Als Stridor wird ein Atemgeräusch bezeichnet, mechanisch hervorgerufen durch einen turbulenten Luftstrom bedingt durch eine Einengung der oberen Luftwege (OL) (intra- oder extrathorakal). Die Ursachen sind vielfältig, angeboren oder erworben. Das Auftreten eines Stridors bei einem Kind ruft immer Besorgnis hervor. Obwohl Stridore in der Mehrzahl gutartiger und vorübergehender Natur ist, kann er auch Symptom einer ernsthaften Krankheit sein, die sich mehr oder weniger schnell verschlimmern und möglicherweise letale Folgen haben kann.
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geräusch, das durch Turbulenzen in den
verengten distalen intrathorakalen Luftwe-
gen hervorgerufen wird und besser mit dem
Stethoskop zu hören sind.
Die Inzidenz des Stridors in einer allgemei –
nen pädiatrischen Population ist nicht be –
kannt
2). Verschiedene Studien berichten
über eine, unerklärte, erhöhte Frequenz bei
Knaben.
Anamnese und klinische
Untersuchung
Bei akutem Auftreten ist es wesentlich,
den Schweregrad zu evaluieren und einen
Fremdkörper auszuschliessen, der eine
akute schwere Atemnot verursachen und
einen unverzüglichen Eingriff zur Wieder –
herstellung der Durchgängigkeit der Atem –
wege erfordern kann.
Wird das Kind mit einer chronisch sich
entwickelnden «geräuschvollen Atmung»
vorgestellt, ist es wichtig, den Charakter
des Atemgeräusches zu bestimmen: El –
tern haben oft Mühe, den Schweregrad
abzuschätzen und zu sagen, ob der Stri –
dor inspiratorisch oder expiratorisch ist
3).
Sind die Symptome zum Zeitpunkt des
Arztbesuches nicht vorhanden, können
Videoaufnahmen durch die Eltern hilf –
reich sein.
Die Anamnese umfasst das Alter des Kin –
des, geburtshilfliche und andere medizini –
sche Angaben, Dauer und Verlauf, Abhän –
gigkeit von Tageszeit, Änderung durch
Nahrungsaufnahme und Stellung, Ge –
wichtszunahme und Ernährungsschwierig –
keiten, Frage nach einem möglichen Fremd –
körper (ist selbst bei mehrwöchiger Dauer
in Betracht zu ziehen), Beschaffenheit der
Stimme, Schlafqualität, Symptome eines
gastroösophagealen Refluxes oder einer
Als
Stridor wird ein Atemgeräusch bezeich –
net, mechanisch hervorgerufen durch ei –
nen turbulenten Luftstrom bedingt durch
eine Einengung der oberen Luftwege (OL)
(intra- oder extrathorakal). Die Ursachen
sind vielfältig, angeboren oder erworben.
Das Auftreten eines Stridors bei einem Kind
ruft immer Besorgnis hervor. Obwohl Stri –
dore in der Mehrzahl gutartiger und vor –
übergehender Natur ist, kann er auch
Symptom einer ernsthaften Krankheit sein,
die sich mehr oder weniger schnell ver-
schlimmern und möglicherweise letale Fol –
gen haben kann.
Die Rolle des Kinderarztes bei einem
solchen Befund ist es:
• Den Schweregrad und die Notwendigkeit
eines raschen Eingreifens zu evaluieren
• Auf Grund von Anamnese und klinischer
Untersuchung abzuschätzen, ob eine
spezifische Läsion vermutet werden
muss und zusätzliche Abklärungen, ins –
besondere eine Endoskopie, erforderlich
sind
• Die Konsequenzen und Behandlungsstra –
tegien der zugrunde liegenden Krankheit
zu erfassen, um effizient mit den verschie –
denen, an der Betreuung beteiligten Fach –
leuten zusammenarbeiten zu können
Eigenarten der kindlichen
Luftwege
Die Anatomie der OL verändert sich im
Laufe des Wachstums und auch lebens –
lang. Das Neugeborene zeichnet sich
durch einen kleinen Mund, eine grosse
Zunge und einen kurzen Hals aus. Bis zum
Alter von etwa vier Monaten ist der Larynx
hochgestellt und befindet sich auf Höhe
des vierten Halswirbels. Beim Inspirium
und beim Schlucken berührt die Epiglottis
den hinteren Teil des Gaumensegels. Dies
erlaubt das gleichzeitige Saugen und At –
men, macht aber auch die Nasenatmung zwingend. Die Mundatmung ist während
der ersten
Lebenstage nur beim Weinen
möglich, nach dem dritten Lebensmonat
dann ganz allgemein. Die Weichteile des
Larynx, insbesondere die Epiglottis und
die aryepiglottischen Falten, sind weniger
steif und haben beim Einatmen durch den
Bernoulli-Effekt Tendenz zu kollabieren.
