/kg/d)
US 1 Tag 5-10
US 2 Tag 30 US 1 oder US 2• SFU III oder IV
• oder NBKS 10 mm
• oder Dilatation des Ureters
2 US normal:
< 7 mm US 1 oder US 2:
NBKS 7 < 10 mm
oder SFU II
S TOP
P ROPHYLA xE
keine weiteren
Kontrollen US-
Kontrollen
S TOP
P ROPHYLA xE
2 normale US
< 7 mm Monate
3, 6, 12, 24
Konsilium durch Spezialisten
Uro-/Nephrologie
MCUG (VUR ausschliessen) und US
± dynamische Szintigraphie
(Obstruktion ausschliessen)
Ziel der Strategie ➛ Ausschluss:
a) Obstruktion (pyelo-ureteral oder
uretero-vesikal)
b) Reflux bei Dilatation 10 mm in
einem der postnatalen US
Cave: US vor Tag 10 = NBKS
unter
schätzt (falsch negativ)
US Screening (Nieren und Blase) wenn:
• Missbildung der Ohrmuschel
• Extremitätenmissbildung
• 2 präaurikuläre Hautanhängsel
• Syndrom
ungünstiger
Verlauf
SFU l 1) SFU ll 1) SFU lll 1) SFU lV 1)
AP = anteroposterio\srer Durchmesser SFU = Klassifikation der «Society \sof Foetal Urology»
MCUG = Miktionscystourethrogra\smm NBKS = Nierenbecken-Kelchsystem US = Sonographie de\sr Harnwege
Dynamische Szintigraphie = \sSzintigraphie mit H\sippuran oder Mercapt\soacetyltriglycin (MAG3) Konsilium durch Spezialisten
Uro-/Nephrologie
MCUG (VUR ausschliessen) und US
± dynamische Szintigraphie
(Obstruktion ausschliessen)
PRAENATALE HYDRONEPHROSE
Knaben AP
7 mm – SFU II-IV
Blase auffällig
Ureteren sichtbar
Keine weiteren Massnahmen
MCUG Tag 1-3
Posteriore Urethralklappen?
Prophylaxe Amoxicillin 10mg/kg 2x/d (> 2 Mte Co-trimoxazol 2mg/kg/d)
Ziel der Strategie \f➛ Ausschluss:
a) Posteriore Urethral\sklappen (rasch)
b) Obstruktion (pyelo-ureteral oder
uretero-vesikal)
c) Vesikoureteraler Reflux\s
Cave: US vor Tag 10 = NBKS
unterschätzt (falsch negativ)
US Screening (Nieren und Blase) wenn:
• Missbildung der Ohrmuschel
• Extremitätenmissbildung
• 2 präaurikuläre Hautanhängsel
• Syndrom
Verdacht auf Urethralklappen wenn:
SFU ll, lll, lV ± auffällige Blase
ja
ja
nein
nein US 1 Tag 1-3 Verdacht auf Urethralklappen
Mit Spezialisten Indikation zur MCUG diskutieren
US 2 Tag 10-15 Je nach Ausmass der Dilatation
US 3 Tag 30
US 2 oder US 3
• NBKS 7 mm
• oder SFU III oder IV
• oder Dilatation des Ureters
2 normale US
< 7 mm
Stop Prophylaxe
Keine weiteren Kontrollen
nein SFU l 1) SFU ll 1) SFU lll 1) SFU lV 1)
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ren Erfahrungen und der Zusammenarbeit
verschiedener Spezialisten beruht. Eine
Überarbeitung dieses Protokolls wird mit-
telfristig im Rahmen einer prospektiven
Studie stattfinden.\s
Referenzen
Siehe französischer Text.
Korresppondenzadresse
Dr Hassib Chehade
Médecin associé
Service de néphrologie\s pédiatrique
CHUV, 1011 Lausanne
Tél. +41 21 314 35 70
Fax +41 21 314 36 26
Hassib.Chehade@chuv.ch
oder SFU II, III oder IV der Klassifikation
der «Society of Foetal Urology
14)» entspricht
(Abb. 4.)
