Asthma bronchiale ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter mit einer Prävalenz in West-Europa von 8–10 %. Zahlreiche Untersuchungen legen nahe, dass es sich beim «Asthma» um eine Gruppe verschiedener Entitäten (Phäno- und Endotypen) handelt mit unterschiedlichen biologischen Grundlagen, Risikofaktoren, Triggern und Genetik und weniger um eine einzelne wohldefinierte Erkrankung. Dabei sind die pathophysiologischen Grundpfeiler dieselben: Chronische Atemwegsentzündung, bronchiale Hyperreagibilität und variable Atemwegsobstruktion. Die Entzündung der Atemwege verursacht dabei eine Limitierung des Atemflusses über vier Mechanismen: Akute Bronchokonstriktion, Ödem und Schwellung der Atemwegswand, Entstehung von Schleimpfropfen im Bereich der Atemwege und struktureller Umbau der Atemwegswände. Das Minimalziel der Asthma-Behandlung ist eine optimale und das Maximalziel eine totale Asthmakontrolle1). Asthmakontrolle bedeutet, dass das Kind keine Symptome hat (weder tagsüber noch nachts), eine uneingeschränkte körperliche Aktivität zeigt und keine Exazerbationen mit systemischem Steroidbedarf oder Hospitalisationen erleidet. Gleichzeitig sollten die bestmöglichen Lungenfunktionswerte erzielt und im weiteren Verlauf erhalten werden. So bestehen die besten Voraussetzungen, damit eine regelrechte Atemwegs- und Lungenentwicklung gewährleistet ist. Das Erreichen dieser Ziele bedingt eine angepasste Langzeitbehandlung. Neben der medikamentösen Therapie gibt es weitere wichtige Aspekte, die Teil eines ganzheitlichen Asthma-Managements sind. Dies sind Prävention, rehabilitative Massnahmen sowie die AsthmaSchulung. Die medikamentöse Langzeitbehandlung birgt aufgrund ihrer zeitlichen Dauer ein – wenn auch geringes – Risiko der Medikamenten-Nebenwirkungen.
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Asthma bronchiale ist die häufigste chroni-
sche Erkrankung im Kindesalter mit einer
Prävalenz in West-Europa von 8–10
% .
Zahlrei-
che Unter suchungen legen nahe, das s es sich
beim «Asthma» um eine Gruppe verschiede-
ner Entit äten ( Phäno – und Endot y p en ) handelt
mit unterschiedlichen biologischen Grundla –
gen, Risikofaktoren, Triggern und Genetik und
weniger um eine einzelne wohldefinierte
Erkrankung. Dabei sind die pathophysiolo
–
gi
schen Grundpfeiler dieselben: Chronische
Atemwegsentzündung, bronchiale Hyperre –
agibilität und variable Atemwegsobstruktion.
Die Entzündung der Atemwege verursacht
dabei eine Limitierung des Atemflusses über
vier Mechanismen: Akute Bronchokonstrikti –
on, Ödem und Schwellung der Atemwegs –
wand, Entstehung von Schleimpfropfen im
Bereich der Atemwege und struktureller Um-
bau der Atemwegswände.
Das Minimalziel der Asthma-Behandlung ist
eine optimale und das Maximalziel eine totale
Asthmakontrolle
1). Asthmakontrolle bedeutet,
dass das Kind keine Symptome hat (weder
tagsüber noch nachts), eine uneingeschränk –
te körperliche Aktivität zeigt und keine Exa-
zerbationen mit systemischem Steroidbedarf
oder Hospitalisationen erleidet. Gleichzeitig
sollten die bestmöglichen Lungenfunktions –
werte erzielt und im weiteren Verlauf erhalten
werden. So bestehen die besten Vorausset –
zungen, damit eine regelrechte Atemwegs-
und Lungenentwicklung gewährleistet ist. Das
Erreichen dieser Ziele bedingt eine angepass –
te Langzeitbehandlung. Neben der medika –
mentösen Therapie gibt es weitere wichtige
Aspekte, die Teil eines ganzheitlichen Asth –
ma-Managements sind. Dies sind Prävention,
rehabilitative Massnahmen sowie die Asthma-
Schulung. Die medikamentöse Langzeitbe –
handlung birgt aufgrund ihrer zeitlichen Dauer
ein – wenn auch geringes – Risiko der Medi-
kamenten-Nebenwirkungen.