Der Krikoidknorpel schliesslich, der den
subglottischen Raum bildet, ist die engste
Stelle der kindlichen OL. Sein Innen –
durchmesser misst beim Neugeborenen
4,5 mm. Nach dem Gesetz von Poiseuille
führt eine Einengung um einen Millimeter
zu einer 70%-igen Verminderung des Luft –
flusses
1).
Definition
Der Stridor hat üblicherweise eine hohe
Tonlage und ist von blossem Ohr zu hören.
Er kann inspiratorisch, expiratorisch oder
biphasisch sein. Inspiratorisch hörbar ist er
bei einer pathologischen Verengung des
Durchmessers der extrathorakalen OL. Bei
schwerer Obstruktion wird er biphasisch,
d. h. er ist bei beiden Atembewegungen
hörbar. Sind die intrathorakalen Luftwege
vereengt, ist der Stridor im Allgemeinen
expiratorisch.
Der Stridor muss von anderen Atemgeräu –
schen unterschieden werden ( Ta b . 1): Einer –
seits vom Stertor oder Schnarcheln (sno –
ring), dessen Tonlage tief und der durch
eine Nasen- oder Pharynxobstruktion be –
dingt ist, und andererseits vom Giemen
(wheezing), einem exspiratorischen Atem –
Evaluation des kindlichen Stridors
Anne Mornand*, Constance Barazzone Argiroffo*, Igor Leuchter**Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds
* Unité de pneumologie pédiatrique, département de
l’enfant et de l’adolescent, Hôpitaux Universitaires
de Genève.
** Ser vice ORL et Chirurgie cer vico -faciale, Hôpitaux
Universitaires de Genève.
Stridor: Musikalisches Geräusch, von hoher Tonlage, hervorgerufen durch einen schnellen und
turbulenten Luftfluss durch eine verengte Stelle der oberen Luftwege (supraglottischer Raum,
Lar ynx, subglottischer Raum und proximale Trachea). Meist inspiratorisch und fast immer ohne
Stethoskop zu hören
Schnarcheln (snoring)/Stertor: Geräusch tieferer Tonlage, inspiratorisch, durch nasale oder
nasopharyngeale Obstruktion hervorgerufen
Giemen (wheezing): Exspiratorisches Geräusch durch Luftturbulenzen hervorgerufen durch eine
Obstruktion der kleinen Luftwege (Bronchien). Wird oft besser mit dem Stethoskop erfasst. Kann
auch durch andere intrathorakale Krankheiten wie die Bronchomalazie, distale Tracheomalazie
oder durch einen Fremdkörper im Tracheobronchialbaum bedingt sein
Ta b e l l e 1: Definition respiratorischer Geräusche
Vol. 24 Nr. 1 2013
Fortbildung
19
gehalten wird. Das Nasofibroskop wird
nach Lokalanästhesie der Nasenhöhlen
eingeführt. Diese Technik erlaubt eine Un-
tersuchung der Nasenhöhlen, von Rhino-
und Oropharynx sowie eine dynamische
Beurteilung des Hypopharynx, des sup –
raglottischen Raumes und der Beweglich –
keit der Stimmbänder.
In komplexeren Fällen ist eine genaue Un –
tersuchung von Larynx ( direkte Laryngosko-
pie ), Trachea und Bronchien (mittels flexib –
lem Bronchoskop ) in Allgemeinnarkose
unumgänglich, die alle Stufen der Luftwege
umfassen soll und wegen des dynamischen
Charakters gewisser Krankheiten unbe –
dingt bei Spontanatmung durchgeführt
werden muss.
Bei einfacher Laryngomalazie wird für die
flexible Nasofibroskopie über eine Sensiti –
vität von 93% und Spezifität von 92% berich –
tet, während Sensitivität und Spezifität bei
Untersuchung in Allgemeinnarkose 100%
sind und zudem assoziierte Läsionen der
OL, in ca. 20% der Fälle von Laryngomalazie
vorhanden, ausgeschlossen werden kön –
nen
6).
