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Klinische und radiologische Untersuchung der idiopathischen Skoliose

Eine Skoliose ist eine komplexe, dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule, des Thorax und des Rumpfes. Sekundäre Skolioseformen, wie bei neuromuskulären Erkrankungen, syndromal oder kongenital bedingt, zählen ca. 20% aller Skoliosen. Rund 80% sind idiopathisch – mit bislang unbekannter Ursache. Mit 2-3 % Inzidenz ist die Adoleszente Idiopathische Skoliose (AIS) die häufigste Form und betrifft weltweit Millionen von Jugendlichen ab dem 10. Lebensjahr. Mädchen sind hierbei häufiger und mit stärkerer Ausprägung der Skoliose betroffen als Jungen, wobei sich das Verhältnis w:m von 1,4:1 bei milden Formen unter 20° Cobb-Winkel deutlich verschiebt auf w:m 7:1 in schweren Formen über 30°. Eine sichere und plausible Erklärung für diesen Unterschied in der Geschlechterverteilung konnte bisher nicht gefunden werden(1). Die genetische Ursache der meisten Skoliosen ist unbestritten, wenn auch die genauen Erbgänge noch nicht entschlüsselt sind. Das Korsett ist weiterhin das Mittel der Wahl zur konservativen Therapie mittelgradiger Skoliosen ab 20° Cobb-Winkel und zu erwartendem Restwachstum, in Kombination zur Physiotherapie. Voraussetzung für einen Therapieerfolg sind frühzeitige Diagnosestellung, Verlaufsbeobachtung und zeitgerechte Therapieeinleitung.

Klinische Untersuchung

Eine umfangreiche Anamnese inklusive Schmerzen, neurologische Symptome, Wachstumsschübe, Eintritt der Menarche, syndromale Vorerkrankungen und Familienanamnese, ist die essentielle Voraussetzung für eine klinische Untersuchung(2). Die Menarche sowie Angaben über Gewicht und Grösse helfen bei der Entscheidung, wann eine radiologische Bestimmung des Skelettalters erfolgen sollte. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass die Menarche bei Patientinnen mit AIS durchschnittlich später als in der Normalbevölkerung eintritt(3).

Die klinische Untersuchung von AIS-Patienten soll folgende Parameter umfassen:

  • Körpergröße und Gewicht
  • Inspektion des Integuments
  • Schulter- und Beckenstand
  • Rumpfüberhang frontal
  • Verschiebung der Taillendreiecke
  • Skapulastand
  • Vorbeuge/Adams-Test mit Bestimmung des Rippenbuckels und des Lendenwulstes, gemessen mit dem Skoliometer, und des Finger-Boden Abstandes
  • Neurologische Untersuchung
  • Frontales und sagittales Lot von C7 auf die Rima ani
  • Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte (HWS, BWS, LWS, ISG)

Bei der Inspektion wird die Symmetrie beachtet, Schulter- und Beckenstand, Höhe der Scapulae zueinander, Verschiebung der Lenden-/Taillendreiecke. Ein Beckenschiefstand aufgrund einer Beinlängendifferenz soll ausgeglichen werde, um eine funktionelle Skoliose zu entlarven(4).

Das Lot von C7 auf die Rima ani kann objektiv vermessen werden und dient auch in der Korsett-Behandlung oder der präoperativen Planung und der postoperativen Kontrolle als Verlaufsparameter. Eine Verschiebung des frontalen C7 Lot bedeutet meist eine deutliche Verschlechterung der Deformität, da eine Balancierung der gesamten Wirbelsäule nicht mehr möglich ist.

 Zum Hervorheben der Krümmungen hilft der Adams-Test. Hierbei wird aktiv vornüber geneigt. Die untersuchende Person betrachtet dabei von hinten die Symmetrie, wobei Rippenbuckel und Lendenwulst auffallen, was die wichtigsten klinischen Parameter sind, die auch mit dem Skoliometer relativ valide gemessen werden können. 7° entsprechen dabei in etwa 20° Kurve und ab einem Rippenbuckel oder Lendenwulst von ca. 5° sollte zur Diagnosesicherung ein Röntgenbild erfolgen(5, 6).

Die neurologische Untersuchung (mit besonderer Beachtung von Paresen, sensiblen Auffälligkeiten, Gangstörungen, Bauchhautreflexen und Cloni der Extremitäten) gehört zur Standarduntersuchung.