Die inhalati ven Steroide ( I C S ) bilden au fg r und
ihrer effektiven anti-inflammatorischen Wir –
kung die Basis der Asthma-Behandlung
2). Am
besten etabliert sind die folgenden syntheti –
schen Steroide: Beclometason diproprionat
(BDP), Budesonid (BUD) und Fluticason pro – prionat (FP) und in der letzten Zeit Ciclesonid
(Cic). Präventiv inhalierte Steroide vermin
–
dern bei allergischem Asthma effektiv Symp –
tome und Asthmaepisoden
3). Die ICS sind
effektiver als alle anderen Kontroller-Mono –
therapien bezüglich des Erreichens der Sym –
ptomkontrolle, der Reduktion der bronchialen
Hyperreagibilität, einer Verbesserung, res –
pektive Erhalt der Lungenfunktion und der
Reduktion des Exazerbations-Risikos. Zudem
sind die ICS die einzigen Langzeit-Kontroller-
Medikamente, die mit einer Reduktion der
Asthma-Mortalität assoziiert sind.
Eine beträchtliche Fraktion der inhalativ ver –
abreichten Medikamente wird oropharyngeal
deponiert und kann enteral absorbiert wer –
den. Wenn das Kind während der Inhalation
schreit, kann diese Fraktion bis zu 20
% d
er
abgegebenen Dosis erreichen. Die oropharyn –
geale und konsekutiv geschluckte Fraktion
unterliegt der first-pass Inaktivierung durch
die Leber (oral bioverfügbare Fraktion). Bei
Inhalation mit Maske werden zwischen 3.5 bis
19
%
perioral auf der Gesichtshaut deponiert
und können kutane Nebenwirkungen verursa –
chen. Bei einem Maskenleck kommt es zur
konjunktivalen Deposition. Deshalb sollte,
wenn immer möglich, mit Mundstück inhaliert
wer den. Dies ist ab dem A lter von ca. 2 Jahr en
anzustreben. Die peripher pulmonal deponier-
te Fraktion kann direkt in den systemischen
Kreislauf gelangen. Die systemisch absorbier –
te Fr ak tion ist abhängig von der Lungendep o –
sition und grösser bei kleinen Partikeln. Die
nicht von der Leber inaktivierte und die pul –
monal absorbierte Fraktion sind verantwort –
lich für die systemischen Nebenwirkungen der
ICS. Die verschiedenen ICS haben in Abhän –
gigkeit von der Inhalationsart (Nassinhalation
vs. Applikation per Dosieraerosol resp. Tro –
ckenpulver) eine sehr unterschiedliche Lun –
gendeposition, systemische Clearance und
orale Bioverfügbarkeit. Beclamethason prop –
r ionat , das billigs te I C S , hat eine or ale B iover –
fügbarkeit von 40
% ,
eine hohe systemische
Clearance, gleichzeitig aber auch eine sehr
hohe Lungendeposition. Ciclesonid hat bei
einer vergleichbaren Lungendeposition eine
orale Bioverfügbarkeit von < 1
% .
Für Budeso - nid liegt die oral verfügbare Fraktion bei 11
% ,
für Fluticason proprionat ist diese < 1
% .
Die
letzteren beiden haben eine vergleichbare
Rate der Lungendeposition, aber Fluticason
proprionat hat eine deutlich längere Halb -
wertszeit. Diese Faktoren erklären zum Teil
die unterschiedlichen Ergebnisse der Kurz-
und Langzeitstudien, welche systemische
Nebenwirkungen von ICS untersuchten.