Es wurden anamnestische Kriterien vorge –
schlagen, um Patienten zu identifizieren,
die einer Untersuchung in Allgemeinnarko –
se zugeführt werden müssen
4). Eine solche
sollte in den folgenden Fällen systematisch
durchgeführt werden:
• Fehlende Laryngomalazie bei der Nasofi –
broskopie
• Vorhandensein einer Laryngomalazie mit
Zeichen eines ungünstigen Verlaufes
• Nichtübereinstimmen von Schweregrad
der Symptome und nasofibroskopischem
Befund
• Atypische Symptome, die auf eine ande –
re Krankheit hinweisen
Bronchoaspiration, Zyanose- oder akute
obstruktive Anfälle, Apnoen, Zeichen von
Atemnot, eine assoziierte Lungen- oder
neurologische Krankheit (Tab. 2 und 3)
1)
4) .
Das Manifestationsalter orientiert klar die
Diagnose: Im Verlaufe des ersten Lebensjah –
res ist die Ursache meist kongenital, auch
wenn gewisse Formen sich verspätet offen –
baren, wie das subglottische Hämangiom
oder der Gefässring. Ein intermittierender,
während den ersten zwei Lebenswochen
auftretender Stridor ist typisch für die Laryn –
gomalazie. Nach dem dritten Lebensjahr ist
eine Obstruktion der Luftwege praktisch im –
mer erworben (Infekt, Trauma, Tumor usw.).
Eine Intubationsanamnese ist von Bedeu –
tung, vor allem bei Frühgeborenen, wegen
des Risikos einer während den ersten Le –
benswochen erworbenen subglottischen
Stenose.
Stridor kann mit Ernährungsschwierigkei –
ten verbunden sein, entweder als Folge von
Dyspnoe und Tachypnoe, oder wiederholter
Aspirationen durch eine ösophagotrachea –
le Fistel. Stridor kann mit Atemnot unterschiedli
–
chen Schweregrades und unter Umstän –
den mit Einziehungen durch Einsatz der
akzessorischen Atemmuskulatur einher –
gehen. Die vermehrte Atemarbeit korre –
liert mehr mit der Auswirkung auf die
Atemwege, also dem Schweregrad der
vorliegenden Krankheit, als mit der Inten –
sität des Stridors. Die Zyanose ist ein
Spätzeichen und zeigt ein schweres Atem –
versagen an.
Die Stimmqualität muss beim Weinen oder
Sprechen beurteilt werden, eine normale
Stimme schliesst jedoch eine laryngeale
Ursache des Stridors nicht aus.
Die klinische Untersuchung muss vollstän-
dig sein und die Suche nach Syndromzei –
chen, neurologischen Auffälligkeiten und
kutanen Hämangiomen umfassen. Ein ku –
tanes Hämangion findet sich bei ca. 50%
der Kinder mit einem subglottischen Hä –
mangiom
5).
Die Nasendurchlässigkeit kann durch Fest –
stellen eines feuchten Beschlages auf ei –
nem vorgehaltenen Spiegel geprüft werden.
Die Untersuchung des Pharynx umfasst die
Beurteilung des harten und weichen Gau –
mens und der Pharynxwände, sowie von
Grösse und Stellung der Zunge. Systema –
tisch soll nach einer Mikro – oder Retrogna –
thie gesucht und es sollen die Halsstruktu –
ren palpiert werden.