Es ist zu beachten, dass die pränatale Sono -
graphie Megaureteren ohne Dilatation des
Nierenbecken-Kelchsystems zeigen kann.
In diesen Fällen ist es wichtig, einen zugrun -
deliegenden VUR oder, beim Knaben, pos -
teriore Urethralklappen auszuschliessen.
Eine verdickte Blasenwand in der präna -
talen Sonographie ist ein Argument, beim
Knaben nach posterioren Urethralklappen
zu suchen.
Etappe 2: Frühe Neugeborenenperiode
Die Erstbetreuung erfolgt in der Neonatolo -
gie; klinisch wird nach assoziierten Missbil -
dungen gesucht, das Auftreten der ersten
Miktion und wenn möglich die Qualität
des Harnstrahls beobachtet (stossweiser
Harnstrahl spricht für das Vorhandensein
von posterioren Urethralklappen). Es wer-
den ab Geburt prophylaktisch Antibiotika
verabreicht (Amoxicillin 10 mg/kg 2x/d)
und gemäss folgendem Protokoll eine Nie -
rensonographie durchgeführt:
➢ Zwischen 5. und 10. Lebenstag beim
Mädchen.
➢ Zwischen dem 1. und 3. Lebenstag
beim Knaben (mit dem Ziel, bestmöglich
posteriore Urethralklappen zu erfassen.
Bestätigen sich diese, wird die Situation
raschestens mit dem nephrologischen
und urologischen Kinderärzteteam be -
sprochen). Etappe 3: Spätere Neugeborenenperiode
Gemäss dem festgelegten Schema werden
Kontrollsonographien\s und, wenn nötig, eine
MCUG sowie ein Konsilium durch Spezialis
-
ten durchgeführt. Die dynamische Nieren -
szintigraphie wird von Fall zu Fall diskutiert.
Chirurgischer Therapieplan: Die Behand -
lung der Dilatation des Nierenbecken-
Kelchsystems beim Neugeborenen hängt
von der zugrundeliegenden Ursache, von
der Bedeutung des Abflusshindernisses
und letztlich vor allem von dessen Auswir -
kung auf die Nierenfunktion ab. Verschie -
dene Studien haben gezeigt, dass die Nie -
renfunktion, d. h. Nierendurchblutung und
glomeruläre Filtration, über Jahre genügend
erhalten bleibt
20), 21) . Diese Beobachtung
führt in neuester Zeit zu einer vermehrt
konservativen Haltung. Wir stützen unsere
Vorgehensweise deshalb vorwiegend auf
die, ab dem Alter von einem Monat, mittels
Isotopennephrographie (dynamische Szin -
tigraphie mit Hippuran oder MAG3 Lasix)
beurteilte Nierenfunktion. Heutzutage ist
die frühzeitige chirurgische Korrektur bei
gestörter Nierenfunktion mit einem rela -
tiven Funktionsanteil unter 40% und ins -
besondere bei einer Verschlechterung der
vergleichenden Untersuchung nach 1–3
Monaten indiziert. Im gegenteiligen Fall
soll die Behandlung, wenn immer möglich,
konservativ sein.
Zusammenfassend schlagen wir ein Be -
treuungsprotokoll vor, das auf universitä-
Abbildung 4: SFU-Klassifikation 14):
Oben: Längsschnitt; unten: Querschnitt
l: Parenchym normal, Nierenb\secken dilatiert, Kelche nicht dilatiert
ll: Parenchym normal, Nierenb\secken und Kelche dilatiert, Fornices normal
lll: Parenchym vermindert, Nierenbecken und Kelche stark dilatiert, komplette Aufhebung der
scharfen Fornixwinkel, Papillenimpressionen \snicht mehr sichtbar.
lV: Parenchym stark vermindert, Nierenbecken und Kelche massiv dilatiert, Aufhebung der
Nierenbecken-Kelch-Differenzierung.
Weitere Informationen
Übersetzer:
Rudolf Schläpfer
Autoren/Autorinnen
Hassib Chehade , Unité romande de néphrologie pédiatrique, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois et Université de Lausanne