Wachstum und Knochendichte
Bei der Beurteilung von Studien, welche den
Einfluss von ICS auf das Wachstum untersu-
chen, müssen wichtige Prinzipien berücksich -
tig t wer den : Die Studienlänge mus s 12 Mona -
te überschreiten, die Körperlänge muss kor
-
re
kt mit geeichten Stadiometern gemessen
werden, eine Kontrollgruppe wird benötigt
und Confounder müssen berücksichtigt wer -
den. Das untersuchte ICS kann gegen ein
Placebo, ein nicht-steroidales Medikament
oder gegen ein anderes ICS verglichen wer -
den. Die Studie muss als primären Outcome
entweder die Wachstumsgeschwindigkeit
oder die adulte Endgrösse haben. Es gibt da -
neben noch die nicht ganz idealen «Real-life-
Studien», welche retrospektive oder prospek -
tive Beobachtungsstudien sind und die
«normale Asthmatherapie» untersuchen. Die
Prevention of Early Asthma in Kids (PEAK)
Studie
4) zeigte, dass die asthmatischen Vor -
schulkinder unter Fluticason proprionate (FP;
176ug/d) im Vergleich zu Placebo weniger
Symptome, einen geringeren Betamimetikum -
bedarf und weniger Exazerbationen zeigten.
Diese Ef fek te ab er hielten nur solange an, w ie
das FP inhaliert wurde (24 Monate), das
heisst die Therapie hatte keinen langfristig
Krankheits-modifizierenden Effekt. In den 2
Jahren Studienlaufzeit wuchsen die FP behan -
delten Kinder um 1.1 cm weniger als die Pla-
cebo-behandelten. Dieser Effekt auf das
Wachstum war aber nur bei den Kindern sig-
nifikant, die bei Einschluss 2 Jahre alt und
leichter als 15 kg waren, nicht aber bei den
3-jährigen Kindern. Zwei Jahre nach Therapie-
Ende war das lineare Wachstum vergleichbar
mit der Placebogruppe
5). Eine von Mar tinez et
al. 2011 publizierte Studie untersuchte, ob
eine intermittierende «Bedarfs»-Therapie mit
Beclomethason (BDP; 80ug/d) während sym -
ptomatischen Phasen ähnlich wirksam ist, wie
eine Dauertherapie. Im Vergleich zur prophy -
laktischen Dauertherapie mit BDP war die
intermittierende Therapie weniger effektiv
bezüglich Verhinderung von Episoden, Asth -
ma-freien Tagen und Lungenfunktion, aber
Inhalative Korticosteroide in der Therapie
des kindlichen Asthma: Fakten und Mythen
Alexander Möller, Zürich
1Prof. ffRTofaff.bin
1Prof. RTab
23
immer noch besser als Salbutamol als Be-
darfstherapie alleine. Nach der Studienlauf -
zeit von 48 Wo chen war en ab er die K inder mit
BDP-Dauertherapie 1.1 (± 0.3) cm kleiner als
die Kinder mit intermittierender oder Placebo-
Therapie
6). Eine Metaanalyse von 2000 zeigte
einen klar en negati ven Ef fek t von B DP au f das
Wachstum. Aus diesem Grund sollte trotz der
für Kinder geeigneten Partikelgrösse und des
tiefen Preises BDP nicht eingesetzt werden.
Agertoft et al.