Abklärung der oberen Luftwege
Ist die Situation stabil und sind keine Zei –
chen schwerer Atemnot vorhanden, kann
eine Untersuchung mittels flexiblem Naso –
fibroskop durch den HNO -Spezialisten
durchgeführt werden, wobei das Kind auf
den Knien eines Elternteils sitzt und sanft
Alter
Medizinische Vorgeschichte
Intubationsanamnese
Chronologie der Symptome, zeitlicher Verlauf
Beschreibung des Atemgeräusches +/- Video
Qualität von Stimme/Schreien
Ernährung: Dauer der Mahlzeiten, Ernäh –
rungsschwierigkeiten, Verschlucken, Reflux,
Gewichtszunahme
Schlaf: Qualität, Pausen/Apnoen
Episoden akuter Obstruktion/Zyanose
Ta b e l l e 2: Anamnese angesichts eines kind –
lichen Stridors
Zyanoseanfälle, Synkopen
Atemnotzeichen
Ernährungsschwierigkeiten: Ungenügende
Gewichtszunahme, Verschlucken, mühsame
Nahrungsaufnahme
Schlafapnoen
Zunehmende Verschlimmerung der Symptome
Ta b e l l e 3: Zeichen ungünstigen Verlaufes
Angeborenen Ursachen Erworbene Ursachen
Laryngomalazie Erworbene subglottische Stenose
Lähmung der Stimmbänder Fremdkörper
Angeborene subglottische Stenose Infektionen (Pseudokrupp, Tracheitis)
Tracheomalazie Rezidivierende Papillomatose
Subglottisches Hämangiom
Larynxsegel
Larynxspalte
Ta b e l l e 4 : Häufigste Ursachen eines Stridors im Kindesalter
Vol. 24 Nr. 1 2013
Fortbildung
20
Weitere Abklärungen
Die Pulsoxymetrie erlaubt die Schwere ei –
ner Obstruktion der OL zu beurteilen, durch
den Nachweis eines Abfalls der arteriellen
Sauerstoffsättigung. Da diese Untersu –
chung jedoch weder genügend sensitiv
noch genügend spezifisch ist, kann sie mit
einer Kapnographie kombiniert oder allen –
falls durch eine respiratorische Polygraphie
ersetzt werden.
Die Indikation zu erweiterten Abklärungen,
Magen-Darm-Passage, pH-Metrie, CT-Scan
oder MRI der Hals- und Thoraxregion, Ul –
traschall, ergibt sich aus den endoskopi –
schen Befunden.
Wichtigste Ursachen eines
Stridors (Tabelle 4)
Man kann akute von chronischen Ursachen
unterscheiden.
Akuter Stridor
Es kommen infekt-/entzündungsbedingte
Ursachen und ein im Bereich des Tracheo –
bronchialbaumes eingeklemmter Fremdkör –
per in Betracht.
Die wichtigsten infekt-/entzündungsbe –
dingten Auslöser von Atemnot und Stridor
sind der Pseudokrupp (akute subglottische
Laryngitis), die Tracheitis und die Epiglot –
titis, wobei die Inzidenz letzterer seit der
Einführung der H.influenzae-Impfung dras –
tisch abgenommen hat.
Inhalierte tracheobronchiale Fremdkörper
sind im Kindesalter häufig, insbesondere
im Alter zwischen 1 und 3 Jahren, in wel –
chem die Schutzreflexe der OL noch unreif
sind.
Chronischer Stridor
Wir schlagen hier eine Einteilung des chro –
nischen Stridors auf Grund der Lokalisati –
on der Obstruktion vor. Es ist in der Tat
schwierig, eine Einteilung auf Grund der
Tonart vorzunehmen, da diese je nach
Schweregrad der zugrunde liegenden Lä –
sion ändern kann.
a) Subglottische Obstruktion
Die Laryngomalazie ist die häufigste Ursa –
che eines kindlichen Stridors, gekennzeich –
net durch ein inspiratorisches Atemge –
räusch hoher Tonlage, das typischerweise in den ersten 10 Lebenstagen auftritt, im
Verlaufe der ersten Lebensmonate zu
–
nimmt, um nach dem Alter von einem Jahr,
zwischen 12 und 18 Monaten, wieder
langsam abzunehmen. Der Stridor ver –
schlimmert sich typischerweise bei der
Nahrungsaufnahme, bei Aufregung und
Weinen und ist in Ruhe und Bauchlage
weniger ausgeprägt. Die meisten Formen
sind leicht (80–90%), mit einem isolierten
und intermittierenden Stridor, der spontan
zwischen 12 und 24 Monaten verschwin –
det
7). In etwa 20% der Fälle erfordern
ausgeprägte Symptome eine vollständige
Abklärung in Allgemeinnarkose durch di –
rekte Laryngoskopie und tracheobronchi –
ale Untersuchung zum Ausschluss der
Differentialdiagnosen. Eine chirurgische
endoskopische Behandlung kann im glei –
chen Arbeitsgang durchgeführt werden:
Durchtrennung der aryepiglottischen Fal –
ten mit eventuell gleichzeitiger Resektion
überschüssiger supraglottischer Schleim –
haut (Supraglottoplastie)
8).
