Präsidium: Dörthe Harms Huser, Baden
Nationale Erhebung über Kinderschutzfälle an Schweizer Kinderkliniken:
Die Fachgruppe veröffentlichte 2024 zum 15. Mal in Folge die an 19 Schweizer Kinderkliniken betreuten und behandelten Fälle von vermuteten oder bewiesenen Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen. Leider ergab sich mit 2097 Fällen ein erneuter Anstieg um 11%,überwiegend durch die Zunahme an Meldungen von psychischen Misshandlungen durch Miterleben von Häuslicher Gewalt verursacht wurde. Unverändert musste festgestellt werden, dass sehr viele wegen Misshandlungen betreuten Kinder sehr jung und damit sehr verletzlich sind. Unverändert waren 45% der gemeldeten Kinder jünger als 6 Jahre, 18% der Misshandlungen traten bereits im 1. Lebensjahr auf.
Die Fachgruppe hat bei ihrem jährlichen Mitgliedertreffen entschieden, die Nationale Statistik mit gleichbleibenden Einschlusskriterien (Alter 0-17 Jahre, direkte ambulante oder stationäre Betreuung, vermutete oder erwiesene Misshandlung) weiterzuführen.
Weiterbildungskurse «Start4ChildProtection»
Kinderschutz ist ein relevantes Thema für alle Kinderärzt:innen, Wie gezeigt, sind insbesondere die sehr jungen Kinder häufig Opfer von Misshandlungen. Ihre Pädiater:innen sind oft die einzigen Aussenstehenden, die diese Patientengruppe regelmässig sehen, auch haben sie meist eine lange und enge Beziehung zur gesamten Familie. Das Nichterkennen von Kindesmisshandlung kann schwerwiegende Folgen haben. Bisher wurde dies in Weiterbildung nur unzureichend berücksichtigt wurde.
Daher wurde durch die Fachgruppe eine strukturierte Weiterbildung für Facharztanwärter der Kinder- und Jugendmedizin initiiert. In der 1-tägigen Weiterbildung wird angehenden Pädiatern vermittelt, wie sie mögliche Misshandlungen und Missbrauch erkennen können und wie man Aussagen und Befunde dokumentiert. Auch werden Melderechte und –pflicht thematisiert. Um sicherzustellen, dass die Teilnehmer auch die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei kinderschutzrelevanten Fällen kennenlernen, wird der Kurs immer gemeinsam von Kinderschutzgruppen, KESB und Strafverfolgungsbehörden abgehalten.
Nach einer erfolgreichen Pilotphase in den Jahren 2020-2023 stimmte die Weiterbildungskommission dem Antrag der Fachgruppe zu, die Weiterbildung obligatorisch im Weiterbildungsprogramm Kinder- und Jugendmedizin zu verankern. Aufgrund der derzeitigen vollständigen Neuorganisation der Weiterbildung sind Änderungen am Curriculum für Fachärzte derzeit jedoch nicht möglich.
Aufgrund der Relevanz des Themas sind sich jedoch alle Mitglieder der Fachgruppe einig, den Kurs bis zu einem endgültigen Entscheid auf freiwilliger Basis weiterhin anzubieten.
Da es sich um eine strukturierte Weiterbildung mit dem beschriebenen Konzept handelt, hat die Fachgruppe entschieden, sie unter der einheitlichen Bezeichnung «Start4ChildProtection» durchzuführen.
2024 fanden insgesamt 3 Kurse in Baden und Bern (auf Deutsch) sowie in Rennaz (auf Französisch) statt. Die Rückmeldungen der insgesamt 82 Teilnehmer waren sehr positiv, weswegen am Konzept festgehalten wird. Für 2025 konnten bereits 4 weitere Kurse in Baden, Bern, Basel und Lausanne organisiert werden.
Fachtagung der Kinderschutzgruppen an Schweizer Kinderkliniken vom 28.11.2024
Am 28. November 2024 fand in Bern die jährliche Fachtagung statt, organisiert von der Kinderschutzgruppe des Inselspitals Bern. Die Organisatoren boten den Teilnehmern einen sehr interessanten Tag mit wichtigen Präsentationen zu den Themen „Missbräuchliches Schädel-Hirn-Trauma – Prävention, Intervention, Folgeschäden“ und „Verdächtige Aussagen von 3- bis 4-jährigen Kindern?“ zusammen.
Der Vormittag war dem Schwerpunktthema „Schütteltrauma“ gewidmet. Den Referenten gelang es, die verschiedenen Aspekte dieser schwerwiegenden Misshandlung interessant darzustellen. Nach einem Vortrag über die wissenschaftlichen Grundlagen der Prävention von O. Berthold, Berlin folgten Referate zur Diagnostik mit Präsentation eines Ablaufschemas im Notfall (S. Schnyder, Bern), zur standardisierten Dokumentation und Bildgebung (J.D. Busch und K. Pospieszny, Bern) sowie zum neurologischen Akutmanagement und neurologischen Langzeitfolgen (S. Cornaz Buros und S. Grunt, Bern).
Am Nachmittag wurde durch M. Oesch (Bern) eindrucksvoll die Problematik des Umgangs mit verdächtigen Äusserungen von Kindern im Kleinkind- oder Vorschulalter bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt angegangen. Anschliessend berichtete C. Christener (KESB Bern) über die aus diesen oft ungeklärten Verdachtsmomenten resultierenden Handlungsmöglichkeiten der KESB.
Korrespondenzadresse
Dr. Dörthe Harms Huser
Klinik für Kinder und Jugendliche
Kantonsspital Baden
5404 Baden
doerthe.harmshuser@ksb.ch