7) verglich Asthmatiker mit
(n =142) und ohne (n =18) inhalative Budeso -
nid-Therapie (BUD ; 412ug/d, range 110–
877ug/d) und 51 gesunde Geschwister nach
dem Wachstumsabschluss. Die BUD-Therapi -
edauer war dabei im Schnitt 9.2 Jahre. In den
ersten Therapiejahren zeigte sich eine redu-
zierte Wachstumsrate bei der BUD-Gruppe,
aber diese Unterschiede verschwanden nach
dem Wachstumsabschluss. Es zeigten sich bei
der BUD-Gruppe keine signifikanten Unter -
schiede im Vergleich der erreichten Grösse
und der errechneten Zielgrösse und keine
Unterschiede zu den Geschwisterkindern. Die
Endgrösse war abhängig von der Grösse bei
Studieneinschluss. Die Children’s Asthma
Management Program (CAMP) Studie
8) unter -
suchte den Effekt einer kontinuierlichen inha -
lativen Therapie mit BUD (400ug/d) im Ver-
gleich zu Nedocromil (16mg/d) oder Placebo
bei 1041 Kindern (Alter 5–13 Jahre) mit mil-
dem bis moderatem Asthma. Während der
Studienlaufzeit von 4–6 Jahren führte die
BUD-Therapie zu weniger Hospitalisationen,
Notfallvisiten, weniger systemischen Steroi -
den und weniger Salbutamol-Bedarf und zu
einer Abnahme der bronchialen Hyperreagibi -
lität
8). Das Längenwachstum während der
Studie war in der B U D - G r upp e 1.1 cm ger inger
als in den Vergleichsgruppen. Am Ende der
Behandlungsperiode waren das Knochenalter,
die errechnete Endgrösse und das Tannersta -
dium in den drei Gruppen identisch. Bei 84
%
der
initialen Kohorte (nur präpubertäre Kinder
bei Einschluss) wurde die Knochendichte der
LWS mittels DEXA seriell gemessen
9). Orale
Steroid-Gaben bei Asthma-Episoden führten
bei den Knaben – nicht aber bei den Mädchen
zu einer Dosis-abhängigen Reduktion der
Knochendichtezunahme und zu einem erhöh -
ten Risiko einer Osteopenie. Es zeigte sich
zudem, ebenfalls nur bei den Knaben, eine
Assoziation zwischen der kumulativen ICS
Dosis und einer leicht verminderten Knochen -
dichtezunahme. Eine neuere Follow-up Unter -
suchung dieser Kohor te zeig te, dass nur Pati -
enten mit einer reduzierten Serum 25-
Hy
droxyvitamin-D Konzentration diese Dosis- abhängige Reduktion der Knochendichtezu
-
nahme aufwiesen. Andere Studien haben
keinen Effekt einer ICS Therapie auf die Kno -
chendichte, Osteopenie oder Frakturen gefun -
den, aber diese Studien waren alle mit tiefen
bis mittleren ICS-Dosen durchgeführt wor -
den
10 ). Dazu im Gegensatz stehen die vor 4
Jahren publizierten Resultate der Helsinki
Early Intervention Childhood Asthma Study.
Präpuberale Kinder mit Asthma inhalierten
üb er 1 Monat 80 0 ug B UD pro Tag , gefolg t von
5 Monaten mit 40 0 ug BUD/ Tag. Danach wur -
den die Kinder in drei Gruppen randomisiert:
200ug BUD, Placebo oder Natrium- Chromo -
glycate. Während Asthmaepisoden erhielten
alle Patienten über 14 Tage 400ug BUD/Tag.
Die Kinder mit regelmässige BUD - Therapie
zeigten im Verlauf der Studie eine signifikant
geringere Zunahme der Knochendichte. Die
intermittierende BUD-Therapie führte hinge -
gen zu keiner Beeinflussung der Knochendich -
teentwicklung
11 ).
Über 90
% (
943/1041) der Teilnehmer der
originalen CAMP-Studie wurden im durch -
schnittlichen Alter von 24.9 Jahren nachunter -
sucht und die adulte Grösse wurde mittels
eines Stadiometers genau gemessen
12 ). Pati -
enten der BUD-Gruppe waren im Vergleich zur
Placebogruppe 1.2 cm (95
%
Konfidenzinter -
vall -1.9 bis - 0.5 cm) kleiner. Das Defizit war
bei Frauen grösser ( -1.8 cm; 95
% C
I -2.9 bis
- 0.7) als bei Männern ( - 0.8 cm; 95
% C
I -1.8 bis
0.2), aber der Test für die Interaktion bestä-
tigte den Geschlechtseffekt auf die adulte
Grösse in der BUD - Gruppe nicht (p = 0.10).
Das Wachstumsdefizit entwickelte sich in den
ersten 2 Therapiejahren und die Wachstums -
geschwindigkeit war nach diesen 2 Jahren
identisch in allen drei Therapiegruppen. Diese
initiale Reduktion des Wachstums war vor al -
lem bei den präpubertären Kindern zu beob -
achten. Es zeigte sich zudem ein Dosiseffekt
mit einer Längenreduktion von 0.1 cm pro
ug/kg täglicher BUD -Dosis. Eine längere
Dauer des Asthmas vor Studienbeginn und
das Vorhandensein einer allerg. Sensibilisie -
rung, ein Vitamin-D -Mangel und ein erhöhter
BMI waren ebenfalls Risikofaktoren für eine
reduzierte adulte Grös
se.