Die dynamische Untersuchung des Larynx
zeigt typischerweise einen inspiratori –
schen supraglottischen Kollaps mit Pro –
laps der Aryknorpel, kurze aryepiglotti –
sche Falten und/oder ein Zurückklappen
der Epiglottis ( A b b . 1). Die Pathophysiolo –
gie ist noch unklar; es könnte sich um eine
neuromuskuläre Störung des Larynxtonus
handeln, die zum Kollaps des Kehlkopfein –
ganges führt
9). Obwohl kein formeller Kon –
sens zum Stellenwert des gastroösopha –
gealen Refluxes in diesem Zusammenhang
besteht, empfehlen zahlreiche Teams des –
sen energische Behandlung, mit diäteti -schen Massnahmen (eingedickter Milch)
und Antazida
10).
b) Glottisobstruktion
Die Larynxlähmung ist die zweithäufigste
Ursache eines neonatalen Stridors. Die beid –
seitige Stimmbandlähmung führt zu teilweise
schwerer Atemnot mit biphasischem Stridor.
Wichtig ist der Ausschluss einer neurologi –
schen Ursache durch Kompression des Hirn –
stammes, z. B. bei Arnold- Chiari-Missbil –
dung, bei der sich die Symptome nach
Aufheben des Druckes auf die Kleinhirnton –
sillen zurückbilden. Die einseitige Stimm –
bandlähmung führt vor allem zu aspirations –
bedingten Ernährungsschwierigkeiten und
schwachem Schreien. Die häufigsten Ursa –
chen einer einseitigen Stimmbandlähmung
sind iatrogen, nach Thorax- (z. B. Korrektur
einer ösophagotrachealen Fistel) oder Herz –
chirurgie.
Die Betreuung der beidseitigen Stimmband –
lähmung konzentriert sich auf das Offenhal –
ten der Atemwege, bei über der Hälfte der
Patienten traditionell durch Tracheotomie,
neuerdings durch endoskopische larynge –
ale Eingriffe zur Vergrösserung des Glottis –
raumes. Da es in etwa
2/3 der Fälle zu einer
spontanen Erholung der Funktion mindes –
tens eines Stimmbandes kommt, müssen
die Vorteile dieser chirurgischen Eingriffe
gegenüber dem möglicherweise günstigen
Spontanverlauf abgewogen werden.
Bei beidseitig unbeweglichen Stimmbän –
dern muss seine echte Lähmung von einer
sekundären, durch eine Glottisstenose
bedingten Immobilität differenziert werden,
Abbildung 1: A: Offener Larynx bei Expiration. B: Laryngomalazie mit Aspiration der Aryk –
norpel bei Inspiration.
A B
Vol. 24 Nr. 1 2013
Fortbildung
21
Monaten spontan günstig. Bei Formen mit
schwerer Obstruktion hat Propranolol
p. o. die Behandlung revolutioniert, muss –
ten doch diese Läsionen früher mit Korti –
koiden p. o. oder gar chirurgisch oder
durch Tracheostomie behandelt werden.
Die genauen Modalitäten dieser Behand –
lung sind noch umstritten. In gewissen
Fällen werden eine zusätzliche Kortison –
behandlung oder ein endoskopischer Ein –
griff notwendig
5).
d) Tracheale Obstruktion
Die Tracheomalazie wird definiert als ab –
normer Kollaps der Trachea im Exspirium,
was zu einer Obstruktion wechselnden
Ausmasses führt. Sie kann primär oder
sekundär sein (tracheoösophageale Fistel
oder Gefässmissbildung). Die Endoskopie
erlaubt die Diagnose, muss aber durch
zusätzliche Abklärungen ergänzt werden,
um die Ätiologie zu klären und nach einem
komprimierenden Element zu suchen
(Abb. 2). Die Behandlung hängt von Ursa –
che und Schweregrad ab.
Die angeborene segmentale Trachealsteno –
se ist meist durch eine linke Lungenarterie
bedingt, die einen abnormen Ursprung in
der rechten Lungenarterie hat und sich um
die Trachea schlingt, was die embryonale
Entwicklung der Trachea behindert und zur
Bildung vollständiger Knorpelringe führt.