Bildgebung

Die Indikation zur radiologischen Diagnostik wird nach der klinischen Untersuchung gestellt. Besteht der Verdacht auf eine abklärungsbedürftige Skoliose oder Kyphose, so erfolgt als Erstdiagnostik eine Röntgenaufnahme. Insbesondere Aspekte des Strahlenschutzes, der Standardisierung der Röntgenaufnahmen und die Festlegung der Untersuchungsintervalle sind bei der radiologischen Diagnostik von Bedeutung. Protokolle mit verringerter Strahlendosis sollen präferiert werden, jedoch muss zumindest bei der Erstuntersuchung eine exakte knöcherne Beurteilung möglich sein. Nachfolgende Kontrollaufnahmen zur Beurteilung der Krümmung können mit reduzierter Strahlendosis erfolgen, wodurch die kumulative Strahlendosis signifikant gesenkt werden kann(7). Die erhöhte Inzidenz von Mamma-Karzinomen bei weiblichen Skoliose-Patientinnen ist schon länger bekannt und eine neue Literatur-Review bestätigt dies inklusive erhöhter Tumorsterblichkeit(8,9).

Wirbelsäulen-Ganzaufnahme im Stehen

Im Rahmen der Erstdiagnostik einer Skoliose soll als Röntgendiagnostik eine Ganzwirbelsäulen-Aufnahme im Stehen durchgeführt werden, separate Aufnahmen von Brust- und Lendenwirbelsäule sind zur Erstdiagnostik nicht geeignet. Eine Beinlängendifferenz kann z.B. mit der Brettchen-Methode ausgeglichen werden

Die erste durchgeführte Röntgenaufnahme sollte neben der Beurteilung des Krümmungsausmasses auch eine genaue Beurteilung der knöchernen Strukturen ermöglichen.

Die Bestimmung des Cobb-Winkels am Röntgenbild ist die Methode der Wahl zur Quantifizierung des Ausmasses einer Skoliose(10). Der Cobb-Winkel wird durch Verbindung der Verlängerung der Endplatten der jeweiligen Endwirbel (Wirbelkörper mit der stärksten Abkippung) gezeichnet. Für die Bestimmung des Schweregrades einer Deformität sind die früher vernachlässigten sagittalen Parameter ebenso relevant (Abbildung 1b)(11).

Die Röntgenaufnahme erfolgt grundsätzlich im Stehen mit durchgestreckten Knien und schulterbreit auseinander stehenden Füssen.

Zum Ausschluss eines Wirbelgleitens des lumbosakralen Übergangs sowie von Fehlbildungen einzelner Wirbel sollte zumindest die erste Röntgenaufnahme immer in 2 Ebenen erfolgen(12, 13).

Abbildung 1.
a) Röntgenbild Wirbelsäule a.p. mit thorakolumbaler Skoliose mit thorakalem Cobb-Winkel 55° (rot) rechtskonvex, lumbaler Gegenkrümmung von 30° (blau) linkskonvex und Verlagerung des Lots von C7 nach rechts (grün). E: Endwirbel, A: Apex-/Scheitelwirbel.
b) Röntgen Wirbelsäule seitlich mit normwertiges thorakaler Kyphose (rot) und lumbaler Lordose (blau) und Lot von C7 auf S1 (grün).

Funktionsaufnahmen

Funktionsaufnahmen a.p. in beide Richtungen sowie liegende Aufnahmen der ganzen Wirbelsäule a.p. sollen vor einer Korrekturoperation zur Bewertung der Flexibilität der Wirbelsäule angefertigt werden. Diese sind zur präoperativen Planung notwendig, um die Flexibilität und somit auch die OP-Technik und insbesondere die Fusionslänge bestimmen zu können. In besonderen Situationen können auch Traktionsaufnahmen der Wirbelsäule oder einzelner Abschnitte sinnvoll sein.

Abbildung 2. Röntgenbild Wirbelsäule a.p., lateral sowie rechts und links Bending im Stand. In den Bendingaufnahmen zeigt sich eine gute Flexibilität mit zu erwartender guter Korrigierbarkeit der Skoliose.