Warum es nur in den
ersten zwei Therapiejahren zu einer negativen
Beeinflussung des Wachstums kommt und
dieser Effekt im Verlauf nicht anhält, ist un -
klar. Es ist auch nicht klar, ob eine immer
wieder über längere Zeit unterbrochene The -
rapie allenfalls repetitiv zu dieser «initialen
Wachstumshemmung» führen könnte. Sicher
muss gesagt werden, dass man nicht von ei-
ner «Reduktion pro Jahr Therapie» sprechen kann, da im Verlauf der Therapie die Wachs
-
tumsgeschwindigkeit sich normalisiert.
Endokrine Funktion
Die Suppression der Hypothalamus-Hypophy-
sen-Nebennierenrindenachse (HPAS) ist eine
Nebenwirkung, die wegen der ausgeprägten
Tagesschwankungen und der leichten Beein -
flussbarkeit, schwierig zu erfassen ist. Es
wurde lange angenommen, dass die HPAS
unter ICS-Therapie insgesamt selten ist. Me-
thodologische Probleme und die Verwendung
unterschiedlicher, teils ungenügend sensitiver
Testverfahren sind sicher ein Grund für die
teils widersprüchlichen Studienergebnisse.
Eine kürzlich publizierte Metaanalyse zeigte
klar, das verschiedenste Faktoren, wie die Art
der Inhalation, die Dosis, die Sensitivität des
verwendeten Assays, die Studien
pop
ulation
(gesunde Probanden vs Asthmatiker mit un -
terschiedlichem Schweregrad der Erkran -
kung), aber auch die statistischen Methoden
die Ergebnisse stark beeinflussen
13 ). Zöllner
et al. untersuchte bei 143 asthmatischen
K inder n mit und ohne I C S ( ± nas alen Ster oide
(NS)) Therapie das morgendliche Cortisol und
die Resultate eines overnight Metyrapontests.
Von den mit ICS oder ICS+NS behandelten
Kindern wiesen rund 6
% e
in tiefes (< 83
nmol/l) basales Morgen- Cortisol auf. Die
postmetyrapon Resultate zeigten eine Sup -
pression der Hypothalamus-Hypophysenfunk -
tion (HPS) in 22.2
% ,
Zeichen der Beeinflus-
sung der Nebennierenrindenfunktion in
32.3
% ,
eine HPAS in 16.3
% r
espektive eine
der oben genannten HPA-Achsen Dysfunktion
bei rund 65
% d
er Kinder. Prädiktive Faktoren
waren die Verwendung von NS, der BMI und
die Therapieadhärenz
14 ). Die klinische Rele -
vanz dieser Befunde ist nicht vollständig
geklärt. Sicher muss an die HPAS gedacht
werden und ein Kind entsprechend endokri -
nologisch beurteilt werden, wenn sich unter
einer I C S - ( und o der NS ) T her apie eine Auf fäl -
ligkeit des Wachstums zeig t . Es gibt Einzelf all -
Erfahrungen akuter Addison-Krisen. An eine
solche muss gedacht werden bei einer unkla -
ren klinischen Verschlechterung eines Kindes
unter einer ICS-Therapie und eine ärztliche
Kontrolle mit Messung des Blutzuckers erfol -
gen.