Das Neugeborene weist ab Geburt einen
charakteristischen, ausgeprägten, rauen,
biphasischen Stridor auf, verbunden mit je
nach Enge der Stenose mehr oder weniger
deutlicher Atemnot. Die Behandlung ist
chirurgisch mit Reimplantation der linken
Lungenarterie in den Truncus pulmonalis
und Korrektur der Stenose durch Tracheo –
plastie oder einen Stent.
Die tracheale Obstruktion kann auch
durch Kompression durch abnorme Gefäss –
bögen bedingt sein. Es gibt eine ganze
Reihe solcher abnormer Gefässverläufe,
einige sind häufig, andere seltener. Aus –
nahmsweise wird die Diagnose schon vor
der Geburt gestellt, manchmal beim Neu –
geborenen, meist jedoch im Säuglingsalter
oder noch viel später. Die Diagnose erfolgt
durch Thorax-CT mit Kontrastmittelinjek –
tion oder MRI. Die Endoskopie dient der
Bestimmung von Lage und Ausmass der
Kompression. Die häufigsten Formen mit
vollständigem Ring sind einerseits der
doppelte Aortenbogen und andererseits
eine erworbene Läsion, die mit der Zunah
–
me sehr junger Frühgeborener mit langdau –
ernder Intubation häufiger geworden ist.
Eine weitere, seltene Ursache von Glot –
tisobstruktion ist die laryngo-tracheo-öso –
phageale Spalte , Resultat einer Missbildung
der Trennung von Luft- und Ernährungs –
trakt, deren Ausdehnung von einer einfa –
chen Larynxspalte bis hin zu einer vollstän –
digen Kommunikation zwischen Larynx und
Trachea einerseits und Ösophagus anderer –
seits gehen kann. Nebst dem Stridor kommt
es zu Bronchoaspirationen. Kleinere Spal –
ten können endoskopisch korrigiert wer –
den, während grössere einen Zugang von
aussen erfordern. Es muss unbedingt nach
assoziierten Missbildungen, insbesondere
der Mittellinie, gesucht werden.
Glottissegel (webs) sind eine angeborene
Larynxmissbildung, die sich durch Apho –
nie oder schrille Stimme, vergleichbar mit
dem «Katzenschrei», inspiratorischem
Stridor und mehr oder weniger ausge –
prägten Atembeschwerden kennzeichnet.
Sie können mit genetischen Syndromen,
z. B. DiGeorge-Syndrom, assoziiert sein.
Die Behandlung hängt von den klinischen
Auswirkungen ab: In gut tolerierten Fäl –
len, ohne Atem- und Ernährungsstörun –
gen, begnügt man sich mit Beobachtung.
Bei schwereren Fällen kann chirurgisch
eingegriffen werden, endoskopisch oder
durch äusseren Zugang.
Die rezidivierende respiratorische Papillo –
matose ist eine seltene Ursache des neona -talen Stridors, die Atmung kann jedoch bei
Geburt normal sein und ein biphasischer
Stridor und Stimmveränderungen treten
erst später auf.
c) Subglottische Obstruktion
Stenosen, angeboren oder erworben,
füh-
ren zu Stridor und inspiratorischer Atem –
not, die umso ausgeprägter sind, als die
Stenose eng ist. Wichtigste Ursache sind
lang dauernde und/oder traumatische In –
tubation. Verbesserte Betreuung hat in
den letzten Jahren zu einer signifikanten
Abnahme geführt. An diese Komplikation
ist bei jedem Kind zu denken, das nach
Extubation Zeichen einer Obstruktion der
OL zeigt. Ursachen sind eine unangepass –
te Tubus grösse, traumatische oder wieder –
holte Intubationen, Hin- und Herbewegung
des Tubus, Intubationsdauer, gastroöso –
phagealer Reflux und tracheobronchiale
Infekte. Die Diagnose wird endoskopisch
bestätigt. In den meisten Fällen genügt
eine internmedizinische Betreuung. In ge –
wissen Fällen kommt es zur Reintubation,
oder es müssen die Resektion von Granu –
lationsgewebe, eine Ballonerweiterung
oder ein chirurgischer Eingriff vorgenom –
men werden
11 ).
Beim subglottischen Hämangiom ist der
Stridor meist biphasisch und in 50% der
Fälle besteht zusätzlich ein kutaner Befall.