Skelettaltersbestimmung

Eine Skelettaltersbestimmung zur Beurteilung des biologischen Alters und somit Information über das individuelle Restwachstumspotential sollen erfolgen, wenn eine relevante klinische Entscheidung davon abhängig gemacht wird, z.B. die Indikation zur Korsett-Versorgung, Dauer der Korsett-Versorgung, Entwöhnung der Korsetttherapie, individuelle OP-Technik und der OP-Zeitpunkt.

Als Meilensteine der körperlichen Reifung werden heute neben Dentition, Reifungsstadien nach Tanner und Alter bei Menarche insbesondere das Wachstum und die Skelettreife gezählt. Das Skelettalter wird hierbei als das chronologische Alter definiert, in welchem die Population einen bestimmten Entwicklungszustand des knöchernen Skeletts aufweist(14). Am gebräuchlichsten ist die Beurteilung der Verknöcherung der Beckenkamm-Epiphyse. Diese ist häufig auch anhand der angefertigten Ganzwirbelsäulenaufnahme möglich und wird in 6 Stadien nach Risser (0-5) eingeteilt(15, 16). Vor der Adoleszenz ist meist die Y-Fuge im Becken noch geöffnet. Aus persönlicher Erfahrung ist um den Eintritt der Menarche das Risser Stadium 1 zu beobachten. Sodann besteht noch ein deutliches Wachstums- und insbesondere Progressionsrisiko einer Skoliose.

Weit verbreitet ist die auf Hand-Röntgenaufnahmen von 3000 britischen Kindern (Alter 0-18 Jahre) beruhende Methode von Tanner und Whitehouse, die ein Scoring-System der Knochenentwicklung für alle 20 Knochen der Hand und des Handgelenkes beinhaltet und durch den Vergleich mit einem Vergleichsatlas einen Gesamt-Score ermittelt(17). In den letzten Jahren hat sich in der Skoliosetherapie ein vereinfachtes Beurteilungsverfahren nach Sanders et al. etabliert. Dieses ist im klinischen Alltag deutlich einfacher anwendbar; es teilt die Wachstumsphasen in 8 Stadien ein(18). Beide Verfahren sind bei der Therapieentscheidung im Rahmen von wachstumslenkenden Operationen und zur Bestimmung des weiteren Wachstumspotential bei Entscheidungen pro/contra Korsett oder dem Start der Korsettentwöhnung eine gute Entscheidungshilfe.

Digitales Low-Dose-Röntgen – EOS

Neue Techniken mit geringer Strahlenexposition können als Alternative zur klassischen Ganzwirbelsäulen-Röntgenaufnahme in der Diagnostik der AIS erwogen werden. Das EOS-System hat in den letzten Jahren zunehmend Verbreitung gefunden mit einer adaptierten Röntgentechnik, die mit verringerter Strahlenbelastung in einer Aufnahme eine Beurteilung des gesamten Skeletts im Stehen ermöglicht. Somit ist die radiologische Beurteilung der Gesamtstatik von Wirbelsäule, Becken und unteren Extremitäten möglich. Im Unterschied zu herkömmlichen Röntgengeräten ermöglicht das System die Erstellung der a.p. und der seitlichen Bilder zur gleichen Zeit. Es können zudem dreidimensionale Rekonstruktionen erstellt werden. Bei der Behandlung der AIS hat insbesondere die Reduktion der Strahlenbelastung eine besondere Bedeutung, da über Jahre die repetitiven Bilder kumulativ die Strahlenexposition um das bis zu 45-fache, in Abhängigkeit des verwendeten Untersuchungsprotokolls, reduzieren. Dabei werden besonders niedrige Strahlendosen verwendet, die die Bildqualität zwar verringern, aber für eine Routineverlaufskontrolle meist ausreicht(19-21).

Magnetresonanztomographie (MRI)

Eine Routine MRI-Untersuchung der gesamten Wirbelsäule bei AIS-Patienten bleibt meist der präoperativen Abklärung vorbehalten. In dem Fall sollte sie immer durchgeführt werden, auch wenn die klinische Untersuchung keine pathologischen Hinweis ergibt, da die Inzidenz von intraspinalen Fehlbildungen bei bis zu 9.5% liegt. Bei Early-Onset Skoliosen, also Skoliosen, die vor dem 10. Lebensjahr auftreten, sind sogar bis zu 13.5% Fehlbildungen beschrieben. Die häufigsten Veränderungen, die insbesondere auch für die operative Therapie von Relevanz sein können, sind eine Syringomyelie, eine Arnold-Chiari Malformation und ein Tethered Cord(22-24).