Verhalten
Elterliche Befürchtungen sind ein wichtiger
Grund für die Non-Adhärenz. Rund 20
% d
er
gemeldeten Nebenwirkungen von ICS betref -
1Prof. ffRTofaff.bin
1Prof. RTab
24
fen Verhaltensauffälligkeiten unterschied-
lichster A r t 15 ). Interessanterweise gibt es dazu
kaum Studien. Die Prävalenz von Hyperaktivi -
tät, Aufmerksamkeits-Störung, Impulsivität,
ADHS und oppositionellem Verhalten bei 409
Kindern mit Asthma wurde mit 157 gesunden
Kinder verglichen. Dabei zeigte sich insge -
samt kein Unterschied. Bei einer zusätzlichen
Gabe von Montelukast zur ICS -Therapie zeig -
te sich aber eine Assoziation mit Hy per aktivi -
tät und Kinder mit oppositionellem Verhalten
erhielten gehäuft eine Kombinationstherapie
von I C S und L ABA
16 ). Eine weiter e Studie zeig -
te ebenfalls eine höhere Prävalenz von op
-
pos
itionellem Verhalten bei Kindern unter
Asthmather apie, ab er auch hier war ein sig ni -
fikanter Unter schie d nur b ei K inder n mit einer
Kombinationstherapie von ICS und Montelu -
kast zu finden. In einer weiter en Studie b eant -
worteten Eltern von 81 Vorschulkindern mit
Asthma mit täglicher ICS-Therapie die Child
Behaviour Checklist (CBCL). Die Resultate
wurden mit einer publizierten gesunden Refe -
renzpopulation verglichen. Es zeigten sich
keine Unterschiede für den totalen CBCL-
Score von asthmatischen Kindern mit ICS-
Therapie und der Referenzgruppe. Kinder mit
Asthma berichteten über mehr somatische
Beschwerden, aber weniger ängstliche/de -
pressive Symptome als die Referenzgruppe.
Die CBCL-Scores waren nicht assoziiert mit
der in der Studie elektronisch gemessenen
Therapieadhärenz
17 ).
Fazit
Inhalative Steroide haben Nebenwirkungen,
aber sie sind auch sehr effektiv und verbes-
sern die Symptomatik, Lungenfunktion und
Lebensqualität der Asthma-betroffenen Kin -
der. Es sterben immer noch Kinder an Asthma
und viele Kinder sind durch eine ungenügende
Asthmakontrolle in ihrem Alltag beeinträch -
tigt, erleiden Exazerbationen, verlieren Schul -
tage und die Eltern Arbeitstage. Dies oft auf-
grund einer ungenügenden Therapie oder
fehlenden Behandlungs-Adhärenz. Aus die -
sem Grund ist es wichtig, dass alle Ärzte, die
Kinder mit Asthma behandeln, das Risiko der
Nebenwirkungen einer Asthmatherapie aber
auch die Benfits verstehen und richtig ein -
schätzen und die Eltern und Patienten ent -
sprechend balanciert beraten können. Dass
die ICS das Wachstum beeinflussen ist nicht
neu, aber die kürzlich publizierte CAMP-Stu-
die ist die einzige randomisierte und Placebo-
kontrollierte Langzeitstudie, die den Effekt
auf die adulte G rös se b ei einer g ros sen A nz ahl Patienten untersucht hat. Die Resultate bestä
-
tigen einerseits, was bekannt war, anderer-
seit s sind sie sehr b er uhigend , denn sie zeigen
drei Punkte klar auf: Die Wachstumsverzöge -
rung ist auf die erste Zeit der Therapie be-
schränkt und eine jahrelange weitere Thera -
pie führt nicht zu einer zunehmenden
Abweichung und das schlussendliche Defizit
ist klein. Natürlich gibt es Kinder, bei denen
die Abweichung grösser ist. Diese müssen
frühzeitig erkannt werden. Aus diesem Grund
ist es essentiell, dass Kinder unter einer ICS-
Therapie, vor allem aber auch diejenigen Kin -
der, die immer wieder orale Steroide benöti -
gen, mindestens alle 6 Monate kontrolliert
und die Länge genau gemessen sowie der
Perzentilenverlauf nachgeführt wird. Die
meisten Studien und dazu gehört auch die
CAMP-Studie, wurden mit höheren ICS-Do -
sen, als die in den 20 09 r ev idier ten schweize -
rischen Empfehlungen
18 ) vorgeschlagenen
Dosierungen durchgeführt. Das Ziel ist es,
eine optimale Asthmakontrolle mit der mini -
malen Dosis zu erreichen. Asthma ist eine
Krankheit mit variablem Verlauf. Das heisst
die ICS-Dosen müssen der aktuellen Krank -
heits-Situation regelmässig angepasst wer -
den. Deshalb sollten Kinder mit Asthma opti -
malerweise alle drei Monate vom Kinderarzt
gesehen werden und die Familien die Therapie
gemäss eines gut instruierten Asthma-Thera -
pieplans eigenverantwortlich modifizieren
können. Systemische Steroidgaben sollen,
wenn immer möglich, verhindert werden.