Es besteht oft ein freies Inter vall zwischen
Neonatalperiode und Auftreten des Stri –
dors, dessen Intensität progressiv zu –
nimmt. Die Diagnose wird endoskopisch
bestätigt. Der Verlauf ist meist in 12–18
Abbildung 2: A: Normale Trachea (subglottischer Raum) bei einem 18-monatigen Kind. B:
Vordere Verengung des mittleren Drittels der Trachea durch vaskuläre Kompression bei
einem einjährigen Säugling.
A B
Vol. 24 Nr. 1 2013
Fortbildung
22
10) Thompson, D.M., Laryngomalacia: factors that in –
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Paediatr Respir Rev 2004; 5 (1): 25–33.
Korrespondenzadresse
Dr Anne Mornand
Unité de Pneumologie Pédiatrique
Hôpital de Enfants
6, Rue Willy Donzé
1211 Genève 14
Tel. 022 382 45 79
anne.mornand@hcuge.ch
Die Autoren haben keine finanzielle Unter –
stützung und keine anderen Interessenkon –
flikte im Zusammenhang mit diesem Bei –
trag deklariert.
der rechts liegende Aortenbogen mit ab
–
normem Abgang der linken Arteria subcla –
via. Oft ist die chirurgische Korrektur der
zugrunde liegenden Missbildung unum –
gänglich, wobei häufig eine residuelle
Tracheomalazie in Kauf genommen werden
muss.
Schlussfolgerung
Der Stridor ist im Kindesalter eine häufige
Manifestation einer Krankheit der Atemwe –
ge. Obwohl die Ursachen vielfältig sein
können, ist die Laryngomalazie weitaus die
häufigste. Anamnese und klinische Unter –
suchung in der kinderärztlichen Praxis sind
die Eckpfeiler der Erstbetreuung und erlau –
ben, den Dringlichkeitsgrad zu beurteilen,
die Diagnostik zu orientieren und nach as –
soziierten Symptomen zu suchen.
Zeichen eines schweren Verlaufes sind Er –
nährungsschwierigkeiten, Zyanoseanfälle,
Atembehinderung während des Schlafes
und Dyspnoe (Nasenflügeln, interkostale
und substernale Einziehungen).
Bei einer Laryngomalazie mit typischem
Erscheinungsbild und ohne Symptome, die
auf einen ungünstigen Verlauf oder eine
assoziierte Krankheit hinweisen, kann man
sich, angesichts des spontan günstigen
Verlaufes, während einer gewissen Zeit
beobachtend verhalten, wobei eine Antire –
fluxbehandlung (Antazida, Eindickung der
Milch) empfohlen wird. Nachkontrollen
sollen regelmässig stattfinden, um sich
der Rückbildung der Symptome und
schliesslich ihres Verschwindens zu verge –
wissern.
Jede Verschlimmerung der Symptome und
jede Situation, die nicht zum typischen Bild
einer günstig verlaufenden Laryngomalazie
passt, erfordert die Betreuung durch einen
mit Atemwegskrankheiten in dieser Alters –
klasse bewanderten pädiatrischen Spezia –
listen (Abb. 3).
Die Endoskopie ist in diesem Fall die Unter –
suchung der Wahl: Ein erster Schritt in
günstigen Fällen ist die flexible Nasofibro –
skopie ohne Sedation, wie dies in gewissen
Zentren möglich ist. Alle anderen Situatio –
nen müssen zu einer ausgedehnten Abklä –
rung der oberen und unteren Atemwege in
Allgemeinnarkose führen, durch flexible ±
starre Fibroskopie. Referenzen
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Abbildung 3:
Mögliche Vorgehensweise bei kindlichem Stridor
Stridor
Laryngomalazieverdacht Andere diagnostische Hypothesen
Bedrohliche Zeichen – Bedrohliche Zeichen + Fachärztliches Konsilium
Einfache Überwachung
oder
Nasofibroskopie und Fachärztliches Konsilium
Verschlimmerung des Stridors Vollständige
endoskopische Untersuchung
Bestätigung der Diagnose
Suche nach weiteren Läsionen
Behandlung Reflux-Behandlung
Überwachung
Vol. 24 Nr. 1 2013
Fortbildung
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Dr. Anne Mornand , Unité de Pneumologie Pédiatrique Hôpital de Enfants Prof. Dr med. Constance Barazzone-Argiroffo , Genève Igor Leuchter Andreas Nydegger