Bei der ambulanten Behandlung der AIS ist eine MRI nur dann indiziert, wenn andauernde Schmerzen > 6-12 Wochen, unklare neurologische Symptome oder atypische Kurven vorliegen. Dies sind zum Beispiel linkskonvexe thorakale Kurven oder Kurven ohne Rotation oder deren Kombination. Zudem können kongenitale Veränderung ausgeschlossen oder präzisiert werden, die evtl. im Röntgen gesehen oder vermutet werden (z.B. Halbwirbel, zusätzliche Rippen, Blockwirbel etc.).

In der Regel geht es bei AIS-Patienten bei der MRI um den präoperativen Ausschluss intraspinaler Anomalien und die Darstellung der gesamten Wirbelsäule (von kraniozervikal bis sakral) mit umgebenden paravertebralen Weichteilen, die Abbildung der Weite des Spinalkanals, des Duralsacks mit Myelon, Cauda equina und Nervenwurzeln, des epiduralen Fettgewebes und der individuellen Pedikelanatomie. Im Zweifel, bei V.a. auf ein Tethered Cord, kann auch eine MRI in Bauchlage sinnvoll sein, um durch das Beobachten des Absinkens der Cauda-Fasern durch die Schwerkraft, dieses ausgeschlossen werden kann.

Abbildung 3. Präoperative Routine MRI mit Darstellung des Myelons im frontalen Verlauf. Ausschluss höhergradiger Segmentdegeneration in der LWS und Darstellung der axialen Ebenen. Hierbei kann insbesondere die Lage des Myelons zu der individuellen Pedikelanatomie beurteilt werden, um die kritischen OP-Schritte im Apex der Kurve zu planen. Auch kann der Durchmesser der Pedikelschrauben und deren Angulation bei Einbringen abgeschätzt werden.

Computertomographie (CT)

Die CT gehört nicht zur Routine-Diagnostik einer AIS, kann aber bei klarer Fragestellung erfolgen (z.B. Frage nach knöchernen Überbrückungen eines Segmentes vor OP oder der Darstellung von Halbwirbeln und anderer Anomalien). Ebenso bei voroperierten AIS-Patientinnen kann eine CT mit Frage nach Fusion/Pseudoarthrose oder der Planung der Instrumentierung angefertigt werden. Bei navigierter Instrumentierung wird eine CT angefertigt, um die Schrauben zu planen. Eine CT der instrumentierten Wirbelsäule postoperativ soll nicht routinehaft durchgeführt werden, jedoch bei Komplikationen und Hinweis auf Schraubenfehllage. Die Indikationsstellung muss aufgrund der stark erhöhten Strahlenbelastung sorgfältig überprüft und die CT-Untersuchung immer individuell, mit der geringstmöglichen Strahlendosis, optimiert durchgeführt werden.

Abbildung 4. Präoperatives CT einer komplexen kongenitalen Deformität der BWS mit teilsegmentiertem Hemivertebra Th6/7 links.

Empfohlene Diagnostikintervalle

Ist bei der Erstuntersuchung eine AIS ausgeschlossen worden bzw. lediglich eine skoliotische Fehlhaltung (Cobb-Winkel < 10°) diagnostiziert worden, so sollten zunächst nur klinische Kontrolluntersuchungen erfolgen. Die Durchführung weiterer radiologischer Kontrollen sollte dann von den klinischen Kontrolluntersuchungen abhängig gemacht werden. Ist eine AIS diagnostiziert worden, aber keine Korsett-Behandlung notwendig, so sollte eine nächste radiologische Kontrolluntersuchung frühestens nach 6 Monaten erfolgen, um eine therapierelevante Progredienz zu erkennen. Abhängig von der Ausprägung der Krümmung, der Wachstumsphase und der klinischen Untersuchung (Skoliometer-Messung) sollten nachfolgende radiologische Kontrollen alle 6-12 Monate erfolgen, wobei stets die klinische Relevanz zu hinterfragen ist.