Dazu ist eine gute Therapiesteuerung notwen -
dig.
Praktisch alle bisher publizierten Studien,
welche die Effekte einer ICS-Therapie auf
Wachstum oder Knochendichte evaluierten,
untersuchten Kinder mit mildem bis modera -
tem Asthma. Ob die Krankheitskontrolle bei
Patienten mit moderatem bis schwerem Asth -
ma die negativen Nebenwirkungen einer ICS-
Therapie nicht ausgleichen, ist unklar. Asthma
selber, aber auch Allergien können das
Wachstum negativ beeinflussen, dies zeigte
auch die CAMP-Studie, bei welcher die Atopie
und die Dauer der Asthmaerkrankung vor
Studienbeginn beides unabhängige Riskofak -
toren für eine reduzierte Erwachsenengrösse
waren.
Bei vorwiegend Infekt-bedingten Episoden
soll eine intermittierende ICS-Therapie ange -
strebt werden. Dies betrifft vor allem Vor -
schulkinder. Gerade in diesem Alter sollten
keine hochdosierten ICS verwendet werden.
Kinder, die unter einer Langzeittherapie mit
moderater ICS-Dosis keine Symptomkontrol -le erreichen, sollten einem Kinderpneumolo
-
gen zugewiesen werden. Sehr häufig sind
Ko-Morbiditäten, eine persistierende Aller -
genexposition oder alternative Diagnosen der
Grund, wie zum Beispiel eine induzierbare
laryngeale Obstruktion (Vocal Cord Dysfunc-
tion) für die fehlende Symptomenkontrolle.
Wenn tiefdosierte ICS nicht ausreichen, soll
vor einer Steigerung der ICS-Dosis eine Kom -
binationstherapie mit Montelukast und/oder
langwirksamen Betamimetika (LABA) einge -
führt werden. Bei klinisch relevanter inhalati -
ver Allergie sollte unbedingt eine Immunthe-
rapie in Betracht gezogen werden, da damit
oft eine bessere Asthmakontrolle erreicht
werden kann. Bei ungenügender Symptom -
kontrolle eines allergischen Asthmas unter
einer hochdosierten Therapie, oder wenn
diese nicht reduziert werden kann, sollte eine
Anti-IgE-Therapie (Omalizumab) diskutiert
werden.
Nicht alle Kinder, die husten, haben Asthma
und Asthma bronchiale ist keine banale
K r ankheit , sonder n eine sich in unter schie dli -
chen Phänotypen und in Verlauf und Ausprä -
gung variabel präsentierende Erkrankung,
welche mit einer relevanten Morbidität und
Reduktion der Lebensqualität der Betroffenen
assoziiert ist. Kinder mit Asthma brauchen
eine adäquate Therapie, aber der einfache
Griff in den Medikamentenschrank oder zum
Rezeptbuch zur Verordnung einer ICS-Thera -
pie muss überlegt sein und vor allem frühzei -
tig bei ungenügendem Ansprechen hinterfragt
werden.
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PD Dr. med. Alexander Möller
Präsident SGPP
Leitender Arzt Pneumologie
Universitäts-Kinderkliniken Zürich
alexander.moeller@ kispi.uzh.ch
Der Autor hat keine finanzielle Unterstüt -
zung und keine anderen Interessenkonflikte
im Zusammenhang mit diesem Beitrag de -
klariert.
1Prof. ffRTofaff.bin
1Prof. RTab
Weitere Informationen
Autoren/Autorinnen
Alexander Möller , Leitender Arzt, Abteilung für pädiatrische Pneumologie, Universitäts-Kinderspital Zürich, Zürich Andreas Nydegger