Im Falle einer AIS sollten radiologische Kontrolluntersuchungen (Röntgen/EOS Ganzwirbelsäule) während des pubertären Wachstumsschubes in Abhängigkeit der Krümmung und der klinischen Situation alle 6-12 Monate bis zum Abschluss des Wachstums durchgeführt werden. Im Jahr vor und nach Eintritt der Menarche besteht meist das höchste Risiko einer Progredienz der Skoliose. Daher sollten gerade in dieser kritischen Phase vermehrte Kontrollen (ca. alle 4-6 Monate) durchgeführt werden, sofern noch keine Korsetttherapie besteht. Nach Abschluss des Wachstums können radiologische Kontrollen abhängig von der Krümmung und der klinischen Situation durchgeführt werden, ein festes Goldstandard-Schema für die Zeit nach Wachstumsabschluss gibt es nicht. Meist wird eine Verlaufskontrolle 24 Monate nach Wachstumsabschluss empfohlen, um eine post-adoleszente Progression auszuschliessen.

Radiologische Kontrolluntersuchung während der Korsett-Therapie

Nach Neuanfertigung eines Korsetts soll eine Röntgen-Aufnahme in zwei Ebenen im Korsett im Stand erfolgen, um den Korrektureffekt und die Pelottenlage zu untersuchen. Um beurteilbare Werte zu erhalten, wird empfohlen, die radiologische Korsettkontrolle im Anschluss an eine Korsett-Eingewöhnungsphase durchzuführen, nach der das Korsett, falls erforderlich nochmals modifiziert wurde. Die Primärkorrektur sollte dann als Ganzwirbelsäulenaufnahme im Stehen mit angelegtem Korsett und markierten Pelotten kontrolliert werden. Je nach Wachstumsstadium müssen Korsette alle 4 bis 6 Monate klinisch kontrolliert werden. Für die radiologische Verlaufskontrolle bei laufender Korsett-Therapie ist die Aufnahme der Wirbelsäule, ohne Korsett, ca. alle 6 bis 12 Monate sinnvoll. Dies hängt von dem aktuellen Wachstumsstadium, der Progredienz und der Ausprägung der Deformität ab. Eine weitere radiologische Verlaufskontrolle mit Korsett führen wir im Falle einer Verschlechterung der Skoliose oder bei Problemen mit dem Korsett oder z.B. Kurven-Typänderungen unter der Therapie durch. Dies ist keine Routine.

Nach Beendigung der Korsett-Therapie sollte eine abschließende Röntgenkontrolle nach ca. 1-2 Jahren erfolgen, um eine langsame Progredienz auszuschliessen. Diese kann in Abhängigkeit des Cobb-Winkels nach Beendigung der Therapie >2°/Jahr betragen, wobei Kurven unter 45° nach Pubertätsabschluss meist Jahrzehnte bis zur Menopause stabil bleiben. Diese können im Rahmen der Altersdegenerationsprozesse wieder zunehmen. Zusätzliche Kontrollen können abhängig vom Einzelfall durchgeführt werden. Nach Abschluss kann alle 5 Jahre oder in Abhängigkeit der klinischen Situation eine Röntgenkontrolle erfolgen.

Abbildung 5. 12-jährige Adoleszente mit idiopathischer Thorakolumbalskoliose linkskonvex von 22° Cobb-Winkel. Korrektur im Korsett und Verlaufskontrolle nach 3 Jahren. Initial Risser Stadium 0 mit noch offenen Y-Fugen. Inzwischen verschlossene Y-Fugen und Risser Stadium I-II. Die adoleszente Entwicklung ist noch nicht vollständig abgeschlossen, weswegen das Korsett noch weitergetragen werden muss. Ziel ist das Risser Stadium IV-V vor dem Abtrainieren des Korsetts zu erreichen. 48h vor der Röntgenkontrolle, ohne Korsett, wird das Korsett nicht getragen. Somit wird eine realistische Darstellung der bisher erreichten Korrektur der Skoliose erreicht.

Conclusio

Die Skoliose der Adoleszenz (AIS) ist eine komplexe dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule. Sie bedarf einer dezidierten klinischen Untersuchung und radiologischer Kontrollen und Abklärungen, angepasst an die individuelle klinische Situation. MRI und insbesondere CT-Untersuchungen sind nur bei spezieller Fragestellung und nach kritischer Indikationsstellung durchzuführen. Bei positiver Familienanamnese sollten immer die Geschwisterkinder, zum Ausschluss einer Deformität der Wirbelsäule, untersucht werden.

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Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
PD Dr. med.   Moritz C. Deml Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern

Dr. med.   Christian Tinner Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern

Prof. Dr. med.   Christoph E. Albers Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern